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Blätterrascheln - Neue Bücher

Blätterrascheln – Neue Bücher
Masen Abou-Dakn erklärt das Handwerk des Songtexte schreibens und Stefan Maelck offenbart, wie die DDR den Rock’n’Roll erfunden hat.

Masen Abou-Dakn

Songtexte schreiben

Autorenhaus Verlag

Stefan Maelck

Pop essen Mauer auf

Rowohlt

Handwerk hat goldenen Boden, sagt der Volksmund. Aber wo man den heimischen Handwerker für seine Fähigkeiten bewundert, mit Verstand, Augenmaß und Können aus einer Ruine ein schickes Mietshaus zu zaubern, betrachtet man gute Schriftsteller, Poeten oder Songwriter noch immer als Genies, die von Talent, Eingebung und Leidensdruck getrieben werden. Und es stimmt ja auch: Texte und Musik, die nur am Reißbrett verfasst werden, um beim nächsten Bandwettbewerb oder Snowboardfestival „amtlich“ abzuräumen, sind seelenloser Quatsch und im besten Falle „gut gemacht“. Der Umkehrschluss bedeutet jedoch nicht, dass guten Texten klar benennbare Strukturen und Handwerksregeln abgehen. So versammelt der Songwriter und Dozent Masen Abou-Dakn in seinem Buch „Songtexte schreiben“ u.a. Kettcar, Die Ärzte, Tocotronic, Wir Sind Helden, Blumfeld oder Samy Deluxe als Beispiele guten und funktionierenden Textschreibens und macht deutlich, dass all diese verschiedenen Künstler klar benennbare Qualitätsmerkmale teilen, welche die Könner von den Möchtegerntextern trennen.

Übersichtlich und systematisch führt er die Leser durch Aspekte wie Bezugsrahmen, Erzählperspektive, Metrik, Reim, Wiederholung, Songstruktur und diverse Stilmittel und gibt damit Instrumente an die Hand, mit denen sich bestehende Texte in ihre Einzelteile zerlegen und eigene Ideen leichter in eine angemessene Form gießen lassen. Denn nicht mehr und nicht weniger ist das Wissen um’s Handwerk: Eine Möglichkeit, jeden beliebigen Einfall auch tatsächlich umsetzen zu können und sich nicht selbst zu bremsen, weil man weiß, was man will, aber nicht, wie man dort hinkommt. Daher spielen auch Xavier Naidoo, Grönemeyer oder Heinz-Rudolf Kunze in diesem Buch eine Rolle. Nicht „gut“ oder „nicht gut“ im Sinne von „Indie-Genie“ oder „Massenware“ wird ausdiskutiert, sondern alles, was in irgendeiner Form gelang. Denn das einer im Stadion steht und der andere noch Tische bekritzelt, ist nur selten ein Zufall.

Auch kein Zufall ist laut Stefan Maelck die gesamte Rock- und Popmusik von Elvis Presley bis Dieter Bohlen. Die wurde nämlich vollständig von Agenten der DDR erfunden, um den Klassenfeind im Westen auf Dauer durch die Auswirkungen der dekadenten Musik zu zermürben. Ein Plan, der, wie wir wissen, nach hinten losging und angeblich in der „Hartholz-Akte“ festgehalten wurde. Maelck inszeniert sein Buch wie einen Enthüllungsroman und präsentiert sich nur als Herausgeber, während sein Ich-Erzähler ein tapferer, verschwundener Journalist ist, der ihm die sensationellen Enthüllungen zuspielte. Natürlich ist „Pop essen Mauer auf“ reine Fiktion und die ganze Enthüllungsgestik reine Spielerei wie im Prinzip das ganze Buch. Was träge beginnt und in der Mitte ein paar amüsante Ideen birgt, explodiert gegen Ende zu einem hysterischen Possentheater, das keinen anderen Zweck hat, als die von Hornby, Stuckrad-Barre und leider gar Wiglaf Droste längst abgedroschene Verachtung gegenüber Stars wie Maffay, Collins oder Bohlen wieder einmal neu zu formulieren. Elvis war demnach eine Frau namens Elvira Prassler, Maffay entsammt dem transylvanischen Schloss Draculas und Bohlen ist – welch subtile Symbolik – in Wirklichkeit ein Roboter. Der überführte DDR-Agent Duttweiler, der all diese Popstars erfand, betont derweil immer wieder, „mit Phil Collins“ nichts zu tun zu haben und unterstreicht seine Verachtung für die Aufweichung von Genesis durch den Pop der 80er Jahre. Platte Allgemeinplätze, die sich durch die Grundidee des Buches und eine abstruse Theater-des-Absurden-Stimmung in ein avantgardistisches Mäntelchen kleiden und doch nichts mehr sind, als das Einschlagen auf leichte Ziele und das Festklopfen des Hass-Kanons, den Kritiker immer wieder glauben vorzeigen zu müssen, um zur Gemeinde zu gehören. Ein Buch, nach dessen Lektüre man sich wünscht, es schreibe endlich einmal jemand ein originell formuliertes Loblied auf den Mainstreampop. Das wäre mal was Neues.

Songtexte schreiben

200 Seiten, Paperback

16,80 Euro

ISBN 3-8667-1000-3

Pop essen Mauer auf

146 Seiten, Hardcover

22,80 Euro

ISBN 3-8713-4550-4

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