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Reading Festival – Jubiläumsfieber

Reading Festival – Jubiläumsfieber
2011 feiern viele große Alben ihren runden Geburtstag. Mittlerweile gehört es für viele Bands zum guten Ton, das Geburtstagkind einmal komplett aufzuführen. Welcher Ort würde sich dafür besser eignen, als die englischen Zwillingsfestivals Reading und Leeds?

Das dachten sich vergangenes Wochenende auch The Strokes, deren ‚Is This It‘ dieses Jahr genauso seinen zehnten Geburtstag feiert, wie ‚Origin Of Symmetry‘ von Muse. Also spielten Julian Casablancas und Co. am Reading-Samstag viel Material ihres Debüts. Und setzen dabei soviel Stroboskop-Lichteffekte ein, dass die von der BBC eingeblendete Warnung vor Augenschäden nicht übertrieben ist. Selbst vorm Fernseher sind Sonnenbrillen angebracht.

Dem steht die (Licht)Show von Muse am Sonntag in nichts nach. Bereits im März hatten sie angekündigt, die Songs von ‚Origin Of Symmetry‘ wieder auf die Bühne zu bringen – einige davon vielleicht sogar zum letzten Mal. Das will sich natürlich niemand entgehen lassen.

Zuvor meistern Elbow die eigentlich unmögliche Aufgabe, quasi als Vorgruppe für Muse aufzutreten, mit Bravour. Chef-Charmeur Guy Garvey weist die Menge darauf hin, dass dies für die Band der letzte Festivalauftritt in diesem Jahr ist, und dass das Publikum darum ‚eine Menge Erinnerungen zu toppen hat‘. Das lässt sich Reading nicht zweimal sagen und bringt Bassist Pete Turner ein Geburtstagsständchen. Die hinreißenden Songs ihres neuen Albums ‚Build A Rocket Boys!‘ werden aber ebenso textsicher mitgesungen und entfalten ihre ganze melancholische Schönheit im Sonnenuntergang. Und Garveys breites Grinsen spiegelt sich in zehntausenden Gesichtern wieder. Der Mann mit der Statur eines nordenglischen Türstehers und der Stimme eines filigranen Soulsängers hat die Masse im Griff.

Der Mann mit der Statur eines Erdmännchens und der Falsettstimme, die man entweder liebt oder hasst, heißt Matthew Bellamy. Von ihm ist zunächst nur die Silhouette am Piano sichtbar. Hinter einem orangefarbenen Vorhang. Zehn Jahre nach der Veröffentlichung haben die Songs von ‚Origin Of Symmetry‘ nichts an Bedeutung verloren. Man merkt, dass das dreigliedrige Herz der Platte, bestehend aus ‚Hyper Music‘, dem Übersong ‚Plug In, Baby‘ und dem Siebenminüter ‚Citizen Erased‘ nicht nur den Fans alles abverlangt. Auch die Band wirkt hochkonzentriert. Wer letztes Jahr ein Konzert ihrer Tour besucht hat, weiß, dass Muse in der Regel eine riesige Produktion auf die Beine stellen. Unter einem UFO im Wembley Stadion machen sie es normalerweise nicht. Insofern ist der Bühnenaufbau für ihre Verhältnisse fast schon zurückhaltend: die Stimmgabeln vom Plattencover als überdimensionale Pappaufsteller, dazu jede Menge Videoinstallationen mit gewohnt apokalyptischem Bildmaterial – und ab und an ein paar Rammstein-eske Feuerbälle. Das muss genügen. Tut es auch. Nach dem Album in voller Länge folgt in der zweiten Hälfte ein Best-Of aus den üblichen Verdächtigen. Und zum Schluss ‚Knights Of Cydonia‘ und ein Feuerwerk.

So großartig Muse sind: die Band des Festivals ist eine, die es schon seit 1994 nicht mehr gibt. Die Filmvorführung von Nirvanas legendärem Auftritt in Reading 1991 schlägt auch 20 Jahre später noch zahlreiche Menschen in ihren Bann. Es will schon etwas heißen, wenn die Menschen gebannt auf die Leinwand starren und dabei trotzdem synchron zum Festivalpublikum von damals mitsingen und mitmoshen, als spielte die Band tatsächlich vor ihnen auf der Bühne. Als dann auch noch die Sonne durchbricht, könnte man meinen, auch Kurt Cobain schaue von oben herab zu und freue sich darüber, dass die Erinnerung wieder auflebt – und auch Menschen mitreißt, die damals noch gar nicht geboren waren.

Ein halber englischer Festivaltag hat so viel zu bieten, wie drei Festivaltage anderswo. 70.000 Menschen, eine der besten Livebands des Planeten, die ihr vielleicht bestes Album wieder aufleben lässt – und ein Highlight, das schon vor 20 Jahren alle weggefegt hat. So kann die Festival-Saison 2011 zu Ende gehen: mit vermatschten Gummistiefeln und einem breiten Grinsen im Gesicht.

Für alle, die nicht selbst dabei waren gibt es hier das komplette Set von Elbow zu sehen.

Elbow – Live At Reading

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