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Anwalt will Sammelklage gegen Tool einreichen

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Mit “zwei einzigartigen Headlinesets” wurde das “Tool Live In The Sand”-Festival beworben, das am vergangenen Wochenende in der Dominikanischen Republik abgehalten wurde. Die Setlist von beiden Auftritten der Prog-Metal-Größen zeigte dann allerdings einige Überschneidungen: Knapp die Hälfte der Songs (“Fear Inoculum”, “Rosetta Stoned”, “Pneuma” und “Jambi”) der sowieso schon nur zehn Songs umfassenden Setlist war gleich – und das zweite Konzert endete wohl früher als geplant. Die Fans reagierten mit Wut und Unverständnis, buhten die Band während ihres Sets zwischenzeitlich sogar aus oder klebten Zettel mit der Aufschrift “Fuck MJK” an ihre Hotelbalkons.

Der Frust der Anwesenden geht nun sogar so weit, dass offenbar US-Anwalt und Tool-Fan Stas F. Rusek via Facebook dazu aufruft, eine Sammelklage gegen die Band einzureichen und eine Entschädigung wegen Vertragsbruch zu fordern, da die Fans schließlich zwischen 4000 und 10.000 US-Dollar für “zwei einzigartigen Headlinesets” gezahlt hätten. Rusek gab an selbst auf dem Festival gewesen zu sein. Die Band hat auf die Anschuldigungen und die mögliche Klage bislang nicht reagiert.

Anwalt sucht Mandanten für Sammeklage gegen Tool (Screenshot: Facebook)
Anwalt sucht Mandanten für Sammelklage gegen Tool (Screenshot: Facebook)

Neben Tool selbst spielten auch Mastodonerstmals ohne Brent HindsCoheed And Cambria und Primus bei dem Festival. Ab Ende der Woche stehen für Tool weitere Shows an, bis Ende des Monats spielen sie ihre erste Headlinetour durch Lateinamerika.

Winter-Tour angekündigt

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Schon seit einigen Jahren kommen die kanadischen Hardrocker Danko Jones im Herbst/Winter nach Deutschland. Dieses Jahr im November und Dezember für jeweils eine Show in Osnabrück, Mannheim, München, Köln, Berlin und Hamburg. Tickets gibt es im Eventim Presale ab morgen um 10 Uhr für 48 Stunden. Der allgemeine Vorverkauf startet dann am Freitag um 10 Uhr.

Die Tour trägt den Titel “Is What You Need”. Ob das auch der Titel eines neuen Albums von Danko Jones sein wird, steht bislang noch aus. Ihr aktuelles Album “Electric Sounds” erschien 2023. Nur selten hat die Band um Chef und “Me, Myself and I”-Rocker Danko mehr als zwei Jahre zwischen zwei Alben vergehen lassen.

Danko Jones unterschreiben bei neuem Label

Fest steht immerhin schon, dass die Kanadier mit Perception (gehört zu Reigning Phoenix Music) ein neues Label gefunden haben, bei dem am 4. April ihre erste Musik dort erscheinen soll. “Wir zählen bereits die Tage, bis auch ihr endlich unser zwölftes Album zu hören bekommt und wir die neuen Songs für euch spielen können”, heißt es seitens der Band zur Unterschrift bei Perception. “Bis dahin habt ihr hoffentlich viel Freude mit der ersten Single, ‘What You Need’!”

Immer noch aktuell: Die erste Ausgabe unseres neuen Video-Formats “Digging In The Crates” mit Danko als Gast.

VISIONS empfiehlt:

26.11. Osnabrück – Rosenhof
08.12. Mannheim – Alte Feuerwache
10.12. München – Backstage Werk
11.12. Köln – Carlswerk Victoria
12.12. Berlin – Astra
13.12. Hamburg – Docks

Vorwärts im Rückwärtsgang

Kaum hat der letzte Sachse seinen Unmut in die Wahlurne gespien, steht fest: Die leise Hoffnung auf eine prickelnde Zukunft ist erst einmal dahin. Stattdessen: Anstoßen mit Spuckschluck auf Fritze, Carsten, Markus und alle anderen abgewohnten Herrenkörper mit schwerem Bankkonto und fragwürdigem Humor auf einer Party, die ihren Höhepunkt schon lange überschritten hat. Der bescheidene Wunsch nach etwas Diversität im Herrengedeck wird sogleich bestraft: Die einzig prominent gewählte Frau ist zwar homosexuell, aber ein Nazi. Vielen Dank auch, Universum!

Doch was heißt das jetzt konkret für die Musikbranche? Alle, die in der jüngsten Vergangenheit mit unermüdlicher Initiative Samen der Zuversicht gesät und auf ein zartes Aufkeimen feministischer Fortschritte im Business gehofft haben, werden unter der neu gewählten Führungsetage schnell enttäuscht werden. Es stehen dürre Jahre dahinscheidender Fördermittel, Unterstützung und Visionen für derartige Späßchen von staatlicher Seite bevor. Man solle sich lieber um die wichtigen Dinge kümmern, wie das angeborene Recht auf billigen Schweinebraten, statt Gender-Gaga. Die Zukunft riecht nach Aftershave und Schäferhund, und wir können noch so viele Panikattacken haben – da müssen wir jetzt erstmal durch.

Doch wer dachte, dass der Feminismus ein Fliegenschiss in der Geschichte ist, irrt gewaltig! Ist die Saat einmal gesetzt, braucht es bloß genügend Wasser, um die blumig-duftende Revolution weiter zum Blühen zu bringen. Wenn von oben jemand den Wasserhahn abdreht, muss man halt erfinderisch werden. Regentonnen des Widerstands! Solidarische Wasserwirtschaft! Regenmacher*innen der Nation, vereinigt euch! So beschissen die Aussichten auch sind – in der aktuellen Lage hilft nur Zusammenhalt. Und Weitermachen.

Gerade in der Musikbranche müssen jetzt alle, die noch ganz bei Trost sind, zusammenrücken. Die wenigen Player mit Kohle (hallo Spotify, Live Nation, Major Labels) müssen einspringen und Initiativen finanziell unterstützen, die sich für Diversität und Gleichberechtigung im Business engagieren und gegen Machtmissbrauch und Sexismus kämpfen. Es gibt unzählige Netzwerke und Förderstrukturen, die jetzt umso mehr gestärkt werden müssen – Music Women* Germany, Keychange… you name it. Wird ein steiniger Weg, sind halt leider auch echt viele Exemplare dabei, die von eben jenen Strukturen profitieren, aber: die Hoffnung stirbt zuletzt!

Es ist zwar ein Jammer, dass es schon wieder die Menschen auf der richtigen Seite der Geschichte sind, die sich doppelt um einen gesunden Garten bemühen müssen, während ewig-gestriges Gedankengut in Ruhe vor sich hin kompostieren darf – aber c’est la vie. Jede Person, die heute auch Menschen außerhalb der Sorte „deutscher, weißer Mann mit geregeltem Einkommen“ mit Respekt behandelt und im Unrechtsfall für sie einsteht, ob nun im Alltag, der Musikwelt oder sonst wo, tut ihren entscheidenden Teil. Jedes bisschen hilft. Wir dürfen uns bloß nicht reinreden lassen und einfach doppelt so nett zu allen sein, die uns dumm kommen. Egal, wie saublöd sie sich auch verhalten. Wir werden ihnen nicht den Gefallen tun, uns an ihnen aufzureiben.

An alle, die gerade ähnlich betrübt dreinblicken: Ihr seid nicht allein! Das Gute verschwindet nicht, solange wir daran festhalten! Das ist unsere Chance.

Mit solidarischen Grüßen,

Eure Kat

Thrashen in Zeiten von Corona

Es ist ein nicht ganz alltäglicher Anblick, wenn bereits am frühen Abend eine ganze Schar an beinharten Headbangern in verwaschenen, originalen “Eternal Devastation”-Shirts und mit einzig-und-allein-Destruction-Patches-bestickten Kutten am Berliner Alexanderplatz aufschlägt. Vergangenen Donnerstag stellte das deutsche Thrash-Urgestein Destruction im Cubix-Kino seinen Dokumentarfilm “The Art Of Destruction” vor. Fünf Jahre begleiteten Denise Dörner und Ilija Jelusic die Band um die halbe Welt, vor und hinter der Bühne, durch einige Höhen und viele Tiefen. Die heutige Premierenfeier ist das Ergebnis dieser langjährigen Zusammenarbeit. Nach einer kurzen Begrüßung seitens der Band und den Filmemacher:innen gehen um kurz nach halb acht im gut gefüllten Saal 9 bei ausgelassener Stimmung die Lichter aus.

Von Anfang an ist klar, dass es sich hier um keine allumfassende Biografie handelt. Auf eine Zusammenfassung der über 40 Jahre andauernden Band-Geschichte beziehungsweise einer Abhandlung aller bisher wichtigen Alben und Meilensteine verzichtet der Film komplett (dafür sei die 2009 erschienene DVD “The History Of Annihilation” empfohlen), so wird die Band im Gegenwärtigen als international anerkannte Metal-Veteranen zwischen kleinen Clubs und großen Festival-Bühnen portraitiert.

Vor allem die erste Hälfte des Films lebt von der Dynamik der beiden sich stark kontrastierenden Protagonisten: Marcel “Schmier” Schirmer, dem getriebenen, charismatischen und bodygebuildeten Aushängeschild und dem zurückgelehnten, leicht verhuscht wirkenden Gitarristen Mike Sifringer. Letzterer verlässt 2021 plötzlich, nach fast 40 Jahren und als einziges konstantes Mitglied die Band aus Beweggründen, auf die der Film nicht eingeht.

"The Art Of Destruction", Szene (Foto: © Nonfy documentaries/UCM.one)
Auch Sodoms Tom Angelripper schaut in “The Art Of Destruction” vorbei (Foto: © Nonfy documentaries/UCM.one)

Bereits in der Einleitung wird das dramaturgische Ziel des Films offengelegt: Der Traum einer gemeinsamen Welt-Tournee der “Teutonic Big Four”, die Destruction nebst Kreator, Sodom und Tankard nochmal auf den ganz großen Bühnen zeigen soll. An dieser Prämisse hält die Erzählung zunächst fest, ehe der erste Corona-Lockdown die Band und sämtliche Aspekte von Konzertkultur und öffentlichem Leben in die Knie zwingt. Ab diesem Punkt steht der Film eher stellvertretend für die meisten tourenden Bands und Künstler:innen, die zwar berühmt und etabliert sind, aber nie die Millionen-Verkäufe hatten, um sich wirtschaftlich unbeschadet durch die Pandemie zu navigieren. Durch diesen Aspekt ist die Doku nicht nur für Destruction-Fans sehenswert.

Gelegentlich greift der Film auf gängige Handgriffe und Stilelemente anderer Musik-Dokumentationen zurück, Parallelen lassen sich mit “Some Kind Of Monster”, “The Story Of Anvil” und “FCK2020 – zweieinhalb Jahre mit Scooter” ziehen, doch imponiert “The Art Of Destruction” in weiten Teilen mit stimmungsvollen, meditativen Fly-on-the-Wall-Sequenzen die einen genauso unprätentiösen wie ungeschönten Blick auf den Alltag von Berufsmusikern werfen. Jeder Szenerie und jedem Interview (in dem die Band und ihr Umfeld äußerst sympathisch rüberkommt) wird genügend Raum gegeben. Überraschenderweise kommt der Film dabei mit sehr wenig Musik aus.

Dem wärmstens aufgenommenen Film folgt ein etwa viertelstündiger Talk mit Schmier, Dörner und Jelusic, bei dem noch einige unterhaltsame Anekdoten von der Entstehung zusammengetragen werden. Etwa, dass die gesamte Filmproduktion ohne jegliche Förderung und aus eigener Tasche der Filmemacher:innen finanziert wurde. Im Anschluss begeben sich Destruction ins  Foyer und stehen ihren Fans bis spät in den Abend für Gespräche, Autogramme und Fotos zur Verfügung, während das am tags darauf erscheinende Album “The Birth Of Malice” in Gänze über die Foyer-Lautsprecher vorgestellt wird. Thrash ‘Til Death!

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Neues Tagesfestival mit Hot Water Music als Headliner

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Die “Common Thread”-Tour verlegt die Festivalsaison in den Herbst: Im Oktober spielen unter anderem Hot Water Music, Spanish Love Songs, Comeback Kid und Joyce Manor mit einer Entourage an Punkrock, Post-Hardcore und Emo-Bands fünf Shows in Deutschland, Belgien, den Niederlanden und England. Wobei hierzulande nur ein Konzert in der Oberhausener Turbinenhalle ansteht.

 

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“Wir haben seit über einem Jahr am Programm gearbeitet und freuen uns, endlich die Common Thread Tour ankündigen zu können”, so Spanish Love Songs via Instagram. “Wir werden diesen Oktober mit alten und neuen Freunden quer durch Europa touren – Hoffentlich sehen wir euch dort!” Tickets gibt es ab dem 14. März um 10 Uhr an den üblichen Vorverkaufsstellen.

Alle Bands im Line-up: Hot Water Music – Spanish Love Songs Comeback KidJoyce ManorModern Life Is War  DefeaterStrike Anywhere  – Tigers Jaw  – Dave Hause The Dirty NilA Wilhelm ScreamWays AwayCrime In Stero  – Oso OsoPrince Daddy & The HyenaMakeWarCatbite Kali Masi – Sincere Engineer Northcote Broadway Calls

Common Thread Tour:

18.10. Oberhausen – Turbinenhalle

Propagandhi kündigen neues Album an

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“Alles, worüber ich singe, kommt immer noch von derselben Person, die 1993 unsere erste Platte ‘How to Clean Everything’ geschrieben und gesungen hat”, erinnert sich Frontmann Chris Hannah an die Skate-Punk-Anfänge von Propagandhi. “Aber was wir jetzt in die Songs packen, spiegelt wahrscheinlich mehr Verzweiflung wider als vor 30 Jahren, als wir ähnliche Perspektiven hatten, aber mit Strängen von Hoffnung und Naivität. Jetzt geht es um die existenzielle Angst, in dieser völlig gescheiterten Gesellschaft ein lebenswertes Leben zu führen.”

Entsprechend dringlich ist der Titeltrack ihres ersten Albums seit acht Jahren geraten, den Propagandhi zur offiziellen Ankündigung direkt mitveröffentlicht haben. “Some days I’m scared I’m going to die. Or even worse: I might survive”, singt Hannah in “At Peace” niedergeschlagen zu halsbrecherischen Melodic-Harcore-Riffs. 

Zum Album erklärte Hannah augenzwinkernd: “Für mich persönlich könnte diese Platte eine Momentaufnahme sein, in der ich mich entscheide, ob ich den Rest meines Lebens als Eckhart Tolle oder als Ted Kaczynski [aka Unabomber] verbringen werde.” Wobei das Album wohl eher auf Reaktion auf den Ist-Zustand der Welt zu verstehen ist. “Wir sind definitiv keine Band, die gut darauf reagiert, wenn uns jemand sagt, dass wir etwas herausbringen müssen”, so der Frontmann weiter. “Das passiert, wenn wir etwas haben, worüber wir reden können – und jetzt ist definitiv die Zeit dafür.”

“At Peace” ist Propagandhis erste Veröffentlichung seit “Victory Lap” aus dem Jahr 2017 und entstand in den Monaten vor der Wahl von US-Präsident Donald Trump. Das Album entstand kurz vor dessen Vorschlag, Kanada – das Heimatland der Band – zum 51. Bundesstaat der USA zu machen. Gemischt hat Jason Livermore (u.a. Rise Against, Hot Water Music).

“At Peace” erscheint am 2. Mai via Epitaph und kann bereits vorbestellt werden. Danach ist die Band in größerem Umfang in Deutschland unterwegs – als Teil der Reconstruction Tour mit Pennywise, Comeback Kid, The Iron Roses und Dead Pioneers. Karten für die Termine gibt es noch im VISIONS-Ticketshop über reservix.de.

Propagandhi – “At Peace”


01. “At Peace”
02. “Prismatic Spray (The Tinder Date)”
03. “Rented P.A.”
04. “Guiding Lights”
05. “Cat Guy”
06. “No Longer Yound”
07. “Stargazing”
08. “God Of Avarice”
09. “Benito’s Earlier Work”
10. “Vampire Are Real”

Reconstruction Tour:

18.05.2025 CH-Zürich – Komplex (Tickets)
21.05.2025 AT-Wien – Arena Open Air  (Tickets)
23.05.2025 Augsburg – Gaswerk Open Air
25.05.2025 Wiesbaden – Schlachthof
27.05.2025 Köln – Live Music Hall
29.05.2025 Hamburg – Docks
31.05.2025 Berlin – Zitadelle Spandau

Neuauflage von 4AD-Alben

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Xmal Deutschland haben in den frühen Achtzigern mit ihren unvermittelten Stakkato-Rhythmen, den mysteriösen (sprich: deutschen) Texten und der Kraft und Vision der beteiligten Musikerinnen nicht nur auf das hiesige, sondern auch auf ihr britisches Publikum viel Eindruck gemacht: Fasziniert von den Demos, co-produzierte 4AD-Mitgründer Ivo Watts-Russell schließlich das Debüt “Fetisch”. Es erschien 1983 und bewegte sich in vergleichbar eisigen und dunklen Gewässern wie The Banshees, Bauhaus, The Birthday Party oder Joy Division.

Gut 40 Jahre nach Erscheinen der ersten beiden Alben kündigt das Londoner Label eine Wiederveröffentlichung an – erstmals seit Jahrzehnten werden die Platten offiziell wieder auf Vinyl zu haben sein. Weitere Tracks gibt es auf einer dritten 12-Inch.

Das Coverartwork des Box-Sets mit einer Fotoarbeit von Peter Schulte wurde auf Grundlage von 23 Envelope-Originalarbeiten von Timothy O’Donnell designt. Es kommt begleitend zu den originalen Sleeve-Fotografien von Nigel Grierson. Außerdem ist in “Gift” ein Fotobuch mit Bildern von u. a. Kevin Cummins, Paul Slattery und Sheila Rock sowie einem Text von Chris Roberts enthalten.

“Gift: The 4AD Years” erscheint am 9. Mai digital, als Doppel-CD sowie als 3xLP auf transparentem, rotem Vinyl und exklusiv in Deutschland auch als Crystal Clear Vinyl.

Xmal Deutschland – “Gift: The 4AD Years”

Xmal Deutschland: Gift: The 4AD Years Cover

“Fetisch”

A1. Qual
A2. Geheimnis
A3. Young Man
A4. In Der Nacht
A5. Orient
B1. Hand In Hand
B2. Kaempfen
B3. Danthem
B4. Boomerang
B5. Stummes Kind

“Tocsin”

C1. Mondlicht
C2. Eiland
C3. Reigen
C4. Tag für Tag
D1. Augen-blick
D2. Begrab Mein Herz
D3. Nachtschatten
D4. Xmas in Australia
D5. Derwisch

“Incubus Succubus II”

E1. Incubus Succubus II
E2. Vito

“Qual”

F1. Qual – 12” Remix
F2. Zeit
F3. Sehnsucht

Digitale Hysterie

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Die Berliner Heavy-Rock-Band Kadavar hatte mit ihrer zuletzt erschienenen Single „I Just Want To Be A Sound“ bereits einen neuen, offeneren Sound anklingen lassen. Die neuste Veröffentlichung „Hysteria“ klingt ebenfalls anders als vorherige Musik des Quartetts, nur wird es hier eher düsterer.

Die Single kommt mit einem Video, welches die Endzeit-Stimmung des Sounds unterstreicht und sich mit der Überforderung und Entkopplung der Menschheit in der digitalisierten Welt beschäftigt. „In diesen Song habe ich das Gefühl runtergeschrieben, wenn Worte ihre Bedeutung verlieren und kein ‚Stream of Consciousness‘ noch mitkommt, um dem inneren Chaos einen Sinn zu geben. Als ein Zustand, der mit konstanter Überstimulierung und Schreckensnachrichten vermischt ist, passt er vielleicht ganz gut in diese Zeit“, heißt es seitens der Band zum Text.

Das neue Album „I Just Want To Be A Sound”, welches vom Nerven-Gitarristen Max Rieger produziert wurde, soll am 16. Mai via Clouds Hill erscheinen und kann hier noch vorbestellt werden. Kadavar haben dazu eine umfassende Tour für Oktober angekündigt. Dabei wird es auch Unterstützung von Slomosa und Orb geben.

VISIONS empfiehlt: Kadavar

11.10. Berlin – Columbiahalle
12.10. Frankfurt – Zoom
21.10. Stuttgart – Im Wizemann
23.10. Wien – Arena
24.10. München – Theaterfabrik
25.10. Leipzig – Felsenkeller
26.10. Hamburg – Große Freiheit 36
28.10. Köln – Live Music Hall

Alle Alben von Tocotronic im Ranking

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Tocotronic (Das rote Album)

VÖ: 2015 | Label: Vertigo
 - Tocotronic (Das rote Album)

Das “rote Album” trägt diese Farbe auch, weil sich seine 13 Pop-Songs vor allem um die Liebe drehen. Tocotronics Pop klingt zwar (auch hier) vielschichtig, trotzdem sind manche Songs kurz davor, aus ihrem eigenen Universum zu kippen. So zum Beispiel „Die Erwachsenen“, das etwas von New Order hat und in dem das Lyrische Ich knutschen will „bis wir müde sind“. Der Refrain ist so überzuckert, dass man sich fragt, was Dirk von Lowtzow uns mit seinem ungewöhnlich hohen Gesang sagen möchte: „Wir sind Babys/ Sie erziehen uns nicht/ Wir sind Babys/ Wir spucken ihnen ins Gesicht.“ An (eindeutigen) Interpretationen sollte man sich bei Tocotronic (spätestens seit “K.O.O.K.”) zwar ohnehin nicht mehr probieren, im Kontext dieses Albums sind diese Zeilen trotzdem Teil der Unstimmigkeiten. Diese liegen weniger an den musikalisch guten bis okayen Songs, sondern vielmehr am teils anders affektierten Gesang und an den Texten, die an der Kitschgrenze wandern. Unterm Strich bleibt so immerhin die einzig eindeutige Entscheidung in diesem Ranking.

Lieblingszeilen:

»Man kann den Erwachsenen nicht trauen/ Ihr Haar ist schütter, ihre Hosen sind es auch/ Wir werden viele Mauern bauen/ Denn sie sind grauenvoll«

Aus »Die Erwachsenen«


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Wie wir leben wollen

VÖ: 2013 | Label: Vertigo
 - Wie wir leben wollen

Tocotronic nehmen nach der sogenannten Berlin-Trilogie, die drei Jahre zuvor mit dem überragenden „Schall und Wahn“ endet, weiterhin mit Moses Schneider in Berlin auf. Rick McPhail ist mittlerweile nicht mehr aus der Band wegzudenken, hält sich mit seinen Gitarren-Sprenkeln auf „Wie wir leben wollen“ jedoch vergleichsweise zurück. Der Albumtitel klingt nach jeder Menge Forderungen und würde auch als Wahlwerbung funktionieren, musikalisch packen die 17 Songs allerdings wenig zu, sie sind oft luftig instrumentiert und hallen sanft „Auf dem Pfad der Dämmerung“, „Unter dem Sand“ und auf dem Grund des Swimmingpools. Die Texte klingen herrlich ehrlich, etwa wenn das lyrische Ich sich in „Neutrum“ als Kaiser mit desolatem Sex bezeichnet oder in „Ich will für dich nüchtern bleiben“ – ausnahmsweise mit dringlichen Gitarren – dem Rausch für weniger Scham und Koma entsagt. Das zentrale Stück der Platte, das fast fünfminütige „Vulgäre Verse“, berichtet im Element-Of-Crime-Walzer von, nun ja, hilflosen Nächten im Palasthotel. Tocotronic sind hier besonders schwer zu greifen.

Lieblingszeilen:

»Es warten schon die Guillotine/ Und das Bajonett/ Auf meine Nackenlinie«

Aus »Vulgäre Verse«


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Golden Years

VÖ: 2025 | Label: Epic
 - Golden Years

Das aktuelle Album von Tocotronic kann sich zwar noch häuten und wachsen, ziemlich sicher aber wird es sich nicht mehr in die Top 5 hocharbeiten können. Dafür ist es zu wankelmütig und stückhaft, auch wenn gleich die ersten beiden Songs, „Der Tod ist nur ein Traum“ und „Bleib am Leben“, wunderbar als Leben-und-Tod-Doppelpack funktionieren – und quasi das Ende sind, während der Ursprung im finalen „Jeden Tag einen neuen Song“ steckt. Ein Stück, in dem von Lowtzow über sein tägliches Songwriting singt. Andere Songs sind weniger konkret und greifbar, eher träumerisch. Sie schweben, verzichten aber nicht gänzlich auf verzerrte Gitarren. Ein Highlight des Albums ist der melodisch-melancholische Titeltrack, der nostalgisch klingt, aber die kleinen Dinge im Alltag beleuchtet. Und „Denn sie wissen, was sie tun“ ist textlich nicht nur deshalb eindeutig, weil Tocotronic ihn als Reaktion auf die hohen Umfragewerte der AfD ins Netz stellen: „Diese Menschen sind gefährlich […] Terror als Identität“. Die Kommentarfunktion bei YouTube ist aus Gründen deaktiviert.

Lieblingszeilen:

»Die Menschen in der zweiten Klasse/ Erscheinen jetzt im gold‘nen Licht/ Der Dampf aus meiner Kaffeetasse/ Steigt mir ins Gesicht«

Aus »Golden Years«


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Nach der verlorenen Zeit

VÖ: 1995 | Label: L'Age D'Or
 - Nach der verlorenen Zeit

Nur knapp fünf Monate nachdem Tocotronic mit ihrem ersten Album „Digital ist besser“ in aller Indie-Munde sind, erscheint schon ihr zweites. „Nach der verlorenen Zeit“ knüpft an das Debüt an, stellt schräge Gitarren neben schrägen Gesang. Es klingt also nach Proberaum und zügiger DIY-Arbeitsweise – und damit perfekt für die damalige Zeit und für das, was Tocotronic in ihren engen, unförmigen Trainingsjacken verkörpern. Mit nur zehn Songs – und dazu zählt auch das 53-sekündige Stück „Ich werde nie mehr alleine sein“, das Schlagzeuger Arne Zank zu verzerrten Gitarren singleiert (und das man früher genau deshalb so geliebt hat) – wirkt das Album auf den ersten Blick wie aus Überbleibseln zusammengestellt, doch handelt es sich nicht um B-Seiten, sondern um Tatendrang: lieber weitermachen als abzuwarten. „Du bist ganz schön bedient“ ist ein mutiges Liebeslied; „Es ist einfach Rockmusik“ eine launige Ode an Rockmusik, ausnahmsweise gesungen von Bassist Jan Müller, und „Ich hab 23 Jahre mit mir verbracht“ sollte noch heute auf jedem 23. Geburtstag laufen. Trotzdem bleibt das Album das schwächste der frühen Tocotronic-Phase.

Lieblingszeilen:

»Ein Lied mehr/ Zur Lage der Nation/ Und zur Degeneration meiner Generation/ Zur Unentschlossenheit der Jugend/ zur Verdrossenheit der Tugend.«

Aus: »Michael Ende, du hast mein Leben zerstört«


10

Nie wieder Krieg

VÖ: 2022 | Label: Vertigo
 - Nie wieder Krieg

Die Tocotronic-Bandmitglieder sind schon lange keine 23 Jahre mehr, sondern haben mehr als ein halbes Jahrhundert erlebt. Sie wissen also, wie das ist mit den Zweifeln und dem Krieg gegen sich selbst ist, und sie wissen schon längst, wie man daraus den zweideutig schillernden Slogan „Nie wieder Krieg“ macht. Dass der ausgerechnet kurz vor dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine in dicken Lettern auf ihrem Album steht, ist Zufall – oder eben das „sensorisches Talent“ von Lowtzows, wie Bassist Jan Müller es im VISIONS-Interview zu diesem Album nennt. Auch „Ich hasse es hier“ spielt mit der Zweideutigkeit, klingt beschwingt, verzweifelt aber selbst am Aufpeppen von Tiefkühlpizza und klärt erst mit den letzten Zeilen auf: „Ich hasse es hier/ Seitdem du mich verlassen hast“. Auf „Nie wieder Krieg“ sind Ernsthaftigkeit und Verspieltheit, Ironie und Zweifel sehr gut ausgewogen, Tocotronic klingen alles andere als altersmüde, nicht nur mit der stampfenden Dringlichkeit von „Jugend ohne Gott gegen Faschismus”.

Lieblingszeilen:

»Ich hab’ den Boden schwarz gestrichen/ Wie komm ich aus der Ecke raus?«

Aus »Hoffnung«


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Wir kommen um uns zu beschweren

VÖ: 1996 | Label: L'Age D'Or
 - Wir kommen um uns zu beschweren

Auch für ihr drittes Album benötigen Tocotronic nicht viel Zeit, es erscheint nur etwa acht Monate nach „Nach der verlorenen Zeit“. Musikalisch hat sich nicht viel geändert, und das ist gut so: Im programmatischen Opener „Jetzt geht wieder alles von vorne los“ knistert es kurz in den Rhythmus, dann schrebbelt die Gitarre herrlich drauf los, von Lowtzow schreit auf und singt dann mit kratziger Stimme, bis der Song ausbricht und er mit lang gezogenen Vokalen singschreit: „Hahahahahahahaha“. Es folgen zwei Minuten Krach, vorgetragen von einer Band, der man anhört und -merkt, wie ernst sie es damit meinen, wie sie alles in diesen Song und diese Platte legen, die junge (und ältere) Herzen zwischen Schmerz, Verzweiflung, (Selbst-)Verachtung und Euphorie einfängt. Es folgt das etwa 100-sekündige „Die Welt kann mich nicht mehr verstehen“, Tocotronics größter Hit der Frühphase, und mit „Der Cousin“ und „Ich werde mich nie verändern“ weitere, punkige Smasher, aber mit „So jung kommen wir nicht mehr zusammen“ auch ein Song, der sich fast sechs Minuten um diesen Kneipenspruch dreht.

Lieblingszeilen:

»Nach der verlorenen Zeit/ Hab‘ ich erstmal weniger gehasst/ Man findet ja nicht immer etwas/ Was einem grad‘ nicht passt«

Aus »Jetzt geht wieder alles von vorne los«


8

Kapitulation

VÖ: 2007 | Label: Vertigo
 - Kapitulation

In der Mitte der Berlin-Trilogie glänzt und drängt Tocotronics achtes Album “Kapitulation”, auf dem sich ihre poetischen Songtexte verfestigen, die stets genügend Raum für individuelle Interpretationen lassen. Zudem ist das zweite Album, an dem Gitarrist Rick McPhail im Studio beteiligt ist, geprägt von (dessen) Gitarrenarbeit. Nicht in der Art, wie es die Vollgas-Vorab-Single „Sag alles ab“ in rabiaten, an die frühen Tage erinnernden zwei Minuten vorgetäuscht hat, aber mit spielerischen und lauten Gitarren, hypnotischen Rhythmen und kaum zur Ruhe kommenden Songs, die sich meistens zwischen vier und fünf Minuten einpendeln. Auf „Kapitulation“ sind es dabei weniger einzelne Songs, die herausstechen, sondern ein nahtlos aufgehendes Album, das einen mitnimmt und manchmal sogar mitreißt, das “Kapitulation” im Titeltrack gut gelaunt als etwas Erstrebenswertes in Aussicht stellt und in „Imitationen“, dem besten Song des Albums, mitleidet: „Dein wahr ist mein wahr […]/ Dein schlimm ist mein ganz schlimm.“

LieblingSzeilen:

»Alles gehört dir/ Eine Welt aus Papier/ Alles explodiert/ Kein Wille triumphiert«

Aus »Explosion«


7

Pure Vernunft darf niemals siegen

VÖ: 2005 | Label: L'Age D'Or
 - Pure Vernunft darf niemals siegen

Auf dem Cover tauchen die vier Musiker (Gitarrist Rick McPhail gehört nun fest zur Band) halb unsichtbar in die Wirrungen eines Waldes ab, während der Albumtitel einer ihrer klarsten und besten Slogans ist, der wie gemacht ist für den Brustdruck eines T-Shirts. „Pure Vernunft darf niemals siegen/ Wir brauchen dringend neue Lügen“, heißt es in dem Song und von Lowtzow singt leicht wahnsinnig: „Lalalalalalala“. Das Schlagzeug scheppert und die Gitarre spielt unbeirrt fort. Tocotronic fremdeln auf ihrem siebten Album ein wenig mit der Welt, weshalb die sinnhafte Platzierung im Wald so gut passt. „Völker! Auf zum Gefecht!/ Die Illusion wird Menschenrecht“, heißt es in “Gegen den Strich”, das musikalisch den Ton der Platte vorgibt: melodiöser Indierock, der seine Grenzen kennt und im neuen, von Produzent Moses Schneider mit beeinflussten Soundgewand romantisch klingt. Die Phrase „Aber hier leben, nein danke“ habe von Lowtzow einst bei einem alten Paar aufgeschnappt – und sofort erkannt, um was für einen perfekten Songtitel es sich dabei handelt.

Lieblingszeilen:

»Ich mag den Weg, ich mag das Ziel/ Den Exzess, das Selbstexil«

Aus »Aber hier leben, nein danke«


6

Es ist egal, aber

VÖ: 1997 | Label: L'Age D'Or
 - Es ist egal, aber

Mit dem vierten Album lassen sich Tocotronic nicht nur zum ersten Mal etwas mehr Zeit (etwa 15 Monate), sondern sie stellen auch erste Weichen für die Öffnung ihres Sounds. Der Opener „Gehen die Leute“ brettert zwar verzerrt drauf los, zeigt aber auch die feine, schillernde Ironie und Zweideutigkeit in von Lowtzows Texten: „Gehen die Leute auf der Straße eigentlich absichtlich so langsam?/ Wollen sie verhindern, dass wir vorwärts kommen?“ Das folgende „Sie wollen uns erzählen“ wirkt mit seiner Mundharmonika-Fanfare und Melodieseligkeit ziemlich konträr und bildet gemeinsam mit Songs wie „Ein Abend im Rotary Club“ oder „Vier Geschichten von dir“ eine neue, träumerische und zugleich melodiösere Seite von Tocotronic. Die Mischung macht „Es ist egal, aber“ so besonders: Die 70 wütenden Sekunden von „Alles was ich will, ist nichts mit euch zu tun haben“ stehen etwa den mit Streichern unterlegtem, elegisch voranschreitenden Titeltrack gegenüber. Das Schöne ist: Man kann und muss sich für keine Seite entscheiden.

 Lieblingszeilen:

»Und ich wühlte mit der Hand/ In meinen Taschen und ich fand/ Einen Zettel, auf dem stand/ Das ist der schönste Tag in meinem Leben«

Aus »Der schönste Tag in meinem Leben«


5

K.O.O.K.

VÖ: 1999 | Label: L'Age D'Or
 - K.O.O.K.

Zwei Jahre nehmen sich Tocotronic für ihr fünftes Album Zeit, außerdem drei Monate im Studio – in ihrer damaligen Zeitrechnung also eine halbe Ewigkeit. Und dementsprechend machen sie mit „K.O.O.K.“ auch einen Schritt in Siebenmeilenstiefeln. So großartig wie die ersten drei Alben in ihrer unperfekten Direktheit sind, so großartig ist dieser Schritt nach vorne. Die Synthesizer und Streicher, die Tocotronic auf „Es ist egal, aber“ noch zaghaft einbrachten, prägen den neuen, weiten Klang. In „Das Unglück muss zurückgeschlagen werden“ hört man den kurzweilig aufbrausenden Gitarren und Dirk von Lowtzows Stimme die Verachtung und Wut nur noch latent an, stattdessen ist dieser wunderbare Song von Blasinstrumenten untermalt. Die Texte bewegen sich zudem auf die schillernde Lyrik zu, die bald typisch sein wird für Tocotronic. Auf „K.O.O.K.“ loten sie „Die Grenzen des guten Geschmacks“ gleich zweimal aus, zitieren AC/DC und Europes „The Final Countdown“ in „Let There Be Rock“, schließen mit dem über elfminütigen Song „17“ und schweben über ihren eigenen Dingen.

Lieblingszeilen:

»Und die Alltäglichkeit/ Die man uns jederzeit/ Aus vollen Fässern zapft/ Macht uns nicht mehr betrunken, sondern vielmehr bewusst/ Dass das Unglück überall zurückgeschlagen werden muss.«

Aus »Das Unglück muss zurückgeschlagen werden«


4

Schall und Wahn

VÖ: 2010 | Label: Vertigo
 - Schall und Wahn

Von den LoFi-Vier-Akkorde-Ich-verachte-euch-Songs der ersten Jahre bis zu der schwebend-krachenden Soundästhetik der Berlin-Trilogie war es ein weiter Weg, den es mit jeder Platte wert war, mitzugehen. Auf „Schall und Wahn“ finden Tocotronic ihren soundwandlerischen Höhepunkt. Schon der Opener „Eure Liebe tötet mich” ist mit über acht Minuten ein echter Hingucker, der sich ganz bedächtig und mit schön verzahnten Gitarren warmgroovt, von von Lowtzows sonorer Stimme davongetragen wird und sich nach rund fünf Minuten für Gitarreneskapaden öffnet. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man glauben, Tocotronic seien nun eine Prog-Band. Die Wahrheit ist: Rick McPhails Gitarreneinschübe und -feedbacks sorgen immer noch für frischen Wind und den richtigen Ton, der wie gemacht ist für die undurchsichtigen Songtexte. In „Macht es nicht selbst“ sind die Gitarren zum Zerbersten laut, in „Im Zweifel für den Zweifel“ kommen sie ganz ohne Strom aus. „Schall und Wahn“ ist ein wandelbares, niemals ruhendes Meisterwerk.

Lieblingszeilen:

»Im Zweifel für den Zweifel, das Zaudern und den Zorn/ Im Zweifel fürs Zerreißen der eigenen Uniform.«

Aus »Im Zweifel für den Zweifel«


3

Die Unendlichkeit

VÖ: 2018 | Label: Vertigo
 - Die Unendlichkeit

„Ich zieh’ mir den Pulli vor dem Spiegel aus/ Teenage Riot im Reihenhaus/ Ich gebe dir alles und alles ist wahr/ Electric Guitar“ – man kann Dirk von Lowtzow in „Electric Guitar“ quasi dabei zusehen, wie er sich die E-Gitarre umschnallt, die ihm den Weg „aus der Schwarzwaldhölle“ zeigt. So heißt es im Song “1993” (dem Gründungsjahr Tocotronics), in dem die Band antithetisch Autotune einsetzt. Dass dieser Weg auch beschwerlich war, davon erzählt “Hey Du” (ähnlich wie 1995 im Song „Digital ist besser“) unmissverständlich: „Bin ich was, das du nicht kennst?/ Dass du mich Schwuchtel nennst/ Ist mein Stil zu ungewohnt/ Für den Kleinstadthorizont?“. Die Magie der E-Gitarre lässt von Lowtzow trotzdem nicht los und im Stich! Der intensivste Song des Albums, „Unwiederbringlich“, kommt trotzdem ohne Gitarren aus: Er ist von Cello und Klarinette untermalt und spielt im Zug in die Heimat, der erst ankommt, als ein Freund dort bereits verstorben ist. Tocotronic haben zum Zeitpunkt der Album-Veröffentlichung 23 Jahre mit ihrem Debüt verbracht, und bringen das Kunststück fertig, von der damaligen Zeit zu singen, aber anders und vielseitig zu schimmern und schillern.

Lieblingszeilen:

»Es gab noch keine Handys/ Nur an Bord ein Telefon/ Als ich endlich ankam/ Wussten’s alle schon.«

Aus »Unwiederbringlich«


2

Digital ist besser

VÖ: 1995 | Label: L'Age D'Or
 - Digital ist besser

Den Nostalgiefaktor wird man nicht herausrechnen können, doch auch aus heutiger Sicht ist „Digital ist besser“ noch ein unglaublich intensives und mitreißendes Debüt, das den ersten Tocotronic-Slogan im Titel trägt. Vor über drei Jahrzehnten munkelte man in Hamburg bereits, dass diese drei schluffigen Typen zu etwas Großem imstande seien. Das lag weniger an ihrem auffälligen Look, sondern an ihrem Tatendrang und an der Dringlichkeit, mit der auch „Digital ist besser“ loslegt: „Ich weiß nicht, wieso ich euch so hasse/ Fahrradfahrer dieser Stadt“, lauten die ersten Albumzeilen zum langsam stampfenden Rhythmus von „Freiburg“. Auch wenn hier schon feine Ironie im Text steckt, stehen die folgenden Zeilen stellvertretend für die Attitüde, die Tocotronic verkörpern: „Ich bin alleine und ich weiß es/ Und ich find‘ es sogar cool“. Songs wie „Wir sind hier nicht in Seattle, Dirk“ oder „Drüben auf dem Hügel“ sind wunderbar tagträumerisch und „Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein“ ist ein programmatischer Fünf-Minuten-Smasher, das ganze Album ist in seiner wütenden Verzweiflung und romantischen Entrücktheit alles, was man sich als (junger) Musikmensch wünschen kann.

Lieblingszeilen:

»Gestern um halb drei/ Habe ich noch ein Lied gemacht/ Und ich rufe eine Freundin an/ Mitten in der Nacht/ Und ich singe es ihr durch’s Telefon/ Und es sagt: ‚Ich liebe dich‘/ Kurz bevor ich auflege/ Schäme ich mich«

Aus »Die Idee ist gut, doch die Welt noch nicht bereit«


1

Tocotronic (das weiße Album)

VÖ: 2002 | Label: L'Age D'Or
 - Tocotronic (das weiße Album)

Was sich auf „Es ist egal, aber“ zaghaft ankündigt und auf „K.O.O.K.“ zum großen musikalischen Umsturz in die Weite führt, fangen Tocotronic auf ihrem unbetitelten, weißen Album wieder ein und zurren es fest. Das Trio ist den zweiten Schritt bereits gegangen und befindet sich kurz vor dem nächsten, der mit Produzent Moses Schneider und Gitarrist Rick McPhail (der live schon seit zwei Jahren dabei ist und dem in den „Tocotronic“-Credits gedankt wird) auf „Pure Vernunft darf niemals siegen“ in Berlin vonstatten geht. Hier ist der Stein aber schon ins Rollen geraten: Tocotronic suchen nach einer neuen musikalischen Identität und finden diese mit Produzent Tobias Levin nach langer Arbeit in dessen Hamburger Studio. Ihr sechstes Album trägt nicht einmal einen Namen, so sehr soll es für das neue Gewand der Band stehen. Dazu passt auch der Titel des Openers: „This Boy Is Tocotronic“, ein Hit, der laut und angriffslustig klingt, aber nicht auf Synthesizer und verzerrte Stimme verzichtet: „Ja, das ist jetzt“! Tocotronic klingen reifer und atmosphärischer, die Gitarren hallen und der Gesang schwebt darüber, etwa im fast sechsminütigen „Alles wird in Flammen stehen“ oder im sogar über siebenminütigen und trotzdem nicht langweiligen „Schatten werfen keine Schatten“. Mit „Hi Freaks“ ist ein weiterer, beschwingter Hit, der größte des Albums, an Bord, der sich ebenfalls mehr als sechs Minuten Zeit nimmt: „Was sein muss, das muss schließlich sein“. In Tocotronics jahrzehntelanger Karriere wirkt das Album wie eine Momentaufnahme, die diese Zwischenzeit perfekt und mit so guten Songs wie „Näher zu dir“, „Dringlichkeit besteht immer“ oder „Hier ist der Beweis“ wie aus einem Guss abbildet.

Lieblingszeilen:

»Auf dem Weg näher zu Dir/ Gehe ich durch eine Tür/ Die den Umriss von uns beiden hat«

Aus »Näher zu dir«


Albenlisten
Listen to your heart

Inhalt

  1. Von Flop bis Top – Alle Alben der Donots im Ranking
  2. Von Flop bis Top – Alle Alben von The Smiths im Ranking
  3. Von Flop bis Top – Alle Alben von Soundgarden im Ranking
  4. Von Flop bis Top – Alle Alben von Jack White im Ranking
  5. Von Flop bis Top – Alle Alben von Joy Division und New Order im Ranking
  6. Von Flop bis Top – Alle Alben von Placebo im Ranking
  7. Die 30 wichtigsten Konzeptalben – Die Schönheit des Konzepts
  8. Von Flop bis Top – Alle Alben von Tocotronic im Ranking
  9. Metalcore: die Album-Highlights – Der harte Kern
  10. Die 50 Alben des Jahres 2024 – Harte Musik für harte Zeiten
  11. Von Flop bis Top – Alle Alben von Linkin Park im Ranking
  12. Die besten Soloalben: 2012-2024 – Für sich (auf)genommen
  13. Die besten Soloalben 1994-2011 – Einzig und allein
  14. Von Flop bis Top – Alle Alben von Primal Scream im Ranking
  15. Von Flop bis Top – Alle Alben von The Cure im Ranking
  16. Von Flop bis Top – Alle Alben von Blur im Ranking
  17. Die 50 wichtigsten Noiserock-Platten – Mutwillig am Hit vorbei
  18. Von Flop bis Top – Alle Alben von Oasis im Ranking
  19. Von Flop bis Top – Alle Alben von Nick Cave & The Bad Seeds im Ranking
  20. Von Flop bis Top – Alle Alben von Weezer im Ranking
  21. Die 50 wichtigsten Soundtracks – Bilder hören
  22. Zwölf umweltbewusste Alben – Sendungsbewusstsein
  23. Von Flop bis Top – Alle Alben der Beatsteaks im Ranking
  24. Von Flop bis Top – Alle Alben von Frank Turner im Ranking
  25. Von Flop bis Top – Alle Alben der Foo Fighters im Ranking
  26. Global Beat - Die wichtigsten Platten – Der Beat geht weiter
  27. Jahresrückblick 2023: Die 50 Alben des Jahres – Es müsste immer Musik da sein
  28. 1993 in 50 Platten – Re(ar)viewmirror
  29. Die 25 besten Heartland-Rock-Platten – Bewusstsein schaffen
  30. Shoegaze: Die 40 besten Platten – Dream On
  31. Tribute-Alben: 25 Meilensteine – Wem Ehre gebührt
  32. Supergroups: Die 50 besten Alben – Alles super
  33. Supergroups: Superduos – Ein Fall für zwei
  34. Die 33 wichtigsten Koop-Alben – Kommt zusammen
  35. Sludge Metal: Die besten Platten – Schlammschlacht
  36. Die 2010er: Die Plattenliste – Die 100 besten Alben der 2010er
  37. Okkult-Rock - Die Plattenliste – Diabolus in Musica
  38. Proto-Punk: Die wichtigsten Platten – Paten des Punk
  39. Jahresrückblick 2022: Die 50 Alben des Jahres – Kommentare zur Zeit
  40. Britpop - Die Plattenliste – Cool Britannia
  41. Post-Punk: Die besten Alben der ersten Welle – Pinke Flagge, schwarzes Gewand
  42. Post-Punk: Die besten Alben des Revivals – Widerhall in der Fabrikhalle
  43. Von Grunge bis Drum'n'Bass – Die 100 wichtigsten Platten der 90er

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