Dennis Lyxzén macht es sich einfach mit der plakativ politischen (International) Noise Conspiracy, die anderen vier Fünftel verfolgen das Ziel weiter, welches alle zusammen mit Refused und ihrem letzten Album nicht erreichten und sich deshalb auflösten: Punk und damit ist nicht Musik gemeint, die sich so nennt. Es geht um das Vorbei am Mainstream, MTV und große Tanzflächen, ums Meinungen spalten, rücksichtslose Attitüde, kompromisslose Suche nach extremen Alternativen. Auf Texts Debütalbum ist alles vertreten, was auf “The Shape Of Punk To Come” angedeutet wurde: Poesie, Reggae, Jazz, Hardcore, Rock und Noise – einiges reduziert, einiges potenziert. So gibt es keine Rockarrangements mehr, keine massentauglichen Elektronik-Einschübe oder beschnittene Gedichte. Die Grenzen endgültig offen. Um ein Schießen im Dunkeln handelt es sich dennoch nicht. Das überlange “-We Have Explosives! – Schmexplosives?” mit plötzlichen Bass-Gitarre-Schlagzeug-Attacken beweist organisiertes Chaos, und das zehnminütige “Sound Is Compressed; Words Rebel And Hiss” mit fluffigem Reggae und eingängigem Gesang zeigt, dass Text anders könnten. Aber sie wollen nicht. Wohl deshalb driftet der Song ab in eine wilde Noise-Attacke mit Klavier und Saxophon, wohl deshalb ist das melancholische “Those Kids Are Gone” durch Übersteuerung absichtlich verstümmelt, wohl deshalb gibt es den aufrüttelnden, nur aus Geschrei bestehenden Opener. Natürlich ist auch nicht alles Gold, was nicht glänzt: Bei den drei ausufernden, übertrieben metaphorischen sogenannten “Tableau”-Gedichten über Ambientsounds stehen einem manchmal die Haare zu Berge. Sie nehmen sich halt zu ernst. Aber genau deshalb schaffen sie die Form des Punks der Zukunft. Refused hätten dieses Album veröffentlicht, wenn sie sich nicht aufgelöst hätten.
Jochen Schliemann 9
Nach dem Ende von Refused gründete Sänger Dennis Lyxzén bekanntlich die (International) Noise Conspiracy, doch auch der Rest der Band fasste sich schnell wieder. Während ersterer die Vielfalt im Simplen suchte, machten sich Text in die entgegen gesetzte Richtung auf:
Das Mindeste, was man zu erreichen suchte, war, die Musikwelt, die man kannte, zu revolutieren und neu zu definieren – ein Unterfangen, das schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt sein musste, da vor lauter Suchen nach ungewöhnlichen Baustoffen vergessen wurde, einen fähigen Architekt zu beauftragen, und so lediglich Stückwerk regiert. Der Opener ist ein lateinischer Choral, danach folgt “Sound Is Compressed; Words Rebel And Hiss”, eine Gospel-Dub-Nummer mit warm rollendem Bass und spirituell bewegtem Text, die unvermittelt und unverständlich ins Atonale (inklusive schauderhaftem Saxophon-Inferno) abdriftet, ein bisschen nach `gewollt, aber nicht gekonnt` klingt und spätestens in der achten Minute nur noch nervt. Weiter hört man schwurbelige Drone-Scores und dünne Schlepp-Beats, zu denen Apokalyptisches rezitiert wird, verzerrt-unstrukturiertes Trommelgewirbel, das sich mit düster dräuenden Synthiesoundscapes duelliert, und alles in allem viel zu viel ungelenk und ohne Plan umherirrende Säue, die den Blick auf die Perlen trefflich verdecken. L`art pour l`art? Stellenweise nicht mal das. Wer soll, wer will das hören? Gehört es etwa zum Konzept, dass, wer sich `Text` nennt, nicht allzu viel Gedanken an die Musik verschwendet? Dann doch lieber gleich Bücher schreiben…
Ingo Neumayer 2