Also, um es von vornherein ganz deutlich und superlativ zu sagen: Schon seit Monaten, wenn nicht gar Jahren ist mir keine so grandiose deutsche Band mehr über den Weg gelaufen wie Novotny TV aus dem münsterländischen Coesfeld. Dort, wo der Hund begraben ist und der Katholizismus regiert, konnte Punkrock über Jahre hinweg unschuldige Messdienerseelen infizieren und in den Hirnen mehr Schaden anrichten als Syphilis und BSE zusammen. Konsequenz dieses grausamen Schicksals: “Tod, Pest und Verwesung”, ein Album, das nur unbedarfte Volltrottel als plumpen Deutschpunk abtun. Nein, hier werden Subtilität und Holzhammermethoden in einer Weise textlich verquickt, die man so schon lange nicht mehr gehört hat: Kein treffend-analysierendes Gereime wie bei den Zitronen, kein Funpunk-Stammtisch-Humor, kein Politgeseier und auch sonst keine Klischees, sondern beinahe dadaistischer Blödsinn, ätzende Satire und wirres Gespinne sind angesagt, das nur noch offene Münder und schmerzende Zwerchfelle hinterläßt. Entsprechend die Musik: unter heftigem Hammondorgel-Einsatz werden 20 Jahre Musikgeschichte durch den Wolf gedreht und aus dem Hackfleisch leckere Patties im Surf-, B52´s-, Stompin´ Psychobilly- und auch einfach nur Punk-Format geformt. Und außerdem haben Bands, die mit Anzug und Krawatte auftreten und doppelte Windsor-Knoten beherrschen, sowieso von vornherein gewonnen.
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Das Volk sind wirr
VÖ: 01.01.1998