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Kommentar: "Der Echo wird auch 2017 kein ernstzunehmender Musikpreis"

Kommentar: „Der Echo wird auch 2017 kein ernstzunehmender Musikpreis“
Der Musikpreis Echo hat die Nominierten für 2017 verkündet – und die sind schlimmer und vorhersehbarer denn je ausgefallen. Über die Sieger sollen 2017 nun Fachjurys entscheiden und so den Preis aus der Krise holen. VISIONS hat die Einladung dazu abgelehnt, weil es für uns keine Option war, "Musik-Schrott wie die Böhsen Onkelz" durch unsere Teilnahme zu adeln, wie Dennis Drögemüller in seinem Kommentar schreibt.

Der Echo wird auch 2017 kein ernstzunehmender Musikpreis werden. Das unterstreichen die gerade veröffentlichten Nominierungen noch einmal. Dabei hätte er ein paar Veränderungen schon lange nötig: Weil die Preisträger bis auf wenige Kategorien wie Lebenswerk oder Kritikerpreis ausschließlich anhand von Chartsplatzierungen ermittelt wurden, starrte man bei der Preisverleihung regelmäßig dem geballten Kommerz-Grauen von Silbermond über David Garrett bis Helene Fischer ins Gesicht. Entsprechend stromlinienförmig und öde gingen die „deutschen Grammys“ immer mit viel Pomp und wenig Charakter über die Bühne – was zuletzt offenbar sogar der übertragenden ARD auffiel, weshalb der Preis in diesem Jahr beim „Promi Dinner“- und „Shopping Queen“-Sender VOX läuft.

Zudem spülten die Verkaufszahlen in den vergangenen Jahren wiederholt auch rechtsoffene Arschgeigen und unsympathische Stumpfrocker unter die Nominierten, worauf der veranstaltende Bundesverband Musikindustrie (BVMI) zwischen Bandausschluss, Wiederzulassung und Totschweigen nie eine souveräne Antwort fand.

In diesem Jahr sah es zunächst so aus, als hätten die Veranstalter endlich ein Problembewusstsein entwickelt: 2017 sollen Verkaufszahlen nur noch zu 50 Prozent über die Gewinner entscheiden, die andere Hälfte des Votums tragen Fachjurys bei, zu denen auch VISIONS-Redakteure eingeladen waren.

Auf die erste Euphorie, den Echo endlich mit in die richtige Richtung steuern zu können, folgte jedoch bald Ernüchterung: Wie viele und welche Personen vom Vorstand des BVMI in welche Jurys eingeladen wurden, konnten oder wollten die Veranstalter nicht sagen. Zudem legen die Verkaufszahlen nach wie vor fest, welche Künstler nominiert sind – die Jurys stimmen anschließend lediglich online über den Gewinner ab, ein Veto-Recht gegen Nominierungen gibt es nicht. Der blanke Hohn: In verschiedenen Fachjurys sind auch einige Nominierte vertreten, können sich also selbst eine Stimme geben – so finden sich etwa unter den 62 Namen der offen einsehbaren Jury-Mitgliederliste für „Rock National“ auch die Nominierten Frei.Wild, In Extremo und Schandmaul.

Als Erfüllungsgehilfe in der Rock-Jury aus den fünf bestverkauften Charts-Gesichtern das kleinste Übel wählen? Dabei vielleicht noch von etlichen Berufszynikern und Business-Nasen überstimmt werden? Und am Ende sogar Musik-Schrott wie die Böhsen Onkelz als Nominierte mit durchschleifen (die sogar gemeinsam mit Frei.Wild nominiert sind)? Das Experten-Feigenblatt sein für einen Echo, der ein Preis von der Musikindustrie für die Musikindustrie bleibt und künstlerische Qualität nur ein bisschen weniger hinten anstellt als bisher? Das war für uns keine Option.