Waiting For The Bricks To Fall
Text: Tino Hanekamp
Wer so auf der CD-Hülle vorwarnt, weiß, wie das wirkt, was er macht. Midnight Choirs “Waiting For The Bricks To Fall” wirkt auf bestimmte Menschen traurig, düster, runterziehend und selbstmordgefährdend. Das sind dieselben Leute, die Leonard Cohen deprimierend finden und Nick Cave den 'Fürst der Finsternis' nennen. Mit denen redet man besser nicht. Für wen aber Pathos ein probates Musiziermittel ist, wer aus der Schwermut Kraft schöpft und Theatralik nicht scheut, der geht hier ab wie nix. Denn Midnight Choir sind auf ihrem fünften Album so konsequent wie nie. Wo andere drei Background-Sängerinnen mieten, engagieren die drei Schweden 20 Vokalisten vom Tone Tomsic-Chor der Universität Ljubljana. Wenn es Streicher braucht (was ständig der Fall ist), fahren sie ein 21-köpfiges Orchester auf. Und wenn Paal Flaata singt, redet niemand mehr. Gegen das Stimmvolumen dieses Manns ist der Kölner Dom eine Kleckerburg. Das alles zusammen klingt warm, weich, weit, kommt in den Farben dunkelblau und dunkelrot, wird gebrochen durch fahrige Klangkollagen, bringt große Hymnen wie “Requiem” und rutscht ein, zwei Mal wegen Pathos-Überdosierung ins Seifige. Warnung: Seit den Tindersticks hat niemand mehr so herrlich hemmungslos geschwelgt.