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    Refused
    Freedom

    VÖ: 26.06.2015 | Label: Epitaph
    Text:
    Platte des Monats
    Refused - Freedom

    „Nothing has changed“ – 17 Jahre nach „The Shape Of Punk To Come“ lassen einen Refused zunächst im Glauben, im „Refused Party Program“ stände immer noch das gleiche. Dabei ist nicht nur die stilistische Vielfalt auf „Freedom“ neu.

    Trotz stärkerer Metal-Schlagseite klingt der Opener „Elektra“ wie ein Überbleibsel ihres bislang letzten Albums. Dabei ist er einer von zwei Songs, die Refused gemeinsam mit Shellback geschrieben haben – einem schwedischen Produzenten und Songschreiber, der geholfen hat, Songs wie „Moves Like Jagger“ von Maroon 5 an die Spitze der Charts zu hieven. Nicht die einzige Doppelbödigkeit und Uneindeutigkeit, die sich Refused auf „Freedom“ leisten. Und deshalb haben sie dem Song „Old Friends/New War“ an die Seite gestellt. Mit seinem Rap-Part und den leiernden Westerngitarren legt er eine neue Seite der Band frei und sorgt für Tabula rasa. „Old Friends/New War“ begräbt die exorbitanten Erwartungen an das erste Refused-Album seit 17 Jahren, an den Nachfolger eines Albums, an dem sich eine ganze Generation von Posthardcore-Bands die Zähne ausgebissen hat – ohne Erfolg. Die Freiheit im Titel ihres Comebacks fordern Refused auch für sich selbst ein, um von hier aus musikalisch wirklich etwas zu wagen, ohne sich zu wiederholen. Wer sich das gewünscht hatte, hat diese Band schon 1998 nicht verstanden.

    Es ist nicht nur der vergangenen Zeit geschuldet, dass Refused nicht mehr die gleiche Band sind. Mit Gitarrist Jon Brannström haben sie auch ein Mitglied verloren, und das erst im letzten Jahr, als die Pläne für ein Album schon sehr konkret gewesen sein dürften. Wollte Brannström den Weg, den Refused zum Beispiel mit „366“ einschlagen, einem Song mit einem echten Pop-Refrain, an dem wieder Shellback beteiligt war, oder mit „War On The Palaces“, in dem der Krieg den Palästen als fast konventioneller Rock’n’Roller mit dicken Bläsersätzen daher kommt, nicht mehr mitgehen? Witterte Brannström das gleiche, was viele Fans der Band nicht nur wegen der Reunion-Shows 2012 vorwerfen: sich zu verkaufen und jetzt das Geld mitzunehmen, das sie 1998 nicht verdient haben; schließlich weiß jeder, dass man von Respekt allein nicht leben kann. In dieses Bild passt, dass die Band ihre US-Tour im Mai dieses Jahres ausgerechnet in Las Vegas begonnen hat – Anlaufpunkt für Stars, die in ihrer Karriere ein letztes Mal abkassieren wollen.

    Diese Befürchtungen zerstreuen Refused aber locker. Indem sie aus den kurzen Flirts mit anderen Genres auf „The Shape Of Punk To Come“ diesmal echte Beziehungen machen. Songs wie „Servants Of Death“ mit seinem Red-Hot-Chili-Peppers-Funk und den Synthesizer-Stakkatos mögen einen im ersten Moment irritieren, zeigen aber nur, wie ernst es Refused mit der Freiheit ist. Und deshalb leisten sie sich mit „Useless Europeans“ auch die erste „Ballade“ ihrer Karriere, um mit dem Europa der Banken abzurechnen. In „Francafrique“ klingen sie nach Faith No More und reiben uns unser borniertes Desinteresse an den Genoziden und Bürgerkriegen im Kongo und anderen afrikanischen Staaten unter die Nase. Subversion durch Affirmation, das ist es, worauf es Refused 2015 ankommt – und „Freedom“ ist dafür genau das richtige Album.

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