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By Its Cover: "Blue Record" von Baroness VISIONS.de

By Its Cover

Baroness – „Blue Record“
In der monatlichen Kolumne „By Its Cover“ analysiert Kunsthistorikerin Julia Meyer-Brehm das Cover von Baroness‘ „Blue Record“. Zwischen Traditionen des europäischen Jugendstils fasziniert sie vor allem die psychedelisch-düstere Atmosphäre von John Baizleys Artwork.
Baroness Blue Record klein
"Blue Record" - Baroness (Artwork: John Dyer Baizley)

Das Spannende ist hier natürlich nicht die Farbe Blau – dass die auf dem Cover von „Blue Record“ eine zentrale Rolle spielt, kommt wenig überraschend. Baroness-Frontmann John Baizley eröffnet mit seinem Design jedoch eine ganze Wasser-Themenwelt: Fische, Nixen und wuchernde Pflanzen dominieren die eindeutig vom Jugendstil inspirierte Gestaltung.

Zuallererst stechen die beiden nackten Frauen ins Auge, die mit leeren Augen vor einem großen Vollmond sitzen. Die Szenerie scheint sich unter der Wasseroberfläche abzuspielen: Zahlreiche Fische, darunter Muränen und Karpfen, tummeln sich um die Dargestellten. Aber auch ein blauer Hahn ist zu sehen, dessen Federn dekorativ durchs Bild wehen.

"Blue Record" - Baroness (Artwork: John Dyer Baizley)
„Blue Record“ – Baroness (Artwork: John Dyer Baizley)

Nicht die einzige Merkwürdigkeit. Ziemlich ungewöhnlich wirkt die aus einem Dutzend Eier bestehende Halskette der linken Protagonistin. In der kunstgeschichtlichen Tradition sind Eier oft Symbole für neues Leben und Fruchtbarkeit. Vermutlich stehen sie hier aber eher für Vergänglichkeit: Mehr als die Hälfte von ihnen ist zerbrochen. Sterblichkeit suggeriert auch ein Fisch am unteren Bildrand, der sich bereits in seine Einzelteile aufzulösen scheint. Apropos Fisch: Die Rechte der beiden Dargestellten ist mit türkisen Schuppen bedeckt und scheint – peu à peu – ihre Gestalt zu wechseln. Sie leckt (mutmaßlich) sogar an einem Fischschwanz, so verbunden fühlt sie sich mit den Flossentieren. Und dann sind da noch eine Menge Pflanzen. So ranken sich etwa Mohn, Lilien und Seegras um die nackten Körper.

Damit steht Baizleys Arbeit erkennbar in der Tradition des europäischen Jugendstils um 1900; für diesen waren Flora und Fauna, besonders aber die Unterwasserwelt, wichtige Inspirationen. Eine große Faszination ging auch von außereuropäischen Bildtraditionen aus: Der auf Stereotypen basierende Japonismus brachte eine besondere Liebe zu Wellendarstellungen, Lilien und Koikarpfen mit sich. Und auch die Begeisterung für die Mythologie, zum Beispiel die sagenumwobene Welt der Nixen, ist typisch für die Zeit um 1900. Zudem bedient sich Baizley des Jugendstils auch in Form der Stilisierung von Weiblichkeit: Frauenkörper werden zu dekorativen Elementen und verschmelzen wortwörtlich mit der Pflanzen- und Tierwelt. Die fantastische Wirkung des Covers wird durch den Vollmond, die Mohnknospen und die verklärten Blicke beider noch Frauen verstärkt. Die geöffneten Fischmäuler und allseits starren Blicke erzeugen eine psychedelisch-düstere Atmosphäre – die sich vermutlich auch in der Musik von Baroness widerspiegelt.

 

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