Für VISIONS 196 haben wir uns mit Moby im Juli 2009 über seine Leidenschaft unterhalten.
Wenn es im Film eine Scrabble-Szene gibt, wird sich darin meist komisch darüber gestritten, ob es ein bestimmtes Wort nun gibt oder nicht. Das ist dann auch alles, was der Laie über Scrabble weiß. Passiert so etwas wirklich?
Moby: Schon. Heute ist es allerdings dank des Internets wesentlich leichter, das zu überprüfen. Ich kann mich aber auch noch an diese Streitgespräche erinnern, bei denen dann irgendwann die Wörterbücher heraus gekramt wurden. Inzwischen hat jeder ein Scrabble-Lexikon auf seinem Blackberry.
Es gibt ein Scrabble-Lexikon?
Ja, zumindest auf Englisch. Ein Riesending mit teilweise merkwürdigen Einträgen.
Ich habe mal gehört, es gäbe auch Listen mit zwei- oder dreibuchstabigen Wörtern, die sich Scrabble-Spieler vorher reinpauken wie Vokabeln.
Ja, stimmt. Sich die zweibuchstabigen Wörter zu merken, ist tatsächlich ziemlich praktisch. Von den dreibuchstabigen gibt es aber schon so viele, dass ich noch nie jemanden getroffen habe, der die alle auswendig kennt.
Hast du schon mal ein Turnier gespielt?
Nein, ich spiele eher mit meinen Freunden. Früher hat man Scrabble in der Regel vielleicht ein Mal pro Jahr gespielt. Niemand hat es besonders ernst genommen. Aber in den letzten zehn Jahren haben plötzlich alle damit angefangen. Es ist ein seltsames Phänomen: Die Menschen kaufen sich Bücher über Scrabble, infizieren ihren Freundeskreis damit und spielen es sogar online. Ich genauso. Ich habe mich nur deshalb bei Facebook angemeldet, damit ich online Scrabble spielen kann. Und es ist merkwürdig, wie konkurrenzbewusst die Leute geworden sind. Im Moment spielt wirklich jeder meiner Freunde Scrabble; das Spiel ist nicht mehr länger nur für Nerds. Obwohl – vielleicht doch. Die meisten meiner Freunde sind ziemliche Nerds.
Gefällt es dir, dass Scrabble inzwischen wettkampfähnlicher geworden ist?
Nicht unbedingt. Vor ungefähr fünf Jahren gab es mal eine Zeit, in der ich unglaublich viel Scrabble gespielt habe und wir es mit dem Gewinnen wollen etwas übertrieben haben. Da hat es aufgehört, Spaß zu machen. Die Leute fingen an, sich zu streiten; dabei ist es trotz allem bloß ein Spiel. Dieser kämpferische Aspekt gefällt mir also nicht so gut, aber ansonsten macht mir Scrabble sehr viel Spaß. Und ich merke, dass es gut für mein Gehirn ist. Für mein Erinnerungsvermögen.
Merkt man, dass man besser wird bei Scrabble?
Definitiv. Ich habe einen Freund namens Damien; er ist vielleicht der beste Scrabble-Spieler, den ich kenne. Der hat vor etwa zehn Jahren angefangen, ohne besonders gut zu sein. Wenig später hatte er eine Beziehung, in der seine Freundin und er wenig zum Reden hatten, und da haben sie stattdessen wie die Wahnsinnigen Scrabble gespielt. Am Ende hat es keinen Spaß mehr gemacht, gegen ihn anzutreten.
Also muss man sich Leute auf seinem Leistungsniveau suchen?
Ja, aber das ist ja bei Sport auch so. Als Tennisspieler will man ja auch nicht sofort gegen einen Weltklassemann spielen, und genauso wenig gegen einen blutigen Anfänger. Der Gegner sollte immer nur ein bisschen besser sein.
Was ist das Beste an Scrabble?
Das Tollste ist, wenn man all seine sieben Buchstaben verwendet. Das nennt sich ein “Bingo” und ist 50 Extra-Punkte wert. Wenn man das geschafft hat, ist das super, aber es kommt selten vor.
Selten? Also ein Mal in Jahr?
Na ja, eher einmal alle drei Spiele. Wobei richtig gute Scrabble-Spieler darauf aus sind, dich zu blockieren, damit dir eben das nicht gelingt.
Aha – die Strategie ist also auch wichtig.
Ja, Scrabble ist eigentlich ein Strategiespiel. Es macht allerdings weniger Spaß, wenn alle ständig versuchen, sich gegenseitig zu blockieren.
Kannst du dich an dein ausgefallenstes Wort erinnern?
Ja. Im Englischen haben die meisten Worte, die mit “Q” beginnen, ein “U” an zweiter Stelle. Es gibt vielleicht zehn Ausnahmen, die meisten davon arabischen Ursprungs. Eins meiner Lieblingswörter ist “Qindar”.
Und was bedeutet das?
Keine Ahnung! (lacht) Aber das ist bei Scrabble auch nebensächlich. Einer meiner besten Scrabble-Momente war, als zwei “I” nebeneinander standen und ich mit einem einzigen “Q” das Wort “Qi” gleich zweimal legen konnte. Das waren 62 Punkte mit einem einzigen Buchstaben für mich – und meine Mitspieler waren ganz schön angefressen!
Gibt es eigentlich so etwas wie den stereotypischen Scrabble-Spieler?
Zumindest in Amerika. Ich würde sagen, der typische Scrabble-Spieler ist der typische NPR-Radiohörer. Dazu gehört, dass man Obama gewählt hat, umweltbewusst ist und womöglich Vegetarier. Sehr nerdy und tendenziell eher liberal gesinnt.
Gibt es dafür einen Grund?
Ich sag mal: Die coolen Typen würden abends eher Football gucken, statt Scrabble zu spielen. Andererseits ist das Spiel wie gesagt weniger nerdy geworden. Wobei meine Vorstellung von “weniger nerdy” für die meisten anderen Menschen wahrscheinlich immer noch ganz schön nerdy ist.
Inwiefern?
Ein Beispiel: Weniger nerdy sind Leute, die sich jetzt den neuen “Star-Trek”-Film angucken gehen. Echte Nerds aber lesen alle “Star-Trek”-Bücher, gehen auf “Star-Trek”-Conventions und unterhalten sich darüber, wie sich der neue “Star-Irek”-Film zu den Originalfolgen der Serie verhält. Also ziemlich Hardcore. Eine coole Person sieht sich “Star Trek” mit seiner hinreißenden Freundin an, geht anschließend auf ein paar Drinks aus und hat danach tollen Sex. Ein Nerd wie ich geht da mit seinen anderen Nerd-Freunden hin und unterhält sich anschließend stundenlang über Details.
Also eher keinen Sex?
Na ja – jedenfalls nicht nach “Star Trek”.