Diese Chuzpe muss man erst mal haben. So zu tun, als wären die vergangenen 18 Monate gar nicht passiert. Das mag daran liegen, dass sich die Isländer nach ihrem Debüt “Breathe” für drei Jahre zurückgezogen haben, um den Nachfolger “The Angela Test” einzuspielen. Jetzt ist er draußen, und die Leaves rauschen meilenweit am Zeitgeist vorbei. Nein, sie rauschen nicht, sie trödeln. Gut sieben Minuten benötigt der Opener “Shakma (Drunken Sunlit Sky)”, um im Pop-Nirvana zu landen, knapp zehn der letzte Song “Should Have Seen It All…”. Dazwischen arbeiten sich die Leaves mit Ausnahme der okayen Singles “The Spell” und “Good Enough” mehr schlecht als recht an dem ab, was die englische Musikpresse 2003 so alles umgarnt hat. Dabei wollen die Leaves viel lieber mit den Beach Boys als mit Coldplay verglichen werden, wie sie sagen. Dann hätten sie vielleicht eher eine Kerze in der “Church of Wilson” aufstellen sollen – anstatt so schamlos den Schrein von Chris Martin & Co. zu plündern. Wogegen ja grundsätzlich nichts einzuwenden wäre, verfügte man über den Songreichtum von Snow Patrol, Thirteen Senses oder Athlete. Schließlich saugen die Kollegen von den Britischen Inseln die Pop-Klassizismen mit der Muttermilch auf. Während isländische Bands Sigur-Ros-Alben in die Wiege gelegt bekommen. Und so stapeln die Leaves eine Soundschicht über die nächste. Attribute wie “episch” oder “atmosphärisch” sollen vermutlich den Rezensenten in den Mund gelegt werden. “Welk”, irgendjemand?
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Breathe
VÖ: 19.08.2002