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Line-up Änderung

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Am Dienstagnachmittag verkündeten Five Finger Death Punch, dass sie aufgrund Komplikationen infolge eines Leistenbruchs von Frontmann Ivan Moody jegliche Tourpläne bis mindestens Mitte Juni pausieren müssen – davon betroffen ist nicht nur ihre Teilnahme an der laufenden Welttournee von Metallica, sondern auch ihre Auftritte bei den Festivals Rock am Ring und Rock im Park. Die Veranstalter:innen verkünden nun, dass Bullet For My Valentine ihren Platz im Line-up einnehmen werden.

 

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Die Briten waren bereits letztes Jahr im Line-up der beiden Festivals vertreten und werden in diesem Jahr ihren bislang einzigen deutschen Festivalauftritt dort bestreiten. Im Gepäck haben sie weiterhin ihr neuestes, selbstbetiteltes Album, das 2021 erschienen ist.

Außerdem im Line-up der beiden Festivals vertreten sind unter anderem Kings Of Leon, Die Toten Hosen, Rise Against und Bring Me The Horizon, ebenso wie die Foo Fighters, die zwei Europa-exklusive Auftritte dort spielen werden. Die Festivals finden vom 2. bis 4. Juni am Nürburgring/Eifel bzw. am Zeppelinfeld Nürnberg statt. Wochenend- und Tagestickets sind weiterhin an allen bekannten Vorverkaufsstellen verfügbar.

Interview mit Rembert Stiewe

Hallo Rembert, vielen Dank für deine Zeit. Starten wir mal mit den Basics. Welche Bands und Künstler*innen haben dich in deiner musikalischen Sozialisation nachhaltig geprägt?

Da gibt es natürlich einige, je nach “Epoche” möchte ich fast sagen. Aber als ich so 17, 18 Jahre alt war waren es Bands wie Wipers oder Gun Club. Aber auch das Sixities- und Garage-Rock-Zeug hatte es mir angetan. Wenn man da angesetzt hat und geguckt hat, was gab es noch davor oder wo liegen deren Wurzeln landet man irgendwann bei den Stooges und Radio Birdman. Das sind so die Acts die lange Zeit wirklich prägend waren und vielleicht unbewusst immer noch einen Einfluss nehmen, auf das, was ich höre und gut finde.

Würdest du sagen das hat, vielleicht auch unterschwellig, einen Einfluss auf euer Booking beim Orange Blossom Special?

Tatsächlich wieder. Wir haben angefangen in einer Phase, in der Glitterhouse als Label sehr auf Americana, Folk und Artverwandtes konzentriert war – das hatte dann zwangsläufig auch Auswirkungen auf das Programm und die Ausrichtung des Festivals. Das war also schon fast traditionell sehr Singer/Songwriter-lastig. Das fanden wir alle gut und finden wir auch immer noch gut, ist auf Dauer aber ein bisschen langweilig geworden. Dazu kommt, dass sich die persönlichen Hörgewohnheiten über die Jahre natürlich auch verändern. Ich habe zum Beispiel irgendwann für mich den Punk und Post-Punk wiederentdeckt und das hat sich dann  auch auf unser Booking ausgewirkt, sodass wir ungefähr beim 9. oder 10. mehr und andere Strömungen haben einfließen lassen. Heutzutage versuchen wir eine gewisse Bandbreit abzudecken. Dafür muss man im Laufe der Zeit auch ein gewisses Fingerspitzengefühl entwickeln, ob jetzt dieses oder jenes Genre im Vordergrund stehen sollte. Das alles hängt natürlich auch immer von der Verfügbarkeit und Durchführbarkeit des Bookings ab. Ich versuche aber immer einen Mittelweg zu finden, zwischen meinem eigenen Geschmack und dem was ich für geeignet halte, viele interessante Momente für das Publikum zu schaffen. Das ist eine komplexe Aufgabe.

Das klingt tatsächlich nach einer immensen Herausforderung? Wie läuft das Booking denn aktuell, wo eine Krise auf die nächste folgt?

Ich habe genauso zu kämpfen wie viele andere kleine Festivals und Veranstalter*innen auch. Die Übersee-Acts entschließen sich aktuell sehr spät ob sie nach Europa kommen, und wenn ja, wann. Ich wusste im letzten Oktober bei manchen Bands noch nicht, ob das für die diesjährige Ausgabe klappt. Dazu kommt die bekannte Problematik mit den Vorverkäufen, da viele Menschen immer spontaner entscheiden, ob sie eine Veranstaltung besuchen oder nicht. Als wir angefangen haben das Line-up zu veröffentlichen, waren viele deutsche namen darunter, was auch nicht nur auf Gegenliebe gestoßen ist. So muss ich Stück für Stück das Programm zusammenzubasteln und versuchen, die vier oder fünf beim OBS vorherrschenden Fraktionen zu bedienen. Ich will auch für jeden Festivaltag einen gewissen Flow haben, was die Aufgabe nochmal schwieriger macht.

Du hast die Problematik des Bookings angerissen. Dazu kommen auch eigenständige Bewerbungen – wie viele Bewerbungen bekommt ihr pro Festival und wie sortiert ihr diese aus bzw. sichtet und bewertet sie?

Es gibt verschiedene Kriterien die ich gleich am Anfang ansetze. Es gibt einfach ein paar Genres die fürs OBS nicht wirklich passend sind, da fällt vieles schon mal raus. Dieses Jahr habe ich nach 700 Bewerbungen aufgehört zu zählen, weil wir auch mittlerweile ein Netzwerk haben,durch welches eigentlich schon genug Angebote und Tipps hereinkommen. Ich frage aber auch weiter aktiv Acts und Managements an, die ich spannend finde, zum Teil auch Newcomerbands. Es braucht aber vor allem Originalität, also ich brauche keine Cover- oder Tribute-Bands auf dem Festival. Die Kriterien sind aber auch nicht völlig starr – wenn man ein Gefühl hat, dass es passt, dann passt es meistens. Auch das Publikum nimmt das so an. Wir sind nicht wirklich Headliner-abhängig, sondern die Leute wollen hier Musik und Bands entdecken und verlassen sich auf uns und lassen sich darauf ein.

Welche Bedeutung würdest du dem OBS für eine unabhängigere und kreative Szene geben?

Ich will unsere Bedeutung nicht zu hoch hängen, aber ich denke schon dass so kuratierte Festivals wie wir und die üblichen Verdächtigen einen Einfluss auf die musikalische Meinungsbildung des Publikums nehmen und dass das auch ein bewusster Ansatz ist. Wir werfen nicht nur mit Headlinern und großen Namen um uns sondern haben den Anspruch, etwas anzubieten, das die Leute vielleicht noch nicht kennen, danach aber mögen. Das hat schon auch einen pädagogischen Ansatz. Wir buchen nicht nur den heißen Scheiß, sondern vielleicht erst das was in ein paar Jahren der heiße Scheiß wird – natürlich auch immer mit einem gewissen Risiko, das da mitschwingt.

Hattest du auch schon Bands, denen du eine große Karriere vorausgesagt hättest, die dann aber einfach durchs Raster gefallen sind?

Es gab hier alles schon. Bands von denen ich dachte, sie werden riesig – von denen hat man schon ein halbes Jahr später nichts mehr gehört. Wir hatten aber auch einige Bands, die hier ihre ersten Festivalauftritte überhaupt gespielt haben und dann groß geworden sind. Madrugada haben hier zum Beispiel ihre erste Show außerhalb Norwegens gespielt. Die Giant Rooks waren als Kinder hier mit ihren Eltern und hatten dadruch eine entsprechende Bindung zum OBS, deshalb sind sie hier auch noch aufgetreten, als sie schon längst große Hallen gefüllt haben. Es gibt noch ein paar solcher Beispiel: Get Well Soon und Gisbert zu Knyphausen spielten hier ihre ersten Festivalauftritte überhaupt und selbst AnnenMayKantereit haben hier nochmal gespielt, nachdem sie schon durchs Dach gegangen waren. Dann bekommst du so Anrufe der Touragentur, ob du dir vorstellen kannst, dass AnnenMayKantereit nochmal auf dem OBS spielen – für die Gage, die ich zahlen kann – einfach weil die Band sich hier wohlfühlt und Bock darauf hat. Das ist natürlich eine schöne Bestätigung der eigenen Arbeit und dafür macht man es auch. Selbst Casper hat hier gespielt und musste seine Produktion deutlich runterfahren. So bekommt man auch mal größere Bands, die von anderen Kolleg*innen gehört haben. Wir hatten so auch mal Kettcar als Surprise Act um 11:30 Uhr am Sonntagmorgen auf der Bühne – das war schon schön.

Stichwort Programmpunkte. Ihr seid auch bekannt für sein sehr buntes und vielfältiges Rahmenprogramm? Wie wichtig schätzt du diese Angebot ein?

Früher hab ich sinngemäß gesagt: ‘schön und gut, aber die Leute kommen eh nur wegen der Musik’. Das sage ich jetzt allerdings nicht mehr. Ich behaupte zwar weiterhin, dass kein einzelner Punkt aus dem Rahmenprogramm dafür sorgt, dass wir mehr Tickets verkaufen – ich glaube aber sehr wohl, dass das Rahmenprogramm zu dieser bestimmten, schwer zu beschriebenden Atmosphäre beiträgt. Das hat auch oft was mit Servicequalität zu tun, wir haben zum Beispiel ein Still- und Wickelzelt. Das ist mit wenig Aufwand verbunden, wird aber sehr dankbar angenommen. Wir haben ein großes Programm für Kinder und Jugendliche, sogar eine Vogelbeobachtungstour. In der Gesamtheit ist das ein rundes Paket. Wir hatten auch schon im örtlichen Freibad ein Seepferdchen-Schwimmen, wo Erwachsene das Seepferdchen mit OBS-Aufnäher bestanden. Dazu gehört auch, dass die Leute sich gut aufgehoben fühlen. Wir achten auf ein breites kulinarisches Angebot und generell darauf, dass alle Besucherinnen und Besucher sich wie Gäste fühlen und nicht wie “zahlendes Konzertvieh”.

Du hast es schon kurz angerissen: Gibt es ein Konzept in puncto Nachhaltigkeit, dass ihr verfolgt?

Mittlerweile ja, früher war das alles ein bisschen spontaner. Wir haben noch mitten in der Pandemie eine AG Nachhaltigkeit gegründet und ein Leitbild zusammengestellt um daran die einzelnen Maßnahmen anzupassen. Das haben wir dann auch öffentlich gemacht, weil alle Beteiligten da mitziehen müssen. Wir wollen, dass alle Maßnahmen und Projekte sich an sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit messen lassen können. Wir haben auch schnell gemerkt, dass es zwar wichtig und richtig ist, sich ein großes Ziel zu setzen, müssen aber auch mit kleineren Schritten zufrieden sein. Wenn du dir die CO2-Neutralität als Ziel setzt, wird es schnell schwierig, denn: darf ich dann noch eine Band aus Kanada oder UK buchen? Es gibt Felder in denen man wenig Einfluss hat, da kann man nur noch an das Verhalten aller appellieren. Dazu kommt ja schon die Anreise des Publikums, was unter ökologischen Gesichtspunkten eine Katastrophe ist. Da ist dann eine Mitfahrbörse oder die Propagierung der Anreise mit dem Zug der kleine Schritt zum großen Ziel. Was soziale Nachhaltigkeit angeht, sind wir eines der wenigen Festivals, dass auf jeden Fall seine Mitarbeiter*innen mindestens mal im Minijob-Verhältnis bezahlt. Wir bemühen uns dazu auch um Gendergerechtigkeit im Team, in diesem Jahr sind z.B. 58% der Teammitglieder weiblich. Und was das Booking angeht: Im letzten Jahr haben 54% der Acts den Keychange-Kriterien entsprochen. Wir hatten tatsächlich auf den sechs „Headliner-Slots“ insgesamt fünf Bands die den Kriterien entsprochen haben. Ich hoffe dass das nach und nach immer mehr zur Normalität wird. Inklusion ist bei uns auch ein Thema, da arbeiten wir auch jedes Jahr an Verbesserungen. Zudem bieten wir Sozialtickets an, dass heißt, dass Menschen die finanziell ein bisschen schwächer aufgestellt sind, beim Ticketkauf aus einem Spendentopf unterstützt werden können.

Wie stehst du zum Thema Glamping und der Entwicklung auf einschlägigen Festivals?

Kritisch. Natürlich brauchst du die passende Infrastruktur, aber die Tickets sind schon teuer genug, auch weil sie es müssen – aber von einer Zwei-Klassen-Gesellschaft halte ich nichts, das passt auch überhaupt nicht zum OBS. Die bei uns gebotene Servicequalität soll allen zugute kommen. Ich habe lieber einen Sandkasten in dem die Kids spielen können, als eine VIP-Tribüne.

Rembert, vielen Dank für deine Zeit und deinen ausführlichenBericht zum OBS. Abschließend nochmal plakativ gefragt: Warum sollten die Leute ihr Wochenende bei Euch verbringen?

Man muss es einfach entdecken. Wir haben hier eine besondere Atmosphäre und alle Leute, die Musik entdecken wollen, sind drei Tage auf einem anderen Planeten. Teilweise weinen hier Leute, wenn es vorbei ist und sie wieder nachhause müssen. Dabei ist  dein Job und deine soziale Schicht egal, es ist eine Veranstaltung, die Gemeinsamkeit stiftet. Man kann auch seine Kinder mitbringen und einfach entspannte Stunden und Tage verbringen. Das ist uns wichtig.

Tickets für das Orange Blossom Special gibt es noch bis zum 21. Mai bei Love Your Artist für 139 Euro. Für Kurzentschlossene haben die Veranstalter*innen Tagestickets und eine Abendkasse angekündigt.

Hochrisikospieler

Josh, du bist gerade 50 Jahre alt geworden. Spürst du schon die Midlife-Crisis?

Ich glaube der Schlüssel dafür, sich das Kind im Manne zu bewahren, ist, nicht an Krisen zu glauben. Und erst recht nicht an so etwas wie ein mittleres Alter. Für mich haben Krisen immer damit zu tun, dass man etwas bedauert oder einer Gelegenheit nachtrauert. Aber wenn ich darüber nachdenke, würde ich vermutlich zum Bibliothekar umsatteln. Wie könnte ich mehr gegen das aufbegehren, was ich bin? Aber vielleicht verstehe ich auch das Konzept der Midlife-Crisis nicht.

An runden Geburtstagen blickt man gerne zurück. Was kommt dir in den Kopf, wenn du auf deine bisherige Karriere zurückschaust?

Ich bin kein nostalgischer Mensch, schon gar nicht, wenn es um meine eigene Arbeit geht. Wenn ich alte Fotos von mir sehe, macht mich das immer ein bisschen traurig, also halte ich mich von solchen Sachen fern. Diese Zeiten werden eh nie zurückkommen. Wenn ich doch mal auf etwas zurückblicke, dann mit großer Zuneigung. Ich empfinde auch nicht die Momente als negativ, in denen man sich während seiner künstlerischen Arbeit oder auch im Leben völlig allein fühlt. Wenn ich also zurückblicke, dann sehe ich Hügel und Berge, die ich erklommen und überwunden habe. Solange ich eine Chance sehe, einen dieser Hügel überwinden zu können, bin ich am Start. Deshalb kommt es mir manchmal so vor, als hätte ich schon viele Mount Everests bestiegen – wenngleich es nur aus meiner romantischen Sicht heraus Everests sind, für jemand anderen vermutlich nicht.

Dafür braucht es aber sicher auch etwas Glück.

Ich bin niemand, der an so etwas wie Glück glaubt. Aber ich kann mich sicher glücklich schätzen, dass ich die Möglichkeit hatte, mich durch eine Kunstform ausdrücken zu können – in meinem Fall die Musik – und dieser Kunst in einer Weise nachgehen kann, ohne dass jemand “Cooles” aus meinem Umfeld sagt, dass ich damit einen falschen Weg gehe. Wenn ich also zurückschaue, dann sehe ich den zwölfjährigen Josh, der sich die Frage stellt, wie kann ich anders als all die anderen klingen, und der daraus den Schluss zieht, alle Saiten an der Gitarre tiefer zu stimmen. Und zwar so tief, bis die Saiten labbrig sind, und zu denken: Das könnte mein Ding sein.

INGLEWOOD, CALIFORNIA - JANUARY 16: Josh Homme performs onstage during I Am The Highway: A Tribute To Chris Cornell at The Forum on January 16, 2019 in Inglewood, California. (Photo by Kevin Mazur/Getty Images for The Chris Cornell Estate)
Josh Homme 2019 (Foto: Kevin Mazur/Getty Images Entertainment via Getty Images)

Also ist dein Leben nach wie vor die Suche nach etwas, das dein ganz persönlicher Ausdruck ist?

Ich denke, 99 Prozent dessen, was uns beide ausmacht, ist identisch. Nur in diesem einen Prozent unterscheiden wir uns. Das Leben ist dann der Versuch, dieses eine Prozent zu verstärken. Die Tatsache, dass ich mein ganzes Leben lang etwas hinterherjage, das ich nie wirklich fassen kann – ich sehe nur den Staub in der Luft und die Bremslichter vor mir und weiß, dass ich ihm ganz nahe bin – ist so aufregend, dass es mich davon abhält, nostalgisch zu werden. Mein Werk sollen deshalb andere bewerten; mir ist es lieber, dass sie falschliegen und nicht ich.

Als du mit der Musik angefangen hast, hast du da jemals davon geträumt, auch noch mit 50 als Musiker unterwegs zu sein?

Nein, davon habe ich nie geträumt. Ich warte nach wie vor auf den Tag, an dem jemand an meiner Tür klingelt und mir sagt, dass sich jetzt wirklich alle einig sind, meine Musik zu hassen. Ich soll endlich gehen, bevor sie dann reinkommen und mir alle meine Instrumente wegnehmen. Meine Antwort darauf wäre: Einverstanden, aber das war bis hierhin schon eine ganz schön lange Zeit. So schlecht habe ich mich wohl nicht angestellt.

“Nüchtern betrachtet wissen wir beide, dass ich es niemals schaffen werde, 80 zu werden – nach allem, was ich hinter mir habe.”

Josh Homme

Kannst du dir vorstellen, wie die Rolling Stones auch noch mit 80 auf die Bühne zu gehen? Auch wenn das bedeuten würde, dass der Großteil deiner Mitmusiker längst tot ist.

Jetzt machst du mich schon zum 80-Jährigen. Aber nüchtern betrachtet wissen wir beide, dass ich es niemals schaffen werde, 80 zu werden – nach allem, was ich hinter mir habe. Davon abgesehen bin ich einer, der das gefährlichste Spiel in der Musikwelt spielt: das Unbequeme zu umarmen, meine eigene Verletzlichkeit auszustellen, dorthin zu gehen, wovor ich mich fürchte, und nicht zuletzt mein Publikum zu provozieren, zu schockieren oder vor den Kopf zu stoßen. Wenn nicht 15 Prozent der Leute dich scheiße finden, dann bist du einfach schlecht. Deshalb ist es unumgänglich, Dinge hinter sich zu lassen, weiter vorwärtszugehen und musikalisch Risiken einzugehen. Auch wenn es sich platt anhört, aber ich will immer, dass die letzte Sache, die ich gemacht habe, zu den besten Dingen gehört, die ich je gemacht habe. Ich denke, dieser Anspruch wird viel zu selten in der Musikwelt in die Tat umgesetzt. Tausende von Leuten fangen an, Musik zu machen. Während man an ihrer Seite mit voller Geschwindigkeit mitläuft und versucht, seine eigene Stimme zu finden und sie so ehrlich wie möglich klingen zu lassen, verlieren viele andere auf diesem Weg den Faden. Ihnen gehen die Ideen aus, oder sie kopieren sich gleich selbst. Sie versuchen auf Nummer Sicher zu gehen, weil sie nach Geld streben, das sie nicht haben. Ich da­gegen versuche, die Scheuklappen auf­zusetzen und einfach loszurennen.

Ist das etwas, dass dich mit Iggy Pop verbindet?

Einer der Gründe, warum ich Iggy so sehr liebe, ist zu sehen, wie lange er schon seiner Zeit voraus ist. Glaub mir, es macht dich ganz schön einsam, wenn du so oft missverstanden wirst. Auch mir war schon einige Male der Luxus vergönnt, missverstanden zu werden. Es war faszinierend, mit Iggy zusammen Musik zu machen und sich die Frage zu stellen, was ein 70-jähriger Mann noch zu sagen hat – ein Alter, dessen Stimme man nicht oft im Rock’n’Roll zu hören bekommt und wenn, dann nicht besonders gut und laut. Wie kann ich also einen Rahmen schaffen, in dem diese Person gehört wird? Dabei hat sich auch für mich ein Weg aufgetan. Das soll nicht bedeuten, dass ich ihn auch gehe, aber so läuft nun mal das Spiel, das ich spiele. Ich erwarte nicht, dass alles, was ich tue, erfolgreich wird. Aber ich werde sicher nicht aufgeben, es zu versuchen.

Warst du überrascht, als Iggy Pop doch noch mal ein neues Album veröffentlicht hat, obwohl “Post Pop Depression” eigentlich sein letztes sein sollte?

Das hat mich schon überrascht. Zumal ich der Meinung war, dass es ihm zu 98 Prozent ernst damit ist, dass es sein letztes Album sein wird. Was die Platte aber sicher eingelöst hat, war die Möglichkeit zu schaffen, dass es seine letzte hätte sein können. Ich bin stolz darauf, an etwas mitgewirkt zu haben, dass es Iggy unmöglich gemacht hat aufzuhören. Ich habe zu ihm gesagt: “Iggy, du musst niemandem sagen, dass das vermutlich dein letztes Album ist”, einfach weil ich dachte, es wäre meine Pflicht, ihn darauf hinzuweisen. Er antwortete nur: “Das weiß ich doch.” Aber dass er überhaupt darüber nachgedacht hat, mit diesem Album seine Karriere zu beenden, macht mich jetzt noch stolz.

Du hast vorhin gesagt, dass es unumgänglich ist, Dinge hinter sich zu lassen, um weiter vorwärtszukommen. Welche Dinge waren das, als du mit den Arbeiten an “In Times New Roman…” begonnen hast?

Nun, diese Platte ist auf eine ganz andere Art und Weise entstanden als ihre Vorgänger. Zwischendurch war ich mir auch nicht sicher, ob ich überhaupt ein weiteres Album machen will. Entscheidend für ein Album ist, dass man sich mit den Dingen versorgt, die man dafür braucht. Es geht weniger darum, auszusuchen, was man hinter sich lässt, sondern darum, was wirklich notwendig ist. Es ist wie beim Camping: Da nimmt man auch nur die Sachen mit, die wirklich essenziell sind. Wo wir gerade über Iggy sprachen: Wenn du dir “Raw Power” anhörst, klingt es wirklich scheiße. Aber es ist die beste Scheiße, die ich je gehört habe. Auf meine Art wollte ich diesmal ein Album machen, das ebenso roh und brutal ist. Idealerweise hörst du die Platte ein paar Mal an und erzählst dann einem deiner Freunde: “Hey, hast du schon die neue Queens gehört? Die ist brutal.” Angefangen mit dem ersten Ton soll dieses Album in seiner Tonalität etwas Brutales ausstrahlen.

Habt ihr schon während der Pandemie mit den Arbeiten an “In Times New Roman…” begonnen?

Ich habe zu denen gehört, die den anderen dabei zusehen, wie sie ihren Fans das Wohnzimmer zeigen und ihre Songs akustisch im Schlafzimmer spielen. Mir selbst liegt so etwas nicht. Wenn es von etwas ein großes Angebot gibt, weiß ich, dass ich das nicht auch noch anbieten muss. Mir geht es darum, auf die Lücken zu zielen und voller Stolz das zu machen, was man vermeintlich gerade nicht braucht. Deshalb hat sich während dieser Zeit bei mir der Eindruck verfestigt, dass die Welt brutalen und emotional rohen Rock’n’Roll braucht. Ich war in dieser Zeit jedenfalls in höchstem Maße emotional und verfügte über einen schier endlosen Vorrat an ungefilterten und rohen Gefühlen. Natürlich war die Pandemie für jeden eine schwere Zeit, aber für mich waren die Emotionen, die sie bei vielen auslöste, nichts Unbekanntes.

Würdest du demnach zustimmen, dass die Zeit seit der Veröffentlichung von “Villains” 2017, die schwierigste in deinem Leben war? Es gab ja nicht nur die Pandemie oder deine Scheidung, du hast mit Mark Lanegan und Taylor Hawkins enge Freunde verloren.

Es waren noch viel mehr, die ich verloren habe. In den vergangenen Jahren habe ich sieben Tode betrauert, darunter auch von mir wirklich nahestehenden Menschen. Als die Pandemie ihren Anfang nahm, war ich deshalb längst im selbst auferlegten Exil. Ich war in dieser Zeit nicht fähig, Musik zu machen – dafür war ich weder mental noch emotional bereit. Ich habe Freunde verloren, habe meine Familie verloren und die Verheerungen erlebt, die der Kummer auslösen kann. In dieser Hinsicht war die Pandemie sogar ein Segen, weil sie jedem von uns dieselbe einfache Frage gestellt hat: Nenn mir die Dinge, die absolut wichtig für dich sind, denn mehr brauchst du nicht. Natürlich verfügt das Album über eine gewisse Komplexität, aber es setzt sich eigentlich aus sehr einfach gestrickten Teilen zusammen. Es ist aus Blöcken gebaut, die sehr viel dümmer sind als die, die ich in der Vergangenheit schon einmal benutzt habe.

Einer der Songs auf dem Album trägt den Titel “Emotion Sickness”. Spielt dieses Wortspiel auf die emotional schwierige Zeit an, die hinter dir liegt?

Als ich noch jünger war, war ich besessen davon, andere Welten zu zerstören, um meine eigene bauen zu können. Ich habe Genres und Szenen aufgebrochen, um meine eigenen todesverachtenden musikalischen Sprünge machen zu können. Dazu gehörte damals auch, dass ich meine eigene Verletzlichkeit versteckt habe, indem ich sie mit perversen oder fremdartigen Dingen verhüllt habe. Wirklich angefangen, Musik ausschließlich dafür zu nutzen, emotionales Gepäck loszuwerden, habe ich ungefähr zu der Zeit, als wir “Lullabies To Paralyze” gemacht haben. Als ich dann an “…Like Clockwork” arbeitete, war es für mich der einzige Weg geworden, Musik zu machen.

Queens Of The Stone Age (Foto: Andreas Neumann)
Josh Homme und seine Gang (Foto: Andreas Neumann)

Also hast du dir mit “In Times New Roman …” den Frust von der Seele geschrieben?

Es war der einzige Weg, um zu überleben und diese ganze Last von meinen Schultern zu bekommen. Das zu tun, war angsteinflößend, obwohl man es zunächst einmal nur für sich tut. Aber diese Angst war für mich auch wie ein Licht in der Dunkelheit. Wenn ich mich davor fürchte, etwas zu sagen, dann kann ich mir sicher sein, dass ich die richtigen Worte benutze. Im Moment habe ich nichts anderes zu geben als mich selbst. Ich habe auch nichts anderes mehr – alles andere ist weg. Ich will, dass meine Musik so gegenwärtig ist, wie es nur geht. Wir sind nun seit mehr als 20 Jahren unterwegs, und noch nie hatten wir so viele Leute, die uns gut finden. Wenn ich Fans unserer Musik treffe, erlebe ich sie als wundervolle und sehr aufgeschlossene Menschen. Das gibt mir das Gefühl, dass ich vielleicht doch nicht jenes der drei Schweinchen bin, das sein Haus aus Stroh gebaut hat, sondern das mit dem Haus aus Steinen. Der Grund dafür ist, dass ich versuche, so aufrecht wie nur möglich zu sein. Das fing schon damit an, dass wir uns Queens Of The Stone Age genannt haben, um die ganzen homophoben, frauenfeindlichen und rassistischen Leute direkt loszuwerden. Und ich hoffe, dass unsere Fans uns bis heute die Treue halten, weil wir versuchen, so aufrecht zu sein wie menschenmöglich.

Also war und ist Musik das Heilmittel gegen deine “Emotion Sickness”?

Ja, Musik ist meine Religion, sie ist mein Ausweg und mein Eingang. Oft weiß ich gar nicht, was ich sagen soll. Wenn ich etwas empfinde und zu Papier bringen möchte, fühle ich mich wie ein Idiot, der versucht mit einem Stein in der Hand zu schreiben. Was ich empfinde oder wie es mir geht, kann ich nicht immer sprachlich ausdrücken, aber ich kann dir ganz sicher vorspielen, wie es mir geht. Gefühle beim Spielen auszudrücken, ist niemals falsch. Es fühlt sich immer so an, als wärst du ehrlich zu dir selbst, und deshalb ist es richtig, was du tust. Natürlich wird es Stimmen geben, die sagen, schön und gut, aber was du da spielst, ist fürchterlich. Sie haben jedes Recht dazu, und für mich ist das völlig okay. Es ist nicht so schlimm, wie es den Anschein macht, von anderen gehasst zu werden. Interessant wird es doch erst, wie du mit dieser Ablehnung umgehst. Es geht nicht um das, was über dich gesagt wird, sondern welche Schlüsse du daraus ziehst. Meist ist es besser, das Kinn nach oben und die Schultern zurückzunehmen und herauszufinden, wie du weiter deinen Weg gehen kannst.

Ist das etwas, dass du mit zunehmendem Alter gelernt hast und auch dadurch ,dass du inzwischen Verantwortung für drei Kinder hast?

Es hat mehr mit dem zu tun, was ich gelernt habe, indem ich meine Großeltern oder meinen Vater beobachtet haben. Ich habe meine Kinder jeden Tag um mich, und es ist meine Aufgabe, ihnen zu zeigen, was man tut, wenn es hart auf hart kommt. Es ist gut, Freund zu sein, wenn alles läuft. Aber du kennst niemanden richtig, solange nicht etwas fürchterlich schiefläuft. Manchmal kannst du bei deinen eigenen Kindern fast zu gut nachempfinden, wie sie sich fühlen, ihnen das aber gleichzeitig auch nicht ehrlich sagen. Grundsätzlich halte ich es aber mit der Erziehung wie mit meiner Musik: Ich versuche meine Kinder so zu erziehen, dass ich stolz auf sie bin und auch meine Familie stolz auf sie sein kann.

Die Welt, in der wir gerade leben, lässt Kinder nicht gerade zuversichtlich in die Zukunft blicken. Da gibt es den Krieg in der Ukraine, den Klimawandel …

… oder die ungelösten Probleme, wie wir mit KI umgehen, oder Leute, die versuchen, dich in eine ganz bestimmte Richtung zu drängen. Das Denken in Extremen und in Gruppen oder das Niedertrampeln von Individualität. Dass wir verlernt haben, die Schönheit des Diskutierens und Lernens zu sehen. Lernen sollte meiner Meinung nach etwas Verführerisches sein, damit die Leute es auch wirklich machen. Wie bei den Sirenen in der Odyssee: “Komm näher, wir haben hier etwas für dich. Etwas, das du lernen kannst, etwas, das du vielleicht noch nicht kennst, aber unter Umständen magst.” Darauf zielt auch der Titel der neuen Platte ab. Wir leben in einem Bacchanal. Vielleicht würde es sogar Sinn ergeben, das Kolosseum in Rom wieder zu eröffnen und ein paar Löwen loszulassen.

Wie meinst du das?

Ich habe kein Problem mit dem Gedanken daran, dass wir alle auf der Titanic leben. Wenn ich in den vergangenen anderthalb Jahren etwas auf die harte Tour gelernt habe, dann: Du wirst es nicht schaffen! Insofern ist es gar nicht so schlimm, an Bord der Titanic zu sein. Aber es geht sehr wohl um die Frage, was man mit der Zeit anfängt, die einem bis zum Untergang bleibt. Ich jedenfalls möchte Teil der Band an Bord sein. Ich würde mich zu den Jungs umdrehen und sagen: “Los geht’s! Ich will mit euch Tango tanzen, während das Schiff untergeht. Tanzt. Tanzt, so wie ihr noch nie im Leben getanzt habt.” Das ist bis heute – wobei heute vielleicht noch mehr als früher – das Motto für jedes unserer Konzerte: Solange du niemandem wehtust, kannst du auf einer Show der Queens machen, was du willst. Niemand wird dir sagen, was du zu tun hast. Tatsächlich würde ich am liebsten die Lichter aus- und es so dunkel machen, dass du wirklich sein kannst, wer du bist.

Der Titel “In Times New Roman…” steht für dich also für ein neues Zeitalter der Dekadenz, in dem wir uns gerade befinden?

Genau, und ich fordere dich zum “decadance” auf. Meine Kinder denken noch nicht daran, dass sie irgendwann sterben müssen. Aber ich weiß mit 50 natürlich, dass für mich irgendwann die Zeit gekommen ist. Vermutlich bin ich deshalb die ganze Zeit in Eile und bewege mich ohne Rücksicht auf Verluste. Letztlich ist das Leben für mich viel zu kurz, um mich ständig nach allen anderen zu richten.

Die aktuelle Besetzung der Queens Of The Stone Age wirkt sehr beständig, es ist das dritte Album dieser Besetzung. Ist die Zeit der Queens als Kollektiv vorbei?

[zögert] Mein erster Gedanke, als du deine Frage gestellt hast, war: Vielleicht sollte ich die Band doch mal wieder aufbrechen. Du musst wissen, ich liebe es einfach, eine zum Rest konträre Position einzunehmen. Und was wäre eine Freundschaft ohne ein wenig Blut, das vergossen wird? Wenn mir etwas zu sicher erscheint, habe ich immer den Reflex, etwas davon abzuschälen und zu sehen, was dahinterliegt. Auf der anderen Seite habe ich die Queens Of The Stone Age am Anfang wie eine meiner Desert Sessions angelegt, um mich selbst zu schützen. Man geht keine großen Verpflichtungen ein, wenn man sagt, lass uns mal für ein Jahr spielen, und dann schauen wir weiter. Es ist ein bisschen, als wäre ich eine Bordellwirtin: “Komm, fick eine Weile mit mir, bis du was anderes findest.”

Was aber gegen eine stabile Besetzung wie jetzt spricht.

Ja, weil ich es besser finde, wenn Leute zusammenspielen wollen und nicht zusammen auf der Bühne stehen, weil sie es müssen. Das ist wie in einer normalen Beziehung. Es viel besser, zusammen zu sein, weil man es will. Dann kann man sich auch für den anderen freuen, wenn er der Meinung ist, einen anderen Weg gehen zu wollen. Wer weiß, ob man sich nicht später nur deshalb noch mal wiedersieht, weil er oder sie in diesem Moment eben eine andere Route genommen hat. Ich weiß aber auch, wie schwierig es ist, sobald man alle Teile des Puzzles einer Band zusammen hat, neue zu finden, die eines davon ersetzen könnten. Inzwischen fühle ich mich auf der Bühne mit den Jungs so wohl, dass ich das Gefühl habe, dass wir wie eine Gang sind. Eine Gang, die die Halle abreißen wird. Du hast also Recht, dass die momentane Besetzung sehr stabil ist, obwohl ich es so genieße herumzuspielen. Allerdings spiele ich momentan eher musikalisch herum.

“Wenn nicht 15 Prozent der Leute dich scheiße finden, dann bist du einfach schlecht.”

Josh Homme

Neben der momentan stabilen Besetzung der Queens arbeitest du bereits zum dritten Mal mit Boneface zusammen, der fürs neue Album wieder das Cover gestaltet hat. Was gefällt dir an seinem Stil, wieso passt er so gut zu euch und eurer Musik?

Ich liebe einfach seine Verachtung für die Menschheit. Seine düsteren Zeichnungen strahlen Eleganz aus und sind zugleich sexy. Davon abgesehen habe ich eine große Affinität zur Zahl drei, sie ist magisch für mich. In Times New Roman… ist das letzte Album eines Zyklus aus drei Platten: Mit der ersten findet man etwas, um sich auszudrücken, mit der zweiten erweitert man die Ausdrucksmittel, und auf der dritten fasst man zusammen, was man dabei gelernt hat. Diese drei Schritte versuche ich immer wieder zu machen. “Lullabies To Paralyze” und “Era Vulgaris” waren dabei erfolglose Versuche, einen neuen Zyklus zu beginnen. Und jetzt ist es mir wieder gelungen, einen Zyklus abzuschließen: “In Times New Roman…” “Villains” come “…Like Clockwork”.

Der erste Zyklus besteht demnach aus euren ersten drei Alben. Vergangenes Jahr jährte sich die Veröffentlichung von “Songs For The Deaf”, der dritten Platte der Reihe, zum 20. Mal. Für viele Fans ist es euer bestes Album. Warum habt ihr das Jubiläum nicht ebenso gefeiert wie den zehnten Jahrestag eures Debüts, mit dem ihr auf Tour gegangen seid, um es von Anfang bis Ende zu spielen.

Die Tour zum Jubiläum des Debüts war nicht meine eigene Idee, aber als man mir das vorschlug, dachte ich, es könnte Spaß machen. Die Vorstellung, auf Tour zu gehen und “Songs For The Deaf” zu spielen, erscheint mir gerade aber völlig abwegig. So sehr ich auch das Touren liebe, ich will mich nicht als Staubsaugervertreter fühlen, der von Tür zu Tür geht und versucht, dir etwas zu verkaufen. Viel spannender finde ich gerade, dass wir es trotz der schwierigen Umstände – dem ganzen Kummer, meiner eigenen Dummheit und dem Verlust so vieler persönlich wichtiger Leute – geschafft haben, dass ich jetzt wieder wie ein Schiffbauer im Dock stehen kann und dabei zusehe, wie wir dieses Schiff gemeinsam zu Wasser lassen.

Beim Tribute-Konzert für Taylor Hawkins in London standest du 2022 das erste Mal seit Jahren wieder gemeinsam mit John Paul Jones und Dave Grohl als Them Crooked Vultures auf der Bühne. Wie war das für dich?

Ich stehe mit beiden regelmäßig in Kontakt und fand einfach großen Gefallen daran, mit ihnen bei diesem Anlass aufzutreten. Ich glaube, Taylor hätte es auch geliebt. Aber wenn ich ehrlich bin, muss mich niemand zweimal fragen, ob ich mit einem der beiden eine Bühne teilen möchte.

Wird es also zukünftig wieder was von Them Crooked Vultures zu hören geben?

Ich habe in London zu Dave gesagt: “Sag einfach Bescheid, wenn du bereit bist.” Die Band zusammenzubringen, ist sein Job, meiner ist es anschließend, krudes Zeug zu schreiben. Und ich bin jederzeit bereit, meinen Anteil zu leisten, wenn er bereit für seinen ist. Ich will damit aber keinen Druck aufbauen, denn das ist sicher das, was er in der momentanen Situation am wenigsten gebrauchen kann. Verstehe meine Worte also bitte als mit minimalem Druck und maximaler Liebe für Dave gesagt.

Wenn – rein hypothetisch gesprochen – eines der Bandmitglieder der Queens sterben würde, wie es 2022 den Foo Fighters mit Taylor Hawkins passiert ist, würdest du dann auch einfach weiter machen, so wie es jetzt Dave & Co. tun?

Interessante Frage. Ich denke, die Queens sind so aufgestellt, dass sie Dingen, die ihnen passieren, widerstehen können, und die Erfahrungen, die sie dabei machen, in ihre eigene Kunst zu integrieren. Es ist die Natur der Queens, sich immer zu verändern. Veränderung zu akzeptieren, ist Teil unserer DNA. Im Fall der Foo Fighters denke ich, dass sie einfach weitermachen müssen – um Taylor in Ehren zu halten, weil es gar nicht möglich ist, ihn noch mehr zu lieben, als sie es tun. Wenn die Reise einer Person auf diesem Planeten endet, sind alle, die zurückbleiben, meiner Meinung nach dazu verpflichtet weiterzumachen. Auf der anderen Seite frage ich mich: Was soll man davon halten, wenn eine Band wie Lynyrd Skynyrd bis heute unterwegs ist, obwohl niemand von der Originalbesetzung mehr dabei ist? Letztlich liegt die Antwort auf diese Frage im Geschmack der Leute. Auch wenn Lynyrd Skynyrd heute eine Coverband sind, wollen die Leute diese Songs noch hören – und was sollte ich dann dagegen haben? Außerdem bin ich so sehr damit beschäftigt, herauszufinden, was ich mag, dass mir kaum Zeit bleibt, darüber nachzudenken, was ich nicht mag.

Einige Aufnahmen für das neue Album fanden in den Shangri-La Studios von Rick Rubin statt. Stand es jemals zur Debatte, mit ihm als Produzent zu arbeiten?

Ich weiß inzwischen, wie man Alben produziert, und ich mag meinen Sound gerne roh. Ich liebe den Prozess, ein Album gemeinsam mit den anderen Jungs zu machen. Wir brauchen eigentlich niemanden, um dem noch etwas hinzuzufügen. Ich habe großen Respekt vor Rick, aber der Grund, in seinem Studio aufzunehmen, war, dass es so aussieht und sich anfühlt, wie es der Name verspricht. Und es ist nicht weit weg von mir. Je länger ich darüber nachdenke, umso mehr wird mir klar, wie sehr ich die Arbeit an diesem Album genossen habe. Wie froh ich bin, dieses Gefühl nicht mit einem neuen Produzenten teilen zu müssen. Wenn du einen Song über deinen eigenen Kummer schreibst, ist das Letzte, was du willst, dass jemand zu dir sagt: “Wie wäre es denn, wenn du vielleicht das hier versuchen würdest.” Es ist für dich eh schon real genug, da brauchst du keine weiteren Stimmen.

Vor allem dann nicht, wenn man versucht, ehrlich zu sein.

Genau das ist der springende Punkt: Ich nutze Musik, um so ehrlich wie möglich zu sein. Nichts anderes ist meine Aufgabe. Ich habe nur mich selbst zu geben – und du kannst alles davon haben. Ich will nichts zurückhalten.

“Wenn du dir ‘Raw Power’ anhörst, klingt es wirklich scheiße. Aber es ist die beste Scheiße, die ich je gehört habe.”

Josh Homme

Nachdem du schon mit persönlichen Helden wie Iggy Pop und Billy Gibbons gearbeitet hast: Gibt es einen weiteren, mit dem du noch gerne zusammenarbeiten würdest?

Bei der Desert Session, die wir mit Billy gemacht haben, sollte eigentlich auch Lemmy dabei sein. Aber Lemmy starb kurz vorher, was ganz schön wehgetan hat. Aber jetzt gerade gibt es niemanden. Nach der Tour mit Iggy wusste ich ehrlich gesagt nicht mehr, was ich noch machen soll. Ich hätte bis ans Ende meiner Tage diesen Anzug anziehen und hinter ihm stehen können. Und hätte, wenn er sich dann zu mir umdreht, signalisiert: Ich bin für dich da.

Warum hast du die Desert Session nach so vielen Jahren Pause überhaupt wieder ins Leben gerufen?

Weil es einfach eine gute Idee ist, Musik nur um ihrer selbst willen zu machen, ohne sie verkaufen zu müssen, und jedem, der mitspielt, seinen Anteil daran zuzugestehen. Für mich persönlich sind sie wie ein guter Katalysator, um kalkuliert Risiken einzugehen oder auch einfach nur den anderen zuzuhören. Wenn ich etwas höre, das das Zeug zum Klassiker hat, mache ich mir einen Tee; ich muss mich nicht zwangsläufig dazwischendrängen wie ein Dildo. Die Sessions geben mir die Möglichkeit, mit Leuten zu arbeiten, mit denen ich das bislang nicht getan habe, mit Leuten zu interagieren, die ich kenne oder gerade erst kennenlerne. Es geht um die seltsamen Erschütterungen, zu denen es dabei kommt: Zweimal das Falsche zu tun, macht es nicht richtig. Aber 40-mal das Falsche zu tun, führt wenigstens zu etwas Schrägem. Es ist auch jedes Mal aufs Neue toll für mich, die Leute mit in die Wüste zu nehmen und ihr Gesicht zu sehen, wenn sie die Wüste zum ersten Mal so sehen, wie ich sie kenne. Außerdem erinnern mich die Sessions daran, warum ich das alles tue. Wie schön es ist, etwas selbst zu erschaffen. Wir alle haben das Recht dazu, vom Leben überrascht zu werden, und ich mag es, Leute zu überraschen. Sie kommen alle aus bestimmten Gründen und mit bestimmten Vorstellungen in die Wüste, aber am Ende ist es wie beim Fallschirmspringen: Egal wie detailliert du es dir ausmalst, wenn du es machst, ist es ganz anders. Die Desert Sessions sind deshalb wie die menschliche Kanonenkugel des Musikmachens: Man sagt los und schaut, was passiert. Dabei kommt eine wunderbare Art von Risiko ins Spiel – und ich liebe es, hohes Risiko zu gehen. Ich suche es.

“In Times New Roman…” erscheint am 16. Juni über Matador. Mit der neuen Platte im Gepäck spielen Queens Of The Stone Age dieses Jahr bei einigen Festivals in Europa, darunter beim Hurricane und Southside in Deutschland.

Zombies am Abgrund

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2017 erschien mit “War Moans” das bisher letzte Album der Metal-Band Mutoid Man. Jetzt steht das dritte Album des Trios in den Startlöchern. “Mutants” heißt die neue Platte, die für die US-Band einen Neuanfang einläutet: Für die Arbeit am kommenden Album war erstmalig Jeff Matz mit von der Partie. Der High On Fire-Bassist komplettiert seit dem Ausstieg von Nicholas Cageao vor drei Jahren die Band um den Gitarristen und Sänger Stephen Brodsky und Schlagzeuger Ben Koller.

Mit “Call Of The Void” geben Mutoid Man nun einen Vorgeschmack auf ihr erstes Album in neuer Besetzung. Dafür nähern sie sich dem Abgrund – ohne dem Drang nach dem finalen Sprung nachzugeben.

“Call Of The Void” beschreibt in der Psychologie ein Phänomen, bei dem man sich seines eigenen Todes bewusst wird. Ein Blick in den sprichwörtlichen Abgrund, beispielsweise wenn sich die Schlucht direkt vor einem befindet und der nächste Schritt nur einen Fußbreit entfernt. Mutoid Man machen sich dieses Szenario zunutze, in dem sie es namentlich für den Opener ihres neuen Albums “Mutants” nutzen. Dafür öffnen sie den Vorhang und stimmen an zum letzten Akt – in voller Zombie-Montur und mit Fuzz-Riffs. Trotz allem liefert die Band mit “Call Of The Void”  keinen Abgesang, sondern den Willen zum Neubeginn.

Dieses neue Kapitel schlagen Mutoid Man mit Jeff Matz auf. Dazu hatten Koller und Brodsky bereits 2021 erzählt: “Unzählige Male haben wir uns beim Schreiben von Musik im Laufe der Jahre gefragt: ‘Was würde High On Fire tun?’ – jetzt können wir direkt zur Quelle gehen! Jeff kennenzulernen war ein echtes Vergnügen, und seine Hingabe zur Musik ist geradezu erstaunlich. Wir freuen uns sehr auf das nächste Kapitel von Mutoid Man, da Jeff nun mit seiner unvergleichlichen viersaitigen Thunderclapping-Wut an Bord ist!”

Mit “Helium Head” veröffentlichten Mutoid Man 2013 ihre erste EP, zwei Jahre später folgte mit “Bleeder” das Debütalbum.

“Mutants” erscheint am 28. Juli via Sargent House und kann bereits vorbestellt werden. Im Sommer gehen Mutoid außerdem auf Europatour und kommen auch für zwei Konzerte nach Deutschland. Angekündigt ist eine Show in Dresden im Ostpol und im Cassiopeia in Berlin. Tickets gibt es wie immer an allen bekannten Vorverkaufsstellen.

Tracklist: “Mutants”

  1. 01. “Call Of The Void”
    02. “Frozen Hearts”
    03. “Broken Glass Ceiling”
    04. “Siren Song”
    05. “Graveyard Love”
    06. “Unborn”
    07. “Siphon”
    08. “Demons”
    09. “Memory Hole”
    10. “Setting Sun”

    Live: Mutoid Man

    04.09. Dresden – Ostpol
    05.09. Berlin – Cassiopeia

Gastro mal anders

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Die Post-Punk-Band Erregung Öffentlicher Erregung stellt ihre neue Single “Top Jeff” nicht nur mit einem Musikvideo, sondern gleich mit einem kleinen Videospiel vor – sehr praktisch, dass ein Mitglied der Band bei einer Entwicklungsfirma arbeitet. Im Musikvideo testet Sängerin Anja Kasten das Spielerlebnis auch gleich einmal im Bild-in-Bild-Modus aus und singt dazu.

Das Spiel dauert mit etwa drei Minuten so lange wie der Song selbst, und versetzt uns dabei in eine – teils sehr abstrakte – Welt der Gastronomie und ihrer Abgründe. Musikalisch knüpft “Top Jeff” an das Album “EÖE” (2020) an. Während wir Kastens Schwärmereien für die Kochkünste des lyrischen Dus lauschen, können wir fleißig Brathähnchen sammeln und auf Gegner:innen schießen. In den Leveln treffen wir auch auf die digitalen Versionen der Bandmitglieder.

Das Videospiel zu “Top Jeff” kann man im Browser spielen oder herunterladen. Die Highscores werden am 18. August mit einer Überraschung belohnt. Erregung Öffentlicher Erregung spielen ab Juni live in Clubs und auf Festivals in Deutschland und der Schweiz.

Live: Erregung Öffentlicher Erregung

08.06. Hamburg – Elbphilharmonie
09.06. Hannover – Chez Heinz
16.06. Mannheim – Maifeld Derby
15.09. Düsseldorf – Ratinger Hof
16.09. Leipzig – Conne Island
19.09. Wiesbaden – Schlachthof
20.09. Stuttgart – Merlin
21.09. München – Unter Deck
22.09. Winterthur – Gaswerk
23.09. Basel – Sommercasino
29.09. Berlin – Cassiopeia
30.09. Hamburg – Molotow

Superkräfte

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Hollywood: Kaum ein anderer Ort wird so sehr mit der Verwirklichung von Träumen assoziiert, wie der Stadtteil in Los Angels mit den glänzenden Fassaden ihrer Traumfabrik. Grenzenlos – und eine Fiktion. Diesen Ort nutzen Madsen als metaphorische Blaupause für das Titelstück des kommenden Albums: “Hollywood” ist nach “Ein bisschen Lärm” die zweite Singleauskopplung und erzählt von der Lebensrealität abseits der Fiktion.

Kleine Superhelden: Mit “Hollywood” widmen sich Madsen der Lebensrealität von Kindern, deren Alltag von Armut, Flucht und Ausgrenzung geprägt ist.  So heißt es in dem Song: “Bau mir ein Hollywood/ in diese graue Hood/ Mach mich zum Superheld/ der keine Grenzen kennt/ Bau mir ein Hollywood/ sag’ mir alles wird gut/ Mit bunten Farben und ‘nem schönen Happy End”. Indem er die Kleinsten der Gesellschaft zu Alltagshelden mit Superkräften macht, sendet der Song eine politische Message: Ohne in die Luft gestreckte Faust, dafür mit viel Empathie und opulenten Streichern betont “Hollywood” die Erbarmungslosigkeit und den Hoffnungsschimmer gleichermaßen.

Zur Idee hinter dem Song erzählt Sänger und Gitarrist Sebastian Madsen: “Ich wollte mit ‘Hollywood’ ein politisches Lied schreiben, das ohne geballte Fäuste, Mitgröhl-Slogans oder ‘Ich-weiß-Bescheid-Attitüde’ daherkommt. Vielmehr wollte ich die naive und unvoreingenommene Sichtweise von zwei Kindern beschreiben.” Weiter führt er aus: “Das eine Kind wächst in schwierigen und eher ärmlichen Verhältnissen auf. Das andere ist geflüchtet, muss sich in einem fremden Land zurechtfinden und wird diskriminiert. Trotz ihrer unterschiedlichen Herkünfte finden die beiden aufgrund ihrer Gemeinsamkeiten zusammen. Sie können sich verstehen und sind damit vielen Erwachsenen einen Schritt voraus.”

Im Zuge der Veröffentlichung hat die Band eine Kooperation mit War Child Deutschland gestartet. Ziel der Organisation: Kindern, die vom Krieg betroffen sind, Zugang zu sicheren Räumen ermöglichen. Weiter fördert War Child Deutschland Bildungsprojekte und Angebote zur Stärkung der mentalen Gesundheit. Die Band unterstützt die 2019 in Deutschland gestartete Organisation mit verschiedenen Aktionen, unter anderem mit dem Verkauf eines Soli-Shirts über die Bandwebsite. Auf den anstehenden Konzerten wird es ebenfalls eine Spenden-Möglichkeit geben. Der Erlös fließt anschließend zu 100 Prozent in den Spendenfonds von War Child Deutschland. Genauere Informationen zur Organisation und deren Arbeit erhält man auf der Website.

“Hollywood” erscheint am 18. August über das bandeigene Label und kann bereits vorbestellt werden. Live kann man Madsen ab Juni erleben. Tickets sind über die Homepage der Band erhältlich.

Live: Madsen

03.06.2023 Gifhorn – Unser Aller Festival
17.06.2023 Scheeßel – Hurricane Festival
18.06.2023 Neuhausen Ob Eck – Southside
24.06.2023 Oerlenbach – Ab Geht die Lutzi!
27.07.2023 Regensburg – Piaza Festival
28.07.2023 AT-Karpenberg – Haus der Begegnung
12.08.2023 Erfurst – Central Park
24.08.2023 Giessen – Kloster Schiffenberg

Tickets inklusive Camping zu gewinnen!

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In diesem Jahr werden die Zwillingsfestivals Rock am Ring und Rock im Park von den Foo Fighters mit Europa-exklusiven Festivalshows angeführt. Neben den weiteren Headlinern Kings Of Leon und den Toten Hosen sind außerdem Rise Against, Bring Me The Horizon, Turnstile, NOFX oder Incubus Teil des Line-ups.

Rock am Ring und Rock im Park finden vom 2. Juni bis 4. Juni am Nürburgring/Eifel bzw. am Zeppelinfeld Nürnberg statt. Tickets für das ganze Wochenende gibt es ab 229 Euro zzgl. Tickets fürs Camping und Parken ab 69 Euro auf den jeweiligen Webseiten rock-am-ring.com und rock-im-park.com. Dort findet ihr auch den kürzlich veröffentlichten Spielplan für das Wochenende.

Bei uns könnt ihr nochmal 2×2 Weekend-Tickets inklusive Camping für Rock am Ring gewinnen! Da wir Hardtickets versenden, brauchen wir zudem eure Adresse. Viel Glück!

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Die Alben der Woche

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Platte der Woche: Alex Lahey – “The Answer is Always Yes”

Alex Lahey (Foto: Pooneh Ghana)
Alex Lahey (Foto: Pooneh Ghana)

Ein Hoch auf das Anderssein! Auf “The Answer Is Always Yes” gibt sich Indierockerin Alex Lahey schonungslos ehrlich, in dem sie über Drogenkonsum, vergangene Beziehungen und das Leben als queere Person singt. Dabei macht sie aus unliebsamen Erfahrungen große Wohlfühlhymnen zwischen Upbeat-Indierock und Grunge-Einflüssen.

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Bipolar Feminin – “Ein fragiles System”

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Mit ihrem Debütalbum liefert die Punkband Bipolar Feminin eine Kritik an den patriarchalen Verhältnissen, die im Kapitalismus vorherrschen. Dabei schwingt zwischen tonnenschweren Gitarrenparts und poppigen Melodien die Wut und die Verzweiflung auf ein System mit, das soziale Ungerechtigkeiten befeuert.

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The Ocean – “Holocene”

The Ocean - Holocene

The Ocean machen Alben, die nach den verschiedenen Erdzeitaltern benannt sind. Auf “Holocene” bringt uns das Berliner Post-Metal-Kollektiv ins Aktuellste. Die Härte der Band definiert sich dabei immer weniger Metal-Elemente: An Momentum gewinnt das Album, wenn Synths die Riffs und orchestralen Arrangements ergänzen.

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Ghost – “Phantomime”

ghost_phantomime_cover

Mit ihrer Cover-EP “Phantomime” drücken Ghost einer ganzen Bandbreite an Songs ihren Metal-Stempel auf und knöpfen sich dabei Bands wie Genesis und Iron Maiden vor. Dabei werden religiöse Motive und düstere (Gesellschafts-)Szenarien mit der nötigen Theatralik und ordentlich Pop-Appeal versehen.

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Sufjan Stevens – “Reflections”

Sufjan Stevens_Timo Andres_Conor Hanick - Reflections

Mit “Reflections” stellt Sufjan Stevens einmal mehr seine Qualitäten als klassischer Komponist unter Beweis, mit gleich zwei Klavieren. Eins wäre schließlich zu wenig, um der Platte die volle Wirkung einzuimpfen. Und ein bisschen Indiepop und -rock findet man auf dem ursprünglich fürs Ballett komponierten Album natürlich auch.

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The Used – “Toxic Positivity”

Emo-Drama wie vor 16 Jahren – The Used klingen auf “Toxic Positivity” wie auf “Lies For The Liars” (2007), knüpfen aber bei den Pop-Elementen an das Vorgänger-Album “Heartwork” (2020) an. Eine nostalgische Emocore-Platte mit catchy Hooks und egozentrischem Seelenstrip von Frontmann Bert McCracken.

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The Murlocs – “Calm Ya Farm”

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Ihre Interpretation von Country Rock portionieren The Murlocs auf “Calm Ya Farm” mit etwas britischem 70s Pub Rock und Soul. Die Australier bleiben sich damit treu und schaffen Platz für Unkonventionelles, indem sie das hohe Niveau mit Details in Form von Farfisa-Orgel oder Saxofon ausarbeiten.

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SHRVL – “Limbus”

shrvl_limbus_cover

The-Ocean-Keyboarder Peter Voigtmann braucht keinen Gesang, um eine tranceartige Melancholie auf fünf Songs zu bannen. Neben Streichereinlagen setzt Voigtmann als Shrvl auf Samples aus der Natur und bricht damit die Schwere, mit der jeder der Songs auf die 5 R’s aus der Depressionstherapie verweist.

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Sleep Token – “Take Me Back To Eden”

Sleep Token Take Me Back To Eden Cover

Die mysteriöse, maskierte Band kennt immer noch keine Genre-Grenzen: Sleep Token pendeln zwischen Metal-Variationen, ambientem Pop und neuerdings auch Jazz und Soul. Pop-Fans von Demi Lovato oder Lewis Capaldi sprechen sie dabei ebenso an, wie Fans von Periphery, Monuments oder Tesseract.

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Marathonmann – “Maniac”

marathonmann_maniac

Die Band, die dem deutschen Post-Hardcore mit ihren ersten beiden Werken “Die Stadt gehört den Besten” (2012) und “Holzschwert” (2013) Ansagen gemacht hat, ist zurück – aber anders als erwartet. Marathonmann erfinden sich neu, indem sie sich an den Synth-Wave-Pop der 80er wagen. In unserer Redaktion fallen die Meinungen darüber gegensätzlich aus.

zum Vier-Ohren-Test


Gumm – “Slogan Machine”

gumm_slogan-machine_cover

Nach drei EPs auf Bandcamp bringen Gumm ihr Debütalbum “Slogan Machine” raus. Die Band spielt mit dem Groove der alten Schule aus den 90ern; dazu kommen auch mal Blastbeats und dezent portionierter Indierock. Mit ihren acht Songs bringt die Band frischen Wind in die Hardcore/Punk-Szene.

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Decent Criminal – “There’s More To It Than Climbing”

Decent Criminal There's More To It Than Climbing Cover

Mit “There’s More To It Than Climbing” lehnen sich Decent Criminal zurück und liefern eine kontrollierte Sprengung jeglicher Genregrenzen zwischen Alternative Rock und elektronischem Indiepop. Mal setzen sie auf die Akustikgitarre, dann drehen sie bereits im nächsten Moment den Verstärker bis zum Anschlag auf.

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Asbest – “Cyanide”

Asbest_Cyanide

Eine Zyankalikapsel gegen die falsche Idylle: Mit unbarmherziger Rohheit und Gewalt pressen Asbest ihre Mischung aus düsteren Noise- und Post-Rock-Klängen in Songzeilen wie “When everybody’s special/ No one is special”. Damit legen sie den Kern menschlicher Verletzlichkeit offen – Schreitherapie inklusive.

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Palila – “Mind My Mind”

palila_mind-my-mind_cover

Mit ihrem neuen Album “Mind My Mind” machen Palila sich die Kraft der Melancholie zunutze, um mit positiven Glaubenssätzen und fließendem Backgroundgesang Hoffnung in die Welt zu tragen. Eine Platte, bei der man sich in einem Kellerclub schunkelnd in die Arme fallen möchte.

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Andy Rourke ist tot

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“Andy wird denjenigen, die ihn kannten, als freundlicher und wunderbarer Mensch in Erinnerung bleiben und den Fans als äußerst begabter Musiker.” So gab der ehemalige The Smiths-Gitarrist Johnny Marr den Tod seines Bandkollegen Andy Rourke auf Twitter bekannt. Demnach litt der 59-Jährige bereits längere Zeit an Bauchspeicheldrüsenkrebs, wie Marr nun öffentlich machte. Er bat zudem um Respekt und Privatsphäre für Rourkes Familie und Freunde.

Mittlerweile hat sich Marr in einem längeren emotionalen Statement auf Instagram von seinem “Kollegen, Freund und Bruder” verabschiedet. Darin erinnert er sich an zahlreiche Aufnahme- und Probe-Sessions, unter anderem auch zum Song “The Queen Is Dead” vom gleichnamigen Album aus dem Jahr 1986: “[…] Ich habe mir damals gesagt: Diesen Moment werde ich nie vergessen.” Zudem erzählt Marr von dem letzten gemeinsamen Auftritt im Madison Square Garden im vergangenen September: “[…] Es war ein besonderer Moment, den wir mit seiner Familie und seiner Frau Francesca teilen durften.”

 

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Ein Beitrag geteilt von Johnny Marr (@johnnymarrgram)

Auch zahlreiche weitere Weggefährten haben sich inzwischen zum Tod von Rourke geäußert. Smiths-Produzent Stephen Street schrieb: “Ich bin so traurig […]! Andy war ein hervorragender Musiker und ein netter Kerl. […]  ich sende mein tiefstes Beileid und meine Gedanken an seine Freunde und Familie.” Auch Suede-Bassist Mat Osman erinnert sich an seine Begegnungen mit Rourke: “Ein absolutes Unikat – ein Bassist, dessen Sound man sofort erkennen konnte. Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich das ‘Barbarism’-Break immer und immer wieder gespielt und versucht habe, das Riff zu lernen, und wie ich diesen Funk bewundert haben, der den Track vorangetrieben hat.” Ex-The-Smiths-Frontmann Morrissey hat sich bisher nicht zum Tod von Andy Rourke geäußert.

Rourke war zwischen 1982 und 1986 und von 1986 bis 1987 Bassist der Smiths. Er war zudem an allen vier Studioalben der Band beteiligt. Nach dem Ende der Band gründete Rourke mit Peter Hook (Joy Division, New Order) und Gary “Mani” Mounfield (Stone Roses) die Supergroup Freebass. Außerdem war er an Aufnahmen der Pretenders für deren 1994 erschienenes Album “Last Of The Independents” beteiligt. Auch mit Killing Joke und Moondog One, zusammen mit dem ehemaligen Oasis-Gitarristen “Bonehead”, hat Rourke bereits zusammengearbeitet. Andy Rourke hinterlässt seine Frau und eine Adoptiv-Tochter. Er wurde 59 Jahre alt.

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