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Lieblingssongs 2023 von VISIONS-Redakteur Florian Schneider

Lieblingssongs 2023

Redakteur Florian Schneider
Die VISIONS-Redaktion blickt zurück auf das Musikjahr 2023. Dieses Mal: Die 10 Lieblingssongs von Redakteur Florian Schneider mit einem Hohelied auf den Single Edit, zehnminütigen Trauermärschen und einem großen Wunsch für 2024.
Lieblingssongs 2023: Florian Schneider

Single-Edits – eingefleischte Fans von Alben, wie wir es bei VISIONS sind, mögen so etwas nicht. Aber im Fall von „Krøterveg Te Helvete“ muss man eine Ausnahme machen. Ohne das endlose Intro der Albumversion auf „Endling“ ist der Song schlicht und ergreifend der größte Hit, den Kvelertak bislang geschrieben haben. Eine ganze Platte mit solchen knackigen Vierminütern und ich falle augenblicklich in Ohnmacht.

Oder ich lehne mich zurück und lächle wie Josh Homme in „Carnavoyeur“. Der Song ist sicher nicht der offensichtlichste Hit auf „In Times New Roman…“, aber einer der nachhaltigsten. Er fängt die Überforderung ein, die man angesichts der multiplen Krisenherde weltweit dieses Jahr empfinden konnte. Wunderbar war hingegen das Interview, das ich mit Homme führen konnte anlässlich des neuen Albums der Queens Of The Stone Age und das mir über verschlungene Wege auch ein Interview mit Krist Novoselic von Nirvana einbrachte. Damit ist meine Interview-Bucketlist fast abgehakt. Dave Grohl wäre noch einer, den ich gerne sprechen würde. Nur leider hat Grohl zu „But Here We Are“, dem aktuellen Album der Foo Fighters, keine Interviews gegeben. Zu tief sitzt der Schmerz über den Verlust von Drummer Taylor Hawkins, auf den wenige Monate später der Tod von Grohls Mutter folgt. Ihr ist „The Teacher“ gewidmet, ein zehnminütiges Lamento, das imstande ist, Kraft zu spenden und das emotionale Chaos einzufangen, das mit einem solchen Schlag einhergeht. Dazu passend löst sich der Song am Ende in Lärm auf.

Spotlights sind dagegen eine der Bands, der es 2023 gelungen ist, endlich voll zu überzeugen. Gut fand ich auch schon die Alben zuvor, aber erst mit „Alchemy For The Dead“ geht ihre Saat für mich komplett auf. Was auch an einem Überhit wie „Sunset Burial“ liegt, der die ganze Skala zwischen zuckerzart und bösartig brutal abdeckt und dazwischen einen Refrain zum Niederknien baut. Mit „Shook“ von Algiers tue ich mich allerdings auch nach knapp zwölf Monaten schwer. Vermutlich muss politisch informierte Musik in einem Jahr wie diesem aber so vollgestopft mit Informationen, Verweisen, Quellen und Stilen sein, wie es „Shook“ ist. In dieser Top-10 ist die Platte aber vor allem wegen eines Features gelandet: Zack de la Rocha macht jeden Song besser, aber langsam wird es Zeit für das Soloalbum, dessen Fertigstellung El-P von Run The Jewels schon 2017 bestätigt hat.

Nach so viel Stoff zum Nachdenken darf man den Kopf auch mal ausschalten, was ganz hervorragend zu „Feels Like I Am Dreaming“ von den Chemical Brothers klappt. Eigentlich hatte ich das Duo abgeschrieben, aber ihr famos überwältigendes Album „For That Beautiful Feeling“ ist auch wegen solch stumpfer Technobretter wie diesem gelungen. Wer danach Bock auf die Afterhour hat, der landet vielleicht im „Berghain“. Der gleichnamige Song ist ein Highlight auf dem Debütalbum der maskierten Provokateure von Augn, die bei Konzerten auch mal gar nicht erscheinen oder nur einen Ghettoblaster auf die Bühne stellen. Wie nachhaltig dieses Konzept ist, wird sich 2024 zeigen – dann folgt das nächste Doppelalbum der Band.

Ums „Party Game“ geht es auch auf „Kapitalismus Blues Band“ von Die Türen. Neben dem Wunsch, zu tanzen „wie der letzte Happy Monday“, fangen Maurice Summen & Co. im Jubiläumsjahr ihres Labels Staatsakt auch die Unmöglichkeit eines richtigen Lebens im falschen ein. Wie schon auf dem Vorgängeralbum sind ihre neusten Songs überraschend tanzbar, zudem aber pointierter und griffiger. Statt „Gut für mich, schlecht für die Welt“ hätten auch zwei andere Songs von „Kapitalismus Blues Band“ in dieser Liste landen können, stattdessen geht es weiter mit „Tüchtig“ von Bipolar Feminin. Deren Bandname bezieht sich zwar auf Westberlin Maskulin, musikalisch sind die Österreicher:innen aber im Indierock zuhause. Wobei man sich auch gut vorstellen kann, dass Sängerin Leni Ulrich ohne jede musikalische Begleitung einen gefangen nehmen könnte. Aber mit dem richtigen Krach zur Untermalung kommen Zeilen wie „Ich bin faul/ Ich bin so gemütlich/ Ich breche alles ab“ eben noch ein ganzes Stück schärfer daher.

Bleibt der Wunsch fürs neue Jahr: Ein komplettes Album von Bass-Virtuose Thundercat und Tame Impala, und dass der Titel ihres ersten gemeinsamen Songs zum Motto für 2024 wird – „No More Lies“.