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    Kvelertak
    Nattesferd

    VÖ: 13.05.2016 | Label: Roadrunner/Warner
    Text:
    Platte des Monats
    Kvelertak - Nattesferd

    Zwei Alben lang sind Kvelertak mit ihrem Wikinger-Black-Metal-Punk eng an der Ideallinie gefahren, nun biegen die Norweger ins offene Gelände ab: „Nattesferd“ ist ein entfesseltes, progressives Melodie-Schlachtfest auf dem Altar des 70er- und 80er-Classic-Rock.

    Damit es soweit kommen konnte, mussten Kvelertak sich emanzipieren: „Kvelertak“ (2010) und „Meir“ (2013) nahm die Band noch mit Converges Kurt Ballou in den USA auf, die Artworks entwarf Baroness-Frontmann John Baizley. Beide Namen prangten wie ein Gütesiegel auf dem gutgelaunt-angriffslustigen Sound der Band, mit ihrem dritten Album nabeln sich die Norweger nun von ihren Paten ab: „Nattesferd“ entstand erstmals ohne Ballou in ihrer Heimat, Produzent Nick Terry hatte schon bei Ian Brown, den Libertines und Turbonegro bunten Hedonismus vor Soundfetisch gestellt. „Nattesferd“ klingt vielleicht auch deshalb, als würden Thin Lizzy, Van Halen und Iron Maiden ihre Fühler in Richtung Black Metal ausstrecken: Die 70er- und 80er-Gitarrenharmonien wuchern hier noch durch die tosendsten Wutanfälle hindurch, gleichzeitig beanspruchen die Songs mehr Raum. Der Opener „Dendrofil For Yggdrasil“ beginnt zwar mit Black-Metal-Furor, über den aber legt sich eine Melodieschicht nach der nächsten, bis der Song auf Spacerock-Volumen angeschwollen ist und man an Rush und Emperor gleichermaßen denkt. Sollte jemand ein Melodic-Black-Metal-Musical planen, das hier wäre die erste Nummer.

    „1985“ verfehlt dann Van Halens Albumklassiker „1984“ nur um ein Jahr, die eigentlich an George Orwell angelehnte Dystopie klingt mit ihren Synthie-Gitarren auch immer wieder so, als würde gleich David Lee Roth „Jump“ anstimmen. Spätestens, wenn das tolle 80er-Kitschsolo die Superheldenfantasien beflügelt, ist es völlig egal, dass der Song locker zwei Minuten zu lang ist – weil er so blendend unterhält. Ein Phänomen, das einem auf „Nattesferd“ öfter begegnet: Diese Songs verkraften lange Intros oder viele Wiederholungen, weil in ihnen so viel mehr als früher passiert. Der Titeltrack etwa pendelt von Bass-Intro zu langsam aufgebautem Thin-Lizzy-Lead – Kvelertak stechen in Sachen Verehrung für die Iren mit „Nattesferd“ selbst Mastodons „Once More ’Round The Sun“ aus – zu Deathpunk-Strophe, im Refrain schmeichelt weiblicher Background-Balsam wie bei Fucked Up dem Ohr, auf das NWOBHM-Solo folgt ein Akustikgitarren-Break. Und bei „Svartmesse“ mündet das an „Eye Of The Tiger“ und „I Was Made For Loving You“ erinnernde Intro in grooviges Melodie-Riffing. Nicht, dass Kvelertak an Druck oder Härte verloren hätten: „Berserkr“ wütet sich auch durch rasende Black- und Thrash-Riffs, und mit „Bronsegud“ gibt es sogar eine ganz klassische Deathpunk-Attacke. Fast immer aber überstrahlen die Melodien die Brutalität, umfassen sie und schrauben sich mit ihr wie im brillanten „Heksebrann“ gen Himmel: Vier Minuten lang legt der Song mit hypermelodischem und folkig angehauchtem Fingerpicking proggig vor, um am Ende im Duett von Erlend Hjelviks Rasiermesser-Vocals und weiblichem Engelsgesang aufzugehen. Es sind diese Momente, in denen Aggression und Harmonie zu einer perfekten Einheit verschmelzen und beim Hörer pure Euphorie auslösen, die die Größe von „Nattesferd“ ausmachen. Kvelertaks geradliniges Debüt war die Raupe, das melodischere „Meir“ der Kokon. „Nattesferd“ ist der Schmetterling.

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