Wer independent ist, muss immer selbstreflexiv, ein bisschen bitter, vielleicht auch sarkastisch, zumindest aber selbstironisch sein. Denn underground zu sein bedeutet, den Weltschmerz verstanden und verinnerlicht zu haben, ein großes ‘Trotzdem’ zu leben, die Bürde mit Stil zu tragen. Die größten Singer/Songwriter machen es seit Jahrzehnten vor. Und plötzlich kommt jemand daher und wirft alle Prinzipien über Bord: Francis Macdonald legt ein Soloalbum vor, dessen Thema die Liebe ist. Doch nicht die unerfüllte Liebe und auch nicht das Scheitern zweier gebeutelter Seelen vor der bösen Welt. Kein Wort von Selbstaufgabe. Nein, hier geht es um die blauäugige Verliebtheit, darum, ganz naiv den Kopf zu verlieren, um die leisen, schüchternen Zweifel beim ersten Treffen, um verstohlene Blicke, die ausgetauscht werden, um Verlegenheitswitze, die dann schließlich mit dem ersten Kuss belohnt werden. Hier wird der Zweisamkeit gehuldigt, zärtlich, überschwänglich und ganz ohne doppelten Boden. Diesen Grundoptimismus unterstreicht Macdonald mit herzerwärmenden Powerpopmelodien und flirtet hier und da ganz nonchalant mit Countrygitarren und Rock’n’Roll-Themen. Detailverliebt behandelt er jeden Song wie eine neue große Geliebte; jeder Ton ist ein kleines Kompliment oder gar ein Trostspender. Denn wenn von der Euphorie doch nur noch ein gebrochenes Herz und ein mickriges Ego übrig sind, kommt Francis, um alles zu kitten und jeden wieder aufzurichten. Solange es solche Platten gibt, kann die Welt gar nicht so schlecht sein.
weitere Platten
The Art Of Hanging Out
VÖ: 25.11.2005