Weil wir Schöngeister hier die Kunst lieben, sagen wir nicht “einsammeln”, sondern “kuratieren”. Das nämlich machen Phantom Corporation aus Bremen und dem Ruhrgebiet auf ihrem Debüt “Fallout” mit sich selbst. Das Quintett setzt exakt da an, wo es nach allerlei Kleintonträgern aufgehört hatte: crustiger Death- und Thrash-Metal mit gelegentlichen Querverweisen zu Sepultura, Kreator und Innenstadt entglasen. Nur kompakter als bislang. Kratzen, wo’s juckt, und wie Bud Spencer damals, immer von oben auf den Kopf hauen. Wahnsinnig erfrischend ist das. Schadet nicht in hitzigen Zeiten. “Spiritual Arsonists” erinnert in seinem aufbrausenden Charme sogar an Tragedy.
Apropos Kunst: Portlands Feuilleton-Liebling Ian Neighbors alias Mizmor gibt sich auf seiner vierten Platte “Prosaic” überraschend irdisch: weniger Konzept, mehr Menschlichkeit und Selbstaufgabe. Zwischen kratzigem Doom-Death, Sludge und grobkörnigem Black Metal baut der Mann einen Irrgarten aus allerlei Kanten und rostigem Scheiß auf, perfekt für Blessuren und bisweilen große Momente. Einfach mal von “No Place To Arrive” oder “Acceptance” wegtragen lassen und 23 Minuten später in der Notaufnahme dann die Schrammen zählen. Die Nachtschwester so: “Jessas!”. Mizmor: “Wir wollen jetzt aber nicht über Gott reden, oder?”.
Nee, reden wir lieber über die brasilianischen Death-Metal-Damen von Crypta, denn die perfektionieren ihre Politik der kleinen Nadelstiche. Fies, unnachgiebig – irgendwie wie Finger in die Nähmaschine bekommen. Wenn’s grober wird: Nagelpistole aus dem Baumarkt. Auf ihrer zweiten Platte “Shades Of Sorrow” stehen keine nennenswerten Updates an, sie legen eher nochmal eine Schippe drauf, auf den Furor und die Finesse. Das fantastische “Stronghold” alleine sollte ausreichen, auf Festivitäten wie Wacken den Acker umzupflügen. Ach so, wer gucken will, wie man Black Metal, Death Metal, Musikerzeug und Backpfeifen ohne Kaspereien in Einklang bringt: bitte hier entlang.
Oder halt zu: The Sun’s Journey Through The Night. Die fügen der ollen Black-Black-Metal-Geschichte zumindest etwas Kunst, Psychose und zwei, drei Überraschungen hinzu. Auf ihrer zweiten Platte “Worldless” lassen die Briten zwar kein Klischee aus, ziehen das aber eiskalt und sauber ausproduziert durch – bisweilen sogar fast dynamisch. Jetzt muss ihnen nur noch jemand stecken, dass “Flood Of Flames”, “Orion” und “Abolishing Consciousness” wunderbare Brecher sind, gerade weil sie die uninspirierten Blastbeats mal beiseitelassen und sich der Apokalypse mit Hüfte und Wahn nähern. Hihi, Apocalypso. Nee, so albern sind sie nicht. Aber mal unter uns: Die Intros, Interludes und der Quatsch – das ist Zeitspiel. Im Fußball gibt’s dafür gelb oder was auf die Socken.