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Visionäres aus dem Schlafzimmer

Wer das Wechselbad der Gefühle sucht, findet James Blake. Auf seinem sechsten Album stellt der Soundtüftler seinen markanten, außergewöhnlichen Gesangsstil hinten an, erhebt sich vom Keyboard und bedient die virtuellen Knöpfe digitaler Oszillatoren. Das Ergebnis auf “Playing Robots Into Heaven” (Republic, 08.09.) sind dicke Beats, anachronistische Rhythmen und – wie immer bei Blake – der Hauch von etwas Visionärem. Nachdem er zuletzt ein mit Hilfe von KI gestricktes und als Einschlafhilfe gedachtes Ambient-Album veröffentlichte, beschreitet er damit eine 180-Grad-Wende. Wenn er hier hellwach durch den Beat-Katalog von Missy Elliott streift und fremder Leute Stimmen sampelt, ist das in seinem Werk zwar ein wenig die Rückkehr zu seinen elektronischen Wurzeln, Druckluftnummern, allen voran “Big Hammer”, forcieren allerdings ein ungekannt deftiges Stakkato. Noch fetter wird es diesen Monat nicht.

Auch dann nicht, wenn der Shoegaze von Echo Ladies auf “Lillies” (Rama Lama, 08.09.) durchaus angenehm aufdreht und sich beim Tempo gelegentlich in Raserei verliert. Ein Song wie “Getting On Me” hat in dieser Hinsicht die Nase vorn und taugt mit seiner Vorwurfshaltung doch nicht recht fürs nächste Speed-Dating. Das Dreampop-Trio aus Malmö wechselt gekonnt die Dringlichkeiten und changiert selbstbewusst zwischen The Jesus And Mary Chain und Slowdive. Vor allem die Stimme von Frontfrau Matilda Bogren ähnelt in nebelverhangenen Stücken wie “Dirty Dancing” häufig Rachel Goswell. Den ein oder anderen sterilen Drumcomputer und gelegentlich aufdringlichen Synthesizer hätte es dafür gar nicht gebraucht.

Dafür weiß Anna Brønsted alias Our Broken Garden (Foto) nur zu gut, was sie nicht länger gebrauchen kann. Trotzdem lässt die Efterklang-Keyboarderin ihre überwundene emotionale Tour de Force der vergangenen Jahre mit “Blind” (Bell Union, 25.08.) konservieren. Als sie erfuhr, dass sie keine Kinder bekommen könne, stürzte sie in eine existenzielle Krise, aus der sie das Kernstück des Albums machte. “Rain” ist ein Song über den Beinahe-Verlust eines ungeborenen Kindes aus der Perspektive der Eltern, den sie zusammen mit US-Sänger John Grant aufnahm. Tief in Moll getränkt, ist der Rest der Platte kaum weniger bedrückend, auch wenn Brønsted inzwischen glückliche Mutter einer zweijährigen Tochter ist.

Ungleich leichter geht Becca Mancari ihr drittes Album “Left Hand” (Captured Tracks, 25.08.) an. Spätestens beim zweiten Song macht sie keinen Hehl daraus, dass sie sich im Dunstkreis des Bedroom-Pop aus Tennessee bewegt. Bei “Over And Over” stimmt mit Julien Baker folgerichtig eines der Aushängeschilder der Szene ins Mantra der guten Gefühle ein: “There is something to the feeling/ Head hanging out of the window/ Being ok that we don’t know/ We can have it like we used to, over and over again.” Die Songs sind von Congas, Shakern und mit Disko liebäugelnden Basslinien unterfüttert. Das hat mitunter mehr Subversionspotential, als man zunächst glauben mag. Wie sonst würde man das nennen, was Mancari als queere Popsongs mit Fleisch auf den Knochen bewirbt?

Da würde wohl auch Stephen Steinbrink zustimmen. Der gelernte Glaser und Laienmönch domestiziert auf “Disappearing Coin” (Western Vinyl, 18.08.) schließlich eine Mischung aus Kunst und Spiritualität, die in einer herrlichen Art von Selbstvergessenheit resultiert. Mehrstimmigkeit nach dem Vorbild von Crosby, Stills & Nash ergeben feinsinnigen Folk, der der Leichtigkeit des Seins mehr abzuringen vermag als den Leiden. Wer bei “Cool And Collected” nicht wenigstens mit den Fingern schnippt, findet Regenwetter generell angemessen und Wacken nur im Schlamm wirklich attraktiv.

Pits, Punk & Politik

Die fand ebenfalls auf dem Gelände des Wiesbadener Schlachthofs statt, womit das Angst macht keinen Lärm für seine sechste Ausgabe erstmals nicht weiterzieht und nach Stationen in Trier, Leipzig, Potsdam und Dresden vorerst eine feste Heimat gefunden hat. Unverändert bleibt auch die Identität des Festivals: an der Gästeliste wird um eine Spende an Pro Asyl gebeten und das Festivalgelände wird von einigen Infoständen gesäumt. Auch musikalisch bleibt sich das Festival treu: die Headliner-Riege besteht wie immer aus Pascow, Turbostaat und Love A und wird von zahlreichen, vornehmlich im Punk angesiedelten Bands aus der D-A-CH-Region sowie einer internationalen Band ergänzt. Schön zu sehen ist zudem das gestiegene Bewusstsein für Diversität im Line-up.

Wie bisher gibt es den Timetable für alle Besucher:innen erst vor Ort. Dead Years aus Bielefeld starten den Tag auf der Open-Air-Bühne. Die brütende Sonne lastet nicht nur auf allen im Publikum, auch das Trio muss der Hitze Tribut zollen und richtet das Wort nur selten an die Menge. Ihr Post-Punk’n’Roll macht die hohen Temperaturen erträglicher. Schutz vor der Hitze bietet die zu diesem Zeitpunkt noch kühle Halle des Schlachthofs. Dort steht die Hauptbühne, die Nowaves aus Dresden mit ihrem New-Wave-Punk eröffnen.

The Sensitives, Angst macht keinen Lärm (Foto: Lina Welsch)
Die internationalen Gäste: The Sensitives aus Schweden (Foto: Lina Welsch)

Ein erstes Highlight sind anschließend Waumiau. Das Quartett aus Düsseldorf spielt teils sich in Hardcore überschlagenden Punk und geht in seinen rasend kurzen Songs etwa der “Lindner Jugend” an den Kragen. Das setzt auch beim Publikum Energie frei, was dieses mit dem ersten Moshpit des Tages quittiert. Ab dem späten Nachmittag legt sich eine dicke Wolkendecke über Wiesbaden. Die passende Melancholie liefern Berlin 2.0 aus Stuttgart mit ihrem an Turbostaat erinnernden Post-Punk. Das Quintett wird als erste Band des Tages in seinen Ansagen auch mal etwas politischer und fordert dazu auf, nicht immer nur “Nazis raus” zu rufen, sondern auch auf die Leute zu achten, die mit einem am Tisch sitzen und Gefahr laufen, in rechte Sphären abzurutschen.

Love A, Angst macht keinen Lärm (Foto: Lina Welsch)
Trotz Erkältung gut bei Stimme: Jörkk Mechenbier von Love A (Foto: Lina Welsch)

In der Halle liefern Tränen um Kraftklub-Gitarrist Steffen Israel wenig später einen Exkurs in die NNDW (Neue Neue Deutsche Welle). Das live als Trio auftretende Duo covert “Denkmal” von Wir sind Helden, während Sängerin Gwen Dolyn stimmlich immer wieder an Nina Hagen erinnert. Am frühen Abend stehen Love A auf der Bühne der erstmals komplett gefüllten Halle. Gut für den erkälteten Jörkk Mechenbier, der nach dem Opener “Nachbarn II” das Publikum um Unterstützung bittet, die er auch bekommt. Der Frontmann ist jedoch auch angeschlagen eine Stimmgewalt – was er unter anderem im Pascow-Cover “Too doof to fuck” unter Beweis stellt.

Turbostaat, Angst macht keinen Lärm (Foto: Lina Welsch)
Geben Gas: 22 Songs in 80 Minuten – Turbostaat mit Sänger Jan Windmeier (Foto: Lina Welsch)

Nachdem The Sensitives aus Schweden mit ihrem Mitgröl-Punk die Open-Air-Bühne beschließen, heizen Turbostaat in 80 Minuten durch 22 Songs, darunter alle Hits der 24-jährigen Bandgeschichte. Politische Statements gibt es mit “Rattenlinie Nord” und “Abalonia” in musikalischer Form. Selten dürfte eine derart große Menge die Songs der Band aus Husum so inbrünstig mitgesungen haben, wofür sich Sänger Jan Windmeier am Ende mit einem mit seinen Händen formenden Herzen bedankt.

Pascow, Angst macht keinen Lärm (Foto: Lina Welsch)
Die Headliner Pascow mit Gastsängerin Hannah Landwehr. (Foto: Lina Welsch)

Auch Pascow bringen es in 80 Minuten auf 22 Songs. Sänger und Gitarrist Alex Thomé rennt dabei wildgeworden über die Bühne und wirft sich nicht nur einmal ins Publikum. Dabei beweist die Band aus Gimbweiler, dass sie inzwischen eine riffgetriebene Hitmaschine ist, denn bei nahezu jedem Song herrscht im Publikum ein Gleichgewicht aus Moshpits und lauten Chören. Unterstützung bekommen Pascow zudem bei zahlreichen Songs von Sängerin Hanna Landwehr, die die Akustikballade “Wunderkind” sogar allein vorträgt. Zusammen mit Mechenbier covern Pascow “Spraypaint The Walls” von Cüntsler, ehe sie mit “Trampen nach Norden” mehr als 2.000 Besucher:innen nach über zehn Stunden Musik erschöpft, aber mit vollem Herzen in die Nacht entlassen.

Eastwood am Apparat

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In seiner Radio-Sendung Énergie machte Jason Rockman, Frontmann der Nu-Metal-Band Slaves On Dope, einen Scherzanruf bei Donald Trump, um sich als Schauspieler Clint Eastwood auszugeben. Teil des Streichs beim Radiosender CKMF-FM im kanadischen Montreal war auch sein Co-Host Sébastien Trudel.

Trump glaubte, dass Eastwood ihn kontaktiert hatte, um ihm seine Unterstützung bei seinen Auseinandersetzungen mit dem Gesetz anzubieten. Der Ex-US-Präsident rief daher in Montreal an und wollte unbedingt, dass Journalisten bei dem Gespräch anwesend sind, so Trudel.

Trump erwähnte zu Beginn des Gesprächs allerdings, dass der vermeintliche Clint sich anhöre, als wäre er etwa 30 Jahre alt, fuhr dann aber unbehelligt fort: “Es ist mir eine Ehre, wieder mit Ihnen zu sprechen.” Trump sprach dann über die derzeitige Beziehung der USA mit Russland und über die vermeintlich hohe Zustimmung der US-Bevölkerung, die er trotz der Anklagen genießt: “Ich muss der einzige Mann sein, der jemals angeklagt wurde, und meine [Umfragewerte] sind um 25 Prozent gestiegen. Das ist noch nie passiert. Normalerweise heißt es: ‘Meine Damen und Herren, ich werde heute zurücktreten.’ Aber das ist schon in Ordnung. Ich habe wirklich gelernt, damit zu leben”, so Trump.

Trudel gab sich schließlich mit einem französischen Akzent als die kanadische MMA-Kampfsport-Legende Georges St-Pierre aus, die bereit wäre, einen Kampf als Spendenaktion für Trumps Präsidentschaftskampagne zu veranstalten. “Nun, das ist sehr gut, Georges. Wir werden darüber reden”, entgegnete der ehemalige Präsident. Als Trudel sich zu erkennen gab, tat Trump, als hätte er von vornherein geahnt, dass es sich um einen Scherzanruf gehandelt hätte.

 

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In einem darauf veröffentlichten Interview gestand Trudel die Verwunderung über den einfachen und schnellen Ablauf zur Vorbereitung des Streiches: “Normalerweise dauert es zwischen einem und drei Monaten, um eine solche Aktion durchzuziehen”, so der Co-Host. Nach mehreren Versuchen bei verschiedenen Personen aus Trumps Umfeld habe Rockman mit einer Person an der Rezeption eines von Trumps Golfplätzen sprechen können. Nach kurzer Zeit habe Trumps ehemalige Empfangsdame im Weißen Haus, Chamberlain Harris, Rockman zurückgerufen und zwei Tage nach dem ersten Anruf habe das Telefonat stattgefunden. Die Identitäten der Hosts seien nicht überprüft worden.

Der Scherzanruf hätte auf der iHeartRadios Website verfügbar sein sollen. Nach derzeitigem Stand ist es dort nicht zu finden. Er ist allerdings noch auf dem Instagram-Profil von Rockman zu sehen.

Trump stellte sich im August in Georgia den Behörden wegen des Vorwurfs, er habe illegal versucht, die Wahlen im Jahr 2020 in diesem Bundesstaat zu stürzen. Die Verhandlungen werden in der kommenden Woche vor dem Bundesgericht von Georgia fortgesetzt.

Der erste Termin der parteiinternen Wahl der Kandidatin/des Kandidaten der Republikaner für die Präsidentschaftswahl im November 2024 ist der 15. Januar.

Mit aller Kraft

Kristine, vor einem knappen Jahr wurde bei dir Labyrinthitis und ein plötzlicher Hörverlust (SSNHL) diagnostiziert. Eine seltene Erkrankung, durch die du dein Gehör auf dem rechten Ohr vollständig verloren hast. Wie geht es dir mittlerweile?

Eigentlich geht es mir im Moment ganz gut. Allerdings muss ich sagen, dass es mit Abstand das verrückteste Jahr meines Lebens war, immerhin wurde ich durch die Diagnose mit ziemlich vielen Hürden und Veränderungen konfrontiert. Natürlich war das ein schmerzhafter Prozess und ich musste erstmal lernen, mit dieser neuen Situation klarzukommen. Rückblickend war es aber auch eine empowernde Zeit, die meinen Blick auf meine Lebensweise als Künstlerin und Mensch verändert hat.

Zum Zeitpunkt deiner Diagnose waren die Arbeiten an “Mono” bereits in vollem Gange. Kurz vorher hattest du noch den Kilimandscharo bestiegen und warst gesundheitlich voll auf der Höhe. Inwieweit hat die Diagnose die Arbeit an deinem Album beeinflusst?

Meine Erkrankung hat die weitere Arbeit an meinem Album definitiv beeinflusst, das steht außer Frage! Da war einerseits die Notwendigkeit, trotz allem weiterzuarbeiten und zum Tagesgeschäft zurückzukehren. Business as usual, wenn man so will. Und so verrückt es auch klingen mag: Durch diese Erfahrung konnte am Ende eine befreitere Platte entstehen. Es war, als hätte sich für mich das Portal zu einer lange verschlossenen Welt geöffnet. Als Teenagerin war ich zum Beispiel super fokussiert, vor allem mit Blick auf meine akademische Laufbahn. Die Musik war damals ein Ventil und gab mir ein Gefühl der Freiheit. Dieses Gefühl, dass es keine Grenzen gibt und alles möglich scheint, ist im Laufe meiner Karriere irgendwann auf der Strecke geblieben und durch meine Erkrankung zurückgekehrt. Sie hat mir vor Augen geführt, warum ich das tue, was ich tue: aus Liebe zur Musik.

Wie genau hat sich dein Zugang zur Musik durch die Erkrankung verändert?

Ich glaube, ich bin insgesamt einfach flexibler und entspannter geworden, was das angeht – in einem guten Sinne. Ich habe für “Mono” mit Paul Meany zusammengearbeitet. Er hat mich dazu ermutigt, meine Hörgewohnheiten zu hinterfragen und ganz oldschool an die Platte heranzugehen. Die größte Veränderung sehe ich aber bei meinem Storytelling. Mein neues Album ist im Grunde wie ein Gefäß, in das ich meine Geschichten reinpacke. Mittlerweile versuche ich aber, das große Ganze in den Blick zu nehmen. Den Makrokosmos, bei dem auch mal ein Blick nach Außen nötig ist. Das war auf früheren Veröffentlichungen anders. Letztendlich würde ich sagen, dass “Mono” das Produkt dieses Entwicklungsprozesses und meiner offeneren Herangehensweise ist.

Im Song “Raw Raw” erzählst du von den Wunden der Vergangenheit und von der Verletzlichkeit, die mit dem Zustand des Verliebtseins einhergeht. Gleichzeitig war es für dich die erste Veröffentlichung seit deiner Erkrankung. Inwiefern hat dieses Erlebnis deinen Blick für das Thema Verletzlichkeit geschärft und dem Song eine neue Bedeutung gegeben?

Als ich mit dem Schreiben des Songs begann, habe ich mich tatsächlich intensiv mit dem Gefühl des Verliebtseins und der Verletzlichkeit auseinandergesetzt (lacht). Anschließend ging es eher um eine andere Form der Verwundbarkeit. Um eine, die mit dem Gefühl der Desorientierung und des Unwohlseins in sozialen Situationen verbunden ist. Mein Kopf hat sich durch all die Eindrücke und Geräusche einfach wahnsinnig überladen angefühlt. Ein Zustand, der vergleichbar mit dem eines Kindes ist, das eine bestimmte Situation nicht richtig zuordnen kann. Dieses Gefühl kam durch meine Erkrankung plötzlich zurück und ich spürte diese kindliche Unsicherheit. Der Song ist aber nicht nur eine Auseinandersetzung mit der eigenen Verwundbarkeit, sondern soll auch deutlich machen: Wenn man aus seiner Komfortzone herauskommt und plötzlich realisiert, wie viel man erreicht hat, dann kann das eine unglaubliche Kraft in einem freisetzen.

Lass uns über Politik reden. Du bist in Illinois geboren, lebst aber bereits seit längerem in Los Angeles. Wie erlebst du derzeit das politische Klima in den USA, auch mit Blick auf die anstehenden Wahlen?

Oh mein Gott, wie viel Zeit haben wir? (lacht) Ok, los, lass uns über Politik reden. Nach meinem Gefühl ist das politische Klima in den USA momentan ziemlich aufgeladen – was allerdings auch auf andere Länder zutrifft. Irgendwie ist das aber auch paradox, weil persönliche Erfahrungen oftmals mit der tatsächlichen Realität kollidieren. In Los Angeles kannst du sein, wer du bist und wie du bist. Ohne Einschränkungen, komplett frei. Gleichzeitig erlebst du aber, wie viel Angst manche Menschen vor der kleinsten Veränderung in ihrem Alltag haben. Als hätten sie eine Art Resistenz gegenüber gesellschaftlichem Wandel entwickelt. Und dann gibt es wiederum diejenigen, die das genaue Gegenteil verkörpern. Macht mich die momentane Lage wütend? Klar. Bin ich trotzdem optimistisch? Auf jeden Fall! Ich habe in meinem Leben bereits so viele Leute kennengelernt, die für Vielfalt und Toleranz kämpfen. Da wäre es vermessen, sich nicht wenigstens einen Funken Optimismus zu bewahren. Natürlich habe ich trotzdem Angst, dass irgendwelche Lobbyisten und Hardliner früher oder später den politischen Diskurs dominieren könnten. Aber mein Antrieb ist und bleibt die Hoffnung, dass das nicht passieren wird.

Bereits auf früheren Veröffentlichungen hast du dich klar politisch positioniert. Die Songs für “Inside Voices” waren beispielsweise in den letzten Monat der Trump-Regierung entstanden, bereits davor hattest du dem ehemaligen Präsidenten mit “The President Has A Sextape” einen Song ‘gewidmet’. Auf “In America” hältst du den Verfechter:innen des American Way Of Life nun erneut den Spiegel vor, indem du Themen wie Waffen, Polizeigewalt und Drogen aufgreifst. Inwiefern würdest du dich selbst als Musikerin mit politischem Anspruch bezeichnen?

Ich würde mich nicht speziell als Mensch mit einem politischen Anspruch bezeichnen, aber aus einem gewissen Kontext kann man sich als Individuum eben nie ganz herauslösen. Und ein großer Teil dieses Kontextes ist eben der politische Diskurs. Ich rede mit meinen Freund:innen über Politik, ich greife politische Themen in meiner Musik auf. Entsprechend ist das ein Teil meiner Lebensrealität, der nicht losgelöst von anderen Bereichen existieren kann. Als queere Frau ist mir z.B. nicht nur Sichtbarkeit ein wichtiges Anliegen, sondern auch jungen Menschen zu zeigen: Eine Identifikation ist möglich, in vielen Bereichen. Ein Schwarzweißdenken bringt uns da allerdings nicht weiter, was ich mit “In America” deutlich machen will. Auch ich habe gemischte Gefühle meiner Heimat gegenüber. Auf einige Dinge bin ich stolz, und dann gibt wiederum andere Dinge, die ich als extrem problematisch empfinde. In erster Linie geht es für mich aber darum, eine Basis für Diskussionen zu schaffen. Das bringt meiner Meinung nach mehr, als weiter an verhärteten Fronten zu kämpfen.

Sicherlich ist Kunst nicht das Allheilmittel, wenn es in um die Lösung gesellschaftlicher Probleme geht. Trotzdem scheint ihr zumindest das Potenzial und die Funktion inhärent, Veränderungen anzustoßen. In politischen aufgeladenen Zeiten umso mehr – oder?

Kunst ist mit Sicherheit kein Allheilmittel. Ich glaube aber, dass sie zumindest ein Türöffner sein kann. Du betrittst dadurch einen neuen Raum und plötzlich eröffnen sich dir Perspektiven, die du vorher nicht kanntest. Es gibt da diesen einen Song von Mos Def, “Mathematics”. Darin geht es um das Gefängnis-System in den USA. Als ich den Song gehört habe, hat mich das zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit diesem Thema bewegt. Dazu, Dinge infrage zu stellen. Weißt du, was ich meine? Neugierde ist der erste Schritt zur Veränderung, und Kunst kann die Initialzündung für diese Neugierde sein. Den Vorteil, den man dabei als Musiker:in hat: Man kann Dinge frei aussprechen, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Zumindest nicht die Konsequenzen, die man in anderen Berufen erwarten würde. Natürlich bringt das Verantwortung mit sich, aber es gibt dir auch eine enorme Freiheit.

Schlafende Seelen wecken

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The Sleeping Souls spielen schon seit Jahren als Band an Frank Turners Seite, bald veröffentlichen sie nun ihr erstes eigenes Album “Just Before The World Starts Burning”. Die neue Single “Rivals” ist bereits die dritte Auskopplung daraus.

Die Bandmitglieder beschlossen, dass es an der Zeit gewesen sei, “sich mit einem eigenen, unabhängigen Projekt selbstständig zu machen”. Auf der neuen Single ist etwa auch Turners langjährigen Gitarrentechtechniker Cahir O’Doherty (Ex-Fighting-With-Wire, Ex-Jetplane-Landing, New Pagans) als Sänger zu hören. Zu “Rivals” sagt er: “Es geht um Geschwisterrivalität: die Wut und Isolation, die man verspürt, wenn man Teil einer Familie ist, die auseinanderbricht, und wie schädlich das für die psychische Gesundheit sein kann.”

So geht es schließlich auf dem neuen Album neben den Themen Liebe, Frustration, Eskapismus und Besessenheit in erster Regel um O’Dohertys Beziehung zu seiner Familie: “Der Prozess des Schreibens und Aufnehmens dieses Albums war kathartisch und hat mir geholfen zu überleben”, so der Sänger. Diese Erfahrungen verpackt er mit der Band in einen Punkrock-Song, der die persönlichen Differenzen deutlich werden lässt: “It’s pretty clear that it wasn’t love that drove you on/ Now it’s all said and done, spitefully”. Das Musikvideo, in dem sich eine Menschenmenge gegen das vermutlich autokratische System eines Mundes in der Luft zur Wehr setzt, ist womöglich eine Analogie dazu.

Die Single entstand im vergangenen Jahr, während die Band mit Turner auf Tour war. Über den Schreibprozess verrät O’Doherty: “Wir versuchen, so produktiv wie möglich zu sein, wenn wir unterwegs sind. Freie Tage, Hotelzimmer, Umkleidekabinen, der hintere Teil des Busses – überall dort, wo wir eine kleine Ecke zum Schreiben finden.” In den vergangenen drei Jahren nahm die Gesamtbesetzung der Sleeping Souls ihre Musik in Turners Proberaum im englischen Oxford und im Studio in Irland auf.

Ihr Debütalbum “Just Before The World Starts Burning” werden The Sleeping Souls am 24. November über Xtra Mile veröffentlichen. Es kann noch online vorbestellt werden.

 

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The Sleeping Souls – “Just Before The World Starts Burning”

The Sleeping Souls - Just Before The World Starts Burning

01.”Underneath An Ocean Of Sky”
02. “Caught Up In The Scrape”
03. “Scared Of Living”
04. “Weathering The Storm”
05. “Remember Boann”
06. “Steal Some Time”
07. “Rivals”
08. “The Selfist”
09. “Nothing To Talk About”
10. “Liar Lover”
11. “Ceremony”
12. “Whispers To The Faithful Few”

Heißer Wachs und Telefonmaschinen

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Expressiver Grunge, Alternative-Rock und Post-Punk – so klingen HotWax. Das Dreiergespann bestehend aus Tallulah Sim-Savage, Lola Sam und Alfie Sayers konnte sich im Vereinigten Königreich bereits einen Namen machen, nun kündigen sie mit der neuen Single “Phone Machine” und dem dazugehörigen Video ihre neue EP “Invite Me Kindly” an.

Neben Themen wie Schuldgefühle, Liebe, Klimawandel und Weiblichkeit, beleuchtet die Band in der neuen EP unter anderem die Akzeptanz gegenüber dem Schmerz, der von einer anderen Person verursacht wurde, so Sängerin Tallulah: “Ich hatte das Gefühl, dass ich eine Menge Phrasen in meinem Kopf gespeichert hatte, die ich unbedingt in meine Texte einbauen wollte. Auf der EP geht es um Themen wie Akzeptanz gegenüber Menschen, die einen zuvor verletzt haben, darum, seine Zweifel loszulassen und sich frei zu fühlen.”

Zuvor hatten HotWax bereits im August die Single “Drop” veröffentlicht. Wer die Band in diesem Jahr noch in Deutschland live sehen möchte, hat unter anderem am 21. und 23. September auf dem Reeperbahnfestival die Chance dazu. Die “Invite Me Kindly”-EP erscheint am 18. Oktober und kann noch vorbestellt werden.

 

 

 

Erste Bandwelle für 2024

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Vom 16. bis 18. August findet das Highfield Festival im nächsten Jahr wieder in Großpösna in der Nähe von Leipzig statt. Mit der ersten Bandwelle kündigen die Veranstalter:innen nun gleich vier Headliner und 16 weitere Acts an.

An der Spitze des Line-ups steht Peter Fox, der in diesem Jahr sein zweites Album “Love Songs” nach 14-jähriger Solopause veröffentlicht hat. Im Sommer war er zudem selbst auf Tour unterwegs und spielte auch unter anderem beim Hurricane und Taubertal Festival. Neben Peter Fox tritt auch die Indie-Pop-Band Provinz am Festivalfreitag als Headliner auf.

Am Samstag empfängt das Highfield Festival neben Rapper Cro auch die Polit-Punks Rise Against, die zuletzt 2021 ihr Album “Nowhere Generation”, sowie letztes Jahr die ergänzende EP “Nowhere Generation II” veröffentlicht haben.

Während das Festival die Headliner für den Sonntag bislang noch geheim hält, kündigen sie jedoch gleich 16 weitere Acts an: unter anderem The Kooks, Bosse und Montreal, ebenso wie die Donots und Fjørt, werden im nächsten Jahr am Störmthaler See auftreten.

 

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Tickets sind in der aktuellen Preisstufe noch bis zum 21. September ab 159 Euro über die Festivalwebseite erhältlich. Zuletzt veröffentlichten die Veranstalter:innen das Aftermovie zur diesjährigen Festivalausgabe.

VISIONS empfiehlt: Highfield Festival

16. – 18.08.2024 Leipzig – Störmthaler See

Entwarnung nach Krankenhausaufenthalt

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Am Freitag wurde Sum 41-Sänger Deryck Whibley mit einer schweren Lungenentzündung ins Krankenhaus eingeliefert. Via Instagram klärte seine Frau Ari über seinen Zustand auf: “[…] Das Schlimmste ist, dass sein Herz sehr belastet ist und man uns sagt, dass die Möglichkeit eines Herzversagens besteht.” Am selben Tag hatte das Ehepaar geplant, ihren achten Hochzeitstag zu feiern.

“Es ist natürlich nicht das erste Mal, dass wir uns in einer solchen Situation befinden, aber es bringt viele schwierige Erinnerungen zurück, ihn in einem Krankenhausbett zu sehen, angeschlossen an Drähte und Infusionen”, schrieb sie weiter.

 

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Schon in der Vergangenheit hatte Deryck Whibley mit seiner Gesundheit zu kämpfen. 2014 war er wegen von Leber- und Nierenschäden aufgrund von langjährigem Alkoholmissbrauch eingeliefert worden. Laut seinen behandelnden Ärzt:innen hätte sein Konsum tödlich geendet, hätte er nicht aufgehört zu trinken.

Später schrieb Ari Whibley, dass der Sänger sich inzwischen wieder zu Hause befindet. Seine Mutter, die gelernte Krankenschwester ist, und sie selbst kümmern sich derzeit um ihn.

Im Mai gaben Sum 41 überraschend bekannt, dass sie sich nach ihrer finalen Abschiedstour und 30 Jahren Bandgeschichte trennen werden. Im Vorfeld werde die Band aber noch ihr letztes Album “Heaven And Hell” veröffentlichen.

Verurteilt

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Am 19. August 2019 trat Marilyn Manson, alias Brian Warner, in Gilford, New Hampshire auf, das Konzert wurde von einem Kamerateam begleitet, das sich plötzlich als Zielscheibe für Mansons Eskapaden sah. An einem Punkt des Konzerts spuckte Manson die Kamera an, wenig später holte er erneut aus und schnäuzte sich die Nase in Richtung der Kamerafrau. Diese klagte Manson im Anschluss an die Veranstaltung an und betonte in einem Statement, dass sie seit über 30 Jahren in der Branche arbeiten würde, dieser Vorfall jedoch “das widerlichste war, was je ein Mensch getan hat”.

Bereits 2021 versuchte Mansons Anwaltsteam den Fall abzutun und sagte, dass man mit solch einer Attacke rechnen müsste, wenn man mit Manson arbeitet: “Die Auftritte des Angeklagten in den letzten zwanzig Jahren sind dafür bekannt, dass sie schockierende und aufrüttelnde Eskapaden beinhalten, die denen ähneln, die hier stattfanden. Das mutmaßliche Opfer willigte ein, sich dem möglichen Kontakt mit Schweiß, Speichel und Schleim auf engem Raum auszusetzen.”

Am Montag musste sich Manson nun vor Gericht verantworten. Bereits im Juli hatte er einem Vergleich zugestimmt, der vorsieht, dass Manson nur in einem der beiden Anklagepunkte verurteilt wird, während der andere fallen gelassen wird. Infolgedessen wurde Manson wegen leichter Körperverletzung zu einer Geldstrafe von rund 1100 Euro und 20 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt.

Das mutmaßliche Opfer äußerte sich erfreut über die Verurteilung: “Mir ist klar, dass es sich hier nicht um eine schwere Straftat handelt, aber ich hatte gehofft, dass der Angeklagte eine Strafe erhält, die ihn zweimal nachdenken lässt, bevor er so etwas noch einmal tut.”

Manson hatte zuletzt im Mai erste Anzeichen auf ein Comeback gemacht, seitdem hat sich der Schockrocker allerdings wieder bedeckt gehalten. Gegen Manson stehen noch zahlreiche weitere Anklagen im Raum: 2021 hatte Hollywood-Schauspielerin Evan Rachel Wood Manson des körperlichen, sexuellen und psychischen Missbrauch beschuldigt, unter anderem Wes Borland und Wolf-Alice-Frontfrau Ellie Roswell haben sich diesen Anschuldigungen angeschlossen. Schauspielerin Esmé Bianco verklagte Manson ebenfalls wegen mutmaßlichem Missbrauch, Anfang des Jahres wurde zuletzt eine Klage wegen sexuellem Missbrauch Minderjähriger gegen Manson eingereicht.

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