Vielleicht ist es Satire. Collagenkunst. Die Offensichtlichkeit, mit der sich das Karlsruher Quartett im Fundus deutscher und amerikanischer Rockmusik der 90er und 00er Jahre bedient, ist jedenfalls unverschämt. Kettcar, Astra Kid, die Sportfreunde und die Wohlstandskinder, alle versammelt. US-Powerpop-Tricks, College-Rock-Geflirre, auch gerne mal noisiger Groove, sogar die Skizze eines Tool-Riffs. Die ganzen Formalismen der “alternativen” Rockmusik werden in den Raum geworfen, nichts wird ausgelassen, alles erscheint ihnen die Ausformulierung wert. Bei zwei Stücken daddeln sie sich repetitiv jenseits der Acht- und Zehn-Minuten-Grenze, was für ein Debüt erfrischend dreist ist. Dennoch fragt man sich spätestens bei “Immer weiter” und “Bordsteinrand”, ob sie wissen, was sie tun, wenn sie spooky Befindlichkeitslyrik Marke Thomas D. mit Jam-Session-Rumgerocke kreuzen, zu Blumfeld-Gitarren Thees Uhlmanns berühmte Zeile (“Wir sind den ganzen Weg gelaufen / Laufend den ganzen Weg gerannt”) kopieren und zum Höhepunkt hin das Gebläse anschmeißen. Da kommt einem schon der Gedanke, ob Schein23 (die Illuminatenzahl!) für eine raffinierte Zitaten-Verschwörung steht. Ein Album, das penetrante Kalenderblatt-Weisheiten und eine nicht alle Lasten tragende Stimme durch Hörbarkeit ausgleicht und popkulturell wie die weniger muskulösen Kollegen von Junges Glueck eines belegt: dass diese Sparte neuer deutscher Bands zwar die Klangästhetik des “Alternative” Rock verwendet, substanziell aber knietief im Pop steht. Denkt man sich bei “Zu schön, um wahr zu sein” Trainingsjacke, Ziegenbart und Indie-Färbung weg, könnte es aus der Feder von Hartmut Engler stammen. Immerhin haben sogar Kettcar ihr neues Album in selbstironischer Erkenntnis mit dem Slogan “Pur für Alkoholiker” beworben.