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    Steven Wilson
    4 ½

    VÖ: 22.01.2016 | Label: Kscope
    Text: | Erschienen in: VISIONS Nr. 275
    Steven Wilson - 4 ½

    Ein Album auf halbem Weg zwischen dem vierten und fünften. Von Wilson anfänglich als EP geplant, ist „4 ½“ am Ende ein eigenständiges Prog-Kleinod, das vor allem seine Band feiert.

    Von den Stücken, die in den Studio Sessions zu „The Raven That Refused To Sing“ und „Hand.Cannot.Erase“ als unbearbeitete Fragmente übriggeblieben sind, weil sie nicht zum jeweiligen Konzept des Albums passten, sind sechs Stücke auf „4 ½“ gelandet. Trotzdem geben die Songs mehr als eine disparate Compilation. Der Opener „My Book Of Regrets“ etwa ist eine herzergreifende Ergänzung der Geschichte von „Hand.Cannot.Erase“, lüftet sein Text doch das Geheimnis um die „Regrets“, die auf dem letztjährigen Album als Stücke auftauchten. Es ist konzeptionell beeindruckend, wie der Song zusammen mit dem Finale des Albums, einer Neuaufnahme von Porcupine Trees „Don’t Hate Me“, eine thematische Klammer bildet. Letzteres singt Wilson erneut, wie auch Songs von „Hand.Cannot.Erase“, im Duett mit Ninet Tayib, und auch die jazzige Interpretation durch das Quartett Guthrie Gowan, Marco Minnemann, Nick Beggs und Adam Holzman hebt das Stück auf eine neue Ebene. Überhaupt sind es die langen Instrumentalpassagen der beiden mehr als zehn Minuten langen Songs, die diese Platte zu einem eigenständigen Prog-Brocken machen.

    Die vier Songs im Mittelfeld könnten dagegen nicht unterschiedlicher sein. Das Instrumental „Year Of The Plague“ kann mit seiner bittersüßen Atmosphäre seine Herkunft als Songs aus den Aufnahmesessions zu „The Raven…“ nicht verleugnen. „Happiness III“ kreist textlich und melodiös etwas unentschlossen um sich selbst und die Geschichte von „Hand.Cannot.Erase“. Bei diesem Stück wird es offensichtlich, warum gute musikalische Ideen trotzdem nicht zum Konzept eines Albums passen können. Das jazzige „Sunday Rain Sets In“ versucht den Titel des Stücks musikalisch abzubilden, das verquere „Vermillioncore“ macht die Bühne frei für Wilsons Band und fünf Minuten Fusion-Rock.

    Auch nach diesem Album ist nicht klar, wohin die Reise für Wilson als nächstes geht. Einerseits ist er ein entschiedener Verfechter klassischen Progrocks in der Tradition von Yes und Pink Floyd. Andererseits ist Wilson ein großartiger Songwriter, dem Pop, wie er zuletzt mit „Transience“ bewiesen hat, eine Compilation seiner zugänglichsten Songs, ebenso nahesteht wie Jazz, Metal oder Ambient. In ganz seltenen Momenten wie den letzten Sekunden von „My Book Of Regrets“ lernen wir nun eine weitere Facette des Musikers kennen, deren Entwicklung spannend werden könnte: Im Ausklingen des letzten Akkords hören wir Wilson seufzen. Ein theatralischer Moment, der gar nicht zum sachlichen Stil des Briten passen will.

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