Im Juli 2016 veröffentlichte US-Autor Blake Crouch seinen Roman „Dark Matter“. Sein Titel bezieht sich auf die Dinge, die wir nicht sehen können, etwa wie die Dunkle Materie im Weltall. Oder die Mysterien, die potenzielle Paralleldimensionen uns vorenthalten. Angefixt wurde Crouch von der Theorie der Superposition von Teilchen in der Quantenmechanik – und dass diese Teilchen in einer Überlagerung von Zuständen existieren können. Das Gedankenexperiment hat als „Schrödingers Katze“ längt einen überraschenden Grad an Popularität gewonnen, denn es ist verlockend zu überlegen: Was wäre, wenn?
In „Dark Matter“ ist Jason Dessen (Joel Edgerton) derjenige, der das „Was wäre, wenn?“ erforscht. Doch irgendwann gibt er seine Forschungen auf, heiratet mit Daniela (Jennifer Connelly) die Liebe seines Lebens und hat mit ihr einen Sohn, den Teenager Charlie. Dessen ist Physikprofessor an der Uni und erzählt seinen desinteressierten Studenten mittlerweile von Schrödingers Katze. Dabei war einst seine Idee, wie es wäre, ein Lebewesen in Superposition zu bringen und die unendlichen Möglichkeiten zu erforschen.
Als Dessen eines Abends ausgeht, um die Forschungsförderung seines ehemaligen Studienkollegen Ryan Holder (Jimmi Simpson, „Westworld“) zu feiern, schafft er es nicht nach Hause. Er wird von einem maskierten Mann gekidnappt, unter Drogen gesetzt, und als er wieder zu sich kommt, ist er in einer Forschungseinrichtung. Und alles hat sich verändert. Bald stellt Dessen fest, dass er von einem anderen Ich aus einer parallelen Dimension entführt wurde – denn das andere Ich hat eine Apparatur entwickelt, um Menschen in Superposition zu versetzen. Und während der entführte und in einer anderen Realität ausgesetzte Jason versucht, in seine Welt zurückzukommen, bemüht sich der andere Jason darum, sich mit dem vermeintlich besseren Alltag eines Fremden zu arrangieren.
Was folgt, ist ein Rennen gegen die Zeit und eine teils irre Reise durch die Dimensionen. Das Gedankenexperiment wird dabei kurios und kreativ ausgeschlachtet. Doch wie im atemlos geschriebenen Roman sollte man nicht alles zu sehr hinterfragen. Dafür ist das Thema du die Möglichkeiten am Ede zu komplex. Worauf die Serie trotz aller Science-Fiction- und Thriller-Elemente viel Wert legt, ist das Zwischenmenschliche, die Liebe von Dessen zu seiner Frau. Joel Edgerton, der Dessen doppelt (bis zigfach) verkörpert, nimmt man die Verzweiflung ab, Dimensionen von seiner Liebe getrennt zu sein – der Person, wegen der er nicht der geniale Forscher geworden ist. Das bleibt über die Länge von neun Folgen – bei denen Crouch als Showrunner, Produzent und Drehbuchautor mitgewirkt hat – mitreißend und spannend und ist immer wieder herrlich „mind-boggling“.