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    Wiegedood
    There's Always Blood At The End Of The Road

    VÖ: 14.01.2022 | Label: Century Media/Sony
    Text:
    Wiegedood - There's Always Blood At The End Of The Road

    Genug getrauert, jetzt wird gewütet. Nach Abschluss ihrer „De Doden Hebben Het Goed“-Trilogie ziehen die Belgier die Daumenschrauben an – bis das Blut spritzt.

    Über drei Alben lang verarbeiteten Wiegedood den Tod ihres Freundes Florent Pevée, streng konzeptioniert mit je vier Songs pro Album, die alle flämische Titel tragen. Dass auf ihrem vierten Album etwas anders ist, merkt man also schon an dessen Namen. Aber auch musikalisch hat sich etwas getan. Gilles Demolder, Wim Coppers und Levy Seynaeve beschreiben den Sound der Platte als Black-Metal-Hommage an den Jazz-Gitarristen Django Reinhardt: Das Album sei so chaotisch und dissonant, dass Reinhardt es definitiv gehasst hätte. Ein brillanter Witz mit einem Funken Wahrheit. Denn was die Gitarristen Demolder und Seynaeve hier aufführen, ist in der Tat brutal dissonant, aber auch sehr kunstfertig. In „Now Will Always Be“, einem Highlight des Albums, winden sich ihre Melodien minutenlang umeinander, wie zwei Schlangen bei der Paarung, während Coppers mit der Präzision eines Dampfhammers Blastbeats ballert. Obertongesang verleiht dem Song eine sakrale Atmosphäre, die seiner Schwärze etwas Hoffnung injiziert. In der folgenden „Interlude Wade“ gäbe es die Chance, Luft zu holen, würden Wiegedood nicht ein Pfeifen unter die akustische Gitarre des Stücks legen, das Tinnitus-Patienten direkt zum Arzt schickt. Bis es so weit ist, muss man sich aber zunächst dem Opener „FN SCAR 16“ (der Name eines Sturmgewehrs aus belgischer Herstellung) stellen, an dessen Beginn Seynaeve einmal tief Luft holt, bevor das Trio vier Minuten lang im Dauerfeuer die Magazine leert. Aus alldem spricht eine Wut, die so tiefschwarz und alles verschlingend ist wie die Trauer, die Wiegedood bislang verarbeitet haben. Das Gefühl des Kontrollverlusts, wenn man rotsieht, fangen die Belgier in den Songs ihres vierten Albums genial ein, etwa in „Nuages“: Wenn das Tempo gedrosselt wird, und Coppers ausnahmsweise die Doublebass links liegen lässt, kriecht aus dem Song eine Stimme empor, die kurz vor der Explosion steht. Oder in „Theft And Begging“: Wieder umspielen sich hier die Gitarren so entrückt wie in „Now Will Always Be“, ehe der Song droht, von den eigenen Fliehkräften in Stücke gerissen zu werden. Es ist dieses Spiel mit Anspannung, Entspannung und Überspannung, das dieses Album zu einem kathartischen Meisterwerk macht. Wo soll das nur enden? Für Wiegedood steht jedenfalls alles offen: Geht es weiter Richtung Avantgarde wie bei Liturgy oder arbeiten sie sich noch tiefer in die menschenfeindliche Schwärze ihrer Vorbilder Gorgoroth hinein?

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