Mit dem ersten Seefeel-Album nach 15 Jahren kehrt die Band zu Warp zurück, wo sie 1993 für aufgeregte Judas-Schreie gesorgt hatte. Damals erschien ihr Debüt Quique auf dem einflussreichsten Label für Leftfield-Elektronik – und zum ersten Mal waren Gitarren zu hören. Labelgründer Steve Beckett erinnert sich an einige Diskussionen, die er zu seiner Verteidigung führen musste, denn damals galt Warp als eine Plattenfirma der reinen elektronischen Lehre, da waren die deutlich an Shoegazer-Acts wie My Bloody Valentine, aber auch an deutscher kosmischer Musik geschulten Seefeel sehr suspekt. Heute gehören elektrische Gitarren zum Standardrepertoire eines experimentellen Electromusikers, was zur Folge hat, dass die neue Seefeel-Platte zunächst einmal nicht ungewöhnlich klingt. Schon gar nicht visionär, denn vor allem die langen, melodischen Tracks wie “Making”, “Rip-Run” oder “Faults” funktionieren für elektronisch geschulte Ohren wie eine alte Nummer der Bay City Rollers für Mama und Papa: Klänge und Atmosphäre sind vertraut, die Erinnerungen manchmal ein bisschen vernebelt, meistens aber schön. Die Bedrohlichkeit, die immer im Raum war, wenn man früher Seefeel aufgelegt hat, ist dagegen total verschwunden. Ein bisschen schade zwar, aber nicht so schlimm, denn wer Angstzustände will, kann ja jetzt Salem hören. Und Warp? Freut sich nach den Geburtstagsfeierlichkeiten 2009 und dieser tollen Platte schon auf das ultimative Nostalgie-Event: Endlich was Neues von Aphex Twin. Angeblich sollen Dutzende Platten fertig sein. Wir wären soweit.