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    The Electric Soft Parade
    The American Adventure

    VÖ: 02.02.2004 | Label: BMG
    Text: Patrick Großmann
    Platte des Monats

    Feine Sounds, versponnene Arrangements, eine einfühlsame Stimme und vor allem: neun tolle Songs! Auch der zweite Streich der White-Brüder sollte die Herzen der Pop-Welt höher schlagen lassen.

    Die Inseln jenseits des Ärmelkanals waren ja schon immer ein hervorragender Nährboden für Schnellstarter und präpotente Pop-Bastler. Man denke an Muse, JJ72 oder Ash. Derzeit rollt mit Bands wie The Cooper Temple Clause, The Coral und Biffy Clyro (um nur einige zu nennen) die nächste Lawine Frühvollendeter auf uns zu. Gemeinsame Kennzeichen: Anfang 20, spielwütig, ohne Berührungsängste, Hausaufgaben gemacht. Den Vogel indes schoss vor nunmehr zwei Jahren mit Alex (damals 19) und Thomas White (17) ein Multiinstrumentalisten-Tandem aus Brighton ab. Jenes nämlich hatte mit „Holes In The Wall“ ein Rock-Kaleidoskop zusammen geschraubt, das einem schier die Schuhe auszog vor kompositorischem Weitblick und eklektizistischem Fintenreichtum. Honoriert hatten dies dereinst (zumindest außerhalb Englands) ärgerlich Wenige, was womöglich an der doch reichlich ausufernden Laufzeit des Albums gelegen haben mag.
    Nun legen The Electric Soft Parade – abermals in Eigenregie produziert und komplett analog aufgenommen – ebenso gekonnt wie gelassen nach; führen ihren Kosmos gewissermaßen eng, indem sie ihn an den rechten Stellen entschlacken. Je tiefer man in sie einsteigt, desto mehr wird einem klar, dass diesmal bloß das Beste den Weg auf die Platte fand. Wenn Alex gleich zu Beginn im stampfenden Riff-Rocker „Things I’ve Done Before“ „still I walk along with no sense of where I’ve gone / if it’s more than what I hoped for then I’d hope that I was wrong“ singt, dann darf man das durchaus auch selbstreferenziell deuten. Selbiger macht in unter drei Minuten alles richtig, verdrahtet den Slideguitar-Furor von Led Zeppelin mit Sixties-Pop-Sahne inklusive hüpfendem Piano, bevor die Brüder mit „Bruxellisation“ einen ebenso verführerischen Abstecher in Richtung verträumter, von sphärischen Chorälen getragener Gegenwelt wagen. Eine Gitarrenfigur fließt über Geräuschfetzen, die Snaredrum rattert – und urplötzlich baut sich harmonisch Spannung auf. Abermals gibt es Unmengen zu entdecken auf der zweiten Kaperfahrt der Whites: Vom Streicher-satten, sich genüsslich steigernden Akustik-Abenteuer „The Wrongest Thing In Town“ über den siebenminütigen, versponnen Haken schlagenden Titeltrack mit seinen zwei Drumkits, Orgeln und Kanon-Gesängen bis hinunter zu übermütig umher tollenden Retro-Reißern wie „Lights Out“ oder dem Kracher „Lose Yr Frown“. Dort kullern und zirpen die Analog-Keys wie bei Grandaddy oder den Super Furry Animals, dann wieder überrascht man mit haarsträubend reifer, nie aufgesetzt wirkender Weite à la Doves, Mercury Rev oder Elbow. Die thematische Fragestellung indes scheint ernster geworden: „Existing is easy, living is hard“, bekundet Thomas altklug im zu Herzen gehenden Abschlusstrack, bevor er kurz darauf zugibt: „I never thought we would make it this far / I only wanted to convince myself / but half of the time we were lost we were gone.“ Oft geht es (zumindest auf einer Metaebene) darum, was das Reisen, Fernbleiben der Heimat mit dir anstellt, wie es dich verändert.
    Ach ja, übrigens: In Amerika sind die zwei Spaßvögel bis heute nie gewesen. Was sich in Bälde ändern dürfte. 36 Minuten Melancholie-getränkte Glückseligkeit, die dir den winterlichen Alltag versüßen. Formidable Leistung!

    weitere Platten

    Idiots

    VÖ: 05.07.2013

    The Human Body (EP)

    VÖ: 27.01.2006

    Holes In The Wall

    VÖ: 22.04.2002