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    Desaparecidos
    Payola

    VÖ: 19.06.2015 | Label: Epitaph/Indigo
    Text:
    Desaparecidos - Payola

    Eine Veröffentlichung auf einem der kredibilsten größeren Punk-Labels und ein neu gefundenes Faible für verzerrte Gitarren: Es läuft bei Conor Oberst und seinen Desaparecidos, mit denen der sonst so zartbesaitete Musiker seine eigene Vergangenheit für eine düstere Bestandsaufnahme nutzt.

    Schon „The Left Is Right“, das die Desaparecidos wie einige andere Songs ihres zweiten Albums „Payola“ schon vor zwei Jahren im Single-Format veröffentlicht hatten, stellt den Status quo alles andere als positiv dar: „You know the sixties proved that change is hit or miss/ Every bloody pacifist concedes the truth/ If one must die to save the ninety-nine, maybe it’s justified/ The left is right, we’re doomed“ – ein in direkte Worte verpackter Schlag ins Gesicht, der ins Gedächtnis ruft, dass sozial- und realpolitisch gerade nichts richtig läuft, weder dies- noch jenseits des Atlantiks.

    Ähnliche Themen hatte die Punk-Band um Bright Eyes-Kopf Conor Oberst schon auf ihrem Debüt „Read Music / Speak Spanish“ (2001) aufgegriffen, bevor sie nur ein Jahr später am Erfolg von Obersts Indiefolk-Exkursen zerbrach. Zum Glück – oder eher leider – haben die zynisch-verbitterten Tiraden, die Oberst auf „Payola“ gegen ungerechte Behandlung von Häftlingen („Marikkkopa“), Kapitalismus („City On The Hill“) oder staatliche Überwachung („Anonymous“) abfeuert, in 14 Jahren nichts an Aktualität eingebüßt. Auch der kratzige, zwischen Keifen und bröckeligem Gesang changierende Vortrag des Musikers ist gut gealtert. Lediglich die Instrumentalfraktion steuert ihren früher noch recht rohen Mix aus Punk und Emo jetzt in eine etwas geradlinigere, Synthie-Powerpop-Richtung, was dem Gesamtbild aber nicht schadet. Songs, wie das fast schon gut gelaunte „Slacktivist“ oder das pulsierend-krachige „Backsell“, das mit dem schönen Schein der Musikindustrie abrechnet, stechen mit ihren infektiösen Hooks und großen Melodien die Konkurrenz ohne Probleme aus.

    Es ist merkwürdig, dass es einen Folk-Musiker braucht, der sein Geld eigentlich mit gesäuseltem Gesang und elektronisch angereicherter Americana verdient, um eines der wohl wichtigsten Punk-Alben des Jahres zu veröffentlichen. Aber anders als vielen Möchtegern-Polit-Punks nimmt man Oberst seine Rolle sofort ab – weil er auch sich selbst als Teil des Problems sieht und mit Tim Kasher (Cursive) und Laura Jane Grace (Against Me!) musikalische Gäste auf „Payola“ holt, die jenseits von leeren Parolen wirklich etwas zu sagen haben. Mit viel Glück braucht es in 14 Jahren keine derart bissigen Punk-Hymnen mehr. Falls doch, hoffen wir, dass Obersts Galle bis dahin immer noch so patent Gift spuckt.

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