Man stelle sich eine nette Bar in einer kleinen amerikanischen Stadt vor. Eine junge Frau sitzt am Klavier und singt, eine professionelle Backingband mit zwei steifen 50-Jährigen an Bass und Percussion spielt im Hintergrund. Das könnte Valery Gore mit ihrer Band sein. Aber es könnte auch eine von tausend anderen Frauen sein, die wie sie eine klassische Piano- und Gesangsausbildung hat, Jazz studiert hat, Fiona Apple und Tori Amos mag und diesen typisch amerikanischen, zu oft gehörten bluesigen Songwriter-Pop mit Kleinstadt-Attitüde macht. Auch wenn das Klimpern der 22-jährigen Kanadierin streckenweise schwer zugänglich ist, weil Tempo und Stil innerhalb der Songs wechseln, klingt Gores Debüt glatt und traditionell, ohne interessante Brüche, Ideen oder außergewöhnliche Melodien, die beim Hörer etwas hervorrufen. Teilweise in Briefform erzählen ihre Lieder von Familien und Freundschaften und hinterlassen nur seltsam trockene, viktorianische Bilder. Es fällt schwer, einen Bezug zu ihren Songs aufzubauen und sich in Gores poetische Welt am Ontario-See hineinzuversetzen. Vielleicht würden ein paar große Gläser Whisky dabei helfen.