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    Teenage Wrist
    Still Love

    VÖ: 04.08.2023 | Label: Epitaph
    Text: | Erschienen in: VISIONS Nr. 365
    Schönheit
    Teenage Wrist - Still Love

    Den Abgang ihres Bassisten und Sängers Kamtin Mohager haben Teenage Wrist schon 2021 mit „Earth Is A Black Hole“ verarbeitet. Auf „Still Love“ hat sich die Band vollends gefunden – zwischen poppigem Shoegaze, schroffer Produktion und Experimentierfreude.

    Marshall Gallagher, der bei Teenage Wrist nicht nur Gitarre spielt, sondern auch singt, gibt als Hauptinspirationen für die dritte Platte drei Eckpunkte an: Billy Corgan, Sunny Day Real Estate, Classic Rock. Und obwohl Musiker:innen gerne hochtrabende Vergleiche ziehen oder behaupten, ihre Songs wären in einem Vakuum entstanden, trifft es der behauptete Mix tatsächlich gut.

    „Still Love“ hat die leise Melancholie einer 90er-Emo-Platte, was auch dazu passt, dass sich Gallagher auf dem Album hauptsächlich mit sich selbst und den düsteren Gefühlen zu Zeiten der Corona-Pandemie auseinandersetzt. Es hat aber auch Flanger-lastige Grunge-Gitarren und schwere Alternative-Riffs. Und Classic Rock? Der zeigt sich vor allem in der Tendenz zur großen Geste. Verquirlt wird das alles bereits im Opener „Sunshine“, einem swingenden Midtempo-Rocker mit reichlich Fuzz und einem gut aufgelegten Gallagher am Mikrofon, der mit „When you’re feeling small/ Remember that it’s not your fault“ direkt positive Stimmung versprüht. Der Song könnte auch super zur Primetime im Alternative-Radio laufen.

    Song für Song ziehen Teenage Wrist allerdings die Vorhänge zu und fasern soundmäßig weiter aus. „Wax Poetic“ könnte etwa auch auf einer Platte der Emo-Trauerklöße von Basement zu ihrer Spätphase erschienen sein, während Gallagher gesanglich zwischen Dredgs Gavin Hayes und Pianos Become The Teeth-Kopf Kyle Durfey pendelt. Songs wie „Diorama“ mit seinem verträumten Piano, dem zerhackten Schlagzeug und der Lagerfeuerakustikgitarre oder das zähnefletschende, industriell pulsierende „Cigarette Two-Step“ mit Beteiligung von Fear Before-Sänger David Marion fallen gerade so weit aus dem Rahmen, dass sie sich noch ins Gesamtkonzept einfügen.

    Die Zerreißprobe für den Spagat zwischen Grunge-Pop, Ballade und Classic-Rock-Epos ist allerdings das Album beendende Doppel aus „Sprawled“ – laut Gallagher ihr „Pink Floyd-Moment“, aber eigentlich eher die finale Dredg-Hommage der Band – und „Ketamine“. Letzteres ist eine Verbeugung vor Death Cab For Cutie mit seiner Drum-Machine, cleaner E-Gitarre und Gallaghers leicht schiefem Gesang und ein ungewöhnlicher, introspektiver Abschluss. Aber er funktioniert, weil er Vibe und Einfachheit des Openers wieder aufgreift – und damit beweist, dass gutes Songwriting auch nur mit einer Handvoll Elemente auskommen kann.

    Das steckt drin: Basement, Dredg, Silver Snakes

    weitere Platten

    Earth Is A Black Hole

    VÖ: 12.02.2021

    Chrome Neon Jesus

    VÖ: 09.03.2018