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Viagra Boys: Sebastian Murphy im Interview über "Cave World"

Viagra Boys im Interview

Apokalypse mit Shrimps
Nach der Party kommt der Kater – und was dann? Über zwei Alben hinweg leben die Viagra Boys Exzess und die Flucht davor aus. Auf „Cave World“ treibt sie aber nicht nur um, was einen kaputt macht, sondern vor allem das, was die Existenz der Menschheit bedroht.
Viagra Boys (Foto: Kirsten Thoen)

„Als wir unser schnelles, affenartiges Denken verloren, wurden wir auch egoistisch und erlangten die Fähigkeit, Völkermorde, Kriege und all diesen Scheiß zu planen. Das ist der Punkt, an dem wir Menschen wurden – und unser Untergang geschah“, resümiert Viagra Boys-Frontmann Sebastian Murphy. Konkret meint er damit die im Song „Cognitive Trade-Off Hypothesis“ besungene Theorie, die besagt, dass wir uns als Menschen von den Affen abspalteten, indem wir unser Kurzzeitgedächtnis gegen komplexe Sprachfähigkeiten eintauschten. Wie der Untergang der Menschheit ablief, schaut sich Murphy in „2001: Odyssee im Weltraum“ von 1968 zweimal im Jahr an, um ganz sicherzugehen. „Wenn der Monolith auftaucht, fangen die Affen an, Waffen zu bauen und sich gegenseitig umzubringen“, sagt er und ordnet das Erscheinen des Monolithen metaphorisch genau an die Stelle der Evolutionsskala ein, als die Menschen diesen kognitiven Kompromiss durchliefen.

Die Konsequenzen daraus werden immer deutlicher: Waffengewalt, tyrannische Anführer, rechtsradikale Idioten, Verschwörungsgläubige und die Folgen der globalen Erwärmung. Auf „Cave World“ benennt Murphy all diese Probleme, doch wie kann man überleben in so einer Welt? „Ich fühle mich noch nicht klug genug, um das zu sagen. Vielleicht habe ich auf dem nächsten Album die Lösung.“ Einen Vorschlag liefert er dann doch: „Vielleicht werden so viele Menschen bei Naturkatastrophen ausgelöscht, dass sie endlich eine Einheit bilden müssen.“ Alles überraschend politisch vom schwedisch-amerikanischen Sänger und Tätowierer, der sonst über Hunde-Agenten oder Shrimps sinniert. „Wir mussten was anderes machen, um neue Welten zu schaffen. Viele unserer Fans bleiben an bestimmten Themen hängen“, so Murphy. Nur die Shrimps wird er wohl nicht mehr los: „Ich habe versucht, sie zu töten, aber die Fans wollen sie nicht gehen lassen. Sie sind Sklaven der Shrimps!“

Auch der Blick nach außen ist nach zwei Alben mit semi-autobiographischen Underdog-Texten ungewohnt. Darin wurden gerne mal seine Drogen-Eskapaden feierlich zur eigenen Sportart erhoben. „Ich bin meiner selbst überdrüssig“, gesteht Murphy. Es hat sich immerhin auch einiges geändert im Leben des Feierbiests. „Ich versuche jetzt, es ein bisschen langsamer angehen zu lassen – damit geht es mir definitiv besser.“ Zuletzt machte er seiner Partnerin auf der Bühne sogar einen Antrag und rückt damit etwas näher an das bürgerliche Leben mit „couple chickens, couple dogs, couple kids“, von dem er auf „Welfare Jazz“ fantasierte. „Vielleicht erstmal nur mit Hunden und Hühnern, aber hoffentlich ziehen wir in ein paar Jahren aufs Land. Dort kann ich dann einen Atombunker bauen.“

„Cave World“ ist am 8. Juli 2022 via YEAR0001 erschienen. Am 13. Januar erschien noch eine Deluxe-Version mit vier Bonustracks.

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