Es musste so enden: Mit der 97er Platte In Mass Mind, die Urknall, Pyrrhussieg und My Private Waterloo zugleich war, ist diese Band explodiert. Was folgt, sind die Trümmerfrauen, die die Überreste zusammenklauben und den Tempel nach den alten Bauplänen neu errichten. Eleganter und stabiler sollte er werden, nach außen den Schein wahren, doch innen Platz für neue Ideen lassen. Und es ward gut. Sehr gut. Unglaublich gut. Paradebeispiel auf Save Yourself ist Hey Joe, der wohl am unreflektiertesten rezipierte Song der jüngeren Musikgeschichte, diese widerwärtige Macho-Hymne, deren Neuinterpretation man lieber solchen Großhirnmeistern wie Ice T überlässt. Und das covern ausgerechnet diese in jeder Hinsicht emanzipierten und sexuell befreiten Grassrootkommunisten? Ja. Und wie! Hier wird nicht die untreue Bitch abgeknallt und sich stolz mit seiner Tat gebrüstet, Make Up inszenieren statt dessen den Dialog eines Liebespaars: Baby, come back home from Mexico, and when you get here, you come up to my room verheißt Gastsängerin Heather Worley. Was folgt, ist Ian Svenonius ekstatisches Stöhnen, dessen Gesang mit Sex zu umschreiben, maßlos untertrieben wäre – hier muss man wohl schon von Porno sprechen. Make Up ergehen sich nicht in verschämten Anzüglichkeiten, Make Up wollen richtig ficken – auch wenn dieses Wort auf dieser Platte kein einziges Mal erklingt. Warm, groovy und strukturiert wie nie erzählen Make Up von falschen Propheten, denen man trotzdem folgt, singen schlüpfrige, aber nie schmuddelige Liebeslieder (in I Am Pentagon aus der Sicht eines Fünfecks!), erheben Bläser und Keyboards vom Akzent zum Stützpfeiler und sind damit der stilistischen Selbstdefinition von Gospedelic wohl so nah wie noch nie. Es mag sich viel geändert haben, doch eines bleibt gleich: Diese Band ist die personifizierte Inbrunst.
weitere Platten
Sound Verite
VÖ: 01.01.1900
In Mass Mind
VÖ: 01.01.1900