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    Moreish Idols
    All In The Game

    VÖ: 07.03.2025 | Label: Speedy Wunderground/PIAS/Rough Trade
    Text: | Erschienen in: VISIONS Nr. 384
    Schönheit
    Moreish Idols - All In The Game

    Die Moreish Idols mögen auf ihrem Debütalbum all ihr Können in den Ring werfen. Trotzdem bleiben sie die Leisetreter unter den Stilgrenzen sprengenden Indie-Acts, die gegenwärtig in Großbritannien für Furore sorgen.

    Wer heutzutage im britischen Indierock in die Schlagzeilen gelangen möchte, agiert am besten mit Zügellosigkeit. Damit ist beileibe nicht mehr das skandalöse Auftreten gemeint, das Oasis und den Libertines einst einen entscheidenden Karriere-Push bescherte. Sondern vielmehr, in der eigenen Musik großzügig bis überschwänglich mit seinen Ideen zu wuchern. Das kreative Füllhorn ist erwünscht, es kann gar nicht üppig genug sein, Wiedererkennbarkeit oder gar Eingängigkeit sind von nachgelagerter Bedeutung. Es gibt nur eine Grundvoraussetzung: Diese Ideen – sie müssen auch vorhanden sein.

    Dass die Moreish Idols – aus einer kleinen Hafenstadt in Cornwall stammend, aber inzwischen natürlich nach London verzogen – genügend Ideen besitzen, deuteten schon ihre zwei bisherigen EPs an. Den endgültigen Beweis liefert die Band nun mit ihrem Debütalbum, dessen elf Stücke in vielerlei Hinsicht überwältigend wirken. Im Vergleich zu manch anderen dieser hektischen Überflieger aus Großbritannien, etwa Squid oder Black Midi, verstehen sich Moreish Idols aber auch vorzüglich auf leise Zwischentöne, aus denen ihre Prägung im britischen Indie dann doch gut herauszuhören ist.

    Ausgehend von der gelernten strukturellen Freiheit der wendungsvollen Geschichte des Post-Punk geht es dann tief hinein in Britpop-Harmonien, Shoegaze-Soundverwerfungen oder zarten Psychedelic-Pop mit funky verschlafenen Saxofon-Einwürfen. Die zwangsläufig daraus resultierenden Kontraste bauen sich häufig innerhalb eines Songs auf. Hits lassen sich nach einem solchen Strickmuster natürlich nicht entwerfen, und doch gibt es Momente, deren liebliche Melodik als Oase in unwegsamem Gelände in Erinnerung bleibt – etwa im Titelsong oder der tollen Single “Pale Blue Dot”.

    Doch warum sollte man den Kampf mit diesem Album überhaupt aufnehmen? Weil sich die Band dank ihres Talents darauf versteht, in ihrer Musik eine Vielzahl von Reizen zu setzen – oft an Stellen, an denen man sie kaum erwartet. “All In The Game” ist eine Herausforderung, da gibt es nichts zu beschönigen. Es ist aber auch ein weiteres dieser in den vergangenen Jahren häufiger erscheinenden Indie-Alben, deren Ideenreichtum so bestechend ist, dass man gerne viel Zeit mit ihnen verbringt. Zumindest werden sicher viele am Ende konstatieren müssen: So etwas habe ich noch nie gehört, und ich habe nicht alles verstanden. Trotzdem hat es mir sehr gut gefallen.

    Das steckt drin: Black Country, New Road, Fontaines D.C., The Libertines