Von 1989 bis 1995 gehörte Robert Trujillo zum Inventar von Suicidal Tendencies, bevor er 2003 an den Bass von Metallica wechselte. Als Suicidal Tendencies nun jedoch am vergangenen Samstag spontan im Vorprogramm der Thrash-Metal-Veteranen in Glendale, Arizona auftraten, gab sich Trujillo die Ehre und nahm für den Song “I Saw Your Mommy” seinen ehemaligen Spot am Bass wieder ein. Damit stand Trujillo allerdings nicht nur erstmalig wieder mit seiner ehemaligen Band auf der Bühne, sondern gleichzeitig auch mit seinem Sohn Tye Trujillo, der momentan als Tourmitglied von Suicidal Tendencies fungiert.
Metallica mussten die ursprünglich für Anfang September geplante Show in Arizona kurzfristig verschieben, da James Hetfield sich mit Corona infiziert hatte. Dadurch mussten die ursprünglich im Vorprogramm eingeplanten Ice Nine Kills ihren Slot freigeben – Suicidal Tendencies rückten nach.
Zuletzt kündigten Metallica Anfang August ihren eigenen Podcast an, in dem sie “wöchentlich neue Nachrichten aus dem Metallica-Hauptquartier und von der laufenden M72-World-Tour geben” wollen. Momentan befindet sich die Band auf knapp zweijähriger Tour zu ihrem neuen Album “72 Seasons”, das im April dieses Jahres erschienen ist. Im Mai trat die Band bereits zweimal in Hamburg auf, im nächsten Jahr spielen sie im Mai eine Doppelshow in München. Die Tickets sind bis auf wenige Rest- und teure Platintickets jedoch bereits vergriffen.
Live: Metallica (2024)
24.05. München – Olympiastadion*
26.05. München – Olympiastadion#
22 Uhr, Sektflöten klirren aneinander. Man trägt Jeans, dazu perfekt polierte Sneaker, die in Kombination zu Blazer und Cappy eine besondere Lässigkeit ausstrahlen sollen. Ein typisches Networking-Event des Berliner Musik-Biz. Motto: Viele Termine, schwer einen sitzen. Ich betreibe Selbstvermarktung und eröffne meinem Gesprächspartner, dass ich Jam-Sessions für FLINTA* organisiere, zu denen cis-Männer keinen Zutritt haben. Alarm! Die Augenbrauen heben sich bedrohlich, es wird bedeutungsschwanger eingeatmet. Mein Gegenüber hat seine Rede schon parat – und ich weiß bereits, was kommt: “Ist das denn nicht auch Sexismus?!”
Zeit, für ein bisschen Aufklärungsarbeit. Eine der häufigsten Diskussionen, die Personen in FLINTA*-Kollektiven immer wieder führen müssen, ist jene über den Sinn von FLINTA*-only-Veranstaltungen: “Das spaltet die Gesellschaft” / “Ich bin Mann und selbst Feminist, warum schließt ihr mich aus?” / “Ihr mit eurer Ideologie macht alles nur noch schlimmer und sorgt selbst dafür, dass ihr euch abgrenzt!” Das sind die Sätze, die wir gerne allzu oft zu hören bekommen. Theatralisch und mit pochender Halsschlagader vorgetragen – fast ein so emotionales Thema, wie das des Tempolimits auf deutschen Autobahnen.
Interessant, dass diese Kritik sehr häufig von Männern kommt, die sich selbst als Feministen bezeichnen – oder zumindest feministische Ideale teilen. Dennoch scheint es für viele geradezu unerhört zu sein, dass es Veranstaltungen gibt, zu denen sie, keinen Zutritt haben. Den meisten Aktivist:innen, so auch mir, platzt bei solchen Diskussionen die Hutschnur. Ich rufe uns die Situation noch einmal ins Gedächtnis: Ich diskutiere also mit einem vermeintlichen Feministen, der mir erklärt, dass das so, wie wir FLINTA* uns das ausgedacht haben, nicht läuft. Ladies, Gentlemen und alle dazwischen: Das ist astreines “mansplaining”, wie es im Buche steht, um mal eine weitere “woke” Begrifflichkeit in den brodelnden Hot-Pot zu werfen. (Heute lege ich es aber auch drauf an!)
Dass FLINTA*-Personen permanent aus irgendwelchen Räumen ausgeschlossen werden, etwa durch sexuelle Übergriffe oder diskriminierende Strukturen, scheinen die meisten nicht mitzudenken. Dass Mann, vor allem in der Ausführung weiß/cis, sich niemals daran gewöhnen musste, keinen Zutritt zu erhalten, merkt man an solchen Reaktionen noch einmal deutlicher. Er ist jedenfalls in der privilegierten Lage sich auszusuchen, ob er sich mit der Thematik beschäftigen möchte, während wir keine Wahl haben. Frage in die Runde: Wenn das alles so unproblematisch ist, in geschlechtsheterogenen Räumen, wo kommen dann all die FLINTA*s her, die sich nicht auf gemischte Jam-Sessions trauen oder nicht mehr in bestimmte Clubs oder auf Konzerte gehen, weil sie sich unwohl fühlen?
Der Mann ist kein Feindbild per se, zumindest für die meisten. Alle Männer, die das glauben, nehmen sich selbst zu ernst. Doch gibt es gute Gründe dafür, Räume nur für bestimmte Gruppen zu öffnen. Vor allem, wenn der Zutritt zu ihnen bisher verwehrt – oder erschwert wurde. Diese Schutzräume entstehen aus einer Notwendigkeit heraus und sollen die Gruppenangehörigen stärken und ihnen helfen, ein Selbstverständnis zu entwickeln, um daraus politische Forderungen zu formulieren. Sie sind dazu da, um sich in einer sicheren Umgebung ausprobieren zu können – ohne Bewertung und Verurteilung von außen- und um Selbstvertrauen zu entwickeln. Alles zu dem Zweck, mit Rückgrat in die Welt zu gehen, um dann die Türen irgendwann auch wieder aufzumachen. Würde oben genannter Feminist auch in ein Frauenhaus gehen in der Annahme, dass er dort willkommen sei, nur, weil er sich gegen häusliche Gewalt ausspricht? Das ist für mich die gleiche Logik – nämlich keine.
Auch, wenn ich mich als Mann mit feministischen Themen und Diskriminierung beschäftige und mich solidarisiere oder sogar selbst einer marginalisierten Gruppe angehöre, kann ich trotzdem immer nur “von außen” mitreden, da ich nicht die gleiche Lebensrealität teile. Wenn ich mich wirklich solidarisch verhalten will, respektiere ich, dass es Gründe dafür gibt, warum ich in manchen Fällen nicht erwünscht bin. Ohne, mich persönlich angegriffen zu fühlen. Auch, wenn ich anderer Meinung, selbst Feminist, homosexuell oder Professor in Gender-Studies bin.
Aber genau hierum geht es doch: nicht immer zu glauben, man(n) wüsste es besser, sondern zu akzeptieren, dass wir FLINTA* selbst gut genug wissen, was es braucht, um uns gegenseitig für die Welt da draußen stark zu machen. Uns in diesem Vorhaben zu bestärken, wäre ein wünschenswerter solidarischer Akt. Je eher das in allen Köpfen ankommt, desto kürzer müssen die Türen verschlossen bleiben.
Wanna feel old? – jeder kennt diese Fragestellung aus den Sozialen Medien. Es folgt meist ein Meme mit einem Ereignis, einer Begebenheit, die gefühlt im vergangenen Jahr passiert ist, in Wirklichkeit aber schon zweieinhalb Jahrzehnte auf dem Buckel hat. Zuweilen braucht es nicht mal eine Optik dazu. Wanna feel old? Mehr als geschlagene fünf Jahre ist es her, dass Kvelertak-Shouter Erlend Hjelvik die Band verließ und einige Zeit später, im Sommer 2018, Ivar Nikolaisen von The Good The Bad And The Zugly als Nachfolger des wuchtigen Eulenmanns verkündet wurde. Es ist wohl nicht zuletzt dem kulturell verrutschten Zeitkontinuum der Pandemie geschuldet, dass die innere Uhr hier etwas nachgeht. Wie viele andere Bands auch, erwischte es Kvelertak mitten auf der Tour. Einige Shows in Deutschland, anschließend in der Schweiz, es folgte ein abenteuerlicher Trip quer durch Europa, die Schlagbäume an vielen Grenzen senkten sich unnachgiebig, über Umwege erst konnten sie in ihre Heimat zurückkehren. Statt etlicher weiterer Shows folgte die stille Einkehr. Das neue Konstrukt der Band, das neben Sänger Ivan mit Håvard Takle Ohr seit 2020 zudem ein neuer Schlagzeuger komplettierte, zog sich umgehend in kreative Klausur zurück. Mit “Endling” erscheint nun das fünfte Album der Band. Aus Norwegen melden sich Gitarrist Vidar Landa und Drummer Håvard Takle Ohr zum Zoom-Talk.
Vidar, euer Debüt ist mittlerweile 13 Jahre her, wir haben uns zum ersten Mal vor zehn Jahren auf dem Reeperbahn-Festival getroffen, Ivar feiert als Sänger bereits sein fünfjähriges Jubiläum. Wie geht es dir angesichts solcher Zahlen?
Vidar Landa: Die Zeit rast zuweilen, man kann es nicht anders sagen. Das fiel umso mehr auf, als durch die Pandemie plötzlich nichts mehr ging und man zum ersten Mal aus diesem bestimmten Rhythmus geriet. Es war auf jeden Fall ein absolut wilder Ritt bis hierhin. [lacht] Das kann ich kaum abstreiten, was für ein Abenteuer, das Ganze.
Die Umbesetzungen bedeuteten zumindest personell den ersten großen Einschnitt in der Geschichte von Kvelertak, einer Band, die ihre unglaubliche Energie immer auch aus einem besonders engen Verhältnis untereinander gezogen hatte. Gab es damals Bedenken, was euren Fortbestand anging?
Landa: Eigentlich waren wir sehr zuversichtlich, dass das mit den neuen Bandmitgliedern alles funktionieren würde. Wir kannten uns schon ewig, wir haben uns früher sogar den Übungsraum geteilt. Wir wussten um die Fähigkeiten der beiden. Aber natürlich weißt du nie, wie die Fans reagieren. Mit “Splid” hatten wir aber ein sehr solides Album in petto, Mastodon nahmen uns mit auf Europa-Tour, und das Publikum empfang Ivar mit offenen Armen. Für mich ist er der beste Frontmann Norwegens, die perfekte Besetzung für diesen Posten. Am vergangenen Wochenende haben wir unsere bislang größte Show gespielt, beim Tons of Rock in Ekeberg vor 80.000 Leuten. Das ist schon verrückt für eine Band, die vor fünf Jahren eine Zeitlang nicht wusste, ob und wie es weitergeht. Wie schon gesagt:
Es war ein ziemlicher Ritt bis hierhin.
Håvard, du hast einige Zeit später Kjetil Gjermundrød am Schlagzeug abgelöst. Wie lief dein Einstieg in die Band?
Håvard Takle Ohr: Das ging sofort ab. Das Allererste, was wir bei meiner ersten Probe gemacht haben, war, einen neuen Song für “Splid” auszuprobieren. Ich meine, es war “Crack Of Doom”. Es gab keine Audition oder so. Ich habe einen Anruf bekommen und wurde gefragt, ob ich mitmachen möchte. Drei Wochen später haben wir zusammen neue Stücke gespielt.
Das klingt ungewöhnlich. Eigentlich schnappt man sich bei solchen Anlässen eher ein paar Klassiker aus dem Backkatalog zum Warmwerden.
Takle Ohr: Ja, das wäre der Normalfall. Aber wir kannten uns halt, die Jungs wussten, dass ich Schlagzeug spielen kann. Sie waren der alten Songs zu jenem Zeitpunkt wohl auch so ein bisschen müde, also war neues Material genau die richtige Grundlage, um anzufangen.
Vom Zeitpunkt der Veröffentlichung her hätte es dann kaum unglücklicher laufen können.
Landa: Im Februar 2019 war “Splid” fertig eingespielt und produziert, im Februar 2020 haben wir es veröffentlicht. Was dann passierte, ist bekannt. Das war für uns als Band natürlich schlimm, gleichzeitig hat das Album dadurch bei den Fans einen besonderen Status bekommen, einen ganz besonderen Stellenwert, weil sie es während des Lockdowns immer wieder zu Hause gehört haben.
Währenddessen habt ihr aus der Not eine Tugend gemacht und direkt mit der Arbeit am Nachfolger begonnen.
Landa: So schnell haben wir das noch nie gemacht. Damals war ja nicht klar, wie lange das alles dauern würde. Wir haben also neues Material geschrieben und sind relativ zügig zum Entschluss gekommen, dass wir diesmal statt wie zuletzt in den USA zu Hause in Norwegen aufnehmen würden.
Wie seid ihr bei der Produzenten-Entscheidung vorgegangen? Die Zusammenarbeit mit Kurt Ballou war immer sehr erfolgreich, diesmal sind es mit Jørgen Træen, Yngve Sætre und Iver Sandøy gleich drei Produzenten geworden.
Landa: In der Vergangenheit haben wir in Norwegen niemanden gefunden, den wir uns hätten vorstellen können. Als diesmal der Name Jørgen Træen fiel, schauten wir uns an und hatten denselben Gedanken: Warum sind wir darauf nicht schon früher gekommen? Jørgen ist ein sehr musikalischer Typ, er kommt aus der Metal-Szene, hat selbst in Bands gespielt und mit Yngve zusammen unter anderem Kaizers Orchestra produziert. Iver Sandøy spielt bei Enslaved, er arbeitet im selben Studio. Alle drei können gut mit Bands umgehen, sie kennen die Dynamik, die da vorherrscht. Und sie wissen genau, wie man den speziellen Sound einer Rockband herausarbeitet, da kam also eins zum anderen. Dazu muss man sagen, dass es bei sechs Leuten in der Band erfahrungsgemäß schwierig ist, Entscheidungen zu treffen; es gibt immer unterschiedliche Meinungen und etliche Diskussionen über alles Mögliche. Umso ungewöhnlicher war es, dass wir uns in dieser Frage sofort einig waren.
Kvelertak (Foto: Stian Andersen)
Die bandinternen Kontroversen finden auch im Pressetext Erwähnung. Was macht das Ganze schwierig? Sollte es nach so langer Zeit zusammen nicht etwas einfacher werden?
Landa: Was das Musikalische angeht, sind wir uns meist ziemlich einig, wo das Ganze hingehen soll. Gleichzeitig nehmen wir das alles sehr, sehr ernst. Kvelertak ist eine intensive Band, das hier ist unser Leben. Wir sind so eng miteinander verbunden, unsere Leben sind miteinander verknüpft. Es ist nun mal das Einzige, was wir tun: in dieser Band zu spielen. Selbst wenn wir nicht proben oder auf Tour gehen, sind wir aufeinander angewiesen. Das ist einerseits ein Arbeits- und Geschäftsverhältnis, gleichzeitig sind es echte Freundschaften, zum Teil sehr alte, zum Teil ganz neue. Wir sind allesamt sehr starke Persönlichkeiten, das ist also ein Umfeld, in dem es schon mal kompliziert werden kann.
Wohin sollte die Reise musikalisch gehen?
Landa: Wir wollten, dass die Produzenten unserem Album mehr Farbe, mehr Zwischentöne geben. Es sollte auf eine gewisse Weise anders werden, wir wollten, dass es wilder klingt. Wir sind entsprechend offen an die Sache herangegangen. “Splid” war ein so kompaktes, tightes Album, auf das wir sehr stolz waren. Dies ist unser neues Line-up und jetzt hört euch an, wie fantastisch es klingt, das war die Devise. Wir mussten uns also keinen Kopf machen, was die Qualität angeht. Wir fühlten uns völlig frei und dachten ganz einfach: Zurück an die Arbeit. Lasst uns Spaß zusammen haben und noch mehr Musik machen. Wir hatten ja alle Zeit der Welt und damit noch mehr Möglichkeiten, an den Songs zu basteln, an den Melodien. Zeit, um Gesangslinien zu entwickeln und an textlichen Konzepten zu arbeiten. Takle Ohr: Die Produktion dieses Albums war eine 180-Grad-Wende gegenüber “Splid”. Damals habe ich meist allein gespielt, wenn es hochkommt, vielleicht mit einem Gitarristen. Im Anschluss hat jeder seine Parts hinzugefügt. Diesmal haben wir alle zusammen gespielt, wir sechs bei dem Versuch, diese Songs von Anfang bis Ende gemeinsam durchzuspielen und dabei die besten Takes hinzubekommen. Das ist schon ein ziemlich gewagt, gerade im heutigen Metal und Hardrock, wo die Produktionen oft dermaßen strammgezogen und perfekt sind, bis ins kleinste Detail austariert. Für mich geht da viel an Persönlichkeit und Charakter verloren, das klingt manchmal fast klinisch. Alles muss 110-prozentig richtig sein. Wir wollten dem Ganzen unsere Musikalität entgegensetzen und es auf unsere Weise machen. Diese Songs atmen, sie haben einen eigenen Charakter. Zugleich ist das natürlich eine ziemlich stressige Arbeitsweise. Wenn du einen Song anzählst und weißt, dass du jetzt achteinhalb Minuten Musik vor dir hast, ist das echt eine Herausforderung. Ich bin stolz, wie wir das hinbekommen haben.
“Wir sind alle sehr starke Persönlichkeiten, das ist ein
Umfeld, in dem es schon mal kompliziert werden kann.”
Vidar Landa
Wie gehst du als Schlagzeuger so einen langen Track an?
Takle Ohr: Ich lasse mich einfach treiben, so funktioniert es für mich am besten. Kvelertak haben drei Gitarristen, da gibt es so viele Details und Feinheiten. In der Zeit, bis du bis Vier zählst, hat sich vielleicht schon wieder etwas geändert. Denk nicht zu weit voraus, konzentriere dich auf den nächsten Schlag.
Was die Songs angeht, habe ich das Gefühl: Die längeren sind komplexer als jemals zuvor, während die kürzeren so poppig sind wie noch nie bei Kvelertak.
Landa: Das stimmt. Es war Jørgens Idee, dass man auf diese Art in die Extreme gehen sollte und alles etwas übertreiben könnte. Die Popsongs sollte man auch wirklich so belassen, bei den komplexen Stücken aber so richtig auf die Kacke hauen. Das ist seine Art, Musik zu denken, er hat da einen cineastischen, fast psychedelischen Ansatz. Weißt du, wir haben drei Wochen zusammen in einem Haus in Bergen gelebt, nur wir und die Produzenten. Es gab keine Ablenkung, niemand musste seine Kids sonst wo abholen oder irgendeinen privaten Termin wahrnehmen. Wir konnten im Prinzip 24 Stunden am Tag arbeiten. Das ergibt eine spannende Atmosphäre, alle waren total fokussiert. Und wenn es mal zu kribbelig zwischen uns wurde, dann konnte einer der anderen Produzenten übernehmen und die Wogen wieder glätten.
Bei den Texten geht es um geheimnisvolle Geschichten und sagenumwobene Gestalten, die allein im Wald gelebt haben. Wer etwa den von euch erwähnten Namen Helmut von Botnlaus googelt, findet nicht viel heraus.
Landa: Da muss man sich in die alten Archive Norwegens begeben, um fündig zu werden. Er kommt aus der Gegend, in der Ivar aufgewachsen ist, von Ivar stammen auch die meisten Texte. Die Leute dort sagen, er sei 2020 zum letzten Mal gesehen worden. Wir haben ja auf “Splid” schon damit begonnen, seltsame Geschichten aus unserem Umfeld zu erzählen. Als ich begann, mich mit Ivar über das inhaltliche Konzept zu unterhalten, waren die Nachrichten voll mit Corona. Wir wollten es inhaltlich etwas zeitloser angehen. Wir wollten, dass die Leute die Texte lesen und darin Dinge entdecken, von denen sie nie etwas gehört haben. Nicht die bekannten Sagen, sondern Geschichten aus der Gegend, in der wir groß geworden sind und aus der auch Helmut stammt. Eine handelt von einer kleinen Community, die aus drei verschiedenen Sekten besteht, die sich völlig zurückgezogen haben. In den Texten geht es dabei immer auch um universelle Themen, um Liebe und Hass, um Beziehungen, aber eben nicht mit Blick auf irgendwelche Stoffe, mit denen man in Netflix-Serien bombardiert wird. Es geht um uns, um Storys, die noch nicht mal in Norwegen sehr bekannt sind. Auf diese Weise wird daraus etwas Einzigartiges, das hat großen Spaß gemacht. Wir lieben es zu reisen, ich bin gern in der Nationalbibliothek in Oslo, stöbere in Online-Archiven – ich habe nicht zufällig Geschichte studiert. Es ist cool, das jetzt mit unserer Musik zu verbinden. Da könnte ich mich stundenlang drüber unterhalten.
Vielleicht wäre diesmal ein Albumbeileger mit englischen Übersetzungen sinnvoll.
Landa: Gute Idee, das könnte ein Plan sein. Es wird aber zunächst einmal Liner Notes zu jedem Song geben, damit man die Texte besser versteht. Später wird dann vielleicht noch mehr passieren.
Im Dezember wird Corey Taylor 50 Jahre alt, seit mittlerweile 25 Jahren steht er mit Slipknot auf der Bühne steht – dass das Tourleben ihn in den vergangenen Jahrzehnten körperlich beansprucht hat, scheint da wenig überraschend. Anfang Juli hatte er sich bereits zu einem möglichen Ausstieg bei Slipknot geäußert und erklärt, dass er “vielleicht noch fünf Jahre auf Tour” gehen könne: “Wenn die Qualität nachlässt, weiß ich, dass es an der Zeit ist, es abzugeben […]”. Nun wurde der Sänger in einem Interview gegenüber Rock Feed konkreter: “Ich habe bereits gesagt, dass ich körperlich vielleicht noch fünf Jahre vor mir habe, aber gleichzeitig bemühe ich mich sehr, auf mich aufzupassen.” Weiter führt er aus: “Den Leuten ist das nicht klar, aber wenn ich gehe, habe ich fast ständig Schmerzen.”
Auch das ständige Reisen befördere einen ungesunden Lebensstil: “Die Leute verstehen das einfach nicht. […] Es gab Zeiten, da sind wir von der Bühne runter und direkt zum Flughafen gefahren und ausgeflogen. Wir haben nicht vor sieben Uhr am nächsten Tag geschlafen. Und jetzt sind wir einfach alle erschöpft”, so Taylor.
Allerdings hat er bereits vor zwei Monaten betont, dass das nicht das Ende von Slipknot bedeuten würde, da er sich um einen Nachfolger kümmern würde. Schließlich sei die Band schon immer “größer als die Summe ihrer Einzelteile gewesen” und hätte auch nach dem Tod von Bassist Paul Gray und dem Ausstieg des mittlerweile ebenfalls verstorbenen Joey Jordison stets weitergemacht. Und auch ein Ende als Solokünstler scheint noch lange nicht in Sicht, wie er mit der neuen Single “We Are The Rest” und dem dazugehörigen Video beweist. Darin kann man dem US-Musiker bei der Arbeit im Studio zusehen – und kriegt einen Einblick in die hier scheinbar noch ungebremste Energie des Sängers.
Mit “CMF2” erscheint dieser Woche das neue Soloalbum des Slipknot-Frontmanns, das weiterhin vorbestellt werden kann. Taylor hatte in den vergangenen Wochen daraus bereits die Singles “Beyond”, “Post Traumatic Blues” und “Talk Sick” ausgekoppelt.
Jay Ruston (u.a. Anthrax, Steel Panther, Amon Amarth), der schon an Stone Sours “Hydrograd” und an Taylors erster Soloveröffentlichung “CMFT” beteiligt war, hat das kommende Album produziert. Mit Slipknot hatte der Sänger im September 2022 das Album “The End, So Far” veröffentlicht – danach hatte die Band sich von ihrem langjährigen Label Roadrunner getrennt.
Dem Publikum desPunk Rock Holiday im slowenischen Tolmin scheint es im vergangenen Jahr wieder einmal so gut gefallen zu haben, dass beim soeben gestarteten Vorverkauf fürs kommende Festival bereits um die 500 Tickets in den ersten zehn Minuten über den digitalen Tresen gingen.
Punkrock-, Folk-Punk- und Hardcore-Bands wie Pennywise, Dropkick Murphys, Me First And The Gimme Gimmes und Agnostic Front feierten im vergangenen Jahr zusammen mit ihren Fans in der Menge oder auf der Bühne. Meist gibt es – zur Freude dieser – keine Bühnengräben oder Wellenbrecher. Und auch der anliegende See und morgendliche Yogakurse in der bewaldeten Natur verleihen dem Punk Rock Holiday seinen Urlaubscharakter. Kein Wunder also, dass Pennywise-Frontmann Jim Lindberg direkt vom “best fucking festival in the world” spricht.
Bislang steht noch kein Line-up für das Festival fest. Das Punk Rock Holiday stellt auf seiner Website alle Informationen zur Verfügung. Tickets der ersten Phase können noch über den Ticketshop für rund 180 € erworben werden.
AC/DC teilen ein Snippet ihrer aktuellen Rehearsals – den ersten seit ihrer bislang letzten Tour im Jahr 2016. Für das anstehende Power-Trip-Festival wird Matt Laug (u.a. Alice Cooper, Alanis Morissette) die Hardrock-Legenden anstelle von Phil Rudd am Schlagzeug unterstützen. Außerdem nimmt Cliff Williams wieder seinen Bass für die Band in die Hand.
Mit ihrem bislang letzten Album “Power Up” feierten AC/DC 2022 ihr Comeback. Nach dem Ende ihrer Welttour zu “Rock Or Bust” (2014) hatten sie sich 2016 entschieden, eine Pause einzulegen. Williams hatte nach der Tour angekündigt, “in Rente zu gehen” und veröffentlichte ein Abschiedsvideo. Schließlich beteiligte er sich jedoch dennoch an “Power Up”.
Im Juni dieses Jahres spielte Singer/Songwriter Sam Fender zwei Konzerte im St. James’ Park in seiner Heimatstadt Newcastle und holte für gesangliche Unterstützung bei “Back In Black” und “You Shook Me All Night Long” AC/DC-Frontmann Brian Johnson auf die Bühne.
Das Power-Trip-Festival findet vom 6. bis 8. Oktober im Empire Polo Club in Indio, Kalifornien statt. Neben AC/DC treten an dem Wochenende Judas Priest, Guns N’ Roses, Iron Maiden, Metallica und Tool auf. Auch Ozzy Osbourne war ursprünglich für das Festival angekündigt gewesen, musste jedoch bereits im Juli aus Gesundheitsgründen absagen.
Gleich drei bislang unveröffentlichte Outtakes aus den “Dookie“-Aufnahmesessions haben Green Day vergangene Woche geteilt: “Walking The Dog”, “409 In Your Coffeemaker” und “Christie Road”. Zum 30. Geburtstag des Erfolgsalbums veröffentlichen die Punk-Rock-Titanen Ende des Monats eine Reissue mit zahlreichen bislang unveröffentlichten Demos und Liveaufnahmen.
Mehrfach gecovert ist das erste Stück: “Walking The Dog” ist im Original von Rufus Thomas, Green Day sollen sich musikalisch jedoch an dem Cover der Rolling Stones orientiert haben. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1993 und wird mit dem Sound einer Bong eingeläutet – ob es sich um eine echte Bong handelt, lässt sich nur spekulieren.
Außerdem veröffentlichte die Band “409 In Your Coffeemaker” und “Christie Road”. Letzterer existierte bereits 1991 zur Veröffentlichung von “Kerplunk!“, der Outtake wurde jedoch bislang nie veröffentlicht.
1994 feierten Green Day mit “Dookie” ihren weltweiten Durchbruch. Heute zählt es zu den weltweit meistverkauften Musikalben. Die Jubiläums-Reissue erscheint am 29. September und kann in verschiedenen Ausführungen über den offiziellen Bandshop vorbestellt werden.
Als wäre es um 20 Uhr mit 30 Grad im Schatten nicht heiß genug, tritt The Story So Far-Sänger Parker Cannon im Hoodie und langer Baggy-Jeans auf, um das Publikum noch weiter aufzuheizen. Ziemlich erfolgreich. Abgesehen vom viel zu hallenden Sound in der Lanxess Arena reißt die 2007 gegründete kalifornische Pop-Punk-Band den Laden mit Hits wie “Nerve” und einem Cover von Millencolins “No Cigar” ab. Zwischendurch beweist Cannon noch, dass er ein paar Worte Deutsch auf Lager hat: “Alles klar?”, fragt er und bekommt schallenden Applaus dafür. Gegen Ende des Sets entsteht ein harmonisches Bild mit einem kurzen Reggae-Exkurs und einem Ausschnitt aus “Could You Be Loved” von Bob Marley – schon hier werden an der einen oder anderen Stelle die Feuerzeuge und Handylampen in die Höhe gehievt.
Das Material von “Take Off Your Pants And Jacket” darf nicht fehlen: Blink-182 (Foto: Kirsten Otto)
Mit dem Auftakt von Blink-182 dürften Stanley-Kubrick-Fans doppelt abgeholt werden: Mit einer Hommage an “2001: Odyssee im Weltraum” startet die Band ihr Set. Bläser, Pauke – mit Richard Strauss’ pompösem Klassik-Evergreen “Also sprach Zarathustra” erscheint das Blink-182-Logo Stück für Stück wie ein aufgehender Vollmond auf der Videoleinwand im Hintergrund der Bühne. Ansonsten ist die Arena komplett düster. Nach diesem Auftakt nimmt die Show Fahrt auf. Es wird heiß im Raum. Umgeben von Pyrotechnik aller Art locken Blink-182 mit “Anthem Part Two” alle Menschen aus ihren Verstecken, die sich vorher vielleicht noch draußen ein Bier gegönnt haben. Der Saal ist voll, die ersten größeren Moshpits bilden sich, Leute mit Sitzplätzen stehen vor ihren Stühlen.
Der abtrünnige UFO-Gläubige Tom DeLonge (links) ist wieder Teil von Blink-182 (Foto: Kirsten Otto)
Zu Beginn von “Violence” spielt Travis Barker ein Solo als Einstieg. Man schmeißt ihm ein Handtuch über den Kopf. Er tobt sich – umgeben von Flammen rund um sein Set – blind und on-point an Schlagzeug aus. “Happy Holidays”, “You Bastard!” wird gleich zweifach gespielt: in normaler Länge – und dann in Travis’ Tempo. Die Bühne bebt, die Flammen sprießen. Als wäre all das nicht genug, schwebt ab “Down” das Schlagzeug samt Barker.
Feuerwerk und Pyro-Show – Blink-182 heizen die Lanxess Arena auf (Foto: Kirsten Otto)
Nach “Bored To Death”, das eigentlich nicht Teil der Setlist war, wird der ganze Saal kurz wieder in die Teenager-Zeit katapultiert. “I Miss You” transportiert den Raum in die Emo-Jugend. Umgeben von hellblauem Licht, Lasern und Nebel von der Decke bis auf den Boden, entsteht ein Gefühl, als wären die Anwesenden gerade Teil eines Tim Burton-Klassiker – als wäre jede:r kurz Jack oder Sally aus “A Nightmare Before Christmas”. Im Chor grölt sich der Saal das Herz aus dem Leib: “Where are you?” und übertönt damit DeLonges Stimme.
Hat vorerst den Krebs besiegt: Mark Hoppus wird vor “Adam’s Song” emotional. (Foto: Kirsten Otto)
Zwischen vielen Fuck-yous und Shut-ups wird es vor “Adam’s Song” emotional, als Mark Hoppus darüber spricht, welche Bedeutung der Song für ihn hat. Er erzählt davon, dass er den Song schrieb, als es ihm wirklich schlecht ging und er ihm sein Leben rettete, als er 2021 an Lymphdrüsenkrebs erkrankte: “Ich wusste nicht, ob ich noch hier sein würde. Und jetzt sind wir heute Nacht hier. Und dieser Song, diese Band und ihr alle habt mein Leben ein zweites Mal gerettet. Dieser Song handelt davon, ein Licht in der Dunkelheit und den härtesten Zeiten zu finden. Er ist für jeden einzelnen von euch. Ich liebe euch alle.”
Die letzten Bands für das Line-up des diesjährigen Angst Macht Keinen Lärm Festivals stehen fest: Dead Years, No Waves, The Sensitives und Tränen ergänzen die übrigen sieben Bands des Tages mit Punkrock, Surfrock und Synthpop. Dead Years etwa veröffentlichten ihr bislang einziges, selbstbetiteltes Album im vergangenen Jahr. Bei Bekanntgabe der vorletzten Bandwelle war das Festival noch nicht ausverkauft, seit nunmehr zwei Wochen gibt es keine Tickets mehr.
Die sechste Ausgabe des Angst Macht Keinen Lärm Festivals findet diese Woche im Schlachthof Wiesbaden auf insgesamt drei Bühnen statt: Einer Hauptbühne, einer Open-Air-Bühne und einer Bühne im benachbarten Kesselhaus für ein “Aftershow-Konzert”. Weitere Bands, die auf dem Festival spielen, sind unter anderem Cava, Pascow und Turbostaat. Das Festival öffnet um 13 Uhr seine Türen, die erste Band spielt um 14 Uhr. Welche Band um wie viel Uhr spielen wird, werden die Veranstalter:innen erst zum Festivalstart auf dem Gelände selbst bekannt geben.