Envy
Eunoia
Text: Martin Burger | Erschienen in: VISIONS Nr. 379
Seit jeher bilden das Rasende und Kathartische das Herzstück des Envy-Sounds, nach wie vor können die Japaner Packendes wie das Doppel “Lingering Light/Lingering Echoes”: Vorwarnung, kurzes Luftholen, Abriss. Doch direkt daneben stehen auf “Eunoia” (griechisch: schöner Gedanke) in Kitsch und Melodramatik badende Elemente, viel mehr als auf dem Vorgänger “The Fallen Crimson” (2020).
Ganze Songs sind davon durchdrungen, Schlagzeugarbeit am Limit hin, Tempo her – hinter Titeln wie “Beyond The Raindrops” oder “January’s Dusk” stecken keinerlei doppelte Böden. Der silbrig-metallische Anschlag der Envy-Klassiker “All The Footprints…” (2001) und “Insomniac Doze” (2006) rückt in den Hintergrund zugunsten des Vorgehens eines Makoto Shinkai (“Your Name”), würde der einen Film in der Tokioter Alternative-Szene spielen lassen.
Sicherlich, mit den drei neuen Mitgliedern aus den Reihen der mehr oder weniger bekannten Bands Heaven In Her Arms, Killie und 9mm Parabellum Bullet musste eine Entwicklung kommen. Wo “The Fallen Crimson” die aber noch maßvoll anging, gerät “Eunoia” zur Stangenware für eine Zielgruppe im schulpflichtigen Alter und mit entsprechender emotionaler Reife. Da passt es dann auch, dass ihre Plattencover seit dem Besetzungswechsel 2018 keine urbanen Räume oder Einöden mehr zeigen, sondern Auszüge aus dem Emokaufhaus-Tattoobuch.
Das steckt drin: Heaven In Her Arms, Oh Hiroshima, Respire
weitere Platten
The Fallen Crimson
VÖ: 07.02.2020
Atheist's Cornea
VÖ: 10.07.2015
Recitation
VÖ: 22.10.2010
Insomniac Doze
VÖ: 08.09.2006
A Dead Sinking Story
VÖ: 09.02.2004