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    Die Kassierer
    Männer, Bomben, Satelliten

    VÖ: 03.11.2003 | Label: Teenage Rebel/SPV
    Text: Ingo Neumayer
    9 / 12

    Weiterhin unerreicht und wichtig für dieses Land: Die Kassierer. Denn keiner singt so schöne Lieder über die Beschaffenheit von Hodensäcken und die Pisse von Rudi Carell.

    Wer glaubt, dass der ureigene Kassierer-Charme inzwischen langweilig geworden sei, da stets auf wiederholtem Tabubruch basierend, wurde unlängst und exemplarisch im ‚Rock Hard‘ eines besseren belehrt. Denn wenn selbst die nicht gerade zartbesaiteten und übertriebenen Intellekts und Niveaus verdächtigten Kollegen von der Metalpresse den Kassierern „peinliche Texte“ und „polternde Billignummern“ attestieren, kann die Band sicher sein, dass ihr Konzept sich noch nicht überlebt hat. Wie dieses Konzept aussieht, ist aber trotz der vielen Jahre, in denen die Watttenscheider nun schon ihr Unwesen treiben, ein gut gehütetes Geheimnis. Vielleicht so: Eine asoziale Deutschpunk-Band imitiert eine asoziale Deutschpunk-Band und irritiert dabei gleichzeitig alle anderen asozialen Deutschpunk-Bands inklusive der imitierten. Nun ja, auf gut deutsch klingt das so: Arbeit ist scheiße. Das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist. Ich möchte mir gerne mit deinem Gesicht meinen Arsch abwischen. Und wenn ich vor dem Fernseher sitze und zu faul bin, aufzustehen, kacke ich halt auf das Sofa. Auch Politik kommt nicht zu kurz: „Wer hat uns verraten? Die Sozialdemokraten! Wer war mit dabei? Die grüne Partei!“ So der vollständige Text und die Beantwortung der Frage: Warum viele Worte machen, wenn wenige den Sachverhalt viel pointierter auf den Punkt bringen? Das ist ziemlich nah an der Definition von Kunst, die den Kassierern von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften bereits attestiert wurde. Musikalisch haben sich die Wattenscheider wieder mal gesteigert und weiterentwickelt, neben üblichen Punkrock-Brechern gibt es Ska, Schlager, Country, Chanson, Volkslied und somit 21 höchst absurde Lieder, die pervers viel Spaß machen. Highlights: Das Dada-Stück „Kuckuck“, das bloß aus rhythmischem Räuspern besteht, die Rammstein-Persiflage „Meister aller Fotzen“, wo Wölfi kenntnisreich Till Lindemanns Sprachduktus aufs Korn nimmt, das Charles Aznavour-Cover „Du lässt dich gehen“ und „Kommste mit ins Stadion“, eine Hymne von Fußballhassern für Fußballfans, die stark an die Die Ärzte-B-Seite „Saufen“ erinnert, als sich der Abstinenzler Farin Urlaub in der hohen Kunst des Sauflieds übte. Überhaupt und apropos: Wenn es tatsächlich eine Band gibt, mit der man die unvergleichlichen Kassierer vergleichen sollte, dann noch am ehesten mit der aus Berlin (aus BERLIN). Und das ist ein Kompliment an beide.

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