Geordie Greep
The New Sound
Text: Jonas Silbermann-Schön | Erschienen in: VISIONS Nr. 379
2022 sitzt Greep mit VISIONS im Gebäude 9, eigentlich um über das letzte Black-Midi-Album “Hellfire” zu sprechen, doch interessanter für ihn: Wie er allen mit Salsa tanzen auf den Sack geht, während er von einem Mash-up aus Prince und dem Musical “The Sound Of Music” fantasiert.
Damit nahm er bereits seine erste Solosingle vorweg. Denn “Holy, Holy” bringt zwei Jahre später die saftige Genre-Piñata zum Platzen, wenn Funkadelic-Bass und Stop-And-Go-Riffs auf alle möglichen Schichten aus lateinamerikanischen Instrumenten und Rhythmik seines 30-köpfigen Teams treffen. Nur noch größer fällt das Ego seines (macht-)geilen lyrischen Ichs aus, das sein Date mit reichlich Broadway-Schmalz als schmieriger Prediger auffordert: „When I tell you your pussy is holy/ I want you to slap me and then kiss me/ Make sure everybody’s watching, kiss me and then walk away.“
Es ist der tiefste von elf aberwitzigen Abstiegen in Greeps Schlangenhirn, in dem Südsee-Urlaub (“Terra”), Yacht Rock (“As If Waltz”), Noise-Vernissage (“Motorbike”) und Jazzkeller (“Bongo Season”) nah beieinander liegen. Nur “Blues” klingt so gar nicht nach Blues, sondern als wäre einem ein Bienenschwarm in den Kopf geflogen. Die dürfen auch gerne drinbleiben, denn “The New Sound” ist das brillanteste Soloalbum des Jahres.
Das steckt drin: Black Midi, Funkadelic, Steely Dan