V.A.
The Turning (Original Motion Picture Soundtrack)

Als letztes Jahrzehnt vor der digitalen Revolution sind die 90er aus heutiger Sicht eine ferne Ära. Vielleicht auch deshalb verlegte Musikvideo- und Filmregisseurin Floria Sigismondi ihre – mit wenig Kritikerliebe bedachte – Version von James’ interpretationsoffener Schauer-Novelle von 1898 in die Grunge-Dekade. Der von Lawrence Rothman (Living Things) federführend mitgeschriebene und produzierte Soundtrack schlägt mit seiner weiblich dominierten Besetzung, in der die 90s-Ikonen Courtney Love und Kim Gordon als Klammer für jüngere Kolleginnen wie Soccer Mommy, Mitski, Warpaint, Alison Mosshart und Alice Glass dienen, eine Brücke zwischen damals und heute. Auch musikalisch wird mit 90er-Schrammelrock, Dreampop, Shoegaze und Trent Reznor-haftem Ambient an frühere Zeiten angeknüpft, meist mit einem – dem Thema angemessenen – gespenstischen Unterton. Dabei hätte Gordons knackig-kratzige Schlussnummer „Sliver“ einen besseren Auftakt abgegeben als der recht müde Alternative Rock-Aufguss „Mother“, gesungen von Love. Ansonsten bietet „The Turning“ viel Hörenswertes, auch von Künstlerinnen, die einem vorher vielleicht kein Begriff waren. Cherry Glazerr etwa, deren „Womb“ hypnotisch vor sich hin brodelt. Oder die junge Norwegerin Girl In Red, Stimme des kühlen, indiepoppigen „Kate’s Not Here“. Auf der Leinwand mag „The Turning“ enttäuschen, auf Platte lohnt sich der Spuk.