Messer haben den Spruch wahrscheinlich schon mal gehört, und wenn man ihr zweites Album als zweiten Akt verstehen will, kann man sich bei “Die Unsichtbaren” etwa 40 Minuten lang vor dem Schuss fürchten. Dem Sänger mit dem schönen Schmetterlingsartennamen Hendrik Otremba macht es offensichtlich sogar Spaß, den Leuten Angst einzujagen. Im Video zu “Neonlicht” trägt er nicht nur den gruseligsten Schnurrbart seit dem Mauerfall, sondern auch glänzende schwarze Handschuhe, die förmlich nach einem Würgeseil schreien. Schreien ist auch gleich Otrembas nächste Stärke: Schon das erste Stück “Angeschossen” klingt nach strapazierten Stimmbändern. Wovon der Mann wirklich redet, wird auf dem gesamten Album nie so richtig klar, womöglich geht es um den Weltuntergang oder die existenzielle Einsamkeit des Individuums. Diese Undefinierbarkeit gereichte der Band schon auf ihrem Debüt zum Vorteil, denn sie platzierte Messer in einem lyrischen Niemandsland, das Bands wie Kante oder Mutter höchstens besuchsweise betreten hatten. Messer verschreiben sich einer aggressiven Variante des Postpunk, die durch schwelende Krautrockelemente intensiviert wird. Melodien verfangen sich eher selten im rostigen Stacheldraht der zehn Stücke, Messer bestehen vor allem aus fiesen Stakkato-Rhythmen, erratischen Gitarren und eben Otrembas Barrikadenstimme. Die Slogans, die man damit so gut brüllen könnte, werden einem aber vorenthalten, was den Punch der Band auf eine beklemmende Innerlichkeit verlagert. So lange die Pistole immer noch an der Wand hängt, ist an Schlaf nicht zu denken.
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