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Rauchverhangen und clever

Diesen Monat feiert Beats & Rhymes Wiedersehen mit einigen bekannten Namen, wenn auch in anderen Zusammenhängen. Da wäre etwa Yukimi Nagano. Normalerweise steht die Sängerin der schwedischen Band Little Dragon vor, aber nach mehr als 25 Bandjahren hat sich genug Material für ein Soloalbum angehäuft. “For You” (Ninja Tune, 28.03.)  verfügt vordergründig über die gleiche Qualität wie Platten von Naganos Hauptband: Wenn sie singt, ist die Welt gleich ein bisschen heller. Wobei “For You” deutlich dunkler gefärbt ist als etwa das aktuelle Little-Dragon-Album. Deren Quirligkeit tauscht Yukimi mit Gästen wie Lianne LaHavas oder Posdnuos von De La Soul gegen eine tiefgründige Erhabenheit ein. Das letzte Wort auf der Platte hat Naganos Vater Yosuke, ehe er in Tränen ausbricht.

Musikalisch in ähnlichem Terrain unterwegs ist Greentea Peng. “Tell Dem It’s Sunny” (Greentea Peng, 21.03.) ist ihr zweites Album und erneut rauchverhangen. Denn Grün ist nicht nur die Hoffnung, sondern auch das Kraut, von dem sich Greentea Peng gerne inspirieren lässt. Was nicht bedeutet, dass ihr Gefühle wie Wut unbekannt wären. Gerade die Single “Tardis (Hardest)” macht trotz blubbernder Bassline, TripHop-Beat und Dub-Vibe keinen Hehl aus Greentea Pengs Unzufriedenheit, während sie mit dem folgenden “One Foot” an Adele denken lässt, nur um im brummenden “Nowhere Man” ins Gedächtnis zu rufen, dass sie auch rappen kann. Es ist dieser Abwechslungsreichtum, der sie zu einer besonderen Künstlerin macht.

Mit Abwechslungsreichtum kann sich auch Mathias Modica alias Kapote identifizieren. Anfang der 00er Jahre war er mit dem Duo Munk und dem Label Gomma ein Pionier des Disco-Punk, inzwischen betreibt er mit Toy Tonics eines der spannendsten House-Labels und mit dem Label Kryptox schreibt er die Geschichte von Krautrock mit neuen Acts weiter. Und dann ist da noch Kapote, sein aktuelles Alias, mit dem er stärker seiner italienischen Seite frönt. “Para Mytho Disco” (Toy Tonics, 28.03.) bietet Italo Disco und lasziven House oder setzt mit dem Oldschool-Electro von “Jerks Of Neukölln” seiner aktuellen Wahlheimat ein Denkmal. Wie bei allen Veröffentlichungen von Modica lebt auch “Para Mytho Disco” von seinem Witz. Er hat keine Scheu vor Käsigkeit, ist aber viel zu clever, dass es je kitschig werden könnte.

Daniel Brandt war zuletzt mit seiner Band Brandt Brauer Frick hier zu Gast. “Without Us” (Erased Tapes, 21.03.) ist sein dritter Alleingang. Unverkennbar ist Brandts Hauptinstrument das Schlagzeug. Für viele der Tracks hat er in Kalifornien Percussion aufgenommen, aber auch sonst ist er viel mit dem Diktiergerät in der Hand unterwegs gewesen, etwa um für einen Track wie “PNK” den Sound der größten Mall Europas mitzuschneiden. “Without Us” soll eine Reflexion über die Klimakrise sein und was sie jedem einzelnen von uns aufbürdet. Dass die Platte trotzdem eher uplifting ist als niederschmetternd, ist der Verdienst von Brandt, der das Album demnächst in London zur Aufführung bringen wird – inklusive eines zu Musik und Thema passenden Films.

Rapper:in Backxwash ist hingegen schon beim fünften Soloalbum. 2022 schloss sie mit “His Happiness Shall Come First Even Though We Are Suffering” eine preisgekrönte Trilogie ab, nun orientiert sie sich mit “Only Dust Remains” (Ugly Hag, 28.03.) neu. Geblieben ist die enorme Dringlichkeit in Backxwashs Stimme, die sich vor allem im programmatischen Wake Up in eine Art freies Fließen der Gedanken steigert. Ästhetisch ist Backxwash in einem ähnlichen Universum unterwegs wie Clipping, musikalisch eröffnet “Wake Up” allerdings neue Räume, ohne dass die Rapper:in auch nur ein Jota nachgiebiger wäre.


»So sind wir halt«

“So sind wir halt”, sagt Dirk von Lowtzow, noch ehe seine Band einen Ton gespielt hat. Der Tocotronic-Frontmann kündigt zur Begrüßung ein Lied über den Tod an und kommentiert diese unkonventionelle Konzerteröffnung mit einem schelmischen Lacher. So sind sie halt, denkt man sich, wenn direkt im Anschluss mit “Bitte bleib am Leben” die zugehörige Antithese folgt. Mit diesen beiden Songs eröffnen die Veteranen der Hamburger Schule aus ihrem neuen Album “Golden Years” mindestens überraschend und bestätigen die als souverän und resolut zu bezeichnende Qualität der Platte. Auf lange Sicht wird es trotzdem nicht zum Publikumsliebling reichen. Denn bei aller musikalischer Reife, die die Band spätestens seit “Schall & Wahn” mit jedem neuen Album forciert, sind es die Parolen ihrer Anfangstage, die den Wiesbadener Schlachthof ausverkaufen.

Tocotronic, Wiesbaden (Foto: Daniel Thomas)
Tocotronic, links im Bild: der französisch anmutende Mitreisende Felix Gebhard (Foto: Daniel Thomas)

Das Debüt “Digital ist besser” und der ebenso betitelte Songs markiert 30 Jahre nach Erscheinen den Moment, bei dem die schlechte Luft im Raum erstmals zu flirren beginnt. Ein Song, bei dem Grüße an das aktuell verlorene vierte Mitglied Rick McPhail nach Hamburg geschickt werden. Ab hier nimmt ein für Tocotronic-Verhältnisse rasantes Konzert seinen Gang. “Wiesbaden”, schreit von Lowtzow, gefolgt von “aber hier leben?” – und sogar die Wiesbadener:innen im Publikum werfen geschlossen und uneitel, “nein, danke” zurück. Wie immer bei dieser Band zählen die Pausen zwischen den Songs zum wesentlichen Teil des Live-Erlebnisses als eine Art begleitender Kommentar ihrer subtilen Protestkultur. Von Lowtzow erzählt von seiner Zahnspange, die er in der fünften Klasse verordnet bekommen hat, eine mit “so einem Halfter” um den Nacken. Womit er das darauffolgende “Sie wollen uns erzählen” zum Protestsong gegen die Kieferorthopädie als Vorstufe der neoliberalen Selbstoptimierung erklärt.

Tocotronic, Wiesbaden (Foto: Daniel Thomas)
Opfert Ästhetik zugunsten des Nachdrucks: Dirk von Lowtzow (Foto: Daniel Thomas)

Weniger Erklärungsbedarf hat der aktuelle Protest, der mit “Diese Menschen sind gefährlich” die auf erschreckende Größe einer Volkspartei angeschwollene AfD und ihre Anhängerschaft zur Zielscheibe hat. Selbstverständlich schicken Tocotronic diese Botschaft bei ihrem Publikum in die eigene Echokammer. Und fast scheint es, als wolle von Lowtzow gerade deshalb auch mal bewusst etwas Reibung erzeugen, wenn er mit “Ich hasse es hier” gezielt eine weitere Spitze gegen die vermeintliche Verwaltungsstadt Wiesbaden setzt. Das kann man überhören, oder einfach so stehen lassen, ganz im Sinne von: “Let There Be Rock”. In ihrer Gegenkultur lassen Tocotronic ohnehin keine Atempause, erst recht nicht bei den Zugaben. Mit der auffälligen Tendenz, alles etwas schneller zu spielen als auf Platte, opfern sie ein Stück weit Ästhetik zugunsten des Nachdrucks. Besonders forsch bei “Hi Freaks”, das mit doppelter Geschwindigkeit auf eine Punkversion seiner selbst beschleunigt, um dem eigentlichen Punkrocker “Die Welt kann mich nicht mehr verstehen” den Weg zu ebnen.

Tocotronic, Wiesbaden (Foto: Daniel Thomas)
Guckt traurig drein, weil Kollege Jan Müller ihn mit Kuscheltieren beschmeißt: Arne Zank (Foto: Daniel Thomas)

“Wir suchten einen französisch anmutenden Mitreisenden”, stellt von Lowtzow den Live-Ersatz und Muff Potter– und Zahn-Gitarristen Felix Gebhard beim zweiten Zugabenblock vor, während Bassist Jan Müller Kuscheltiere in Richtung von Schlagzeuger Arne Zank wirft. Ist das schon die maximale Ekstase oder nur geschicktes Framing für “Explosion”, bei dem entgegen der Songzeilen tatsächlich alles triumphiert? Band, Song, Publikum, Bierstand – alles Bestandteile eines einzigartigen, widerspenstigen Schlussakkords. Von Lowtzow würde sagen: “So sind wir halt.”

»Lauter, schärfer, schamloser«

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Erst kürzlich spielten Wet Leg ein Geheimkonzert in Brighton, bei dem sie fast ausschließlich neue Songs performten und so die Gerüchteküche um ein neues Album ordentlich anheizten. Nicht mal zwei Wochen später kündigt die Band jetzt nach ihrem selbstbetitelten Debüt “Wet Leg” offiziell ihr zweites Album “Moisturizer” an, das am 11. Juli über Domino erscheinen soll.

Die erste Single “Catch These Fists” wurde schon vor einer Woche über den Instagram-Account der Band angekündigt und feiert – zusammen mit dem Musikvideo – bereits heute Premiere. Das Video wurde von der fünfköpfigen Band um Rhian Teasdale und Hester Chambers auf ihrer Heimatinsel Isle of Wight gedreht.

 

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“Schmutziger, wo es drauf ankommt”

Die Single ist tanzbar wie zynisch und damit sowohl typisch für die Brit:innen, als auch ein klarer Vorgeschmack auf die Richtung der neuen Platte: “‘Moisturizer’ ist ein wildes, verspieltes, fantastisches Biest – eine ungezähmte Demonstration der Live-Power, die sich Wet Leg in den letzten Jahren auf endlosen Touren antrainiert haben. Schärfer, schöner und genau da schmutziger, wo es drauf ankommt – das Album ist ein Mix aus fiebrigen Lovesongs und eiskalten Abschiedsküssen, serviert von den schrägsten Lieblingen der britischen Musikszene”, so die Pressemitteilung.

Die Songwriting-Credits für das gesamte Album teilt sich die Band: “Wir hatten einfach Spaß und haben ausprobiert”, sagt Chambers. “Wir haben uns gefragt: Macht das live Bock?”, ergänzt Teasdale. “Deshalb war es ganz logisch, dass wir die zweite Platte zusammenschreiben.”

Wet Leg – “Moisturizer”

Wet Leg: Moisturizer Cover

01. CPR
02. liquidize
03. catch these fists
04. davina mccall
05. jennifer’s body
06. mangetout
07. pond song
08. pokemon
09. pillow talk
10. don’t speak
11. 11:21
12. u and me at home

Könige im Ring

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“Eine neue Platte so voller Energie, Freude, Wut und Leben, dass man die Realität, wie man sie kannte, infrage stellen wird”, kündigen The Hives ganz bescheiden ihr siebtes Studioalbum an und sprechen nicht weniger zurückhaltend von der Maxime “Jeder einzelne Song eine Single, jede Single ein Hit, jeder Hit ein Volltreffer in das Gesicht des Menschen”.

Zur erste Hitsingle gibt es dazu offensichtlich ein schlagkräftiges Video, in dem sich die Schweden zu den Königen im Boxring küren und auch ordentlich mit ihren Signature-Stakkato-Riffs austeilen. Dabei bleibt ihnen der punkige Charme des Vorgängers “The Death Of Randy Fitzsimmons” (2023) erhalten.

Bis 2023 mussten sich Fans der Live-Sensation mit dem elf Jahre alten Album “Lex Hives” (2012) und den etlichen Touren begnügen, seit 2023 scheint auch der kreative Knoten von The Hives offenbar endgültig geplatzt. Mit “The Hives Forever Forever The Hives” erscheint über Pias am 29. August das zweite Album der Garage-Ikonen innerhalb von knapp zwei Jahren. So produktiv waren die Schweden bislang noch nie.

Entstanden ist die Platte zum Teil in den Studios des Labels YEAR0001 um Cloud-Rapper Yung Lean. Auch im Stockholmer Studio Riksmixningsverket von ABBAs Benny Andersson wurde aufgenommen. Als Produzent wirkte vor allem Pelle Gunnerfeldt an der Platte mit, mit dem The Hives ihre ersten drei Alben einspielten. Gunnerfeldt produzierte zuletzt etwa das kommende Album der Viagra Boys.

Außerdem waren die Schweden im Songwriting-Prozess bei Beastie Boy Mike D im Studio zu Gast, Josh Homme von den Queens Of The Stone Age soll der Band – wie schon 2012 – dabei “mit Rat und Tat” zur Seite gestanden haben.

“The Hives Forever Forever The Hives” kann bei bereits vorbestellt werden. Im Herbst und Winter gehen Howlin’ Pelle Almqvist & Co. mit der neuen Platte dann auf Europatour. Tickets gibt es ab Mittwoch, dem 9. April um 10 Uhr via Eventim, der allgemeine Vorverkauf startet am 11. April um 10 Uhr.

The Hives – “The Hives Forever Forever The Hives”

The Hives - Album Artwork

01. “(introduction)”
02. “Enough Is Enough”
03. “Hooray Hooray Hooray”
04. “Bad Call”
05. “Paint A Picture”
06. “O.C.D.O.D”
07. “Legalize Living”
08. “(interlude)”
09. “Roll Out The Red Carpet”
10. “Born A Rebel”
11. “They Can’t Hear The Music”
12. “Path Of Most Resistance”
13. “The Hives Forever Forever The Hives”

VISIONS empfiehlt:

21.10.2025 Berlin – Columbiahalle
24.10.2025 München – Zenith
25.10.2025 Leipzig – Haus Auensee
01.12.2025 Köln – Palladium
02.12.2025 Frankfurt – myticket Jahrhunderthalle
03.12.2025 Hamburg – Sporthalle

Abgefeuert

Das Battle ums Album des Jahres wird bei mir (voraussichtlich) schon im März ausgetragen, schließlich ist sowohl den Architects als auch Spiritbox jeweils eine absolute Ausnahmeplatte gelungen. Während “The Sky, The Earth & All Between” aber als Gesamtwerk auf Dauerschleife läuft, hat es mir von “Tsunami Sea” besonders “Keep Sweet” angetan, der mit einer solchen schmerzbehafteten Melancholie beladen ist, dass ich mich ihm kaum entziehen kann. Weshalb der Song in meiner aktuellen All Areas Playlist landet.

Grundsätzlich anderes Genre, aber ähnliche Grundstimmung: “The Seed” von Aurora. Nicht nur musikalisch weiß die Singer/Songwriterin zu überzeugen, der TikTok-Algorithmus spült mir außerdem aktuell quasi konstant grandiose Interview- und Konzertausschnitte der Norwegerin in die Timeline. Dürfte ich mir nur eine einzige Wunsch-Interviewpartnerin außerhalb des VISIONS-Kosmos aussuchen, wäre Aurora auf Platz 1 (oder zumindest nur sehr knapp hinter Taylor Swift).

Bleiben wir noch einen Moment am Rande des VISIONS-Kosmos: Coldplays “Atlas” wurde als Teil des Soundtracks zum zweiten “Tribute von Panem”-Film bekannt – seit das neueste Buch des Franchise erschienen ist, ist der Song auch wieder in meiner Heavy-Rotation aufgetaucht. Aber wer verbindet Melancholie mit Indiepop bekanntlich am besten? Richtig, The National. Gut also, dass Frontmann Matt Berninger wieder solo Musik veröffentlicht und eine ähnliche Richtung einschlägt wie seine Hauptband. Die Melancholie bleibt noch einen weiteren Song lang erhalten: Ebenfalls heißer Anwärter auf einen Platz in meiner Top-5 der Alben des Jahres ist Sam Fender. Persönliches Highlight von “People Watching”: “Little Bit Closer”.

Okay, ziehen wir das Tempo mal ein wenig an: The Wombats laden mit “Blood On The Hospital Floor” auf den (hoffentlich nicht blutverschmierten) Dancefloor ein, The Callous Daoboys haben auf ihrem neuen Album “I Don’t Want To See You In Heaven” so einige Highlights versteckt, davon bislang veröffentlicht ist allerdings nur “Two-Headed Trout”. Auch House Of Protection laden mit “Fire” in den Moshpit ein, ebenso wie Van Holzen mit “Gedanken neu”. Nur bei “Emergence” von Sleep Token könnte der Pit an der Polyrhythmik scheitern – das tut der Vorfreude auf das neue Album aber nur bedingt Abbruch.

Noch mehr All Areas Playlisten sowie unsere “Draußen”- und “Best New Songs”-Playlisten findet ihr unter visions.de/playlists.

Auf Fake-Daft-Punk-Mitglied hereingefallen

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Am Freitag hat Ex-Kraftwerk-Mitglied Wolfgang Flür sein neues Soloalbum “Times” veröffentlicht, ein Blick in die Songwriting-Credits verrät, dass an den Songs “Monday To The Moon” und “Uber_All” ein gewisser Thomas Vangarde beteiligt war – auf den ersten Blick ein Synonym vom ehemaligen Daft Punk-Mitglied Thomas Bangalter, dessen Vater diesen Nachnamen benutze. Nun stellt sich heraus: Bangalter weiß offenbar nichts von der Kooperation.

In einem mittlerweile gelöschten Ausschnitt aus einem Interview zum Album berichtet Flür von seinem Kontakt zum vermeintlichen Daft-Punk-DJ, der bereits 2023 über Facebook zustande gekommen sein soll. Demnach soll der angebliche Bangalter Flür eine Nachricht geschrieben haben, in der er ihm zu seinem 2022 veröffentlichten Album “Magazine 1” gratulierte und nach einer signierten Vinyl fragte: “Ich sammle Alben, aber es muss persönlich von dir signiert sein. Wir lieben euch. Ohne Kraftwerk hätten wir nicht unseren eigenen Roboter-Stil gefunden, mit den Helmen auf der Bühne zu stehen.”

Wolfang Flür auf Hochstapler hereingefallen

Flür verschickte darauf direkt eine signierte Version seines Albums und fragte im Gegenzug, ob Bangalter Interesse daran hätte, an Flürs nachfolgendem Album mitzuwirken – daraus entstanden zusammen mit Bassist Peter Hook die beiden Songs, die nun auch auf dem Album zu finden sind. Schon kurz nach Release wurden jedoch Stimmen aus den (entfernten) Reihen von Daft Punk laut, die behaupteten, Flür sei auf einen Hochstapler hereingefallen.

Auf der Webseite Daft Punk Historian fasst Daft-Punk-Archivar Luke Perez die Geschichte zusammen und hält fest, dass auf Nachfrage bei einem Nahestehenden des Managements von Daft Punk bestätigt wurde, dass der echte Bangalter mit der Entstehung der Songs nichts zu tun hätte: “Ich gehe davon aus, dass der falsche Bangalter Flürs Lager davon überzeugt haben muss, dass er jetzt als Thomas Vangarde auftritt, um seine Spuren zu verwischen”, so Perez. Weiter erklärt er: “Bizarrerweise scheint niemand im Umfeld des echten Thomas Bangalter davon erfahren zu haben oder ihn darauf angesprochen zu haben, bis die Tracks veröffentlicht wurden, obwohl dies schon seit über zwei Jahren bekannt ist.” Auch hält er fest, dass er nicht verstehen kann, warum Flürs Label die angebliche Zusammenarbeit nicht hinterfragt hat.

Flür war zwischen 1973 und 1987 ein Teil von Kraftwerk und hat seitdem drei Soloalben veröffentlicht. Bereits im Februar 2023 hatte Flür erstmals über die Zusammenarbeit gesprochen, damals reagierten Fans skeptisch, da Daft Punk dafür bekannt sind, keine privaten Facebook-Profile zu nutzen. Die Songs stehen aktuell weiter mit Thomas Vangarde als Co-Songwriter online, ein Statement von Flür, seinem Management oder Label steht noch aus.

Neues Album im Juni?

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Die Hardcore-Größen Turnstile scheinen eine neue Veröffentlichung zu planen: Basement-Gitarrist Alex Henery, der auch für die Videografie bei Turnstile zuständig ist, postete bei Instagram eine Story, die ein Werbeplakat auf dem Sunset Boulevard in Los Angeles zeigt. Auf dem Plakat steht der Schriftzug: “Never Enough / Turnstile” und das Datum 6. Juni 2025. Auch darauf zu sehen: Meg Mills, die nach dem Rauswurf von Brady Ebert seit 2023 als Tour-Gitarristin einsprang. Die Band hat sich bislang noch nicht zum Plakat geäußert.

THE BOYS ARE BACK
byu/Primary-Ship-4470 inturnstile

Zeitlich gesehen ist die Veröffentlichung von neuer Musik der Band sehr wahrscheinlich: Bereits 2021 veröffentlichten sie ihr bislang letztes Album “Glow On”, in den nachfolgenden Jahren blieben sie weiterhin sehr aktiv durch Touren und tauchten etwa als Gäste auf dem Hot Water Music-Album “Vows” auf.

Die erste neue Musik seit ihrem Genre-Meilenstein veröffentlichen Turnstile Anfang 2023 für die Sketch-Serie “I Think You Should Leave With Tim Robinson” als fiktive Band The Everything-You-Knows. Zuletzt wurden sie als Teil des geupdateten “Tony Hawk’s Pro Skater 3 + 4”-Soundtracks angekündigt. Ob es bereits zu ihren Auftritten beim diesjährigen Hellfest, Glastonbury oder Jera On Air neue Musik zu hören geben wird, ist bislang nicht bestätigt – dank des Datums auf dem Werbeplakat aber denkbar.

Gnome men’s land

Die nennt sich Gnome und besteht aus drei blassen Antwerpenern, die auf Pressefotos, in Videoclips und während ihrer Auftritte rote Spitzhüte tragen. Man kann es geradezu als Ritual bezeichnen, wenn das Trio zu seiner Einlaufmusik die Bühne betritt, die zwergischen Kopfbedeckungen hervorholt und mit feierlicher Gestik aufsetzt. Womit sie natürlich nicht allein sind. Den Soundmann der Band erkennt man unter den tausenden Besucher:innen auf dem Gelände des Carlswerk und des Club Volta, ebenso die Fans: alle buchstäblich behütet. Und weil Gnome die Dinger auch am Merchstand verkaufen und mehr als nur eine Handvoll Leute zugreifen, ist es wohl keine Übertreibung zu sagen: Mehr rote Kappen gibt’s nur bei Limp Bizkit-Shows.

Das ist nur eine der Eigenheiten des ersten – und ausverkauften – SOL Sonic Ride 2025, mit dem das Label und Veranstaltungsunternehmen Sound Of Liberation 2025 die Feierlichkeiten zu seinem 20-jährigen Jubiläum so richtig ins Laufen bringt. Von den zwölf Bands, die heute spielen, haben fünf am Vortag in Karlsruhe das Line-up des Mini-Festivals SOL Psych Out gebildet. Ob es daran liegt, dass High Desert Queen, Kant, Greenleaf, Earth Tongue und Color Haze so eingespielt sind, sei dahingestellt. Doch sie sind es, und da sie (mit den Anheizern Lucid Void) die Besetzung der ersten Hälfte des Sonic Ride bilden, erleben die Besucher:innen von Anfang an ein hochwertiges Vergnügen zwischen Hardrock, Stoner und Psych, das knallhart demonstriert, was Sound Of Liberation für die Szene leisten: Aufbauarbeit für eine so junge wie auch fantastische Band wie Kant steht dem Booking von internationalen Namen wie Slomosa oder 1000Mods gegenüber.

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Gott sei Dank sind Griechen da: 1000Mods (Foto: Falk-Hagen Bernshausen)

Und mittendrin, zur Halbzeit: My Sleeping Karma. Bei denen spielt SOL-Chef Matthias “Matte” Vandeven Bass, die Bandgeschichte spiegelt den Verlauf von Sound Of Liberation. Vom Gas-Wasser-Installateur, der quasi nebenbei Musik macht, zum ernsthaften Booker und Profimusiker, der mittlerweile das Berliner Desertfest und zahlreiche andere Szenetreffs veranstaltet. Mit ihrem sechsten Album “Atma” haben My Sleeping Karma 2022 einen kreativen Höhepunkt erlebt, auf den ein Jahr darauf der tragische Krebstod ihres Schlagzeugers Steffen Weigand folgte.

Wenn nun also tausende Leute im Carlswerk zum instrumentalen Space-Prog der Aschaffenburger mitgehen, hat das etwas Spirituelles und stellenweise wohl auch Heilendes, das die Musik überstrahlt. Von den übergroßen Projektionen indischer Gottheiten und Symbole kann man dann auch halten was man will. Im besten Fall lässt sich das Publikum darauf ein, im schlimmsten stören die Bilder nicht weiter. Mit geschlossenen Augenlidern sind My Sleeping Karma ohnehin am besten zu genießen – das ist als Kompliment gemeint.

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Bestaunt sein Werk: SOL-Chef Matthias Vandeven (Foto: Falk-Hagen Bernshausen)

Mit offenen Augen gehen dagegen Daevar vor. Die haben mit drei bockstarken Alben in drei Bandjahren einen exzellenten Lauf, den sie live nahtlos fortführen. Dazu nutzt Sängerin und Bassistin Pardis Latif eine Pause zwischen zwei Songs für eine Ansage im Sinne des feministischen Kampftages vor ein paar Wochen und fordert folgerichtig und erfolgreich im weiteren Verlauf des Sets einen FLINTA-Pit vor der Bühne. Dann fällt auch kaum ins Gewicht, dass zum grungigen Doomrock der Band so richtig fies Headbangen nicht drin ist. Dafür sind eben Gnome zuständig.

Die folgen im Club Volta auf Daevar und zocken ein Set aus dem Besten ihres aktuellen, wilden Albums “Vestiges Of Verumex Visidrome” und einer Auswahl ihrer vorherigen beiden Alben. Dass dabei Auszüge ihres instrumentalen Debüts “Father Of Time” (2018) bestens zu neuen Songs wie dem Riffmonster “Old Soul” passen, spricht für die drei verrückten Belgier, die ihren Auftritt neben den Spitzhüten mit Projektionen von Szenen aus alten Fantasy- und SciFi-Billigfilmen garnieren. Braucht es die zwingend? Nein. Braucht es den Humor nach Art von Mastodon-Videos? Nein. Aber sie transformieren das Set von bemerkenswert zu denkwürdig. Geht es nach uns, werden Belgien und das Indielabel Polderrecords bald zu klein für Gnome.

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Beschlossen den Abend im Carlswerk: Slomosa (Foto: Falk-Hagen Bernshausen)

Danach könnte genausogut Schluss sein mit dem ersten SOL Sonic Ride. Beschweren würde sich niemand – außer Slomosa und Frenzee, die den Abend in ihren jeweiligen Venues beschließen. Slomosa mit viel Heavy-Vibes und vor größerem Publikum im Carlswerk, Frenzee im Club Volta mit einer punkigen Note, die so an dem Tag noch nicht anklang und mit einem wahren Energiebündel als Sängerin. Wer Apollonia Xylouris heißt, dürfte ohnehin ein Leben mit eingebautem Cheatcode für Action führen. Schöne Überraschung auch: Live klingt das griechische Geschwister-Trio ungleich besser als auf Platte.

Und dann war’s das wirklich. Aber eben nur für heute Abend. Am 30. Mai veranstaltet Sound Of Liberation in Chemnitz die “Blue Moon Barbecue Session” mit Daevar, Earth Tongue, The Kilaueas und einem DJ-Set von VISIONS-Redakteur Jan Schwarzkamp rund um Stoner, Psychrock und Metal. Rund einen Monat darauf, am 28. Juni, folgt der zweite Sonic Ride auf dem Gelände des Schlachthof Wiesbaden. Headliner: das Brant Bjork Trio und King Buffalo. Wir sehen uns dort.

Anscheinend aufgelöst

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Zuletzt bestand Chubby & The Gang nur noch aus zwei Personen: Charlie Manning Walker – genannt “Chubby Charles” – und Fucked Up-Schlagzeuger Jonah Falco. Zusammen hatten die beiden 2024 das Album “…And Then There Was” eingespielt und aufgenommen. An Walkers Seite war zuletzt eine Live-Band, die zweite Inkarnation der Band.

Denn schon auf dem zweiten Album “The Mutt’s Nuts” (2021) wurde Bassist Luke Austin mit Maegan Brooks ausgewechselt. Die wiederum spielt mittlerweile Gitarre bei Turnstile. Genau für die sollten Chubby & The Gang im Juli 2022 noch den Support (in Deutschland) übernehmen. Aber schon da hieß es, die Band habe sich kurzfristig aufgelöst. Walker tourte und veröffentlichte derweil mit der Oi!-Punk-Band The Chisel Anfang 2024 das Album “What A Fucking Nightmare” – bis Chubby & The Gang dann “…And Then There Was” angeteasert haben.

 

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Auf Instagram haben Chubby & The Gang, deren Bandfoto schon länger nur noch Walker zeigt, einen Post, in dem sich Walker für die guten Zeiten bedanken und für die schlechten innerhalb der vergangenen sechs Jahre entschuldigt. Mit dem Vermerk, dass es noch Merch gibt.

Gegründet hatte Walker die Supergroup 2019 in London zusammen mit diversen Kolleg:innen aus dem Punk-, Hardcore-, Oi!- und Garage-Rock-Umfeld – um all diese Styles inklusive ein wenig Folk, Power-Pop und Pub-Rock zu fusionieren. 2020 erscheint das Debütalbum “Speed Kills”, zwei weitere und einige Singles folgen. Allesamt produziert von Jonah Falco.

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