Odd Couple
Rush-Hour des Lebens

Das hat schon beim Vorgängeralbum “Universum Duo” geklappt, und an diese musikalische Marke knüpfen die Berliner auf ihrem fünften Album an. Auch die Themen fallen wieder gesellschaftskritisch aus, ohne unnötig mit dem Finger auf andere zu zeigen. Vielmehr weisen Jascha Kreft und Tammo Dehn freundlich darauf hin, dass wir Menschen alle auf die ein oder andere Art emotional angeschlagen im selben kaputten Boot sitzen: „Nein, ich lasse mich auf gar nichts ein/ Wie lange kann ich noch Dornröschen sein?“, heißt es etwa im Opener “2 Leute”, in dem das Duo zwischenmenschliche Beziehungen unter dem Mikroskop betrachtet und dazu eine Mischung aus spacigen Synthies und unaufdringlichen Rock’n’Roll-Patterns auf der Gitarre abfeuert.
Von da ist es nicht weit zum Thema Einsamkeit im folgenden “Allein In Berlin”. „Komm ich heut nicht, komm ich morgen/ Um mich macht sich eh keiner Sorgen/ Ich weiß doch, dass immer was geht/ Ich bin allein in Berlin“, singen die beiden da in zweifelndem Tonfall zu simpler, durchgängiger Gitarrenbasis.
Akzentuierter geht “Healing Process” vor, dass sich zu Garage-Rock-Gitarren, die später im Song ins Psychedelische kippen, augenzwinkernd und in fast schon zu stimmigen Formulierungen mit der Aufarbeitung des „Inner-Child“ auseinandersetzt. Das folgende “Die Deko” biegt vom Psych- auf einen treibenden Hard-Rock-Pfad ab bevor “Sehnsucht Jeep” die großen Garage-Rock-Gesten à la White Stripes auspackt und um ein paar flirrende Bonus-Effekte erweitert.
Witz und Widerspruch lauern bei jedem der zwölf Songs direkt hinter der nächsten Ecke. So in “Sonne”, wo Zeilen wie „Wenn ich vom Leben nichts bekomme/ Gibt es immer noch die Sonne“ Resignation und Hoffnung zugleich atmen, oder in Monotonie, wo der Text genau entgegengesetzt zum unwiderstehlichen Drive des Instrumentals läuft. “Blumenwandern” treibt die elende Sinnsuche dann auf die Spitze: „Ob ihr wirklich richtig steht, seht ihr, wenn das Licht an geht“.
Im Intro wird da aus einem nostalgischen Spielshow-Slogan plötzlich eine Stolperfalle in die Existenzkrise zu psychedelisch-hypnotischen Gitarren. Kurz wünscht man sich, Odd Couple hätten wirklich nur über eine hübsche Blumenwiese gesungen, nur um diesen Gedanken im folgenden Inhalte überwinden ganz schnell zu verbannen und sich ertappt zu fühlen. Man muss den Grad an Ungeschöntheit aushalten können, den Odd Couple hier unter dem Deckmantel eines sehr niedlichen Covers anbieten.
Das steckt drin: Gurr, Dÿse, Tocotronic
weitere Platten
Universum Duo
VÖ: 13.03.2020
Yada Yada
VÖ: 16.03.2018
Flügge
VÖ: 04.11.2016
It's A Pressure To Meet You
VÖ: 12.06.2015