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Von oben auf den Kopf hauen

Sicherheitshinweis: Manchmal ist man so wütend, dass man lieber keine Hundewelpen auf dem Schoß sitzen lassen sollte – nicht, dass man die im Eifer der Wallungen versehentlich würgt. Das wäre nicht gut. Besser: Death Metal würgen, so wie Outer Heaven das auf ihrer zweiten Platte “Infinite Psychic Depths” (Relapse, 21.07.) machen. Binnen zweier Lieder und allerhöchstens sechs Minuten macht das Quintett ein Fass auf, in das Morbid Angel, Cannibal Corpse, Carcass und sogar Atheist passen. Diese hoffnungsvoll romantische Geschichte ersäuft sich gottlob nicht ausschließlich in 90er-Nostalgie, sondern rollt, überrascht und beschichtet die Tradition mit neuer Hässlichkeit. Klar, das Gebelle von Austin Haines – wir erinnern uns an den Hund von Loriot – ist ziemlich drüber, aber das ist dieses vitale Geballer auch.

Weil wir Schöngeister hier die Kunst lieben, sagen wir nicht “einsammeln”, sondern “kuratieren”. Das nämlich machen Phantom Corporation aus Bremen und dem Ruhrgebiet auf ihrem Debüt “Fallout” mit sich selbst. Das Quintett setzt exakt da an, wo es nach allerlei Kleintonträgern aufgehört hatte: crustiger Death- und Thrash-Metal mit gelegentlichen Querverweisen zu Sepultura, Kreator und Innenstadt entglasen. Nur kompakter als bislang. Kratzen, wo’s juckt, und wie Bud Spencer damals, immer von oben auf den Kopf hauen. Wahnsinnig erfrischend ist das. Schadet nicht in hitzigen Zeiten. “Spiritual Arsonists” erinnert in seinem aufbrausenden Charme sogar an Tragedy.

Apropos Kunst: Portlands Feuilleton-Liebling Ian Neighbors alias Mizmor gibt sich auf seiner vierten Platte “Prosaic” überraschend irdisch: weniger Konzept, mehr Menschlichkeit und Selbstaufgabe. Zwischen kratzigem Doom-Death, Sludge und grobkörnigem Black Metal baut der Mann einen Irrgarten aus allerlei Kanten und rostigem Scheiß auf, perfekt für Blessuren und bisweilen große Momente. Einfach mal von “No Place To Arrive” oder “Acceptance” wegtragen lassen und 23 Minuten später in der Notaufnahme dann die Schrammen zählen. Die Nachtschwester so: “Jessas!”. Mizmor: “Wir wollen jetzt aber nicht über Gott reden, oder?”.

Nee, reden wir lieber über die brasilianischen Death-Metal-Damen von Crypta, denn die perfektionieren ihre Politik der kleinen Nadelstiche. Fies, unnachgiebig – irgendwie wie Finger in die Nähmaschine bekommen. Wenn’s grober wird: Nagelpistole aus dem Baumarkt. Auf ihrer zweiten Platte “Shades Of Sorrow” stehen keine nennenswerten Updates an, sie legen eher nochmal eine Schippe drauf, auf den Furor und die Finesse. Das fantastische “Stronghold” alleine sollte ausreichen, auf Festivitäten wie Wacken den Acker umzupflügen. Ach so, wer gucken will, wie man Black Metal, Death Metal, Musikerzeug und Backpfeifen ohne Kaspereien in Einklang bringt: bitte hier entlang.

Oder halt zu: The Sun’s Journey Through The Night. Die fügen der ollen Black-Black-Metal-Geschichte zumindest etwas Kunst, Psychose und zwei, drei Überraschungen hinzu. Auf ihrer zweiten Platte “Worldless” lassen die Briten zwar kein Klischee aus, ziehen das aber eiskalt und sauber ausproduziert durch – bisweilen sogar fast dynamisch. Jetzt muss ihnen nur noch jemand stecken, dass “Flood Of Flames”, “Orion” und “Abolishing Consciousness” wunderbare Brecher sind, gerade weil sie die uninspirierten Blastbeats mal beiseitelassen und sich der Apokalypse mit Hüfte und Wahn nähern. Hihi, Apocalypso. Nee, so albern sind sie nicht. Aber mal unter uns: Die Intros, Interludes und der Quatsch – das ist Zeitspiel. Im Fußball gibt’s dafür gelb oder was auf die Socken.

Wahnsinn und Wertschätzung

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Kaum ein Land hat den Lockdown in der Pandemie so hart durchgezogen wie Australien. In Victoria, dem Heimatstaat von Clowns, endete er erst nach 262 Tagen – er gilt als der bisher längste Lockdown der Welt.

Mit ihrer neuen Single vom kommenden Album “Endless” spielen sich die Hardcore-Punks nun frei: “‘Thanks 4 Nothing’ ist ein Liebeslied an die Musikszene und unsere Familie”, sagt Bassistin Hanny J, die bei dem Track ausnahmsweise den Hauptgesang übernimmt. “[Der Song] fasst zusammen, wie der Covid-Lockdown eine verrückte Gegenüberstellung von staatlich verordnetem, isolationsbedingtem Wahnsinn mit neuer kollektiver Energie, neuen Ideen und einer neuen Wertschätzung für das, was wir haben und was wir tun werden, zu sein schien.”

Im Video zum melodischen Track, dem Sänger Stevie Williams im Gegensatz zu “Formaldehyde” und “Bisexual Awakening” nur einige Shouts und Harmonien beisteuert, setzten Clowns demnach auf das, was in den letzten zwei Jahren zwangsläufig zu kurz kam: Konzerte, Moshpits, Reisen und Spaß. Teile des Videos stammen von ihrer kürzlich beendeten EU-Tour – unter anderem aus Köln – und den großen Open-Air-Auftritten als Support von Feine Sahne Fischfilet.

“Endless” erscheint am 20. Oktober über das bandeigene Label Damaged. In Europa ist die Platte wie schon der Vorgänger über Fat Wreck erhältlich. Sie kann noch vorbestellt werden.

Schattentanz

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Nachdem Maggot Heart sich auf “Looking Back At You” dem Thema Selbstermächtigung und dem Spiel mit Beobachtung und Macht gewidmet haben, legt die Berliner Post-Punk-Band nun nach. “This Shadow” ist bereits die zweite Auskopplung aus ihrem am 29. September via Rapid Eye/Svart erscheinenden Album “Hunger”, das bereits vorbestellt werden kann.

Als Inspiration für ihren neuesten Song diente eine Alternative-Rock-Ikone, wie Sängerin und Gitarristin Linnéa Olsson erzählt: “Ich hatte eigentlich Courtney Love im Kopf, denn ich wollte einen Refrain schreiben, auf den sie stolz wäre! Vielleicht kann ihn ihr jemand vorspielen und uns Bescheid geben? Wie auch immer, ich denke, es ist ein unbestreitbarer Song, oberflächlich betrachtet sehr einfach, aber darunter ziemlich komplex.”

Im dazugehörigen Video beschallt die dreiköpfige Band in reduziertem Setting eine Höhle, die zwischen lodernden Flammen auch als die Ausformulierung der Hölle gelesen werden könnte. Getragen wird der von Gitarrenverzerrung angetriebene Song von Olssons Gesang. “Here it comes again/ Uncontrollable wave/ A crushing tide/ On a shore you wanted dry/ You are a tumbling die/ In the hands that give and take”, singt sie etwa. Dabei nicht weniger wütend als “Looking Back At You”, schwankt “This Shadow” zwischen euphorischen und melancholischen Momenten. Zwei Seiten einer Medaille, zwei Gefühlszustände, denen das Trio mit seinem schroffen Post-Punk-Sound Ausdruck verleiht.

Für das Video hat die Band mit der Künstlerin Tekla Vali zusammengearbeitet, entstanden ist der Clip in Helsinki. Über die Zusammenarbeit mit Vali sagen Maggot Heart: “Tekla versteht es wirklich, eine einzigartige Welt zu schaffen, in der ihre visuelle Sprache zum Tragen kommt. Und sie hat uns auch ziemlich cool aussehen lassen.”

Im Zuge ihrer Tour kommen Maggot Heart im Oktober außerdem für drei Konzerte nach Deutschland.

Live: Maggot Heart

05.10.2023 Hamburg – Hafenklang
06.10.2023 Bochum – Die Trompete
07.10.2023 Berlin – Urban Spree

Ein Abschied?

“Näher waren wir nie an so etwas wie einer Hitsingle”, sagt Steven Wilson als er mit “Trains” den letzten Song des Abends ankündigt. Die von ihm gegründeten Porcupine Tree haben mit Hitsingles eigentlich so viel gemein, wie angemessen Gastro-Preise und Großveranstaltungen. Und doch geben ihm allein bei Spotify über 30 Millionen Plays recht. Sie sind ein schönes Indiz für die Tragweite des Songs samt dem zugehörigen Album “In Absentia”, das neben der aktuellen Platte im Zentrum der knapp zweistündigen Show steht. Zum Auftakt offenbart bereits “Blackest Eyes” einen Gesamtsound, der sich für ein Open-Air von der ersten Sekunde an so herrlich transparent und aufgeräumt ausnimmt, dass er fast zur Sterilität neigt.

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Mal wieder ohne Bassist: Porcupine Tree in Schwetzingen (Foto: Daniel Thomas)

Man könnte es auf den fehlenden Bassisten schieben, wenn dieses Phänomen nicht schon immer zum guten Ton der Briten zählen würde. Das Instrument kommt heute vom Band, weil der dafür vorgesehen Nate Navarro die Tour aus familiären Gründen vorzeitig abbrechen musste. “Welcome our invisble bassplayer”, scherzt Wilson zum Auftakt von “Harridan” an zweiter Stelle. Überhaupt zeigt sich der Sänger und Gitarrist für seine Verhältnisse überraschend redselig und gut gelaunt.

In Redelaune: Steven Wilson (Foto: Daniel Thomas)

Der notorische Barfüßler redet mehrfach von einem ersten Porcupine-Tree-Konzert in einem Keller in München vor 30 Leuten. “Die sind wahrscheinlich inzwischen alle tot.” Er spielt außerdem auf die Historie an Bandshirts im Publikum an, die gemessen an ihrem guten Zustand offensichtlich selten getragen wurden. Lächelnd preist er daraufhin “Sound Of Muzak” als Mitmachsong an: “Bringt mich nicht in Verlegenheit, indem ihr nicht mitsingt.”

Zeremonienmeister Steven Wilson (Foto: Daniel Thomas)

Davon abgesehen übernimmt in der Regel Gitarrist Randy McStine das Mitsingen und oktaviert treffsicher die Hauptstimme. Neben den drei Individual-Perfektionisten Wilson, Gavin Harrison und Richard Barbieri mutiert er zum heimlichen Star des Abends. An Wilsons Seite machen beide den Eindruck, als wären sie entweder die Macher des nächsten großen Dings im Silikon Valley oder eben der größten lebenden Progrock-Band.

Richard Barbieri, Steven Wilson und Gavin Harrison (Foto: Daniel Thomas)

Wo beiden grundsätzlich kein einziger der anspruchsvollen Gitarrenparts zu viel abverlangt, setzt McStines mit dem phänomenalen Bottleneck-Gitarrensolo von “I Drive The Hearse” noch eine Spitze. Es ist ein Stück, das nach 20-minütiger Pause im zweiten Set lediglich im Schatten der überlangen “Fear Of Blank Planet”-Nummer “Anesthetize” steht. “Danach werdet ihr um einiges nasser sein als jetzt”, spottet Wilson über den einsetzenden Starkregen und die Dauer des Songs. An dieser Stelle kann auch Harrison sein volles Potenzial als einer der besten Schlagzeuger der Welt zeigen. Gemessen an seinen Shows mit King Crimson wirkt heute Abend bei ihm dennoch vieles wie eine Fingerübung, auch dann, wenn manch einer der im Publikum anwesenden Hobby-Schlagzeuger noch die Taktart zu entschlüsseln versucht.

War es tatsächlich die letzte Show von Porcupine Tree? (Foto: Daniel Thomas)

Keyboarder Barbieri, der dritte Verbliebene im offiziellen Bandgefüge, hat wiederum die volle Aufmerksamkeit, als er für “Collapse The Light Into Earth” die Bühne nur noch mit Wilson teilen muss. Beide an ihren Keyboards sorgen für den Coldplay-Moment des Abends, im Smartphone-Lichtermeer des Schwetzinger Schlossgartens, das schließlich vom balladesken “Trains” abgelöst wird. Der Song hat etwas Wehmütiges, denn es handelt sich hier um das letzte Konzert der aktuellen Tour zu “Closure/Continuation”. Da die Band ihre Zukunft mit der neuen Platte offenließ, ist nicht ausgeschlossen, dass es grundsätzlich das letzte Konzert gewesen sein könnte. Es wäre für die Prog-Welt ein herber Verlust.

Dystopische Landschaften

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Mit “The Looming” haben Empire State Bastard bereits düstere Töne angeschlagen, nun liefern sie mit dem nun dazugehörigen Video die dystopische Entsprechung zu ihrer dritten Singleauskopplung. Gedreht wurde das fast siebenminütige Video, das an Denis Villeneuves Science-Fiction-Film “Dune” erinnert, von Mike Bourne. Dieser hatte bereits mit Jaaw für deren Video zu “Total Protonic Reversal” zusammengearbeitet.

Während Empire State Bastard bei der musikalischen Umsetzung des Songs auf schwere Gitarren und treibenden Stoner-Sound gesetzt hat, um die drohende Apokalypse heraufzubeschwören, wird das Video aus Sicht eines umherziehenden Ritters erzählt. Dieser findet sich zwischen psychedelischen Sandlandschaften, versteinerten Menschen und einer Videospiel-Optik wieder. Eine Reise, an deren Ende der Eintritt ins Licht steht – und in eine ungewisse Zukunft.

Bereits davor gab die Supergroup um Simon Neil und Mike Vennart mit “Shutter” und “Harvest” einen doppelten Ausblick auf ihr kommendes Debüt. Erscheinen wird “Rivers Of Heresy” am 1. September via Roadrunner. Das Album kann bereits vorbestellt werden. Mit Biffy Clyro hatte Neil zuletzt das Album “The Myth Of The Happily Ever After” (2021) veröffentlicht.

Daneben hat die Band ihr erste US-Headliner-Show angekündigt. Diese wird das Duo am 23. September in der Saint Vitus Bar in Brooklyn, New York spielen.

Naturgewalten

Alarmstimmung in Hamburg: Expert:innen prognostizieren für den Montagabend eine Sturmflut in St. Pauli, ein ungewöhnliches Naturereignis für Anfang August. Während der Fischmarkt knapp 30 Zentimeter unter Wasser steht, gibt es ein paar Kilometer weiter nördlich ein ähnlich eindrucksvolles Event, wenn auch mit Sound- statt Wasserwellen.

Hochkonzentriert: Russian-Circles-Drummer Dave Turncrantz (Foto: Sebastian Madej)

Die kommen heute besonders druckvoll und basslastig aus den Boxen, und das schon bei Crouch. Das Trio, das zu zwei Dritteln aus Mitgliedern der Black-Metal-Institution Wiegedood besteht, schiebt seinen sumpfigen Sludge ohne große Ansagen in die schon fast komplett gefüllten vorderen Reihen, die zu Beginn nur mäßiges Interesse an den Belgiern zeigen. Trotzdem performt sich die Band auf engstem Raum immer mehr in einen Rausch. Jasper Hollevoet zuckt und biegt sich um seinen Bass, Sänger Levy Seynaeve legt kehliges Growling und heisere Shouts über seine düsteren Gitarrenspuren, und Schlagzeugmaschine Wim Coppers spielt gewohnt präzise und dynamisch. Im Laufe des knapp 40-minütigen Sets wird das Eis nicht nur wegen der durch die Bank starken Performance sowohl auf als auch vor der Bühne Brocken für Brocken gebrochen. Es schleicht sich sogar ein Witz über ein angebliches “Wonderwall”-Cover in die ansonsten recht standardmäßigen Dankesreden an Publikum und Hauptband und die obligatorischen Merch-Anpreisungen.

In Trance: Russian-Circles-Gitarrist Mike Sullivan (Foto: Sebastian Madej)

Wer auf ähnliche Interaktionen durch Russian Circles gehofft hat, wird enttäuscht. Wie immer steht auf der Bühne kein einziges Gesangsmikrofon, der instrumentale Post-Metal der Band spricht für sich. Während bei anderen Bands die Distanz zwischen den einzelnen Mitgliedern, die sich zwischen meterbreiten Effektboards verschanzen, als Vakuum wahrgenommen werden könnte, füllt die Band den Leerstand mit enorm dichten und ehrlich gesagt auch fast schon zu lauten Soundwänden.

Licht und Sound im Einklang im Hamburger Knust (Foto: Sebastian Madej)

Wie viel Wert die Musiker auf das Wesentliche legen, zeigt sich auch daran, dass sie sich selbst kaum zeigen. Die exzellente Lichtshow steht ganz im Dienst der Musik und ist größtenteils auf zwei bis drei Strahler beschränkt, die den Dauernebel auf der Bühne durchstoßen und die drei Musiker eher als Silhouetten erstrahlen lassen. Das Ergebnis: ein audiovisuelles Gesamtkunstwerk, in dem nahezu jedes Album mit einem Song vertreten ist.

Unbeeindruckt: Russian-Circles-Bassist Brian Cook (Foto: Sebastian Madej)

Wer die hypnotische Sogwirkung dieses Konstrukts wirklich verstehen will, kommt um den Besuch einer Show nicht herum. Die Köpfe des Genre-gemäß, meist komplett in schwarz gekleideten Publikums nicken unisono zu den von geloopten Gitarren und schweren Riffs getragenen Songs, in die sich vor allem Bassist Brian Cook mehr und mehr fallen lässt, je weiter das Set voranschreitet. Zudem scheint mit jedem weiteren Song ein weiterer Knopf an seinem Hemd aufzugehen, was ziemlich unangenehme “Ausziehen”-Rufe aus dem Publikum zur Folge hat.

Bei einem anderthalb stündigen Set heißt es schonmal “Beißen!” (Foto: Sebastian Madej)

Cook lässt sich dadurch allerdings in seiner Trance nicht stören, während Gitarrist Mike Sullivan mit gefletschten Zähnen und immer wieder geschlossenen Augen durch Klassiker wie “Harper Lewis” und “Mlàdek” oder neuere Songs wie “Conduit” schwebt. Nach knapp eineinhalb Stunden kollektivem Mitwippens verlässt die Band die Bühne genauso, wie sie sie betreten hat: wortlos, so, als wäre nichts gewesen. Im Vergleich zu echten Naturereignissen hinterlassen Russian Circles ihre Spuren eben nur im Kopf – und im Gehörgang.

Lebenslinien

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Aufgenommen haben Hot Chip den Song “Fire Of Mercy” mit dem malaysisch-irischen Produzenten und Songwriter Yunè Pinku. Die Zusammenarbeit mit der Indietronica-Band bezeichnet der Songwriter als “große Ehre”. Die Londoner Band nannte er “Legenden in der elektronischen Welt”. Weiter führt Pinku aus: “Als sie mir ‘Fire Of Mercy’ vorspielten und mich baten, bei dem Track mitzumachen, war ich begeistert, mit ihnen zu arbeiten.”

Thematisch ist der Track an eine Gedichtsammlung von William Blake angelehnt. Dazu erklärt Joe Goddard: “‘Fire Of Mercy’ bezieht sich auf das zentrale Konzept von William Blakes ‘Songs Of Experience’. Es beklagt die Korruption, die unweigerlich mit dem Erwachsensein einhergeht, und sehnt sich nach einer Rückkehr zur Reinheit der Kindheit.”

Diese introspektive Sicht auf die Kindheit und das Bedürfnis, diese Lebensphase für einen kurzen Moment zurück in die Gegenwart zu holen, umschreiben Hot Chip mit den Worten: “Do you ever stop believing/ In the things that make you feel like you… Remember life can take a turn in a moment and/ Leave you without your own breath to breathe/ I need that fire of mercy, rescue me.” Damit verleihen sie dem Track, trotz tanzbarem Synthie-Pop-Einschlag, eine nachdenkliche Note und werfen die Frage nach dem Verlust von Träumen mit Eintritt ins Erwachsenenalter auf. 

Ihr aktuelles Album “Freakout/Release” haben Hot Chip im vergangenen Jahr herausgebracht. Daneben veröffentlichten sie mit Brian Eno und Goddess den Song “Line In The Sand”.

Vermögen in der Schublade

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Denn so ein Modell ist laut dem US-Portal 9to5mac jetzt für 29.000 Dollar versteigert worden. Der iPod war auf der Plattform Rally erhältlich, auf der Anleger Anteile an seltenen Sammlerstücken kaufen können. Laut Angaben des Portals wurde der eingeschweißte iPod der ersten Generation 2021 auf der Plattform eingestellt und in 5.000 Aktien zu je 5 Dollar eingeteilt. Nun wurde ein Kaufangebot über 29.000 Dollar angenommen, was den Aktionären eine “akzeptable Rendite” beschert. Genaue Angaben zum Käufer oder Verkäufer gibt es nicht.

Zum Gerät selbst gibt es allerdings mehr Informationen. Demnach wurde der iPod “ursprünglich im Dezember 2001 in der Willowbrook Mall in Plano, Texas, in einem Apple Store […] für 399 Dollar + Steuern gekauft”. Der ursprüngliche Besitzer soll ihn als Weihnachtsgeschenk, und den iPod “ungeöffnet in einen Schrank gestellt” haben, wo er dann “fast zwei Jahrzehnte lang stand”.

Apple-Gründer Steve Jobs stellte den ersten iPod im Oktober 2001 der Öffentlichkeit vor. Mit dem Gerät und der dazugehörigen Software konnten die Kund:innen einfach ihre Musik unterwegs hören. Der erste iPod war mit einer 5-GB-Festplatte ausgestattet. Zur Navigation in den Abspiellisten, zum Regeln der Lautstärke und zum Anwählen gewünschter Stellen innerhalb eines Liedes besaß das Modell ein bewegliches Scrollrad. Am 9. April 2007 meldete Apple insgesamt 100 Millionen verkaufte iPods. Insgesamt produzierte Apple sechs weitere Generationen und zahlreiche Ableger wie den iPod Touch, den iPod Shuffle oder den iPod Nano. Im Mai 2022 gab der Konzern bekannt, keine weiteren iPods mehr zu produzieren.

Trügerisches Idyll

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Ein Sommer zwischen Urlaubsstimmung und Autobahnfeeling. Bereits mit dem Titel ihres neuen Albums “Adria” wecken Zahn Sehnsüchte mit der Ferienregion – zwischen Erholung und Aufbruch. Oder wie die Instrumental-Noise-Band es umschreibt: “Als würde man den Sonnenuntergang über einem schäbigen Autobahnrestaurant beobachten oder ein schmelzendes Eis am Pool eines schmutzigen Campingplatzes essen, bietet ‘Adria’ die perfekte Balance aus Fadheit und Schwere.”

Dabei geben sich die Berliner auf “Adria” nicht weniger experimentierfreudig als auf ihrem Debütalbum “Zahn” (2021), womit sie dieses Mal sogar noch weiter über die Einflüsse ihrer anderen Bands hinaus gehen. Während Nic Stockmann und Chris Breuer auch Teil der Noiserock-Band Heads sind, spielt Felix Gebhard bei Muff Potter und in der Live-Band von Einstürzende Neubauten. Dennoch schlagen sie mit ihrer im November erscheinenden Platte eine andere Fahrtrichtung ein, als mit dem Vorgänger. Das zeigt bereits die erste Auskopplung “Idylle”.

Mit dem Albumcloser verkehren sie die beschriebene Urlaubsstimmung ins Gegenteil und entlarven das vermeintliche Ferienidyll als Trugschluss. Bereits zu Anfang macht sich zwischen den leeren Tischen und den unheimlichen Synthesizerklängen eine beklemmende Stimmung breit, die in ihrer Ästhetik an “Twin Peaks” und “Shining” erinnert. Durch das nach der Hälfte einsetzende Saxofon und das dumpfe Schlagzeugspiel im Hintergrund versetzt “Idylle” einen in einen tranceartigen Zustand. Dabei wirkt der Clip mit seiner inszenierten Handkameraoptik und der düsteren Farbgebung wie ein Hotel aus vergangenen Tagen, ohne Gäste – und ohne Perspektive.

“Als große Fans von Badalamentis und Carpenters Soundtracks war uns klar, dass wir früher oder später einen Song machen würden, der in diese Richtung geht”, so Breuer zur ersten Single. “Außerdem sind wir in die Jahre gekommen und wollen nicht mehr in jedem Song unsere Instrumente überstrapazieren. ‘Idylle’ ist der Abschluss unserer neuen, recht rockigen Platte und ist so unrockig wie es nur sein kann.”

Dabei findet die Platte auch unter Musikerkollegen Ankerkennung. So ist “Adria” laut Walter Schreifels von unter anderem Quicksand “die experimentelle Rockplatte”, auf die er gewartet hat, “mit weitläufigen Gitarren, klassischen Synthies, verzerrten Bässen und schweren Grooves. Als würde ‘Hallogallo’ von Neu! auf Jesus Lizard treffen. Weiter bezeichnet er das Album als “futuristische Musik für Bewegung, nicht für Gesang”.

Ebenso sagt Nick DiSalvo (Elder, Delving): “Zahns neues Album ‘Adria’ ist auf die beste Art und Weise krachend und schräg. Die Melodie versteckt sich in den Rissen zwischen stakkatoartigen Beats, die wie eine deutsche Präzisionsmaschine platziert sind; Synthesizer pochen unter wuchtigen, schwammigen Grundlinien und Buzzsaw-Gitarren binden das ganze schöne Monster zusammen. ‘Adria’ klingt fantastisch!”

“Adria” wurde in Peter Voigtmanns Studio Die Mühle aufgenommen und von Magnus Lindberg (Russian Circles, Cult Of Luna) gemischt und gemastert. Das neue Album erscheint am 24. November via Crazysane und ist bereits jetzt vorbestellbar.

Zahn – “Adria”

01. “Zebra”
02. “Zehn”
03. “Schmuck”
04. “Apricot”
05. “Faser”
06. “Tabak”
07. “Yuccatan 3E”
08. “Amaranth”
09. “Velour”
10. “Kotomoto”
11. “Idylle”

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