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Kommentar: Frei.Wilds Echo-Absage ist weinerlich und berechnend

Kommentar: Frei.Wilds Echo-Absage ist weinerlich und berechnend
Frei.Wild sagen ihre Teilnahme am diesjährigen Echo ab – nach eigenen Angaben, weil sie sich durch den Ausschluss im vergangenen Jahr diskriminiert fühlen. Das ist weinerlich und berechnend, sagt VISIONS-Redakteur Dennis Drögemüller.

„Heuchlerisch, verlogen und eigentlich dem Untergang geweiht“ nennt die Südtiroler Band Frei.Wild den Echo und seine Organisatoren in einem Statement, in dem die rechtspopulistischen Musiker gleichzeitig ihre Teilnahme an der diesjährigen ECHO-Verleihung absagen. Der Ausschluss von Frei.Wild im vergangenen Jahr sei diffamierend und gegen die Regeln des Musikpreises gewesen, die Band wolle die Auszeichnung ohne Wiedergutmachung nun nicht mehr.

Tatsächlich haben die ECHO-Macher Frei.Wild entgegen dem Reglement von ihrem Preis verbannt und auch sonst – selbst rund um den neu gegründeten Ethikrat und dessen Zulassung der Band in diesem Jahr – jede Chance vertan, mit den geistigen Brandstiftern souverän umzugehen. Abseits davon offenbart der Fall aber nur eines: wie routiniert und effektiv die Frei.Wild-Provokationsmaschine mittlerweile ihre Skandale vom Zaun bricht.

Heuchlerisch und verlogen sind hier schließlich einmal mehr Frei.Wild, die vordergründig die narzisstisch gekränkten Ehrenmänner geben, während im Hintergrund schon ihre Marketingmaschine brummt. In diesem Jahr hätte die Band die Anerkennung der deutschen Musikindustrie bekommen können. Dass sie diese ausschlägt, liegt nicht zuerst – aber auch – an ihrem Ego, sondern schlicht daran, dass mit der Ablehnung und dem Ekel des Mainstreams deutlich mehr Geld zu verdienen ist.

Denn nun können sich Frei.Wild erneut als die verfolgte Unschuld präsentieren, als die einzig aufrechten Wahrheitsverkünder inmitten einer rückgratlosen Mehrheit aus „Gutmenschen“ und der im rechten Lager gern zitierten „Lügenpresse“. Dass sie beide dabei immer wieder erfolgreich für ihre banale Vermarktungsmasche mit einspannen und auch dieser nötige Kommentar – denn das ist er, solange Zehntausende der Band ihre profitable Arschloch-Rolle in Form von Tonträgern und Konzerttickets abkaufen – unnötige Aufmerksamkeit auf die himmelschreiend beschissene Musik der Kombo lenkt, ist bittere Ironie.

Der dröhnenden Blut-und-Boden-Rhetorik der Frei.Wild-Songs steht im aktuellen Fall dabei wie gewohnt plötzlich eine erstaunlich weinerliche Opferrolle gegenüber: Trotz konstant großem Zuspruch von Fans gelingt es den Südtirolern auch hier noch, sich als unterdrückte Minderheit zu präsentieren. Mindestens in diesem Punkt unterscheiden sich Frei.Wild keinen Zentimeter von anderen rechten Vollidioten wie der NPD oder Thilo Sarrazin.

Dass die Musiker sich mit großem Getöse selbst vom ECHO verabschieden, hat übrigens auch einen pragmatischen Grund: Kaum jemand wollte der Band bisher den Gefallen tun und sich über ihre ECHO-Zulassung empören. Ohne die Wut der anderen aber drohen Frei.Wild sofort als das erkennbar zu werden, was sie eben sind: eine völlig egale, bestürzend unterdurchschnittliche Proll-Rock-Band.