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    Foo Fighters
    But Here We Are

    VÖ: 02.06.2023 | Label: Roswell/RCA/Sony
    Text: | Erschienen in: VISIONS Nr. 364
    Platte des Monats
    Foo Fighters - But Here We Are

    Dave Grohl lässt sich bei der aktiven Trauerarbeit zuhören und schreit und spielt so inspiriert wie lange nicht mehr gegen seinen Schmerz an. So zynisch es in diesem Kontext auch erscheinen mag: Auf „But Here We Are“ klingen die Foo Fighters endlich wieder wie sie selbst.

    2022 haben die Foo Fighters mit Schlagzeuger Taylor Hawkins und Dave Grohl mit seiner Mutter Virginia gleich zwei wichtige Menschen verloren. Beiden setzt die Band mit „But Here We Are“ ein Denkmal. Die erste Hälfte der zehn Songs gehört eindeutig ihrem Drummer. Die Foo Fighters feiern ihn vor allem in den beiden eröffnenden Songs „Rescued“ und „Under You“ mit jener Euphorie, die sie seit je her auszeichnet. Man kann sich Grohl vorstellen, wie er auf der Bühne bei „Under You“ in seiner charakteristischen Art und Weise vor dem Mikro auf und ab hüpft. In „Hearing Voices“ ziehen die Foo Fighters dann die Decke weg, die bis dahin notdürftig das Loch abgedeckt hat, das Hawkins in der Band hinterlässt: „I’m hearing voices/ But none of them are you“, sing-schreit Grohl, und seine Band baut ihm das sichere, schnörkellose Fundament, das er für diese Zeilen benötigt.

    Überhaupt spart sich „But Here We Are“ alle musikalischen Mätzchen. Was die Produktion angeht, ist das Album eher einem „Wasting Light“ verpflichtet als dem überproduzierten „Medicine At Midnight„. Immer wieder bietet Grohl in seinen Texten Blicke in sein Innerstes, etwa wenn er am Ende von „Hearing Voices“ mit sichtlich belegter Stimme zur Akustikgitarre „Speak to me/ My love“ singt. Trotz allem überwiegen in dieser ersten Hälfte Hoffnung und Trotz. Sie zeugt vom Respekt vor dem, was ihr verstorbener Schlagzeuger verkörperte. Vor allem der Titelsong beschwört ein „Hier sind wir, wir können nicht anders“ – und man erinnert sich, dass es nicht das erste Mal ist, dass Grohl aus einem persönlichen Verlust Kraft schöpft und sich aufs Wesentliche besinnt: Songs zu schreiben, die das Zeug haben, die Zeit zu überdauern, die das Trauern benötigt.

    Im Gegensatz zur kraftvollen ersten Hälfte nehmen sich die zweiten fünf Songs mehr Zeit. „The Teacher“ verschlüsselt kaum, wem sie gewidmet sind. In dem über zehn Minuten langen Stück tut Grohl, was man seinen Eltern gegenüber viel zu selten macht: Er bedankt sich für alles, was ihm seine Mutter beigebracht hat. Das ist nicht frei von Kitsch – wie sollte es auch –, trifft einen in seiner Unverstelltheit aber unmittelbarer als etwa der Titelsong. Vermutlich wird „The Teacher“ selten bis nie auf einer Setlist der Foo Fighters auftauchen, auf „But Here We Are“ ist er aber zentral. Er appelliert, nicht bis zum Tod einer geliebten Person zu warten, ehe man sich daran erinnert, was man alles an ihr hat. Der Song fordert dazu auf, Dankbarkeit für die vielen kleinen Dinge zu zeigen; für die flüchtigen Momente, denen man zunächst keine Bedeutung beimisst, die einen aber letztlich als Mensch ebenso ausmachen wie die Erfolge und Highlights. In „Show Me How“ gibt Grohl im Duett mit Tochter Violet den Staffelstab dann an die nächste Generation weiter, während sich die Foo Fighters mit dem abschließenden „Rest“ mit einer Art Schlaflied verabschieden. Nur ist der Schlaf für die Besungenen diesmal endgültig, während die Band zurückbleibt und weitermacht. Weitermachen muss, wie Josh Homme im Interview mit VISIONS über die Band seines Freundes Grohl sagt.

    In der sehenswerten Doku „Die 4 Reeves und ein Todesfall„, die zwar nichts mit den Foo Fighters, aber sehr viel mit Trauer zu tun hat, sagt eines der vier Geschwister: Jeder Tod, den man erlebe, sei wie eine Tätowierung, die man für den Rest seines Lebens mit sich herumträgt. In diesem Sinne ist Grohl inzwischen ziemlich vollgemalt. Aber wie so oft ist es nicht nur für ihn die Musik, die Trost spendet, Kraft schenkt und zugleich die einfachste Möglichkeit bietet, sich die Toten, und was sie einem bedeutet haben, wieder und wieder ins Gedächtnis zu rufen. Wie schön, dass es die Foo Fighters weiterhin gibt und wie schön, dass es dieses Album gibt, das zu den besten und wichtigsten der Bandgeschichte gehört.

    Das steckt drin: Taylor Hawkins, Hoffnung, Trauerarbeit

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