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    Touché Amoré
    Parting The Sea Between Brightness And Me

    VÖ: 05.08.2011 | Label: Deathwish/Indigo
    Text:
    Platte des Monats
    Touché Amoré - Parting The Sea Between Brightness And Me

    Zum Heulen schön, aber überraschend wenig Zeit dafür. Geht weg, Singer/Songwriter – diese Lieblingsband packt kluge Sätze in kompakt gefühlvollen Hardcore, für die andere große Romane schreiben würden.

    Sonst verstecken gefeierte Gegenwartsautoren (Zadie Smith, Jeffrey Eugenides, Miranda July) solche ultimativen Zeilen in ihren Büchern. Unfassbar wahr und tröstend und poetisch, auf die schlichte amerikanische Art. Jeremy Bolm reichen 13 Songs in 21 Minuten, um ganz viel auf den Punkt zu bringen. „It’s just I have this problem where I wanna be everywhere I’m not.“ Und ganz viel offen zu lassen. „Have you ever wondered why I always drive alone? Same reasons why I never pick up my phone.“ So gehen Kurzgeschichten in unter zwei Minuten: nah. Schwer zu verstehen, wie da nicht nur schneller Hardcore mit reinpasst, sondern auch riesige Melodien, weiche Gitarrenbögen und postrockige Breaks, in denen eine Handvoll kleiner Noten auf ein Schlagzeug tropft, das dazu leise tanzt. Schön ist das, so schön wie Hardcore und Post-Hardcore von Anfang an waren, aber mit einem neuen, noch freieren Blick.

    Touché Amoré machen das auch schon zum zweiten Mal. 2009 ist …To The Beat Of A Dead Horse erschienen, seitdem reicht man sie von Los Angeles aus vorsichtig weiter. Auf Parting The Sea Between Brightness And Me trauen sie sich nun nicht nur, Bolm den Albumtitel gleich als ersten Satz mit verzweifelt angekratzter Stimme singschreien zu lassen, sondern auch ein schmalzig unschmalziges Klavierstück wie Condolences, zu dem Bolm aus dem Off viel zu persönliche Sachen schreit. „If you fantasize about your funeral, I understand, I’ve been there before/ If what’s more important is the music played, than who’d attend/ We are the same.“ Wenn es darum nicht geht, worum dann? Parting The Sea Between Brightness And Me ist kein Gemeinschaftserlebnis, sondern ein sehr tief aufgewühlter Mensch, der einem anderen sein Tagebuch hinhält, mit allem Pathos und allem Kreisen um sich selbst. Der Rest der Band schreit keine Chöre, sogar das Klatschen in Sesame klingt allein. Jeremy Bolm muss ziemlich mutig sein, seine gewaltigen Texte so schutzlos hinzustellen, auch und gerade wenn es nicht um ehrbare Gefühle wie Liebe und Hass, sondern um Unschlüssigkeit, Selbstzweifel und Trotz geht. „If actions speak louder than words/ I’m the most deafening noise you’ve heard/ I’ll be that ringing in your ears/ That will stick around for years.“

    Kindisch? Ja. Menschlich? Sehr. Jeremy Bolm schreit auch alberne Emotionen so, dass sie jeder versteht. Seine Band gibt ihm den Raum dafür, akzentuiert die wichtigsten Stellen mit definitivem Schlag und fallenden Gitarren, eskortiert ihn mit Sack und Pack in vollem Lauf und bleibt dann gekonnt zurück, um ihn alleine weiterrennen zu lassen. Mal stolpert das Schlagzeug noch ein Stück hinterher, mal fängt ihn eine Melodie sanft wieder ein. Gut, dass sie auf ihn aufpassen und sich dabei selbst so filtern wie er auch: inhaltlich nie, nur die bedeutungslosen Füller hängen lassen, während man Magen, Kopf und Haut auf links dreht, bis gar nichts mehr geht. „For what it’s worth, I’m sorry/ And at the end I swear I’m trying.“ Wenn ihr die in die Arme bekommt, drückt sie ganz fest von uns.

    Touché Amoré – „Tilde“

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