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    The Appleseed Cast
    Peregrine

    VÖ: 07.04.2006 | Label: Gentlemen/ALIVE
    Text: Patrick Grossmann
    Platte des Monats
    The Appleseed Cast - Peregrine

    Jetzt werden sie immer grandioser: Mit Hingabe und viel Mut zum tonalen Abseits sezieren The Appleseed Cast ein Familienschicksal. Herausgekommen ist ringlicher Atmosphären-Rock mit zahlreichen Extras.

    Kaum auszumalen, was der gitarrenvernarrten Welt entgangen wäre, hätten sich The Appleseed Cast aus Lawrence in Kansas vor einigen Jahren nicht doch noch den entscheienden Ruck gegeben, sondern nach „Low Level Owl, Part I & II“ die Flinte ins Korn geworfen. Avancierte schon der im Direktvergleich poppigere Vorgänger „Two Conversations“ zum Spektakel, lässt sich „Peregrine“ zwar mit dem Entblättern etwas mehr Zeit, zündet dann jedoch umso nachhaltiger. Abermals von zentraler Bedeutung: die längst zum Trademark der Band gewordenen vielfarbigen Soundebenen.
    Produzent John Congleton (The Paper Chase) macht dabei das schier Unmögliche wahr, indem er auf der einen Seite die Klarheit erhöht, gleichzeitig aber bewusst auf kruden LoFi-Charme und Schmutzränder setzt. Geht nicht zusammen? Und ob! Neben Akustikakkorden von kristalliner Schönheit verströmt zuvörderst der bis zum Umfallen trockene Schlagzeug-Sound der Platte über weite Strecken das Flair eines verschrammten, durchgenudelten Pappkartons. Es mag sich absurd anhören – aber genau dieser Kniff bewahrt die rhythmischen Kabinettstückchen des Neuzugangs Nathan Richardson vor der drohenden Kunsthandwerk Schublade. Ob er wie in „Woodland Hunter (Part II)“ einen sich selbst überholenden Breakbeat in die kompositorische Waagschale wirft oder jedem einzelnen Part des dynamischen, zerrissenen Meisterstücks „Silas‘ Knife“ das ihm gebührende Gerüst verschafft: Meist prägt nicht zuletzt sein Harakiri-Drumming den Song. Das kaputte Doppel aus „Woodland Hunter (Part 1)“ sowie „Here We Are (Family In The Hallways)“ hat Congleton gleich derart gnadenlos in die Grenzverzerrung geprügelt, dass man sich beim ersten Hören ein Lachen nur mit Mühe verkneifen kann. Beieinander gehalten von einer verwunschenen Saga um den Geist der Tochter einer zerrütteten Familie, entfachen Chris Crisci und Kollegen auf dem fünften Album einen wahren Bildersturm, türmen Glockenspiele, eine Armada garstiger Bratzgitarren, irr gewordenes Rumpel-Drumming, Echoschleifen, atmosphärisches Knistern und unzählige weitere Effekte übereinander. Baden in reinsten Bergseen, springen kopfüber von Klippen und stolpern steinige Abhänge hinab. Den einen oder anderen hymnischen Exkurs (allem voran das erhabene „Sunlit Ascending“) immer unterm Arm. Längst haben The Appleseed Cast, analog zu den Kollegen Cursive etwa, den Emorock-Kanon gesprengt und sind unterwegs ins rettende Dickicht. Sogar einem Instrumentalstück wie „An Orange And A Blue“ hauchen sie heute so viele Spannungsbögen und Liebe ein, dass einem warm ums Herz wird. Feedbacks geben Zunder, das bollert, atmet, lebt. Eine emotionale Schussfahrt ins Ungewisse, abseits aller Genre-Sperrzonen. Ein dringliches Kleinod für Leute, die wirklich noch hinhören können. Ihr – und damit euer – Lohn sei Sprachlosigkeit.

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    Illumination Ritual

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