Queens Of The Stone Age
In Times New Roman...
Es wird kein Zufall sein, dass die Queens Of The Stone Age ausgerechnet “Emotion Sickness” vorausgeschickt haben, um die Welt auf ihr achtes Album vorzubereiten. “The ghost of Scott Weiland wrote this chorus”, jubelt jemand auf Youtube über die Single, aber angesichts der Turbulenzen, die hinter Josh Homme liegen, kann man davon ausgehen, dass er genug mit den eigenen Geistern zu kämpfen hatte, als er den Song schrieb.
Im besagten Refrain klingen die Queens Of The Stone Age, als wären sie Mitte der 70er in eine Zeitkapsel geklettert und nun in der grauen Realität unserer Zeit ausgestiegen. Doch dem herrlich schamlos im Classic Rock wildernden Refrain steht eben auch eine Strophe gegenüber, in der sich rohe Fuzz-Gitarren und der Stop-And-Go-Beat gegenseitig Beine machen. “Emotion Sickness” vereint damit beides in sich: die klassische Queens-Of-The-Stone-Age-Schule der 00er Jahre und den vielseitig-geschichtsbewussten Sound von “…Like Clockwork“, mit dem die Queens Of The Stone Age 2013 im wahrsten Wortsinn gezeigt haben, was in ihnen steckt. Homme bewertet es im Interview anders, doch man könnte das eher ungeliebte Vorgängeralbum gut aus der Rechnung raushalten: “In Times New Roman…” klingt, als hätte es das spröde “Villains” nicht gegeben.
Fest steht: “Villains” hatte weit weniger Einfluss auf die Neuausrichtung der Queens Of The Stone Age als die Zerrüttung im Privatleben ihres Frontmanns. Sieht man von einigen verbalen – man muss es so nennen – Entgleisungen ab, etwa von einem Text wie dem des angriffslustig nach vorne drängenden “Paper Machete”, in dem Homme allem Anschein nach mit seiner Ex-Frau Brody Dalle abrechnet, so hat er den Frust der vergangenen Jahre auf sehr positive Weise in Musik übersetzt: “In Times New Roman…” ist ein zupackendes, neugieriges, in seiner Gänze unerwartet optimistisches Album geworden.
Es geht den Weg von “…Like Clockwork” mit Souveränität weiter, wenn auch nicht mehr ganz so in die Breite. Homme und seine Band müssen nicht mal mehr Gastmusiker wie Elton John ins Studio holen, um ein Alibi dafür zu haben, warum sie von Punk bis Pop inzwischen alles bedienen können: Im Spätsommer ihrer Karriere stellen die Queens Of The Stone Age ihre musikalische DNA stolz und selbstsicher zur Schau.
Entsprechend widerspruchslos zu ihrem angestammten Robot-Rock-Fundament funktionieren die Anleihen aus Artpop und New Wave – nachzuhören etwa im überragenden “Carnavoyeur” – ebenso wie die dramatischen Streicher von “Straight Jacket Fitting”, das statt in ein furioses Stoner-Finale lieber in eine sanfte Coda aus Cello und Akustikgitarre mündet. “Friends close, enemies closer/ Lend me your ear”, singt Homme kurz zuvor. “Safety’s an illusion/ That’s why it disappears.”
Sicherheiten scheint es für diesen Mann auch jenseits der 50 keine zu geben. Das war zuletzt für sein Privatleben eine ebenso tragische Erkenntnis, wie es jetzt mit Blick auf die Musik eine vielversprechende ist. Trotzdem: Die Nahtoderfahrung vor “…Like Clockwork”, das Scheidungsdrama vor “In Times New Roman…” – es wäre Homme zu wünschen, dass er das nächste Meisterwerk weniger teuer erkaufen muss.
Das steckt drin:
Iggy Pop “Post Pop Depression” (2016, Loma Vista)
Die Zusammenarbeit mit seinem Idol Iggy Pop dürfte für Homme eine Erkenntnis zementiert haben: Altersmilde ist keine Option. Wenn “In Times New Roman…” eine Reaktion auf das durchwachsene “Villains” ist, war “Villains” eine Reaktion auf das starke “Post Pop Depression”. Zwangsläufig keine gute: Homme schien seine ganze Kreativität Iggy geopfert zu haben.
David Bowie “Low” (1977, RCA)
Die sagenumwobene Berlin-Phase Bowies schlägt sich nicht nur in den Artpop-Elementen von Songs wie “Carnavoyeur” oder “Sicily” nieder – auch die analoge Produktionsästhetik, die Bowie in den Hansa-Studios suchte und fand, scheint für Homme das Maß der Dinge gewesen zu sein. Allerdings legt er anders als Bowie selbst Hand an, als Produzent seiner Band.
Elton John “Goodbye Yellow Brick Road” (1973, DJM)
Schade eigentlich: Elton John gibt auf “In Times New Roman …” kein weiteres Gastspiel, so wie 2013 in “Fairweather Friends”. Die selbsternannte Queen der Queens Of The Stone Age wirkt aber auch so nach: Homme nannte “Goodbye Yellow Brick Road” einmal das Album mit dem größten Titelsong der Rockgeschichte. Inspiriert haben dürfte er ihn nicht zuletzt für die Backing-Vocals im Falsett.
weitere Platten
Villains
VÖ: 25.08.2017
...Like Clockwork
VÖ: 31.05.2013
Era Vulgaris
VÖ: 08.06.2007
Lullabies To Paralyze
VÖ: 21.03.2005
Songs For The Deaf
VÖ: 26.08.2002
Rated R: Feel Good Hit Of The Summer
VÖ: 05.06.2000
Queens Of The Stone Age
VÖ: 05.10.1998