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    Sufjan Stevens
    Carrie & Lowell

    VÖ: 27.03.2015 | Label: Asthmatic Kitty/Cargo
    Text: André Bosse
    Platte des Monats
    Sufjan Stevens - Carrie & Lowell

    Nach Kunstprojekten und einer längeren Pause hat Sufjan Stevens eine ganz simple Singer/Songwriter-Platte eingespielt. Einen größeren Gefallen hätte er uns gar nicht tun können.

    Stell dir vor, du hast einen besten Freund, der sensationell Geschichten erzählen kann. Storys, die dir das Herz brechen. Die von wahren Dingen handeln, von Menschen, die man nicht persönlich kennt, die einem aber sofort ans Herz wachsen. Nun hat dein Freund eines Tages damit begonnen, seine Geschichten auf andere Weise zu erzählen. Er hat sie ausgeschmückt, fantastische Wesen erfunden und Dinge tun lassen, die nie ein Mensch zuvor getan hat. Du hast fasziniert an seinen Lippen gehangen und geglaubt, diese Erzählungen seien Geschenke des Himmels. Dann ist der Freund für eine Weile verschwunden. Man hörte, er wolle vielleicht keine Geschichten mehr erzählen. Du dachtest dir, okay, man muss das respektieren. Es vergeht eine gewisse Zeit, und nun ist dein bester Freund plötzlich zurück. Er hat neue Geschichten mitgebracht. Es sind wieder ganz einfache Storys über Menschen, die man nicht persönlich kennt, die einem aber sofort ans Herz wachsen. Es geht um Liebe und Tod, also um alles.

    „Carrie & Lowell“, so heißen die Mutter und der Stiefvater von Sufjan Stevens. Das Cover zeigt ein Foto der beiden, ein altes Bild mit Flecken. Es steht sinnbildlich für die Liebe zwischen zwei Menschen, die nie reibungslos funktioniert. Noch mehr als über die Liebe ist dies aber ein Album über den Tod. Schon zu Lebzeiten war Stevens‘ Mutter ein Phantom, das kein Urvertrauen spendete. „I never trust my feelings“, singt Stevens in „Should Have Known Better“ und erinnert sich an eine Episode, als Carrie ihn und seinen Bruder in einer Videothek zurückließ. Im weiteren Verlauf des Songs betrachtet der Sänger die neugeborene Tochter seines Bruders – und erkennt in ihr seine Mutter wieder. Geisterhaft klingt zu diesen Versen eine Frauenstimme im Hintergrund, die für den „Spectre of the feast“ steht, den nicht willkommenen, bösen Geist, der bei der Feier zur Geburt des Babys erscheint und der jungen Familie die Gewissheit gibt: „Nothing can be changed“ – in jedem neuen Menschen ist seine Familiengeschichte bereits festgeschrieben.

    „This is not an art project, this is my life“, sagt Stevens über dieses Album. Es gibt Episoden wie die aus der Videothek, aber auch poetische Bilder, wenn der Tod und das Leben einen Komplott schmieden: „Lass uns die Liebe erfinden, davon haben wir beide etwas!“ Bei „No Shade In The Shadow Of A Cross“ hört man im Hintergrund die Klimaanlage rauschen, ein unmittelbares Symbol dafür, dass dieser Song aus dem Leben gerissen wurde. Nun kann man sich darüber streiten, ob diese Geste der Authentizität nicht total künstlich ist, aber man vergisst diese Gedanken sofort, wenn man die zarte Melodie verfolgt und Stevens‘ gedoppelter Stimme lauscht, die einem trotz der schwermütigen Verse die Botschaft vermittelt, dass so, wie es ist, alles richtig ist. Willkommen zurück!

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