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    Zahn
    Adria

    VÖ: 24.11.2023 | Label: Crazysane
    Text: | Erschienen in: VISIONS Nr. 369
    Schönheit
    Zahn - Adria

    Zahn erzählen Geschichten ohne Worte. Die Qualität, die anderen Post-Rock-Bands immer wieder in akademischen Wiederholungsschleifen verloren geht, hütet das Berliner Trio wie einen Schatz. Das macht „Adria“ zu einem Ereignis.

    Dabei ist es „erst“ das zweite Album der Band nach dem 2021 in die Pandemie geworfenen „Zahn“. Nun also stolze 80 Minuten, in denen sich die Band in Richtung des ikonischen italienischen Urlaubsziels bewegt. Ihre Kernkompetenz in gitarrengetriebenem Post-Rock haben sie sicher im Kofferraum verstaut und holen sie in den Momenten hervor, in denen es um Emphase geht, um vehemente Ausbrüche und die gute alte Abfahrt.

    Allerdings haben Chris Breuer, Felix Gebhard und Nic Stockmann auf „Adria“ einen neuen Plan umgesetzt. Einflüsse aus Krautrock, Krautelektronik und Psychedelic machen „Adria“ zu einer hochgradig bunten Angelegenheit. „Zebra“ eröffnet das Album mit archaischen Drumcomputer-Sounds und analogen Synthesizern, während die Single „Zehn“ mit angejazztem C-Teil aufs Glatteis führt. „Schmuck“ hält sich minutenlang in an Tortoise erinnerndem Schöngeist zurück. „Apricot“ könnte als Outtake von Kraftwerks „Mensch Maschine“ durchgehen, während das elfminütige „Faser“ dynamisch zwischen Can und The Jesus Lizard hin und her pendelt.

    Wohlgemerkt hat „Adria“ an dieser Stelle gerade mal die Brenner-Autobahn erreicht, denn Zahn haben sich für die schönste, nicht die schnellste Route entschieden. Im dynamisch vertrackten „Tabak“ macht sich die hervorragende Arbeit von The Oceans Peter Voigtmann bemerkbar, der das Album in seinem Studio aufnahm, während Magnus Lindberg (Russian Circles, Cult Of Luna) für Mix und Mastering sorgte. Wenn Quicksands Walter Schreifels dieser Tage mit „Adria“ auf den Ohren laufen geht, fühle er sich, „als würde er beim Hören schlauer“. Den motorischen Rhythmus liefert ihm dabei „Yuccatan 3E“, das sich harmonisch immer wieder häutet und in einem meditativen Schwebezustand verschwindet. Die schweren Riffs von „Amaranth“ zeigen, dass Zahn sehr gut bei The Melvins und Elder zugehört haben, injizieren dem Zeitlupenrock in zusätzlichen Gitarrenschichten jedoch immer mehr Wahnsinn.

    Zahn wollen das Experiment, erzählen ihre Songs mehrdimensionale und geben sich nicht mit dem Status quo im Post-Rock oder Sludge zufrieden. So könnte man die Konstruktion eines Stückes wie „Kotomoto“ Progrock nennen, würde sich hinter diesem Begriff nicht die nächste angestaubte Tradition verbergen. Zahn erreichen ihr Ferienziel über eine hell erleuchtete Autobahn, und hier empfängt sie schließlich eine „Idylle“, wo sich Tangerine Dream und Bohren & Der Club Of Gore „Gute Nacht“ sagen.

    Das steckt drin: Caspian, Mogwai, Trans Am

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    Zahn

    VÖ: 20.08.2021