Harte-Bandagen-Pop, wie man ihn lange nicht mehr in solcher Konsequenz und Brillianz gehört hat.
Mann, was fand ich die Doughboys und ihren pseudo-alternativen Punkrock langweilig. Schlechte Vorschuss-Karten also für Bionic, die neue Band von Jonathan Cummies, dem Ex-Sänger/Gitarristen der inzwischen aufgelösten Seichtsusen. Der erste Eindruck, ein behämmert doofes Artwork, lässt auch nichts gutes erahnen, also einfach mal die CD eingelegt und unfrohen Mutes der Dinge geharrt. Drei Songs später kratze ich mich stark fragend am Kopf und stelle fest, dass mein Mund immer noch sperrangelweit offen steht. Wow! Das gibt es doch gar nicht! Beziehungsweise: Das kann es doch heute, im Jahr 2000 nicht mehr geben! Woher nehmen die nur den Drive, die Kraft und die Chuzpe, sich mit den Altvorderen zu messen? Und vor allem: Wie können die dabei noch so verdammt gut aussehen? Die Vergleiche, die sich hier sofort aufdrängen, sind nun wirklich aller Ehren wert: Hüsker Dü, Nirvana, Pixies, Shades Apart. Doch aufgepasst: Bionic kopieren nicht, sie zitieren nicht einmal besonders auffällig. Nein, sie haben nur jenes Quentchen Weisheit und guten Wissens verinnerlicht, das auch schon besagte (Indie-)Rockolympioniken in sich trugen. Ein Popsong macht eben noch mal so viel Spaß und wird um so schöner, je besser man ihn versteckt. Am besten geht das natürlich immer noch in der aufs Wesentliche konzentrierten Triobesetzung mit der Krachgitarren-Wall Of Sound im Rücken. Und das Ergebnis rockt, wie in diesem Bereich lange nichts mehr gerockt hat. Stets den Blick auf die zwingende Melodie, aber immer mit der nötigen Schieflage und edge ausgestattet, zelebrieren Bionic zeitlos guten Indiefressepop, der mit einfachsten Mitteln höchste Effizienz erreicht. Kein Ton zuviel, aber eben auch keiner zuwenig. Gerade mal fünf Tagen im Studio waren nötig, um dieses Kleinod einzuspielen bzw. -prügeln, und es ist genau diese Spontaneität, diese in jeder Sekunde gefühlte, mitreißende Hingabe, die diese Platte zu etwas ganz besonderem macht.
weitere Platten
Black Blood
VÖ: 23.01.2009
Deliverance
VÖ: 20.11.2003