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Autorin Juliane Kehr

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Zeit, das Jahr zu verabschieden und mit PJ Harveys wundervoll folkloristischem “I Inside The Old Year Dying” 2023 anzuzählen, bevor die nächste Runde beginnt. Eines der besten Gitarrenintros des Jahres liefert Blur-Gitarrist Graham Coxon in “St. Charles Square”: Diese dissonant-rotzige Attitüde beamt einen direkt zurück in die 90er und wer Blur in diesem Jahr live sehen konnte, erinnert sich wahrscheinlich, dass es der Band da ganz ähnlich ging.

Mindestens genauso entspannt, aber die Brit-Rock-Gitarren gegen Soul und Bässe getauscht haben Portugal. The Man in “Champ”. Zugrunde liegt dem nur vordergründig easy vor sich hin groovenden Song Edgar Winters 1971 erschienenes “Dying To Live”. Eine Family-Affair ist dann der Foo-Fighters-Song “Show Me How”, in dem sich Dave und Violet Grohl den Gesang teilen.

Für die Tanzbarkeit sind 2023 die Psychedelic Porn Crumpets mit ihrem Album “Fronzoli” angetreten. Vor allem “Hot! Heat! Wow! Hot!” ist ein wildes Stück von einem Fuzz-Biest, dass sich bei mir für diverse Playlists qualifiziert hat. Einen ähnlich biestigen Vibe minus die Tanzbarkeit, dafür mit dreifacher Moshpit-Qualität liefern Empire State Bastard mit dem fiebernden “Harvest”. Simon Neil und Mike Vennart können meinetwegen gern öfter mal musikalisch streunen gehen von Biffy Clyros Stadionrock.

Wahnsinnig gefreut habe ich mich in diesem Jahr darüber, dass der Postrock von Spotlights endlich die Aufmerksamkeit bekommt, die er schon lange verdient. Songs wie “The Alchemist” spannen einen wissenden Bogen von ruhig pulsierenden, zu beißenden, dröhnenden Gitarren, die ihre Wirkung niemals verfehlen. Zur Beruhigung darf es bei mir jederzeit eine Dosis The National sein “Your Mind Is Not Your Friend” bringt da nicht nur inhaltlich viel Wahres mit, sondern beweist auch einmal mehr, dass sich Matt Berninger und Phoebe Bridgers als Kooperationspartner gesucht und gefunden haben.

Neben Neil und Vennart hat mich in diesem Jahr ein weiterer Streuner positiv überrascht. Grian Chatten hat Fontaines D.C. vorübergehend zurückgelassen, um mit “Fairlies” Ohrwürmer aus Joy-Division-Gesang und trotzig angeschlagenen Akustikgitarren in die Welt zu setzen.

Dann haben auch 2023 wieder große Musiker:innen die Bühne verlassen. Ein breites Grinsen aus dem irischen Jenseits (ein Pub mit Regalen voll fantastischem Whiskey?) dürfte Pogues-Frontmann Shane MacGowan auf den Lippen gehabt haben, beim Blick auf die eigene Beerdigung: Glen Hansard spielt seinen bekanntesten (Anti-)Weihnachtshit, Johnny Depp lässt es sich nicht nehmen, seinen Sarg mitzutragen und ganz Dublin singt in den Straßen seine größten Songs. Nick Cave ist ebenfalls vor Ort und singt in der Kirche am Klavier eine rührende Version von “A Rainy Night In Soho”. Es ist ein herzliches Fest, das das Leben eines großen Songwriters würdigt. Damit Sláinte, Shane und für uns Anderen: Auf ein Neues!

Redakteur Jonas Silbermann-Schön

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Es wäre eine Katastrophe, sollte Drew Thompson von Single Mothers es tatsächlich ernst meinen, wenn er “Yeah, I believe I can leave now” auf dem neuen Album singt und damit das Ende seines freakigen Post-Hardcore-Projekts ankündigt. Keiner hat sich dieses Jahr so schön mit seinem Therapeuten angelegt, wie er im Song “Head Shrunk” – und auch sonst hat er mit seinen kantigen bis bescheuerten Texten, inklusive Seitenhieben Richtung James Gandolfini, Quincy Jones und natürlich der eingebildeten Hierarchie in der Musikindustrie so viel zu erzählen gehabt, dass ich keinem lieber beim eigenen Weirdo-Anger-Mangement zugehört habe dieses Jahr.

Vom meistgehörten Album zum meistgehörten Song dieses Jahr, auch oder gerade weil dieser so wunderbar kurz ist: “Very High” von Militarie Gun. Warum das hybride Hardcore-Projekt von Ian Shelton zu Recht in reichlich Bestenlisten gelandet ist, muss ich an dieser wohl Stelle nicht nochmal wiederholen; immerhin sind Militarie Gun meine meistgesehene Band dieses Jahr und habe hier, hier oder hier auch schonmal das ein oder andere Wort über die Band verloren, bzw. mit der Band gewechselt.

Das beeindruckendste Konzerterlebnis hatte ich allerdings bei Aphex Twin auf dem grandiosen Best Kept Secret Festival in der Nähe von Tilburg. Sehr schwer in Worte zu fassen, was Richard D. James in seinem Metall/Monitor-Würfel da mit den Synapsen der Leute angestellt hat, aber die 90-minütige Reise durch Ambient, Drum ‘n’ Bass, Techno, Jungle und Noise mit zehnsekündigem Hardcore-Gabber-Wahnsinn als Finale haben sicherlich nicht nur mein Gehirn geschmolzen. Daher lieber nochmal direkt seine neuste EP mit “Blackbox Life Recorder 21f” hören. Der Campingplatz-Soundtrack kam übrigens von Erobique. Die butterweichen Beats und Grooves auf seinem zweiten Soloalbum sind wie gemacht, um im Halbschatten eines Birkenhains zu frühstücken. Geheimer Favorit für die After-Hour: “Der Arpeggiator”.

Nur ganz knapp hinter der Aphex-Twin-Show: John Coffey auf ihrem massiven Jahresabschlusskonzert in Amsterdam vor zwei Wochen. Da wurde vor allem die Rückkehr einer der besten Livebands überhaupt mit allen Hits abgefeiert. Aber auch die neuen Songs können sich sehen lassen. Allein “Steam Waltz” ist ein zukünftiger Klassiker, den sie dann hoffentlich nächstes Jahr auch in Deutschland wieder öfter spielen werden.

Ähnlich hart wie die Niederländer: Kvelertak mit “Krøterveg Te Helvete” – dem besten Song ihres neuen Albums – und ihrem reinsten Hardcore-meets-Blue-Öyster-Cult-Gebräu bislang. Umso dreckiger: The Hives (eine der anderen besten Livebands) mit “Bogus Operandi” – ihrem besten Song seit elf Jahren. Umso jazziger: drei Songs von Turnstiles Magnum Opus “Glow On” in der Überarbeitung von den Instrumental-Jazz-Wunderkindern Badbadnotgood. Anspieltipp: eigentlich alle. Am smoothesten ist aber “Underwater Boi”.

So richtig bekannt wurden Bass Drum Of Death erst durch ihre Beteiligung am “GTA V”-Soundtrack, danach stagnierten ihre Alben eher im Mittelmaß. Mit “Say I Won’t” fanden sie dieses Jahr wieder in die Spur. “Find It” hat wieder genau diesen leicht abgefuckten, leicht hymnischen Roadtrip-Flair für Leute, die sich kein Motorrad leisten können. Kleiner Blick in die Kristallkugel: 2025 dürfte es mit etwas Glück dann wohl auch wieder mit “GTA”-Fame klappen.

Vom Fame können Augn auch nicht genug bekommen, sonst würden sie ja wohl kaum Strumpfmasken tragen oder gar nicht erst auftreten! Spaß beiseite: all ihre Songs machen Spaß. Am meisten spricht aber “Nokia 3210” zu mir – auch wenn ich nur ein “Nokia 6230” hatte.

Bonus: Kurz vor Fertigstellung dieser Liste ist mir noch eingefallen, dass die neue EP von Fidlar natürlich eine perfekte Huldigung der 90er und Bands Weezer, den Pixies, Beastie Boys und den Hot Snakes gleichermaßen war. Daher nehme ich auch noch “Sand On The Beach” mit. Den besten Green Day-Song seit “Dookie”, den Green Day auch auf ihrem kommenden Album wieder nicht geschrieben haben. Sorry, Billie Joe!

Nicht zu hoch stapeln

Metal legt vor: Lifesick erschaffen schon in den ersten 30 Sekunden ihrer “Love And Other Lies”-EP (Metal Blade, 12.01.) eine einzigartig düstere Western-Atmosphäre, die für den restlichen Tag die Stimmung festlegt und über das Leben einen Sepiafilter zu legen scheint. Während Frontmann Simon Shoshan mit unterdrückter Wut im Opener noch Sätze wie “I’m the devil/ I’m here to raise hell/ Drink my poison/ And kill myself” säuselt, erwischt einen der brutale Wechsel zu massiven Gitarrenflächen, Breakdowns und drei Minuten konstantem Geschrei in “Rude Awakening” kalt. Nachdem der erste Schock verdaut ist, hat man gerade genug Zeit, um sich auf den letzten Song der EP der Dänen einzulassen: “Reverse Birth” empfängt mit ähnlicher Härte wie sein Vorgänger.

Tanzbarere Töne schlagen die Newcomer Brigitte Calls Me Baby an, die sich mit ihrem Indierock zwischen The Wombats und Vistas einordnen lassen. Vor treibenden Drums steht die croonende Stimme von Frontmann Wes Leavins, für die Aufnahmen konnte sich die Band den neunfachen Grammy-Preisträger Dave Cobb als Produzent sichern, der den fünf Songs auf “This House Is Made Of Corners” (ATO, 08.12.) den letzten Schliff verpasst hat. Die Stücke sind durchweg eingängig und Indieparty tauglich, in “Eddie My Love” und “You Are Only Made Of Dreams” lässt die Band ihrer Liebe zum Pop der 60er freien Lauf, bevor zum Ende der EP mit “Palm Of Your Hand” der klarste Indierock-Moment wartet.

Um einiges wütender geben sich Gift. Die schicken mit ihrer Debüt-EP “Aus Der Stille” (Bandcamp, 08.09.) ein erstes Lebenszeichen. Der deutsche Band- und EP-Name sowie gleich zwei deutsche Songtitel führen allerdings in die Irre: Hinter Gift stecken Australier. Bis auf diese Information hält sich das anonym agierende Trio bedeckt. Um die Personen hinter der Musik soll es primär auch nicht gehen: Gift schrammeln in “Aus Der Stille” in knapp 19 Minuten die Plektren kaputt und haben sich dafür unüberhörbar am Black-Metal-Sound der 90er orientiert. Hinter den Gitarrenflächen lässt sich entfernt auch ein Krächzen erahnen, das aber weitgehend im Hintergrund wabert.

Wer statt Black-Metal-Geballer lieber Musik mit mehr lebensbejahender Emotion sucht, ist mit Hyperlilly gut bedient: Das Quartett aus Düsseldorf veröffentlicht mit “Realm Of OK” (Supervilain, 24.11.) ebenfalls seine Debüt-EP, die shoegaziger Indierock prägt. Schon der Auftaktsong “Gloom” entführt in eine zauberhaft leuchtende Traumwelt, die sich in den folgenden 20 Minuten in einem mitreißenden Spektakel entlädt – nicht ohne die nötige Melancholie, die zwischen den Zeilen mitschwingt. In ihren Songs erforscht die Band wenig überraschend Themen wie Selbstfindung, Liebe und die Flucht aus der Realität, das Flair der Band macht jedoch viel mehr ihre einnehmende Mischung aus träumerischem Shoegaze und eingängigem Indierock aus, der in “Flay” seinen Höhepunkt erreicht, wenn Frontmann Moritz Mewes Gesang fast gänzlich vom düsteren Instrumental übertönt wird.

Noch etwas vermeintlich Seichtes zum Abschluss: Zeal & Ardor-Mastermind Manuel Gagneux veröffentlicht als Birdmask erneut ein Soloprojekt. Statt harter Riffs gibt es stampfenden Chamber-Pop im Stil von Hozier. Auch wenn die fünf Songs von “Tristan” (Radicalis, 08.12.) von einer tiefen Traurigkeit durchzogen sind, verlieren sie sich nicht vollends in Melancholie, sondern lassen stets einen Hauch Hoffnung mitschwingen. In seinen Songs spricht Gagneux über Depressionen, Versagensängste und das Hochstaplersyndrom und bezeichnet sein Soloprojekt selbst als “das Yin zum Yang von Zeal & Ardor”. Dafür braucht es etwa in “Dearly Beloved” nur ein minimalistisches Setup aus Synthesizern, Piano und Schlagzeug, während den Song besonders die Zusammenarbeit mit Singer/Songwriterin I Used To Be Sam auf die nächsthöhere Ebene hebt. Im epischen “Leave The Rain Outside” schwingt sogar eine bisschen Gothic-Aura mit, bevor die EP mit den verworrenen Beats von “Breathe In, Breathe Out” zum Ende findet.

Praktikant Johannes Pälchen

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Meine Streamingplattform sagt mir, dass ich 2023 keinen Song (zumindest keinen aus diesem Jahr) so häufig gehört habe wie “Rice” von den Young Fathers. Das hat mich anfangs etwas überrascht, ergibt aber auch Sinn. Zum einen, weil er schon am 9. Januar erschien und ich so viel Zeit damit hatte, zum anderen, weil er in dieser ganzen Zeit nicht langweilig geworden ist. Auf bisher jedem Album haben die Schotten den einen großartigen Hit gehabt, der den Unterschied macht, auf dem neuen ist es dieser hier.

Vielleicht mag ich Bilderbuchs “Softpower” ja nur deswegen so sehr, weil er mich ein bisschen an das großartige “Let Forever Be” erinnert, das 1999 Noel Gallagher mit den Chemical Brothers zusammenbrachte. Obwohl das psychedelische Flair und der am Drum & Bass kratzende Schlagzeugbeat dabei Neuland für die Österreicher ist, passt die Ästhetik am Ende doch erstaunlich gut zu ihnen. Ich hoffe sehr, dass sie in diese Richtung vielleicht noch ein bisschen weiter herumprobieren.

Das Solo-Debüt von Grian Chatten war für mich als Fontaines D.C.-Skeptiker an vielen Stellen eine angenehme Überraschung, an keiner war diese aber angenehmer als gleich am Anfang mit dem Opener “The Score”. Der Song hat eine herrlich warme Indiefolk-Atmosphäre, innerhalb der die sanften Backing Vocals, Chattens Gesang und nicht zuletzt diese fantastische kleine Bassline wunderbar harmonieren.

Viele Rapper:innen haben in den letzten Jahren starke und wichtige Dinge zum Thema Polizeigewalt gesagt, die ersten vier Zeilen in “Mayors A Cop” gehören für mich in diese Kategorie. Genauso verhält es sich mit düsteren Hymnen an die Stadt New York, von denen dieser Song von Wiki, Mike und Produzent The Alchemist die nächste großartige ist.

Besser spät als nie: Geschrieben hat Neil Young “Powderfinger” schon in den Siebzigern, bisher gab es davon aber nur verschiedene Bandversionen zu hören. Die ursprüngliche Studioaufnahme, die Young komplett solo mit Akustikgitarre einspielte, erschien erst dieses Jahr offiziell als Teil des Archivalbums “Chrome Dreams”, ist in meinen Augen aber die weitaus stärkste.

Der Preis für das beste “hey!” in einem Song geht für mich 2023 an Captain Planet, obwohl oder gerade weil es inmitten der resignierten Stimmung auf “Halley” ein bisschen deplatziert wirkt. Und vielleicht sind auch diese kleine Vokalise das Zünglein an der Waage, das dieses Stück unter den vielen fantastischen auf dem neuen Album der Hamburger heraushebt.

“Blóðberg” von ist für mich am Ende des Jahres weniger ein Song als ein Moment. Explizit der am 12. Juni, als das Video dazu auf YouTube stand und klar war: Sigur Rós sind wieder voll da. Und das nicht nur ganz formell als Band mit einem neuen Album, sondern auch irgendwie als das Gefühl, das es in dieser Form die letzten zehn Jahre nicht mehr gab.

“Healmode” von Jeff Rosenstock war 2023 ziemlich sicher mein Wohlfühl-Song des Jahres, der die Düsternis zwar im Hinterkopf hat, aber mit ehrlicher Romantik von einem Moment der Stille handelt, dem man auch mal ohne doppelten Boden die schönen Seiten des Lebens abtrotzen kann.

Der letzte richtig geniale Song von Christine And The Queens war 2021 die Dancepop-Bombe “New Shapes” mit Charli XCX und Caroline Polachek, zwei Jahre später nimmt der Franzose sich Johann Pachelbels “Kanon in D-Dur” vor und macht daraus ein erhabenes und tiefgreifend intimes Stück Kammermusik-Pop. Das Ergebnis heißt “Full Of Life” und ist trotz des dreisten Klaus der beste von 20 Songs auf seinem neuen Album.

Mit “All The People” haben Shame dieses Jahr den potenziell perfekten Slowburner-Song für die finalen Feuerzeug-Momente bei ihren Konzerten geschrieben, weswegen er hier auch als letztes kommt. Könnte bei mir vielleicht auch zu Silvester kurz vor Mitternacht gespielt werden, da aber höchstens an vorletzter Stelle. Der Null-Uhr-Slot gehört traditionell “Don’t Look Back In Anger” von Oasis.

Best of Grind & Growls 2023

Platz 10:

Elitist“A Mirage Of Grandeur” (Indisciplinarian, 17.11.)

Erinnert sich noch jemand an Elite Partner, die Dating-Plattform für wertschöpfende Akademiker? Das hier ist die dänische Variante, nur für Death Metal und weit außerhalb des üblichen Rahmens: Fordernd, brutal, anstrengend und mit gelegentlich sensationell schrägen Ausbrüchen haut das Quartett aus Kopenhagen mit seinem Debüt ein kleines Meisterwerk raus.

Platz 9:

Cannibal Corpse“Chaos Horrific” (Metal Blade, 22.09.)

Auf der 16. Platte wird das Death-Metal-Grundgesetz aus Florida nun vollends zum Thronfolger von Slayer: erbarmungslos, vorbildlich abscheulich, trotz aller Linientreue immer ein bisschen überraschend und – Verzeihung – weit vitaler als Slayer gegen Ende. Corpsegrinder Fisher & Co. tänzeln wie Muhammad Ali damals und dann: Bumm. Eine sexy Machtdemonstration ist das.

Platz 8:

Pyrkagion“The Katechon And The Unending Fire” (Cestrum Nocturnum, 18.08.)

Zwei Lieder, 26 Minuten und keine Fragen mehr am Schluss. Die gute Nachricht: Z Wise (Hissing), D Desmond (Bell Witch) und B Butler (Human Effluence) haben den richtigen Ton zwischen verwaschenem Post-Black-Metal, Sludge und der Apokalypse getroffen. Die miese Nachricht: es wirkt derart greifbar und deprimierend. Was soll da noch kommen?

Platz 7:

Squid Pisser“My Tadpole Legion” (Three One G, 14.04.)

Tommy Meehan (Deaf Club, Cancer Christ) und Seth Carolina (Starcrawler) drehen auf ihrem Debüt, natürlich bei Three One G, völlig frei: psychotischer Noisepunk, experimenteller Grindcore, angriffslustiger Post-Hardcore und unmenschliche Dynamik – da spritzt alles raus. “Marching For Trash” hätte eigentlich ein Sommerhit werden müssen. Keine Ahnung, was da schieflief.

Platz 6:

Cattle Decapitation“Terrasite” (Metal Blade, 12.05.)

Das muss dem Quintett aus San Diego erstmal einer nachmachen: Travis Ryan & Co. perfektionieren auf ihrer siebten Platte gleichermaßen die Ideallinie und die Satire von Death Metal. Völlig over the top tackern sie sich und ihren technischen Deathgrind ohne jegliche Schwächen in die Nähe eines physikalischen Wunders. Die Typen sind ihr eigenes Kraftwerk.

Platz 5:

Siege Of Power“This Is Tomorrow” (Metal Blade, 17.02.)

Der trommelnde Autopsy-Schreihals Chris Reifert lässt mit 55 Jahren die dritten Zähne links liegen und blüht lieber im vierten Frühling auf. Hier rollt sich Reifert gemeinsam mit Leuten von Asphyx und Hall Of Bullets quer durch die Geschichte des extremen Boomer-Metal und wirkt dabei wie ein glückliches Kind auf dem Spielplatz.

Platz 4:

Body Void“Atrocity Machine” (Prosthetic, 13.10.)

Falls mal jemand fragt, wie sich 2023 für Menschen mit Hang zur Empathie angefühlt hat: Das doomige Sludge-Noise-Trio aus Vermont umreißt das ziemlich niederschmetternd und bisweilen an der Grenze des Erträglichen: zäh, grobkörnig, widerborstig. Zeitlupe an der Schmerzgrenze, Zeitgeist in Blut gekotzt. Das gab’s seit den Swans nicht mehr. Toll.

Platz 3:

Asinhell“Impii Hora” (Metal Blade, 29.09.)

Lieber nicht über den schrecklichen Bierzeltmetal von Volbeat nachdenken. Deren Sänger und Gitarrist Michael Poulsen hat hier nämlich das unterhaltsamste Old-School-Death-Metal-Hitgeballer seit langem angezettelt. Das liegt auch am fantastischen Sänger Marc Grewe (Ex-Morgoth), den catchy Riffs und der spürbaren Lust auf geiles Zeug. Wunderbar.

Platz 2:

Outer Heaven“Infinite Psychic Depths” (Relapse, 21.07.)

Auf der zweiten Platte wächst das Quintett aus Pennsylvania mit der richtigen Balance aus geschichtsbewandertem Death-Metal, Hardcore, Hier und Jetzt über sich heraus. Mal herrlich unaufgeräumt, fast progressiv und virtuos, mal stumpf und geradezu grotesk brutal. Mögen Outer Heaven bitte nie Humor oder Glück finden, diese verdammten Stinkstiefel.

Platz 1:

Autopsy“Ashes, Organs, Blood And Crypts” (Peaceville, 27.10.)

Noch mal Chris Reifert (siehe auch Siege Of Power). Mehr naturbelassener Death Metal, abgefuckter Punk, mehr Schmutz, die irrsten Gitarrensolos der Welt und serienmäßig ein Sack voll Gedärme: eigentlich alles wie immer bei Autopsy aus Oakland. Doch auf ihrer zehnten Platte gibt’s diese Riesensauerei mit extra Schleifchen dran. Einrahmen und aufhängen geht leider nicht, da tropft Eiter raus. Toll.

Praktikantin Alicia Maselli

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2023 wirkt wie ein so musikalisch großzügiges Jahr, dass ein Herunterbrechen auf Top 10 Lieblingssongs fast unmöglich scheint und es sich anfühlt, als könne man dem gar nicht gerecht werden. Es war eine wilde Achterbahnfahrt und schlussendlich passt die Auswahl wohl nicht ganz zusammen, doch jeder Song dieser Liste hat seinen sicheren Platz in meinem Jahr. Ich werde nichts auf dieser Liste ranken. Angeschnallt und bereit für die Achterbahn? Let’s Go!

Angefangen hat das Jahr schon stark mit Lana Del Reys Album “Did You Know That Theres A Tunnel Under Ocean Boulevard”. Alles an dem Album ist großartig – gefühlvoll und melancholisch – nicht anders zu erwarten von der Frau, die eine Generation trauriger Teenager geprägt und geformt hat, die die musikalische Untermalung zu meinem damaligen Tumblr-Account war und die in der Betitelung meiner SchülerVZ-Bilder gut und gerne zitiert wurde. Der Titelsong “Did You Know That There’s A Tunnel Under Ocean Boulevard?” drückt so viele Emotionen aus und meine Liebe für dieses Meisterwerk ist kaum in ein paar Sätzen zusammenzufassen: “Love Me Until I Love Myself” greift tiefer als es mir lieb ist, und es fühlt sich doch so schön an.

In einem Tunnel bin ich auch abgetaucht, als Ex-HIM-Frontmann Ville Valo wieder auf der Bildfläche aufgetaucht ist. Das gesamte Solo-Debüt “Neon Noir” hat mein Herz im Sturm besetzt. Spätestens als ich Ville Valo bei Rock am Ring aus der zweiten Reihe sehen durfte, war es komplett um mich geschehen. “Heartful Of Ghosts” hat etwas so Beruhigendes in seiner Gesamtheit, dass sich der Song anfühlt wie eine mystische Umarmung bei einer Tarotkartenlegung. In meiner Kindheit wurden HIM fast schon religiös rauf und runter gehört, sodass sich die Rückkehr von Ville Valo anfühlt wie Heimkehr – VV war in diesem Jahr bedeutungsschwer für mich.

Ein bisschen wilder und weniger passend zum Rest der Top-Songs wird es dann mit Finch [Asozial]. Es ist, als würde jede Moral und der Feminismus, mit dem ich mich sonst so tief verwurzelt sehe, meinen Körper verlassen, sobald “Eismann” läuft und an meine Dopaminrezeptoren andockt, als gäbe es kein Morgen. Jede Zelle meines Körpers klettert auf einen Berg der Freude, sobald der Techno-Beat jede Faser meines Gehirns kitzelt.

Eines – wenn nicht sogar DAS – Highlight meines Jahres auf musikalischer Ebene waren Blink-182 mit ihrem neuen Album. Es ist von vorne bis hinten perfekt. Es ist nicht genug Platz in einer Top 10, um alle Songs mit einzubeziehen und auch wenn “Terrified” ein absoluter Banger ist, ist “One More Time” maßgeblich so aussagekräftig, was die Rückkehr von Tom DeLonge, Travis Barker und Mark Hoppus als Trio betrifft. Ich kann kaum zählen, wie häufig ich meine Augen vom Video und meine Ohren von dem Song selbst hab streicheln lassen. Travis Barkers sanftes “One More Time” zum Schluss des Songs, hört sich fast an wie ein kleines Streichquartett in meinem Kopf, das mich wieder fühlen lässt wie der Teenage-Emo, der ich einst war.

Der erste Song, den ich von Code Orange kennengelernt habe, war “Mirror”. Reba Meyers ist sonst an der Gitarre kaum wegzudenken – wenn man sich die restlichen Songs der Band anschaut. Doch in diesem Fall ist Meyers als Sängerin unverzichtbar. Der Kern der Lyrics, das ungenügsame Hinterfragen der eigenen Existenz und der Wünsche an das Leben stehen im Fokus und werden von einer ruhigen Stimme getragen, die passender nicht sein könnte: “I swear I saw it all/ And I’m not sure/ That I found anything I want”.

Ich hatte die große Ehre, in diesem Jahr mehrere Alben zu rezensieren. Darunter waren Magnolia Park mit “Halloween Mixtapes II” und Atreyu mit “The Beautiful Dark Of Life”. Beide waren tiefgehend und facettenreich. Beide tragen mit jeweils einem Song ihren Teil zu dieser Liste bei. Magnolia Park brannte sich vom ersten Moment an mit “Animal” in meinen Kopf – die Härte und der Mix verschiedener genreübergreifender Elemente funktioniert fantastisch. Es fühlt sich an wie “Popular Monster” von Falling In Reverse – nur persönlicher. Gegensätzlicher könnte es sich bei Atreyu nicht verhalten: “Forevermore” ist eine gefühlvolle, von starker Stimme getragene Ballade, der ich stundenlang lauschen könnte und die mich permanent in Gänsehaut versetzt.

Als The-Cure-Fan darf “Girls Float, Boys Cry” von Crosses und Robert Smith an dieser Stelle nicht fehlen. Chino Moreno (Deftones) und Shaun Lopez (Far) haben Gutes daran getan, eine Hommage an “Boys Don’t Cry” mit gänzlich anderem Sound zu kreieren. Zu diesem Song möchte ich an einem düsteren Herbsttag durch einen tiefgrünen Wald spazieren und mich unter einen Baum setzen, um Edgar Allan Poe’s Gedicht “Der Rabe” zu lesen – einfach die Mystik Teil meiner selbst werden lassen.

Auch wenn das Album mich nicht abgeholt hat, so haben Nikki Brumen & Yngve Andersen von Blood Command nicht nur im Interview als unfassbar authentische und coole Leute gepunktet, sondern auch mit ihrem Song “World Domination”, der deutlich an Lil Peeps “Starshopping” erinnert und dann ordentlich Fahrt aufnimmt. Ich liebe alles an diesem Song.

Last but not least, wenn es ein Ranking gäbe, wäre Alligatoah auf Platz 1. Auf Platz 1 meiner Konzerte in diesem Jahr. Meiner Top Artists auf Spotify. Top 1, was das Spielen mit meinen Gefühlen angeht. Und vor allem auf Platz 1 mit “So Raus” und Fred Durst an seiner Seite. Ich kann nicht zählen, wie oft der Song seit Release bei mir läuft und doch bekomme ich nicht genug. Fairerweise: Alligatoah hätte mir ein Stück rohes Fleisch vor die Füße werfen können – und ich esse nicht mal Fleisch – und ich hätte ihn angebetet. Mein Herz ist in tausend Teile gesprungen, als im Raum stand, dass er seine Karriere beenden würde. Mit einer Zusammenarbeit mit Limp-Bizkit-Frontmann Fred Durst hatte ich absolut nicht gerechnet. Und sollten die Spekulationen um ein Nu-Metal-All-Star-Album stimmen, dann kipp’ ich vor Freude aus den Socken. Ich mag den Sound, ich mag die Kombination aus “Break Stuff” und Elementen des Albums “Triebwerke”. Ich mag die Vielfältigkeit, die Selbst- und Gesellschaftskritik. Alligatoah ist für mich persönlich ein Meister in dem, was er macht und in meinen Augen der perfekte Abschluss für dieses Jahr.

Redakteur Florian Schneider

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Single-Edits – eingefleischte Fans von Alben, wie wir es bei VISIONS sind, mögen so etwas nicht. Aber im Fall von “Krøterveg Te Helvete” muss man eine Ausnahme machen. Ohne das endlose Intro der Albumversion auf „Endling“ ist der Song schlicht und ergreifend der größte Hit, den Kvelertak bislang geschrieben haben. Eine ganze Platte mit solchen knackigen Vierminütern und ich falle augenblicklich in Ohnmacht.

Oder ich lehne mich zurück und lächle wie Josh Homme in “Carnavoyeur”. Der Song ist sicher nicht der offensichtlichste Hit auf “In Times New Roman…”, aber einer der nachhaltigsten. Er fängt die Überforderung ein, die man angesichts der multiplen Krisenherde weltweit dieses Jahr empfinden konnte. Wunderbar war hingegen das Interview, das ich mit Homme führen konnte anlässlich des neuen Albums der Queens Of The Stone Age und das mir über verschlungene Wege auch ein Interview mit Krist Novoselic von Nirvana einbrachte. Damit ist meine Interview-Bucketlist fast abgehakt. Dave Grohl wäre noch einer, den ich gerne sprechen würde. Nur leider hat Grohl zu “But Here We Are”, dem aktuellen Album der Foo Fighters, keine Interviews gegeben. Zu tief sitzt der Schmerz über den Verlust von Drummer Taylor Hawkins, auf den wenige Monate später der Tod von Grohls Mutter folgt. Ihr ist “The Teacher” gewidmet, ein zehnminütiges Lamento, das imstande ist, Kraft zu spenden und das emotionale Chaos einzufangen, das mit einem solchen Schlag einhergeht. Dazu passend löst sich der Song am Ende in Lärm auf.

Spotlights sind dagegen eine der Bands, der es 2023 gelungen ist, endlich voll zu überzeugen. Gut fand ich auch schon die Alben zuvor, aber erst mit “Alchemy For The Dead” geht ihre Saat für mich komplett auf. Was auch an einem Überhit wie “Sunset Burial” liegt, der die ganze Skala zwischen zuckerzart und bösartig brutal abdeckt und dazwischen einen Refrain zum Niederknien baut. Mit “Shook” von Algiers tue ich mich allerdings auch nach knapp zwölf Monaten schwer. Vermutlich muss politisch informierte Musik in einem Jahr wie diesem aber so vollgestopft mit Informationen, Verweisen, Quellen und Stilen sein, wie es “Shook” ist. In dieser Top-10 ist die Platte aber vor allem wegen eines Features gelandet: Zack de la Rocha macht jeden Song besser, aber langsam wird es Zeit für das Soloalbum, dessen Fertigstellung El-P von Run The Jewels schon 2017 bestätigt hat.

Nach so viel Stoff zum Nachdenken darf man den Kopf auch mal ausschalten, was ganz hervorragend zu “Feels Like I Am Dreaming” von den Chemical Brothers klappt. Eigentlich hatte ich das Duo abgeschrieben, aber ihr famos überwältigendes Album “For That Beautiful Feeling” ist auch wegen solch stumpfer Technobretter wie diesem gelungen. Wer danach Bock auf die Afterhour hat, der landet vielleicht im “Berghain”. Der gleichnamige Song ist ein Highlight auf dem Debütalbum der maskierten Provokateure von Augn, die bei Konzerten auch mal gar nicht erscheinen oder nur einen Ghettoblaster auf die Bühne stellen. Wie nachhaltig dieses Konzept ist, wird sich 2024 zeigen – dann folgt das nächste Doppelalbum der Band.

Ums “Party Game” geht es auch auf “Kapitalismus Blues Band” von Die Türen. Neben dem Wunsch, zu tanzen “wie der letzte Happy Monday”, fangen Maurice Summen & Co. im Jubiläumsjahr ihres Labels Staatsakt auch die Unmöglichkeit eines richtigen Lebens im falschen ein. Wie schon auf dem Vorgängeralbum sind ihre neusten Songs überraschend tanzbar, zudem aber pointierter und griffiger. Statt “Gut für mich, schlecht für die Welt” hätten auch zwei andere Songs von “Kapitalismus Blues Band” in dieser Liste landen können, stattdessen geht es weiter mit “Tüchtig” von Bipolar Feminin. Deren Bandname bezieht sich zwar auf Westberlin Maskulin, musikalisch sind die Österreicher:innen aber im Indierock zuhause. Wobei man sich auch gut vorstellen kann, dass Sängerin Leni Ulrich ohne jede musikalische Begleitung einen gefangen nehmen könnte. Aber mit dem richtigen Krach zur Untermalung kommen Zeilen wie “Ich bin faul/ Ich bin so gemütlich/ Ich breche alles ab” eben noch ein ganzes Stück schärfer daher.

Bleibt der Wunsch fürs neue Jahr: Ein komplettes Album von Bass-Virtuose Thundercat und Tame Impala, und dass der Titel ihres ersten gemeinsamen Songs zum Motto für 2024 wird – “No More Lies”.

Best of Milk & Honey 2023

Platz 10:

Jenny Lewis“Joy All” (Blue Note, 09.06.)

Wieviel Novum verträgt die Tradition? Darüber lässt sich genauso lange diskutieren wie Jenny Lewis bereit wäre, diese Diskussion im Pub von der Bühne aus zu untermalen. Ist sie zunächst noch traditionell und folky unterwegs, gewinnt “Joy All” mit zunehmender Spieldauer an Bedeutung. Die Schauspielerin aus Los Angeles ist parallel zur Diskussion immer dann am besten, wenn sie sich selbst widersetzt.

Platz 9:

Baby Smith“EP I” (Independent, 10.11.)

Leichter wurde es dieses Jahr nicht. Eine fünf Song starke EP macht illusorisch sämtliche Leiden des Lebens vergessen und lädt stattdessen ans Mittelmeer, nach Santorin oder so, Hauptsache Ägäis. Es gleicht der Aufforderung, ein paar Tanzschritte der mediterranen Art nachzuholen. Selten klang eine Einladung, wie sie hier ausgerechnet ein frischgebackenes australisches Duo ausspricht, überzeugender.

Platz 8:

James Blake“Playing Robots Into Heaven” (Republic, 08.09.)

Seine Alben haben stets den Status des Visionären, sind ihrer Zeit voraus, weshalb James Blake heute Gefahr läuft, eine Kopie seiner Zukunft anzufertigen. Trotzdem ist “Playing Robots Into Heaven” erneut der Blick in die Glaskugel, in der sich die Clubkultur in zwei Lager teilt: die ravenden Traditionalisten und die Spinner, die wirklich an eine Zweistaatenlösung in Nahost glauben. Blake zählt zu Letzteren.

Platz 7:

John Vincent III“Songs For The Canyon” (Concord, 17.11.)

John Vincent III löst das Versprechen ein, das einem postmodernen “Piano Man” im Sinne Billy Joels auf den Schultern lastet. Wie geil, dass John Vincent obendrein auch Gitarre spielen kann. Aus dem Nichts schält er ein Album, an dessen Ende Edward Hoppers melancholische Bar-Szenerie in seinem Gemälde “Nighthawks” plötzlich zu glühen beginnt. Chapeau!

Platz 6:

Rufus WainwrightFolkocracy (BMG, 02.06.)

Rufus Wainwright lädt zum Folk-Bankett und bleibt jederzeit die einzige Grazie in seinem Schlossgarten. Eigentlich hätte er sich gesanglich nichts mehr zu beweisen, überzeugt aber genau damit, obwohl es bei ihm zuvor nie mehr stimmliche Unterstützung gab. Von David Byrne über Chris Stills bis Anohni glücken diesem Kniefall vor dem klassischen Folk überragende (Cover)-Duette.

Redakteurin Nicola Drilling

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Räumen wir zu Beginn erstmal die offensichtlichen Dinge aus dem Weg: Wenn nach sechs Jahren die Lieblingsband einen “neuen” Song veröffentlicht und er noch dazu so gut ist, gehört er natürlich an die Spitze des Jahres-Top-10 – Linkin Park mit “Lost”.

Zum Jahresende erschien mit der neuesten Architects-Single dann noch der perfekte Song für die Playlist-Kategorie “Wenn mir nicht morgens um 7 Uhr schon der erste wütende Mann ins Ohr schreit, kann ich nicht glücklich sein”. Noch dazu ist “Seeing Red” nicht nur ein verdammt guter Song, sondern auch das nötige “Fuck you” an all jene “Früher waren die besser”-Meckerer. Aber apropos wütende Menschen, die einem ins Ohr schreien: “Amen” von Bring Me The Horizon darf auf dieser Liste natürlich nicht fehlen. Dieses chaotische, wütende Durcheinander ist jedes Mal aufs Neue einfach schön. Schon alleine Oli Sykes, der einen mit den Worten “I hope you have fun rotting in hell” begrüßt. Ebenfalls Teil der Metalcore-Fraktion: Of Mice And Men mit “Shiver”. Im November nach neun Jahren endlich mal wieder live gesehen und immer noch massiv beeindruckt darüber, wie sehr sich Aaron Pauley als Frontmann gemausert hat.

Meine Metalcore-Neuentdeckung des Jahres darf hier aber natürlich auch nicht zu kurz kommen: Spiritbox sind schon lange keine Unbekannten mehr in Metalcore-Sphären, mit der “The Fear Of Fear”-EP in diesem Jahr, allem voran mit “Jaded” haben sie mich aber endgültig herumbekommen – auch wenn sie mich nach ihrem diesjährigen Auftritt bei Rock am Ring schon am Hacken hatten.

Zurück zu ihren Wurzeln hat es in diesem Jahr auch Fall Out Boy gezogen, die mit “So Much (For) Stardust” das meiner Meinung nach unangefochten beste Album des Jahres veröffentlicht haben. Neben großartigen Songs wie “Love From The Other Side” oder “Fake Out”, sticht für mich vor allem der Titeltrack hervor: Mit Rückverweisen auf frühere Songs und seiner gesamten Stimmung, hat er sich direkt in meine Top-3-Fall-Out-Boy-Songs katapultiert.

Das neue Nothing But Thieves-Album konnte mich leider nicht von Anfang an vollends überzeugen, mit der Zeit kristallisierten sich dann aber doch einige Favoriten heraus. Und da man sich leider festlegen muss, gehe ich nicht mit der offensichtlichen Wahl von “Overcome”, sondern schmeiße “Pop The Balloon” in den Raum, der mich nicht nur mit seinem massiven Intro immer wieder beeindruckt, sondern vor allem durch den Mittelteil im Gedächtnis bleibt.

Direkt mitgerissen hat mich dagegen das neue Enter Shikari-Album, das sich von einem Highlight ins nächste hangelt, aber allen voran steht “Bloodshot”. Zum Abschluss dieser Reise noch meine Newcomerin des Jahres: Blush Always hat mit “You Deserve Romance” nicht nur ein wunderbares Debütalbum veröffentlicht, mit “Coming Of Age” auch einen der besten Songs des Jahres veröffentlicht. Hier erwartet uns noch großes. Als honorable mention zum Abschluss darf auch Bob Vylan mit “He’s A Man” nicht fehlen – hat mehr als einmal für Gelächter im Büro geführt.

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