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    Idles
    Ultra Mono

    VÖ: 25.09.2020 | Label: Partisan/Pias/Rough Trade
    Text:
    Platte des Monats
    Idles - Ultra Mono

    Brutale Zartheit, seelische Gesundheit gegen politische Unfassbarkeiten, popfeministische Referenzen und tausend Typen, die sich im Publikum gegenseitig auf Händen tragen: Auf ihrem dritten Album bellen Idles Unverdientes noch genialer in die Welt. Nobody puts baby in a corner.

    Wie viele „Dirty Dancing“-Zitate verträgt empörter Post-Punk? Mindestens eins pro Album, wenn es nach Joe Talbot geht. Zwischen „I carried a watermelon“ auf „Joy As An Act Of Resistance“ und „This is my dance space/ This is your dance space“ auf „Ultra Mono“ sind zwei Jahre, eine Million Konzerte und zwei Millionen Weltereignisse passiert, und Idles tanzen entschlossener denn je dagegen an. Ein Song über Einvernehmlichkeit vor der Bühne und überall sonst, während vor den Türen alles untergeht? Unbedingt! „Consent!“, brüllt die ganze Band im Refrain von „Ne Touche Pas Moi“, und das werden schnellstmöglich auch die sich rücksichtsvoll reibenden Massen mitbrüllen, die Idles spätestens seit ihrem zweiten Album vor sich versammeln. So pointiert wütend, einfühlsam und weise nehmen schließlich wenige Bands sich und alle anderen in so schmissigen, dreckigen, hymnischen, antihymnischen Punksongs zur Brust. Idles spucken auf die Tories, ohne sich selbst zur Arbeiterklasse zu verklären, sie schreiben Lieder gegen Rassismus und Homophobie und für die verletzliche Liebe, und sie tun das mit jedem Album noch ein bisschen perfekter.

    Auf „Ultra Mono“ ist Platz für „Our government hates the poor“ und „Fuck you, I’m a lover“, für „Let’s seize the day/ All hold hands/ Chase the pricks away“ und „Wah wah wah woop woop woop said the flower to the sun“, für Frida Kahlo, John Wayne und LeBron James, für Angst und Scham und einen Song namens „Danke“ ganz zum Schluss. Vor allem aber ist Platz für Strukturen, die den Indie-Post-Punk-Rock, den Idles sich bislang zurechtgezimmert haben, genauso in Frage stellen wie alles andere – außer die Liebe. Keine Sorge, jedes einzelne Stück auf „Ultra Mono“ klingt immer noch wie frisch von einem gespannten Gummiband losgeschnitten, aber das lautmalerische Antikriegschaos von „War“ gleich zu Beginn oder die düstere Romantik von „A Hymn“ hat es so selbst bei Idles noch nicht gegeben. Bei einer Band, die sich Selbstreflexion zum Prinzip gemacht hat und sich deshalb auch zum dritten Album nicht erst neu erfinden musste, überrascht das nicht. Entsprechend elegant fügen sich so unterschiedliche Gäste wie Jehnny Beth von Savages, Warren Ellis von Nick Cave & The Bad Seeds oder Jamie Cullum ins Gesamtbild von „Ultra Mono“, das so unterschiedliche Produzenten wie Indie-Experte Nick Launay und HipHopper Kenny Beats auf den Weg gebracht haben.

    Eine Band, die sich selbst so gut kennt, die unterschiedlichsten Krisen, Entzüge, Beziehungen, Enden und Anfänge durchgemacht hat, wird nur immer noch besser, je mehr Ideen sie in sich aufsaugt. Es gehe ums Ich, erklärt Talbot in einem offiziellen Statement zum Album, und zwar als Teil eines Ganzen – der Band, der Fangemeinde, der Welt. Nicht ganz so einfach in einer Zeit, in der man sich oft nur an sich selbst reiben kann, aber umso wichtiger. Übrigens: Hebefiguren übt man am besten im Wasser. Idles bleiben die Band, die alle mit rausziehen, wenn es uns längst bis hier steht.

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