Die Rekonvaleszenz infolge eines Nervenzusammenbruchs und seine Liebe zu abwegiger Musik setzen das Projekt des englischen Comedian James Acaster auf die Schienen. Nach jahrelanger akribischer Arbeit mit nicht weniger als 50 Mitwirkenden, die er über Bandcamp kennengelernt hat, erscheint mit “Temps” der ultimative Stilmix aus abstraktem HipHop, Elektronik und Afrobeat.
Rhythmen aus Geräuschen und ein ständiger Anschein von Zufälligkeit machen “Distorted Rooms” zu einem der spannendsten Elektronikalben des Jahres. Radian sind nicht Jazz, nicht Dance und auch nicht Avantgarde, greifen sich aber Elemente aus allen Disziplinen, um sie einem universellen Herzschlag und Beat zu unterwerfen. Das Ergebnis ist tanzbare Geräuschmusik für eine desorientierte Welt.
Mit dem experimentellen Album über die biblischen Erzengel verarbeitet der britische Komponist seine eigene schwierige Biografie. Dementsprechend angreifend und düster sind die Piano-Soundscapes von “Archangels”. Die fast körperlich spürbare Ungewissheit und Verunsicherung, die aus diesem Album sprechen, fordert einiges vom Hörer, um ihn schließlich mit Momenten überwältigender Schönheit zu belohnen.
Die frei im Raum schwebenden Songs des kanadischen Ambient-Künstlers Scott Morgan aka Loscil und seinem australischen Counterpart Lawrence English basieren auf improvisierten Kirchenorgelpassagen – behutsam in Scheiben geschnitten und wellenförmig rhythmisiert. Das meditative Album ist der perfekte Begleiter auf einsamen Feldwegen in Dämmerung oder Sonnenaufgang.
Aus Material der Sessions zum Album “Leaving California” (2019) hat Damon Watkus in und nach Corona eine weitere Platte gewoben. Mit der einzigen ausgesprochenen Progrock-Platte in dieser Liste verteidigen Jack O’ The Clock das oft falsch verstandene Genre gegen den Vorwurf sinnfreier Virtuosität: Diese Band schichtet mehrstimmige Gesänge, Mellotron und Polyrhythmik im Dienste bildhaftem Storytellings.
Zwei Dinge mit denen man mich immer kriegt: Boogie-Blues und Sitar-Drones. Beides eint Solo-Black-KeyDan Auerbach in “Every Chance I Get (I Want You In The Flesh)” – einem Song der Compilation “Tell Everybody!”, mit der Auerbach Werbung für die Blues-Künstler auf seinem Label Easy Eye Sound macht.
Eine Band, von der ich mich immer wieder gerne überraschen lasse sind Bilderbuch. Seit Jahren agieren die Ösis herrlich unberechenbar und nach ihren eigenen Regeln. So etwa mit ihrem Single-Doppel “Softpower”/”Dino”. Beide Songs eint psychedelischer Rock, bei “Softpower” kommen noch handgemachte 90s-Breakbeats dazu. Leider sind sie mit “Bluezone” schon wieder weiter Richtung Hyperpop gezogen.
Vom Duo Pearl & The Oysters hatte ich nie zuvor gehört – und eigentlich ist mir der Sound von Juliette Pearl Davis und Joachim Polack zu sehr Synth-Pop. Für “Read The Room” haben sie sich jedoch mit Laetitia Sadier von Stereolab zusammengetan – und wenn der Song ab Sekunde 36 zum Ratatat-mäßigen Gitarren-Menuett anhebt, dann haben sie mich im Sack.
Ein Song von meinem Album des Jahres darf selbstverständlich nicht fehlen. Das kommt von den Kanadierinnen Nobro, die endlich ihr Debütalbum “Set Your Pussy Free” veröffentlicht haben – und darauf alles einlösen, was ihre hitgespickten EPs zuvor versprochen haben: Garage Rock meets Pop-Punk und hochmelodischer, mehrstimmiger Gesang. Und der auch noch mit Attitüde.
Die Wurzeln der Australier Private Function liegen im Pub-Rock – und wie sich das für eine gescheite Pub-Rock-Band gehört, haben sie immer auch Coversongs im Repertoire. Das war auf ihren frühen EPs so – und das ist auch so auf ihrem Album “370HSSV 0773H” (sprich: Hello Asshole). Darauf machen sie sich über den frühen Coldplay-Hit “Yellow” her und bauen ihn um zu einem rauen, mitreißenden Emo-Punk-Kracher, der klingt wie der beste Songs, den Hot Water Music nie geschrieben haben.
Eine der besten – wenn nicht die beste – Hardcore-Platte des Jahres stammt von Militarie Gun, die nach mehreren EPs endlich mit “Life Under The Gun” auf Albumlänge debütieren und maßgeblich dafür mitverantwortlich sind, dass Hardcore wieder spannend und frisch klingt. Dafür holen die Kalifornier um Mastermind Ian Shelton Pop und Indie in den Mix und arrangieren ihre Songs nicht eine Sekunde zu lang – am besten zu hören in “Do It Faster”.
Hinter den Bleachers steckt Jack Antonoff. Der ist als Superproduzent seit Jahren aktiv für Megastars wie Taylor Swift, Lorde, St. Vincent, P!nk, Lana Del Rey, Carly Rae Jepsen, FKA Twigs, Sia etc. etc. etc. Aber: Antonoff hat als Indierocker mit Steel Train angefangen und ist gebürtig aus New Jersey. Von dort stammt selbstverständlich auch der Boss Bruce Springsteen – und mit “Modern Girl” verbeugt sich Antonoff mit den Bleachers herrlich power-poppig vor Springsteen und seiner E-Street-Band.
Die größte Überraschung stellten für mich 2023 Dictator Ship aus dem schwedischen Uppsala dar. Auf ihrem zweiten Album “Electric Jihad” reisen sie ins politisch aufgeladene Detroit der späten 60er. Als Teaser veröffentlichen sie den atemberaubenden, actiongeladenen Titeltrack einige Monate vor Albumveröffentlichung. Das Stück ist ein Schaulaufen der Talente der Band – eines davon ist der mehrstimmige, soulige Gesang.
Überrascht haben mich auch Geese. Bisher spielten die New Yorker verschrobenen Indierock mit Haken und Kanten. Das hat sich auf dem zweiten Album “3D Country” nicht geändert – nur holen sie hier noch Classic- und Southern Rock, Soul und Gospel dazu. Dass dieser übergeschnappte Mix irgendwie funktioniert und von der Band zum Niederknien gut live umgesetzt wird, macht die Sache noch besser. Das irre “2122” hat mir beim Reeperbahnfestival vor Grinsen fast den Kiefer ausgerenkt.
Eine Band, die seit Jahren nicht mehr aus meiner Top-10 wegzudenken ist, sind selbstverständlich King Gizzard & The Lizard Wizard, gerade, wenn die Band Bock auf Heaviness hat. “Petrodragonic” ist die herrlich übergeschnappte Fortsetzung des brillanten “Infest The Rats’ Nest” – und mit dem ersten Vorboten “Gila Monster” war direkt alles gesagt. Wenn Ambrose Kenney-Smith ab Minute 2:50 seine Zeilen auf den Beat quasi-rappt, ist der Wahnwitz komplett.
Am 1. Januar um 15 Uhr geht es los und Kettcar laden im Hamburger Knust zum Neujahreskonzert. Dieses findet jedoch nicht unter normalen Bedingungen statt: Die Band lädt zum Akustikaraoke. Fünf Besucher:innen wird die Möglichkeit geboten, einen Song mit der Band auf der Bühne zu performen.
Mitmachen darf jede:r, einzig eine kurze Bewerbung mit Songwunsch muss vorab bis zum 28. Dezember an kettcarkaraoke@ghvc.de geschickt werden. Zur Auswahl stellen Kettcar zehn Songs aus ihrer Diskografie: “Balu”, “Benzin & Kartoffelchips”, “Ich danke der Academy”, “Balkon gegenüber”, “48 Stunden”, “Im Taxi weinen”, “Stockhausen, Bill Gates und Ich”, “Rettung”, “Mein Skateboard kriegt der Zahnarzt” und “Volle Distanz”.
Im Anschluss an den Sektempfang, ein kurzes Kaffeekränzchen und die Karaokesession versprechen Kettcar natürlich auch ein reguläres Konzert. Tickets für die Show sind ab sofort via Grand Hotel Van Cleef erhältlich.
2019 hatten sich Kettcar in eine längere Bandpause verabschiedet, seit 2022 sind sie jedoch wieder regelmäßig auf Tour. Ihr bislang letztes Album “Ich vs. Wir” ist 2017 erschienen, einen ersten Ausblick auf neue Musik verspricht die Band nun außerdem im Rahmen der Show in Hamburg zu geben.
Wer den Weg nach Hamburg zum Jahresbeginn nicht schafft, hat auch im April und Sommer die Möglichkeit Kettcar zu sehen. Da spielt die Band neben einigen Festivalauftritten auch reichlich weitere Konzerte. Tickets für die Konzerte sind bereits an allen bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich.
Ende 2022 ist Lil Yachty der Typ, der den Wock nach Polen bringt, 2023 überrascht er nicht nur mit einem gruseligen KI-Cover, er singt auch auf einer Platte, die mehr mit Psych-Rock gemein hat als mit Trap. Er ist nicht der einzige Rapper, der dieses Jahr musikalisch “fremd” geht, aber seine Begeisterung ist ansteckender als etwa das meditative Flöten von André 3000.
In den sechs Jahren seit seinem Debüt “Process” (2017) kann man Sampha in so vielen Songs hören, dass zu befürchten ist, er finde nicht mehr den Weg zu eigenem Material. Aber jemand, der in jede Zeile, die er singt, so viel Seele legt wie Sampha, veröffentlicht eben nichts unbedacht unter eigenem Namen. Und was soll man sagen: Die Bedächtigkeit hat sich gelohnt.
Ebenso wie bei Sampha gibt es auch bei Little Dragon verhaltene Anklänge an Drum’n’Bass, der dieses Jahr eine Renaissance im Club feierte. In erster Linie stehen Little Dragon aber auf ihrem siebten Album für smoothen Electro-Pop, so geschmackvoll produziert und arrangiert wie schwedisches Design. Veredelt vom größten Pfund der Band: der Stimme von Yukimi Nagano.
Wie kann Minimalismus so voll klingen? Die Antwort liegt im Fall von Harmonious Thelonious aus Düsseldorf im verwendeten Equipment begründet. Alle Tracks auf diesem Album sind mit Hilfe einer Monomachine entstanden. Dieser Synthesizer ist gebraucht zwar alles andere als billig, seine “Cheapo Sounds” klingen aber modern und retro zugleich und rollen auf wunderbar stoischen Beats voran.
Niemand klingt wie Karin Dreijer alias Fever Ray. Stets schwingt in ihrer Musik etwas Unheimliches mit – kaum greifbar, aber immer präsent. So sind auch ihre Verhandlungen über Liebe und Romantik nicht frei von Fallstricken und Ungeheuerlichkeiten. “Radical Romantics” ist obendrein so etwas wie eine Mini-Reunion ihrer alten Band The Knife: Bruder Olof ist Co-Produzent.
Modest-Mouse-Drummer Jeremiah Green (l.) (Foto: James Joiner)
Modest Mouse-Drummer Jeremiah Green starb am 31. Dezember 2022 im Alter von 45 Jahren an einer Krebserkrankung. Green hatte die Band 1993 mit Bassist John Wickart und Sänger Isaac Brock gegründet, verließ sie allerdings zwischen 2003 und 2004. Später gab er bekannt, dass er einen Nervenzusammenbruch erlitt und kurzzeitig in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wurde. Zuvor hatte man bei ihm eine bipolare Störung diagnostiziert. Bis auf “Good News for People Who Love Bad News” (2004) war er aber an allen Platten der Indierocker beteiligt. Das bisher letzte Album von Modest Mouse “The Golden Casket” erschien 2021. Johnny Marr, sein ehemaliger Bandkollege (2006 – 2008) und ehemaliger Gitarrist und Songwriter von The Smiths, reagierte bestürzt: “Der großartige Jeremiah Green. Mein Freund, Bandkollege und der kreativste Musiker, den ich je getroffen habe.” Ein Ersatz für Green wurde von Brooks bisher nicht bestätigt.
Screaming Trees (r. Van Conner) (Foto: Gie Knaeps/Getty Images)
Etwas mehr als ein Jahr nach dem Tod seines ehemaligen Bandkollegen Mark Lanegan verstarb mit Van Conner auch der Bassist der Screaming Trees. Gemeinam mit seinem Bruder Gary Lee und Sänger Lanegan gründete er 1984 die Band, die bis zur Jahrtausendwende sieben Alben veröffentliche und damit zu den Pionieren des Seattle Sound gehörte. Parallel dazu war Conner Gründer der Bands Solomon Grundy, Valis und Gardener, aktiv war er zudem bei Steve Fisk, Dinosaur Jr. und Gamma Ray. Vor seinem Tod hatte er bereits mehrere Jahre mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen.
18.01.: David Crosby
Am 18. Januar verstarb David Crosby, der Mitbegründer der Folk-Rock-Band The Byrds, im Alter von 81 Jahren nach langer Krankheit. Die Byrds erlangten Bekanntheit durch ihre Cover-Versionen von Bob Dylan-Songs bevor sie ihren Folk-Sound auf Alben wie “There Is A Season” in Richtung Psychedelic lenkten. Crosby verließ die Band nach dem fünften Studioalbum, um seine Solokarriere zu verfolgen. Mit Graham Nash und Stephen Stills sang er als Trio und arbeite auch im Quartett Crosby, Stills, Nash & Young mit Neil Young zusammen. Mitte der 1980er Jahre verbrachte Crosby wegen Drogen- und Waffendelikten eine Zeit im Gefängnis in Texas und bedankte sich im Nachgang bei dem zuständigen Richter, da der Entzug während der Haft ihm geholfen habe.
28.01.: Tom Verlaine (Television)
Tom Verlaine (Foto: Chris McKay/WireImage/Getty Images)
Mit “Marquee Moon”, einem der einflussreichsten Alben der 70er, hat Tom Verlaine mit Television Musikgeschichte geschrieben. 1973 mit ihm als Sänger und Gitarrist gegründet, war die Band ein fester Bestandteil der frühen Punk-Bewegung in New York und die erste Band, die regelmäßig im legendären Club CBGB spielte. Verlaine war danach vor allem als Solokünstler aktiv, auch wenn es in den Neunzigern und Zweitausendern jeweils kurze Reunions von Television gab. Er verstarb am 28. Januar im Alter von 73 Jahren.
08.02.: Burt Bacharach
“King Of Easy” nannten ihn die Einen, als “Fahrstuhlmusik” schmähten Andere seine Songs; so oder so gilt Burt Bacharach aber als einer der wichtigsten Charaktere im Bereich des Easy Listening. Seit den Fünfzigern war er aktiv, schrieb Musicals und komponierte die Musik für Gesangsgrößen wie Marlene Dietrich und Dionne Warwick. Für letztere schrieb er den Evergreen “Walk On By”, interpretiert wurden seine Songs unter anderem von Tom Jones, Aretha Franklin, Frank Sinatra und Dusty Springfield. Im Alter von 94 Jahren starb Bacharach am 8. Februar in Los Angeles.
12.02.: Trugoy The Dove (De La Soul)
David Jolicoeur, aka Trugoy (Foto: Roberto Ricciuti/Redferns/Getty Images)
Als ein Drittel der Rapgruppe De La Soul prägte Trugoy The Dove, bürgerlich David Jude Jolicoeur, in den Achtzigern und Neunzigern Alternative bzw. Progressive HipHop und Rap und war für Genre-Klassiker wie “3 Feet High And Rising” verantwortlich. Gemeinsam mit seiner Band war er für insgesamt sechs Grammys nominiert, einen davon gewann man gemeinsam mit den Gorillaz für den Hit “Feel Good Inc.”. Am 12. Februar starb der Rapper im Alter von 54 Jahren an unbekannten Ursachen, schon seit längerer Zeit hatte er zuvor mit Herzproblemen zu kämpfen.
14.02.: Akira Tsuneoka (Hi-Standard)
Am 14. Februar verstarb Hi-Standard-Drummer Akira Tsuneoka im Alter von 51 Jahren unerwartet. Näheres zur Todesursache ist nicht bekannt. Die Japanische Punkband gab das Ableben ihres Freundes über Social Media bekannt und entschuldigte sich, dass sie sich nicht früher dazu gemeldet hatten. Hi-Standard hatten sich 1991 gegründet und in den 90ern vier Alben veröffentlicht. Nach der Trennung 2000 kam es 2011 zu einer Reunion und 2017 mit “The Gift” zu dem bisher letzten Album der Band. Sänger Akihiro Namba und Gitarrist Ken Yokoyama gaben jedoch auch bekannt, dass die Band weiterhin bestehen wird.
02.03.: Steve Mackey (Pulp)
Pulp-Bassist Steve Mackey verstarb am 2. März im Alter von 56 Jahren. Genaueres ist über die Todesursache nicht bekannt, auch wenn seine Ehefrau Katie auf Social Media von einem “dreimonatigen Kampf im Krankenhaus” berichtete. Weiter schrieb sie: “Steve war der begabteste Mann, den ich kannte, ein Ausnahme-Musiker, -Produzent, -Fotograf und -Filmemacher”. Seit Oktober 2022 stand fest, dass der Bassist nicht bei der diesjährigen Reunion-Tournee von Pulp dabei sein würde. Mackey war seit 1989 Teil der einflussreichen Britpop-Band, auf Instagram wünschte er damals seinen Bandkollegen viel Erfolg auf der Konzertreise.
21.04/20.06.: Mark Stewart & John Waddington (The Pop Group)
Mit The Pop Group, insbesondere dem Album “Y” von 1979, prägte Mark Stewart die wilde und experimentelle Seite des Post-Punk, die mit Jazz-Tupfern, Avantgarde-Einschlägen und Dub-Anleihen Abstand vom Punk-Sound der 70er nahm und damit zahlreiche Künstler:innen beeinflusste. Der zuletzt teilweise in Berlin lebende Musiker verstarb am 21. April im Alter von 62 Jahren. Nur wenige Monate später, am 20. Juni, verstarb auch mit John Waddington der Gitarrist von The Pop Group. Gemeinsam mit Simon Underwood gehörten beide zu den Gründungsmitgliedern der Band.
06.05.: Frank Kozik
Frank Kozik (Foto: Craig Barritt/Getty Images for Kidrobot)
Der US-Künstler und Grafikdesigner Frank Kozik wurde bekannt durch seine Poster für zahlreiche Bands – darunter Nirvana, Soundgarden, Pearl Jam, Melvins und Butthole Surfers. Auch entwarf Kozik – der auch “Punk Rock Warhol” genannt wurde – Albumcover, etwa für “Americana” von The Offspring oder für das Debüt von den Queens Of The Stone Age. Der einflussreiche Künstler betrieb außerdem von 1993 bis 2001 das Underground-Label Man’s Ruin Records. Damit veröffentlichte er bis zur Schließung 2001 über 200 Platten von unter anderem The Hellacopters, Nebula, Kyuss, High On Fire, Entombed, Turbonegro sowie Queens Of The Stone Age. Kozik war Anhänger der Stuckisten, einer internationalen Kunstbewegung, die 1999 von Billy Childish und Charles Thomson gegründet wurde, um figurative Malerei im Gegensatz zu konzeptueller Kunst zu fördern. Kozik wurde 61 Jahre alt und verstarb am 6. Mai unerwartet. Im Juli wurde bekannt, dass er Suizid begannen hatte.
19.05.: Andy Rourke (The Smiths)
Der ehemalige The Smiths-Gitarrist Johnny Marr machte auf Twitter den Tod seines Bandkollegen Andy Rourke öffentlich und erinnerte sich insbesondere an Rourkes Freundlichkeit und musikalisches Talent. Der 59-jährige Bassist erlag am 19. Mai seinem Bauchspeicheldrüsenkrebs, gegen den er schon länger kämpfte. Rourkes musikalischer Beitrag erstreckte sich über alle vier Studioalben von The Smiths. Nach dem Ende der Smiths gründete er die Supergroup Freebass und arbeitete mit Künstler:innen wie den Pretenders, Killing Joke und Moondog One zusammen. Andy Rourke hinterlässt seine Ehefrau und eine Adoptiv-Tochter.
24.05.: Tina Turner
Tina Turner war die “Queen Of Rock”. Am 24. Mai starb die Sängerin im Alter von 83 Jahren in in ihrer Wahlheimat – der Schweiz. Berühmt durch Hits wie “Simply The Best” und “What’s Love Got To Do With It”, startete sie in Nutbush, Tennessee, und erlebte Höhen und Tiefen mit ihrem gewalttätigen Ex-Mann Ike Turner. Nach dem dramatischen Ausstieg feierte sie in den 80ern ein Comeback, mit dem Album “Private Dancer”. Ihr weltweiter Erfolg kulminierte in einem Guinness-Weltrekord für das größte Solokonzert. 2009 beendete sie ihre Bühnenkarriere und lebte seit 1994 in der Schweiz. Turner war seit längerer Zeit schwer krank, überstand Darmkrebs und ein Nierenversagen.
18.06.: Teresa Taylor (Butthole Surfers)
Taylors Kurzauftritt in “Slacker” (Splendor Films)
Bereits im November 2021 lautete die Prognose für Teresa Taylor nach der Diagnose einer schweren Lungenerkrankung, dass sie wohl nur noch fünf Monate zu leben habe. Eineinhalb Jahre wurden am Ende tatsächlich noch daraus, die Schlagzeugerin verstarb am 18. Juni im Alter von 60 Jahren. Zwischen 1983 und 1989 hatte sie bei den Butthole Surfers gespielt und wirkte an einigen der prägendsten Alben der Band mit. Zusätzliche Bekanntheit erlangte sie durch eine Rolle in Richard Linklaters Regiedebüt “Slacker” von 1990.
30.06.: Rick Froberg (u.a. Drive Like Jehu)
Rick Froberg (Foto: Gaelle Beri/Redferns)
Seit Mitte der Achtziger trug Rick Froberg in verschiedensten Bands die Fackel von Punk, Emo und Hardcore weiter: Zuerst mit Pitchfork, später bei den Post-Hardcore-Vorreitern Drive Like Jehu, noch später mit Hot Snakes und Obits. Dabei war er nicht nur als Sänger und Rhythmusgitarrist – meistens in symbiotischer Ergänzung mit Kreativpartner John Reis an der Leadgitarre – ein wichtiger Baustein dieser Bands, er steuerte auch regelmäßig deren Artworks bei. Froberg verstarb am 30. Juni im Alter von 55 Jahren.
26.07.: Sinéad O’Connor
Sinead O’Connor 2014 (Foto: Christie Goodwin/Redferns via Getty Images)
Weltberühmt wurde Sinéad O’Connor 1990 durch ihre Interpretation des von Prince geschriebenen “Nothing Compares 2 U”, berüchtigt war sie auch aufgrund rebellischer öffentlicher Aktionen und ihres Aktivismus. In Songs und Auftritten machte sie sich unter anderem gegen Sexismus, Kindesmissbrauch in der Kirche und die konservative Thatcher-Regierung im Vereinigten Königreich stark. Musikalisch experimentierte sie stilistisch viel und arbeitete mit so unterschiedlichen Künstler:innen wie Massive Attack, den Pogues oder der Asian Dub Foundation zusammen. Am 26. Juli starb die Künstlerin im Alter von 56 Jahren.
08.08.: Sixto Rodriguez
Sixto Diaz Rodriguez 2015 (Foto: Roberto Ricciuti/Redferns via Getty Images)
Die Dokumentation “Searching For Sugar Man” von 2012 machte Sixto Rodriguez erst im hohen Alter weltberühmt: Die Geschichte des scheinbar gescheiterten Singer/Songwriters, der in Südafrika und Australien ein Megastar gefeiert wurde und von seinem eigenen Erfolg gar nichts wusste. Am 8. August verstarb Rodriguez im Alter von 81 Jahren, in den letzten zehn Jahren seiner Karriere tourte er noch weltweit und erlebte, wie seine Platten – insbesondere der Song “Sugar Man” – rückwirkend zu Klassikern erhoben wurden.
09.08.: Robbie Robertson (The Band)
Als Robbie Robertson Mitte der Sechziger The Band gründete, war sie erstmal nur die Begleitband für den kurz zuvor in elektrische Gefilde umgestiegenen Bob Dylan, Musikgeschichte geschrieben haben sie dann mit Alben wie “Music From Big Pink” und der legendären Konzertplatte “The Last Waltz” aber auch unabhängig von ihm. Robertson selbst, der nach dem Ende von The Band auch solo aktiv war, führte der Rolling Stone sowohl in seiner Liste der besten Gitarist:innen als auch der besten Songwriter:innen aller Zeiten. Noch in diesem Jahr arbeitete er am Soundtrack von Martin Scorceses Film “Killer Of The Flower Moon” mit, am 9. August verstarb er im Alter von 80 Jahren.
17.08.: Gary Young (Pavement)
Gary Young in der Doku “Louder Than You Think” (Credit: Melbourne International Film Festival)
Gary Young war nicht nur der erste Drummer von Pavement, er prägte in den Anfangsjahren auch ihren Sound und fungierte in gewisser Weise als Mentor. Da die Band nach ihrer Gründung ohnehin in seinem Studio aufnahm, wurde er kurzerhand ihr Drummer, gemeinsam mit ihm entstanden die ersten EPs von Pavement und das Debütalbum “Slanted & Enchanted”. Nach dessen Veröffentlichung wurde Young dort zwar rausgeworfen, veröffentlichte danach aber noch drei Alben mit seiner Band Gary Young’s Hospital und spielte 2010 nochmal ein letztes Konzert mit Pavement. 2022 erschien ein Dokumentarfilm über ihn. Gary Young verstarb am 17. August und wurde 70 Jahre alt.
20.09.: Kent Stax (Scream)
Scream (2 v.r. Kent Stax) (Foto: Joel Dowling)
Schlagzeuger Kent Stax hatte 1979 gemeinsam mit Skeeter Thompson und den Brüdern Pete und Franz Stahl Scream gegründet, die Band Mitte der 80er jedoch verlassen, um sich auf seine Familie zu konzentrieren. Über die Jahre hatte Stax neben Scream auch in zahlreichen weiteren Punk- und Hardcore-Bands mitgewirkt, unter anderem The Suspects, Spitfires United und Alleged Bricks. Dave Grohl ersetzte bis zu seinem Wechsel zu Nirvana 1990 Stax’ Position am Schlagzeug. Für eine Reunion-Show spielte Stax 1996 mit seinen Bandkollegen und wirkte auf dem neuen Album “DC Special”, welches das erste seit 1993 der Band ist, mit. Nur 24 Stunden nach dessen Ankündigung, am 20. September, verstarb Stax infolge seiner metastasierenden Krebserkrankung.
26.11.: Kevin “Geordie” Walker (Killing Joke)
Killing Joke (Geordie Walker r.) (Credits: Killing Joke)
Kevin “Geordie” Walker galt als renommierter Gitarrist, dessen Einfluss sich über mehr als 40 Jahre erstreckt. Nachdem er eine Suchanzeige von Jaz Coleman und Paul Ferguson in einer Musikzeitschrift gesehen, gründeten die drei Musiker Killing Joke. Doch nicht nur als treues Gründungsmitglied von Killing Joke hinterließ Walker seine Spuren. Über die Jahre spielte Walker auch in anderen Supergroups, unter anderem The Damage Manual und Murder, Inc. Kevin “Geordie” Walker verstarb am 26. November an den Folgen eines Schlaganfalls und wurde 64 Jahre alt.
30.11.: Shane MacGowan
Shane MacGowans Beerdigung am 8. Dezember in Dublin (Foto: Charles McQuillan/Getty Images)
Der ehemalige The Pogues-Frontmann Shane MacGowanverstarb am 30. November. MacGowan erlangte in den 1980er Jahren als eine der ersten irischstämmigen Bands internationale Bekanntheit mit dem Verbinden von traditioneller irischer Musik mit Punkrock. Die Folk-Punk-Ikone hatte über die Jahre mehrfach mit gesundheitlichen Problemen und schwerwiegenden Suchterkrankungen zu kämpfen. Nach seinem Ausstieg bei The Pogues 1991 macht er mit seinem Soloprojekt weiter. Im Dezember 2022 wurde bei ihm eine Enzephalitis festgestellt, wodurch er lange auf der Intensivstation behandelt werden musste. Kurz nach seiner Entlassung starb er im Kreise seiner Familie an einer Lungenentzündung im Alter von 65 Jahren. MacGowan hinterlässt vor allem für Irland ein bedeutendes Erbe in der Musikwelt als Songwriter. Vor seinem Tod vollendete MacGowan ein letztes Album.
Annika Line Trost kommt im Mai 1977 in Berlin-Charlottenburg zur Welt und wächst in Spandau auf, wo sie heute wieder mit ihrem Partner lebt, mit dem sie die Kommunikations- und Design-Schmiede Firma “Freimauer” betreibt. Die hat unter anderem Artworks und Merchandise für Künstler wie Afrob und Sido sowie circa alle Major- und diverse Indielabels designt.
Es gibt nicht viel, was mit Musik zu tun hat, dem sich Trost nicht bereits gewidmet hätte: Mit Projekten wie Shizuo, Cobra Killer, Trost, Tempeau und Blacken The Black produziert sie Platten und Songs.
Sie schreibt außerdem Songs für Die Prinzen, deren Kopf Sebastian Krumbiegel, Nena, Selig und The Boss Hoss. Stilistisch bewegt sie sich dabei zwischen Elektro, Punk, Pop und Rock.
Neben ihrer umfangreichen Arbeit als Musikjournalistin und Autorin ist sie außerdem durch die wöchentliche Radiosendung “Tanzhalle” auf RadioEins vom RBB bekannt. Die ist das Aufwärmprogramm für den Samstagabend und Trost spielt dort Hits und Raritäten von HipHop über Soul, Punk, R’n’B und Garage Rock.
Mit zehn Jahren sieht sie die Ärzte live und muss bei dieser ersten Konzerterfahrung schmerzhaft lernen, dass der “letzte” Song nicht das Ende des Konzerts, sondern die Einleitung für die richtig guten Zugaben bedeutet. Da steht sie mit dem Vater allerdings schon wieder draußen vor der Halle, erzählt sie Jan Schwarzkamp im Gespräch. Der kann ihr Bedauern nachfühlen, als der Vater, ganz im Sinne von “gut gemeint ist nicht dasselbe wie gut”, die Tickets für die paar Songs, die noch laufen, an jemanden weiterverschenkt und Trost so um ihr Konzert-Andenken bringt.
Sie spielt mehrere Instrumente, lernt zuerst Flöte, dann Klavier, wo sie ihrer wenig begeisterten Klavierlehrerin irgendwann eröffnet, auf Schlagzeug umsteigen zu wollen.
Ein Familienurlaub in London, ebenfalls mit zehn, läutet dann ihre Punkphase ein und während in den 90ern alle anderen dem Alternative Rock und Grunge huldigen, bewegt sich Trost in Kreisen, die die Mod-Szene und Musik der 60er Jahre feiern und lernt Niederländisch, weil ihr holländische 60er-Beat-Musik so gut gefällt.
Wie einst Peaches Vorband von Cobra Killer wurde, wie Trost zu einer gebrochenen Nase in Mexiko und Iggy Pops erlesenem Rotwein nach einem Festivalauftritt kam und weshalb Sonic Youths Thurston Moore mal aufgeregt vor ihrer Garderobe wartete, hört ihr in der aktuellen Folge.
Diese und alle Folgen aus den vergangenen Staffeln gibt es hier zum Nachhören.
Bereits im Sommer 2022 wurde die Idee eines gemeinsamen Albums von Liam Gallagher und John Squire (The Stone Roses) erstmals öffentlich kommuniziert, nachdem letzterer bei einem Konzert von des Ex-Oasis-Frontmanns in Knebworth für den Song “Champagne Supernova” mit Gallagher auftrat. Kurz darauf twitterte Gallagher, dass die beiden eine gemeinsame Supergroup gründen wollen. Andeutungen zu der Zusammenarbeit wurden von seiner Seite seitdem immer wieder gestreut, unter anderem in einem Interview mit Apple Music 1, in dem er behauptete, die er und Squire würden “definitiv” zusammenarbeiten. In einem weiteren Tweet vom Oktober ließ Gallagher dann bescheiden wie eh und je verlautbaren, dass das gemeinsame Album “die beste Platte seit ‘Revolver'” von den Beatles werden würde.
Einen nächsten großen Schritt zur offiziellen Ankündigung des Projekts machten Squire und Gallagher nun Anfang der Woche auf Instagram, wo beide Künstler nacheinander kurze Videos posteten, in denen sie ihr jeweiliges musikalisches Vermächtnis würdigten. Den Anfang machte dabei Gallagher am Montag und bezeichnete seinen Kollegen als den seiner Meinung nach besten Gitarristen seiner Generation und der ganzen Welt. Squire erwiderte das Kompliment gestern und bezeichnete Gallagher als eine der großen Rock’n’Roll-Stimmen, die in einer Liga mit Bob Dylan, John Lennon, Mick Jagger und Johnny Rotten spielen würde. Beide Musiker teilten in ihren Instagram-Bios außerdem einen Link zur Website gallaghersquire.com, bei der man sich für weitere Informationen anmelden kann.
Eine gemeinsame musikalische Vergangenheit haben die beiden bereits lange, nicht zuletzt durch ihre gemeinsame Herkunft in Manchester. Squire war seit den Achtzigern in der dortigen Szene aktiv, Bekanntheit erlangte er als Gitarrist der Stone Roses, die Gallaghers Band Oasis wesentlich beeinflusste. Seit seinem Ausstieg war er Teil verschiedener Bands und auch solo aktiv, außerdem ist er Maler.
Sein Gastspiel bei Gallagher, das auch auf dessen Livealbum “Knebworth 22” festgehalten wurde, war jedoch sein erster Auftritt seit fünf Jahren. Gallagher veröffentlichte davor 2022 mit “C’mon You Know” sein aktuellstes Studioalbum sowie die EP “Diamonds In The Dark”. 2024 hat er gemeinsam mit ehemaligen Oasis-Mitgliedern eine Tour zum 30. Jubiläum von deren Debüt “Definitely Maybe” geplant, nicht dabei ist – wenig überraschend – sein Bruder Noel.
Am 5. April wird mit “Hand On Heart” ein neues Album von Cock Sparrer via Pirates Press erscheinen und damit wahrscheinlich den Schlussakt in der Geschichte der britischen Oi!-Legenden, die sich vor 52 Jahren gegründet haben, einläuten – zumindest was die Veröffentlichung neuer Alben angeht. Auf ihrer kommenden Platte bleiben die UK-Punks wohl ihrem hymnischen Sound und den Singalong-Melodien treu, haben für die Streicherarrangements unter anderem mit dem Komponisten Simon Dobson (u.a. Bring Me The Horizon, Mike Oldfield) zusammengearbeitet. Die Tracklist der mit 10 Songs bestückten Platte steht bereits fest, einen ersten Ausblick haben die Londoner bisher allerdings noch nicht auf das Album gegeben.
Der große kommerzielle Durchbruch, wie ihn beispielsweise die Sex Pistols oder The Clash hatten, gelang Cock Sparrer zwar nie, nichtsdestotrotz hat sich die Band um Frontmann Colin McFaull im Laufe ihrer Karriere den Ruf als einer der einflussreichsten und am häufigsten gecoverten britischen Punk-Bands erspielt. Zuletzt veröffentlichten die Briten 2017 mit “Forever” ihr siebtes Studioalbum. Der Nachfolger, der von Gitarrist Daryl Smith produziert und von Grammy-Preisträger Kevin Tuffy gemastered wurde, kann bereits vorbestellt werden.
Der Release ihres achten Studioalbums werden die Briten mit zwei Shows feiern: am 6. April im Londoner O2 Shepherd’s Bush Empire und am 13. April in Glasgow in der O2 Academy. Ob Cock Sparrer auch nochmal in Deutschland auf Tour gehen, ließen sie bisher offen – dürfte aber bei ihren regelmäßigen Besuchen hierzulande allerdings sehr wahrscheinlich sein.
Cock Sparrer – “Hand On Heart”
01. “With My Hand On My Heart”
02. “Mind Your Own Business”
03. “I Belong To You”
04. “Rags To Riches”
05. “No Way Out”
06. “Take It On The Chin”
07. “Nowhere To Be Found”
08. “One Way Ticket”
09. “My Forgotten Dream”
10. “Here We Stand”
“Die früheste Musik von Deftones gehörte wahrscheinlich nicht zu unseren glanzvollsten Momenten”, sagte Chino Moreno kürzlich in einem Interview mit dem Revolver, das gemeinsam mit seinem Crosses(†††)-Kollegen Shaun Lopez stattfand. Frontmann Moreno spielt damit insbesondere auf das erste Studioalbum “Adrenaline” aus dem Jahr 1995 an, welches sogar in offiziellen Raritäten-Compilations wenig Beachtung fand. Es war das Debüt der Deftones – noch bevor “Around The Fur” und “White Pony” zum Erfolg der Alternative-Metal-Band führten.
Als Grund dafür, dass das Debüt der Deftones im Vergleich zu den Nachfolgern weniger beachtet wird, sieht Moreno vor allem, dass er – und auch die Band – erst ihren Weg finden mussten. Er selbst bezeichnete sich als Autodidakt und beschrieb, dass er selbst zu Beginn nicht wusste, was er tat: “Ich wollte einfach so gerne Musik machen, aber alle anderen waren besser als ich am Schlagzeug und an der Gitarre – also musste ich meinen eigenen Weg finden, um in einer Gruppe zu sein”, so Moreno.
Auch gibt es jede Menge frühes Demomaterial online, doch die Band hatte wenig Interesse daran, dieses offiziell zu würdigen. So blieb es für das Demomaterial dabei, dass es gebootleggt wurde, als die Deftones bekannter wurden. Auch auf ihrer “B-Sides & Rarities”-Compilation von 2005 wurde diese Ära weitestgehend ausgeblendet.
Moreno sieht es allerdings weniger als Nachteil, dass die Musik keine Veröffentlichung fand, im Gegenteil: “Die früheste Musik von [den Deftones] gehörte also wahrscheinlich nicht zu unseren glanzvollsten Momenten, und aus diesem Grund ist sie auch nicht da draußen. Vieles davon war nur auf Hinterhofpartys und ähnlichem. In meinen Augen hat uns das also geholfen. Wir waren in der Lage, uns als Künstler zu entwickeln, bevor wir vor die Leute gestoßen wurden”, blickt der Frontmann zurück.
Rückblickend scheint Chino Moreno froh zu sein, dass die Deftones damals ihre Musik nicht im Internet veröffentlicht haben: “Das Internet ist eines der Dinge, mit denen ich eine Hassliebe verbinde. Ich habe Mitleid mit Leuten, die einfach nur etwas ausprobieren wollen – und dabei scheitern – und dann stürzen sich die Leute darauf und zerstören ihr Selbstvertrauen, bevor sie überhaupt die Chance haben, etwas auszuprobieren, das vielleicht anders ist. Ich denke, die beste Musik ist, ihr wisst schon: ungewöhnlich, natürlich, nicht typisch.”