The Soft Pack
The Soft Pack
Text: Dennis Plauk
Denn gäben sie etwas auf den Zeitgeist (und wären damals schon alt und fingerfertig genug gewesen), hätten sie ihren Retrorock zehn Jahre früher von Los Angeles aus in die Welt getragen. Doch während Bands wie The Mooney Suzuki, Division Of Laura Lee oder The (International) Noise Conspiracy mit ähnlichen Mitteln und mehr als nur einem Album in petto mehr oder weniger erfolglos versuchen, das Etikett School Of 2001 abzuschütteln, werden sie von The Soft Pack und ihrem schon aus Prinzip gut aufgelegten Debüt rechts überholt. Dabei könnten sie kaum weniger Aufhebens um sich machen. Wie vier Schuljungen, die man für die Finalrunde von Jugend musiziert auf Weltreise geschickt hat, posten sie auf ihrer Website Fotos von unterwegs: wie sie mit großen Augen bei Elvis in Graceland vorbeischauen. Wie sie sich abends im Hotelzimmer von der 143. Wiederholung der Bill Cosby Show berieseln lassen. Wie sich Gitarrist Matty McLoughlin, vermutlich backstage, vermutlich zu seinem Vorteil, an einem Drink festhält und dabei zu viel Bauch für zu wenig T-Shirt zeigt.
The Soft Pack entmystifizieren sich, ehe man ihnen auch nur eine Spur von Schrulligkeit andichten kann. Die Tatsache, dass sie zunächst The Muslims hießen und sich dabei nichts Böses dachten, wäre der Band kein Schulterzucken wert, würde man sie nicht ständig darauf festnageln wollen. Dabei ist circa zwölfmal interessanter, dass ebendiese Anfangstage keine zwei Jahre zurückliegen. Innerhalb kürzester Zeit haben The Soft Pack ein Händchen für Hits entwickelt; ein Gespür dafür, wo die perfekte Balance zwischen kraftvoll und catchy, poppig und punkig liegt. Wofür ihr Debüt eine halbe Stunde braucht, brauchen andere Bands ganze Lebenszeiten – und haben am Ende doch kein Album vorzuweisen, das so viel Leidenschaft, Charme und Natürlichkeit ausstrahlt wie The Soft Pack mit seinen schneidigen Gitarren, scheppernden Becken, polternden Bässen und der treibenden, jugendlichen Stimme Matt Lamkins. Ein Zufall ist es da sicher nicht, dass die Band ihre Liedtitel mit Vorliebe im Imperativ formuliert: “Move Along”, “Answer To Yourself”, “Cmon”.
Mag sein, dass die Platte zum Ende hin das Schicksal vieler teilt und an Zug verliert. Mag auch sein, dass sie sich stellenweise zu sehr gefällt in ihrer 60s-Soundästhetik. Etwas Luft nach oben müssen sich The Soft Pack fürs nächste Mal ja noch lassen. Begrüßen wir das erste herausragende RocknRoll-Debüt 2010.
Anspieltipps Answer To Yourself | Move Along | Down On Loving
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Strapped
VÖ: 05.10.2012