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Fjørt im Interview zur Tour und ihrem Auftritt in den USA

Fjørt im Interview

Proben bis der Rücken zerbricht
Zwei Wochen vor dem heutigen Tourstart nehmen sich David Frings und Chris Hell von Fjørt im Proberaum Zeit, um mit unser über die anstehende Tournee zu sprechen – und warum sie gerne genau da auftreten, wo sie überhaupt nicht hineinpassen.
Fjørt (Foto: Sophia Roßberg)
Fjørt (Foto: Sophia Roßberg)

Hallo ihr beiden, seid ihr noch aufgeregt, vor so vielen Leuten aufzutreten?

David Frings: Zumindest aufgeregt, ob alles so klappt, was man sich so ausgedacht hat. Wir sind eine Band, die gerne im Proberaum rumhängt und Sachen ausfuchst. Wir denken uns da schön viel Gedöns aus. Wenn das dann beim ersten Auftritt schon alles funktioniert, wie bei einer Feuertaufe, dann ist das immer cool. Ich würde es aber vielleicht eher als Spannung bezeichnen.

Ist das schon mal so richtig nach hinten losgegangen?

David: Meistens direkt bei der ersten Show. Es geht fast immer irgendetwas schief. Man denkt sich als Band dann immer „Scheiße!“, aber für die Leute ist sowas interessant, weil sie diesen Moment mitgenommen haben. Wir machen uns da zu oft einen Kopf.

Chris Hell: Man macht sich auf jeden Fall fertig, bei den ersten paar Shows.

Habt ihr da irgendwelche Strategien, um klarzukommen, bevor ihr dann wirklich rausgeht?

Chris: Also jetzt außer Korn? (lacht) Unsere Taktik ist tatsächlich recht einfach: Proben bis uns der Rücken zerbricht, sozusagen. Das hilft auf jeden Fall.

David: Wir proben so viel, weil wir nicht die besten Musiker sind. Wir sehen uns mehr als Handwerker. Ich ziehe immer meinen Hut vor Leuten in Coverbands, die dann 50 Songs am Abend spielen und auch Noten haben. Die müssen sich aber auch super krass konzentrieren. Wir proben uns halt sowas von den Arsch weg, damit wir uns nicht großartig konzentrieren müssen, aber dafür austoben können.

Wo wir gerade dabei sind: Ihr habt 2022 mehrere Shows an zwei Tagen in Hamburg und Köln gespielt. Das ist schon eine harte Nummer. Chris, du hast es damals als „kleines Hämmerchen“ beschrieben.  Was hat diese Shows besonders gemacht?

Chris: Ganz viele Sachen! Also, grundsätzlich war das das Krasseste, was wir als Band gemacht haben, weil es unglaublich viel von uns abverlangt hat. Da mussten wir uns ernsthaft vorbereiten wie auf so einen Marathonlauf. Wir haben da sehr lange, etwa fünfmal die Woche stundenlang geprobt: Immerhin haben wir pro Tag 41 Songs gespielt, bei vier Shows. Das war auf jeden Fall eine absolute Mammutaufgabe. Wir haben uns wahnsinnig aufgerieben, um das alles hinzukriegen.

Woher kam die Idee?

Chris: Das ist aus einer Schnapsidee entstanden. Erst haben wir uns darüber erst kaputtgelacht, dann haben wir gedacht: „Scheiße, wir machen das jetzt wirklich!“ Der Wunsch dahinter war, dass das so eine geile Sache wird, an die man sich später zurückerinnern kann. Letzten Endes machen wir das, weil wir Bock haben, was zusammen zu erleben – und das war ein Meilenstein. Das ist so cool geworden, weil die Leute dann mitgezogen sind von Show zu Show. Das war ein bisschen wie Festival-Feeling.

Wie war denn das dann bezüglich der Stimme, wenn man sich vier Stunden die Seele aus dem Leib schreit?

David: Wir haben auch am Anfang gedacht, das wird anstrengend für die Stimmen. Letzten Endes war es anstrengend für den Kopf, weil wir diese ganzen Songs behalten und die ganzen Übergänge hinbekommen mussten. Wie gesagt, wir haben keine Ahnung von Noten. Also war eher das kognitive Ding sehr schwierig für uns. Unsere Stimmen haben schon vor Jahren aufgegeben, gegen uns zu kämpfen.

Ihr wart auch letztes Jahr schon viel unterwegs. Gibt es da ein persönliches Highlight für euch? Wo tretet ihr gerne auf?

David: Wir treten immer sehr gerne da auf, wo wir überhaupt nicht hinpassen. Dieses Jahr beispielsweise: Das Traumzeit Festival ist ein wunderbares Festival in Duisburg, eigentlich eher ein bisschen in die Pop-Richtung angehaucht. Es ist dann cool, dass die Leute die mit Abstand härteste Band des Line-ups sehen wollen. Es macht dann besonder Laune, wenn die Leute dann Bock auf so brachiale Musik haben, die sonst eher an Melodien interessiert sind. Letztens haben wir mit Madsen gespielt und da wussten wir auch nicht, was auf uns zukommen wird.

Wie war das für euch?

David: Es ist wie ein Buch zu präsentieren auf Festivals, so als würden die Leute einfach in einer Buchhandlung stöbern und man möchte den Leuten etwas mitgeben. Das Set ist kürzer und die Leute kommen nicht explizit, um dich zu sehen, wie auf einer Tour. Das macht es sehr besonders. So war es auch bei Madsen, aber es wurde gut angenommen.

Im Herbst wart ihr auch in den USA auf einem Festival.

David: Das war auf jeden Fall ein Ritt. Erst mal ist es surreal, dass wir das gemacht haben. Einfach krass, dass wir eingeladen wurden. Das war ein absoluter Ritterschlag für uns als Band, die dort kein Schwein kennt. Wir haben zwar keine Fans in den USA, aber die Leute haben uns eine unglaubliche Freundlichkeit entgegengebracht und sich gefreut, dass wir da sind.

 

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Und wie war der Auftritt?

David: Das war natürlich ein anderes Ding als damals im Gloria in Köln vor 900 Leuten. Da stehst du dann wieder, wie am Anfang. So ganz ohne Equipment. Wir haben irgendwann angefangen uns anzuschreien zu dritt. Das ist im Kern genau das, was wir heute immer noch gerne machen. Wir haben nur inzwischen viel mehr Sachen dastehen und die Bühne ist irgendwie größer. Es war unglaublich aufregend, spannend und eine Ehre für uns!

Chris: Ein guter Kumpel, der drüben wohnt, hat uns, als wir schon sehr betrunken waren, gesagt: „Ihr werdet als Band 30 oder 40 Prozent besser nach Hause kommen.“ Genau das ist passiert. Weil wir wieder zurück bei unseren Wurzeln waren und uns nicht nur auf Technik und das ganze Gedöns verlassen konnten. Es war eine richtige Erkenntnis: Wir sind einfach Buddys aus Aachen in den USA und können das machen, womit wir uns glücklich fühlen.

David: Poetisch.

Wenn ihr jetzt in die Vergangenheit reisen würdet, was würden David und Chris über die Entwicklung eures Schaffens und die Tragweite denken?

David: Ich finde schön, was wir für einen Weg durchlaufen durften. Der Klassiker: Wir haben damals vor einem oder zwei Gästen gespielt, nette Leute getroffen, die was organisiert haben und irgendwann kamen immer mehr. Auch heute sind wir über unser Publikum unglaublich dankbar. Wir haben keine Front vorne, die meint so ein paar Windmühlen machen zu müssen. Unser Publikum kann gut miteinander umgehen und sich auf Augenhöhe begegnen. Wir haben das schon bei den kleinsten Shows gezeigt und so ist das dann auf die Leute übergesprungen. Heute ist es oftmals ein großes Wiedersehen. Wir blicken eher auf all die kleinen Dinge zurück, die wir erleben durften, über die man nachher bei einem Bierchen quatscht.

Woher kennt ihr auch eigentlich alle schon so lange? Aus der Schule?

Chris: Nein, wir kennen uns aus der Musikszene in Aachen und Umgebung. Chris und ich haben auch schon mehrmals in verschiedene Richtungen zusammen Musik gemacht, dann hat sich das meist verlaufen. Wir haben uns aber immer wieder auf Rock- und Metal-Partys wieder getroffen. Dann haben wir irgendwann gedacht, dass wir harte Musik machen wollen. So richtig brachial, mit deutschen Texten – voll auf die Schnauze eben. Dann war klar, wir sollten uns mal treffen und das tatsächlich machen. Ich kannte Frank [Schophaus] und wusste der kann hart auf die Trommeln hauen.

David: Wir wussten, dass er Schlagzeug spielen konnte und in einer Band spielte, in der er das nicht so laut durfte – aber eigentlich wollte er mehr.

Und Frank hatte direkt Bock?

 David: Es war ganz lustig, als wir das erste Mal zusammen geprobt haben, haben wir „Demontage“ geschrieben und haben dann gesagt: „Ja, gut, dann sind wir eine Band.“ Der Bandname Fjørt war auch direkt da, dann ging es los. Ich habe Gitarre gespielt, hatte Bock darauf und fragte nur: „Joa, wer macht Gesang?“ Dann war das alles sehr schnell geboren. Bei dieser Band sind viele Sachen einfach passiert, ohne dass wir es forciert haben und das war richtig gut.

Ihr habt gerade schon von Aachen gesprochen. Die letzte Show ist in der Heimat. Hat das einen bestimmten Grund?

Chris: Die ist eigentlich nur dazu da, damit uns die Leute helfen, die ganzen Reste auszutrinken, also eigentlich schon nur dafür. Es ist einfach immer ein schöner Abschluss. Die Hälfte sind auch bekannte Gesichter und Freund:innen und man hat es nicht so weit ins Bett. Das ist auch schön!

Also Party im Musikbunker zum Abschluss.

David: Es war ganz lustig mit Lars vom Musikbunker. Es wurden auf der letzten Tour so 400 Tickets verkauft für den Raum und das plus unsere Gästeliste? Das war echt heftig – ein kochender Kessel! Und Lars hat dann dafür gesorgt, dass alle noch rein konnten, die noch kamen. Wir haben jetzt weniger Tickets in den Verkauf gegeben, sodass die Leute dann eben nicht von der Toilette aus die Show sehen müssen. Jeder da weiß, dass man sich für den Montag am besten Urlaub nimmt, wir viele Getränke dabeihaben und es noch eine Abschlussfete geben wird. Letztes Mal hab ich gar nicht verstanden, was so abgegangen ist. Die Leute lagen quer auf der Bühne, gar nicht brutal oder so, aber alle hatten so richtig Freude.

Gibt es irgendeine Anekdote von der Bühne oder Backstage, über die ihr immer wieder gerne sprecht?

Chris: Ich glaube, wie David schon meinte, die geilen Sachen von den ersten Touren und Shows, wo wir uns so richtig durchgebissen haben und halt einfach nicht gepennt haben.

David: Als wir in den USA waren, war das ja anderes Equipment. Etliche Künstler:innen spielen vorher auch mit dem Zeugs und dementsprechend abgenutzt ist das dann auch. Frank haut immer richtig fest auf die Drums, der verprügelt das Schlagzeug richtig. Wir fingen an zu spielen und plötzlich fiel auf: Die Kick-Drum fehlt. Er hat mir mit den Augen zu verstehen gegeben, dass da was fehlt. Wäre das jetzt auf unserer Tour so, würde jemand kommen und für Ersatz sorgen. Ich habe dann noch mit dem Publikum gescherzt: „Hier, der Typ zertrümmert immer alles“ und dann kam jemand von einer anderen Band und hat uns ein Paddle montiert. Es war nur eins. Eigentlich braucht man zwei. Aber da haben wir auch wieder gemerkt, es kommt überhaupt nicht darauf an, womit man spielt. Es kommt einfach darauf an, ob du Bock hast und ob man eine Band ist. Und das nehmen die Leute wahr. Das sind Momente, an die man sich gern zurückerinnert und die uns dann noch ein Stück mehr verbinden.

Welche Band war im letzten Jahr denn euer persönliches Highlight?

David: Wow, das sind immer so viele. In den Staaten haben 300 Bands an drei Tagen gespielt, und ich muss gestehen, dass ich echt aufpassen musste, dass ich zu unserer Show noch stehen konnte, weil ich ab Tag eins ab elf Uhr mittags bis zwei Uhr morgens vor den Bühnen war – jeden Tag. Das war wie das Reeperbahn Festival, nur im Punkrock-/Hardcore-Bereich. Ich habe da diese eine Band gesehen, Clavus, schätzungsweise waren die alle so um die 20, und die haben ein wahnsinnig gutes Set abgeliefert. Auch To Forget waren richtig krass. Die sind mir richtig im Gedächtnis geblieben – die habe ich sogar drei Mal gesehen. Aber ich glaube, es war generell eher dieser Vibe. Das hat mir gezeigt: so gemeinschaftlich funktioniert alles.

Chris: Dem habe ich gar nicht so viel hinzuzufügen: Geile Leute, geiler Vibe und geile Szene.

Heute startet die Tour von Fjørt in Kiel. Tickets für die weiteren Konzerte dieses Jahr gibt es noch über den Labelshop und alle weiteren bekannten Vorverkaufsstellen.

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17.01. Kiel – Pumpe
18.01. Leer – Zollhaus
19.01. Dortmund – FZW
20.01. Saarbrücken – Garage
24.01. Nürnberg – Z-Bau
25.01. Marburg – KFZ
26.01. Karlsruhe – Substage
27.01. Darmstadt – Centralstation
31.01. Bielefeld – Forum
01.02. Jena – Kassablanca
02.02. Potsdam – Waschhaus
03.02. Düsseldorf – Zakk
04.02. Aachen – Musikbunker

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